Das Präventionsgesetz 2015: Alte Defizite Neue Chancen. Prof. Dr. Rolf Rosenbrock. Universität Bielefeld Forum Offene Wissenschaft 21.
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- Carin Buchholz
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1 Das : Alte Defizite Neue Chancen Universität Bielefeld 21. Dezember 2015
2 Gesundheit in reichen Gesellschaften Lebenserwartung steigt um ein bis zwei Jahre pro Dekade. Die älter werdende Bevölkerung wird im Durchschnitt immer gesünder älter. Circa drei Viertel des Krankheits- und Sterbegeschehens erklären sich durch wenige große, chronische Erkrankungen. Die Gesundheitsgewinne der letzten Jahrzehnte sind zu max. einem Drittel auf das Wirken der klinischen Medizin zurückzuführen. Die Gesundheitsgewinne sind stabil ungleich verteilt. Die sozial bedingte Ungleichheit von Gesundheitschancen ist groß und nimmt in den meisten Ländern weiter zu. Knapp die Hälfte dieser Unterschiede erklären sich aus den Unterschieden zwischen den Gruppen im Gesundheitsverhalten (v.a. Ernährung, Bewegung, Tabak). 2
3 Bedarf: Nachhaltige Strategien und Interventionen, die ohne Diskriminierung insbesondere bei sozial benachteiligten Menschen die Manifestation chronisch-degenerativer Erkrankungen vermeiden oder verschieben das Leben mit chronischer Krankheit qualitativ verbessern und verlängern 3
4 Interventionen nach dem,state of the art der Primärprävention zielen sowohl auf Belastungssenkung als auch auf Ressourcenförderung ab, nehmen sowohl krankheitsspezifische als auch unspezifische Belastungen und Ressourcen in den Blick, berücksichtigen gesundheitsrelevante Kontexte und versuchen sie zu verändern, beziehen in größtmöglichem Ausmaß die Zielgruppen der jeweiligen Intervention auf allen Stufen der Problembearbeitung ein, sind projektangemessen qualitätsgesichert. 4
5 Typen und Arten der Primärprävention Individuum Setting Bevölkerung Information, Aufklärung, Beratung z.b. ärztliche Gesundheitsberatung, peer education z.b. Anti-Tabak-Aufklärung in Schulen z.b. Esst mehr Obst Sport tut gut Rauchen gefährdet die Gesundheit Beeinflussung des Kontextes z.b. präventiver Hausbesuch : Schwangerschaft, Alter z.b. betriebliche Gesundheitsförderung als Organisationsentwicklung z.b. HIV/Aids-Kampagne 5
6 Prävention im Setting Systemische und partizipative Intervention Identifikation von Zielen und Aktionen durch stakeholder Veränderung von Wahrnehmung, Verhalten und Strukturen Ziel: lernende Organisation 6
7 Prävention im Setting Professionals Ermutigung Förderung Interaktion Ermöglichung Unterstützung advocacy Information materiell-technisch Zielgruppen Selbstwertgefühl Selbstwirksamkeit Reziprozität soziale Verankerung Zuversicht reale Verbesserungen Empowerment 7
8 Historie 1989 nicht-medizinische Primärprävention durch GKV ( 20 SGB V) 1995 Bauchtanz auf Kosten der Krankenkassen 1999 Verminderung sozial bedingter Ungleichheit 2005 erster umfassender Novellierungsversuch gescheitert 2008 und 2014: weniger ambitionierte Versuche gescheitert 2015 Präventionsgesetz: Schwerpunkt auf Lebenswelten 8
9 Entwicklungen und Kontinuitäten Regelung primär innerhalb des SGB V Fehlanreize Ressourcen im Promille-Bereich Verminderung sozial bedingter sowie geschlechtsbezogener Ungleichheit von Gesundheitschancen Kasse kann soll leistet 9
10 20a Abs. 1 SGB V: Lebenswelten sind für die Gesundheit bedeutsame, abgrenzbare soziale Systeme insbesondere des Wohnens, der Lernens, des Studierens, der medizinischen und pflegerischen Versorgung sowie der Freizeitgestaltung einschließlich des Sports. 10
11 Prävention in Lebenswelten ( 20 a SGB V) Krankenkassen fördern unbeschadet der Aufgaben anderer auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen kassenübergreifende Leistungen ( soll ) bei Bereitschaft und Eigenleistung der Lebenswelt mit Unterstützung der BZgA auf Basis Leitfaden Prävention ( ) insbesondere Strukturen partizipativ auf allen Stufen Unterstützung der Umsetzung 11
