Übung im Bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2014/2015

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Transkript:

Prof. Dr. Alexander Trunk Übung im Bürgerlichen Recht für Fortgeschrittene WS 2014/2015 Bearbeitungszeit: 16.2.2015 9.3.2015 Der in Hamburg ansässige Weingroßhändler W. schloss am 1.3.2014 mit dem schweizerischen Lebensmittelkonzern L. einen Vertrag über die Lieferung von 1000 Kisten Krim-Sekt aus der Produktion des Jahres 2013. Der Vertrag enthält eine Rechtswahlklausel zugunsten des deutschen Rechts und eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten des Landgerichts München. L. bezieht den Krim-Sekt, wie W. bekannt ist, direkt von einem