12 Finanzierung ab 2016: 7 Euro pro GKV-Versicherten (GKV) (ca. 500 Mio. Euro) davon: 2 Euro für BGF (ca. 140 Mio. Euro) 2 Euro für andere Settings (ca. 140 Mio. Euro) 0,30 Euro pro Versichertem PflVers (ca. 21 Mio. Euro)?? Euro in der Rehabilitation (ohne Deckel, aber nur medizinische Leistungen )?? Beiträge der PKV und der Privaten PflVers Dynamisierung ( 20 Abs. 6 SGB V) Anreiz zur vollständigen Ausschöpfung ( 20 Abs 6 und 20b Abs. 4) 12
13 GKV-Ausgaben für Leistungen der primären Prävention und betrieblichen Gesundheitsförderung im Jahre 2014 in Mio. Euro Primärprävention - Settingansatz ( 20 Abs. 1 SGB V alt) Primärprävention - Individualansatz ( 20 Abs. 1 SGB V alt) 193,04 (66,0%) 31,71 (10,8%) 67,79 (23,2%) Betriebliche Gesundheitsförderung ( 20a/20b SGB V alt) Quelle: Lenhardt (2015) 13
14 Ausgaben der Krankenkassen für betriebliche Gesundheitsförderung (in Mio. Euro) , , ,16 42,29 46, ,58 35, ,71 25, , Quelle: Lenhardt (2015) 14
15 Verhaltens- und verhältnispräventive Aktivitäten in der BGF 2001 bis % 80% 38% 50% 32% 33% 39% 36% 36% 60% 40% 46% 41% 53% 54% 54% 58% 56% 20% 0% 16% 15% 9% 13% 7% 6% 8% Quelle: Lenhardt (2015) Verhältnis Verhältnis + Verhalten Verhalten 15
16 Anteil der BGF-Aktivitäten mit GZ Zahl der durchgeführten GZ Gesundheitszirkel in den BGF-Aktivitäten der Krankenkassen % 30% % 20% 15% 10% 20% % 26% 25% 25% 26% 24% % % % 19% % 500 0% Quelle: Lenhardt (2015) 16
17 Verbreitung unterschiedlicher BGF-Niveaus in deutschen Betrieben 2011 BGF-Niveau II: Datenanalysen oder Individualprävention oder Gesundheitszirkel 29% 18% BGF-Niveau III: Datenanalysen und BGF-Niveau I: Keinerlei Maßnahmen 44% 9% BGF-Niveau IV: Gesundheitszirkel und Datenanalysen und/oder Individualprävention Quelle: Lenhardt (2015) 17
18 Defizite Quantität Qualität Zielgruppenorientierung Qualitätssicherung 18
19 Regulierung/Governance (national) GKV-Spitzenverband: Handlungsfelder und Kriterien ( 20 Abs. 2 und 3 SGB V) Nationale Präventionskonferenz ( 20e Abs. 1 SGB V) Nationales Präventionsforum ( 20e Abs. 2 SGB V) Nationale Präventionsstrategie ( 20d SGB V) Präventionsbericht ( 20d Abs. 4 SGB V) 19
20 Prozesse Regulierung/Governance (makro) Bundesrahmenempfehlung der NPK Beauftragung der BZgA durch GKV SpiBu Zusammenarbeit GKV Kommunen Zusammenarbeit GKV Bundesagentur für Arbeit Zusammenarbeit GKV DGUV bzw. GKV GDA 20
21 Bundesrahmenempfehlung (Entwurf) GKV, SozPflVers, DGUV, DRV Ziele o gesund aufwachsen o gesund leben und arbeiten o gesund im Alter 21
22 Bundesrahmenempfehlung (Entwurf) Lebenswelten, insbesondere Kommunen Kindertagesstätten Einrichtungen Kinder- und Jugendhilfe Schulen Betriebe pflegerische Versorgung (ambulant und stationär) 22
23 Auftrag BZgA ( 20a, Abs. 3 SGB V) kassenübergreifende Leistungen Berücksichtigung der Landesrahmenvereinbarungen mit Kooperationspartnern Entwicklung der Art und Qualität Implementation Evaluation insbes. Lebenswelten für Jung und Alt 23
24 Auftrag BZgA ( 20a, Abs. 3 SGB V) Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit? Koordinierungsstellen Gesundheitliche Chancengleichheit? kommunale Gesundheitsstrategien ( Präventionsketten )? 24
25 Regulierung/Governance (meso) Landesrahmenvereinbarungen GKV, DRV, DGUV mit zuständigen Stellen Ziele Koordinierung Zuständigkeiten gegenseitige Beauftragung Zusammenarbeit mit ÖGD und Jugendhilfe weitere relevante Einrichtungen Prävention in Lebenswelten 25
26 Landesrahmenvereinbarungen großer Handlungsspielraum, vor allem GKV z.b. im Hinblick auf kommunale bzw. Landes- Programme z.b. Verträge (einzelne) GKV mit (einzelnen) Lebenswelten 26
27 Modellvorhaben ( 20g SGB V) GKV, SozPflV, DRV, DGUV zusammen oder einzeln Prävention in Lebenswelten in Bund und/oder Land in der Regel max. 5 Jahre 27 Evaluation
28 Fazit Schwerpunkt Lebenswelt mehr Ressourcen mehr Kooperation starke Position GKV große Aushandlungsspielräume 5. Anlauf vorbereiten 28
29 Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich. Max Weber (1919) 29
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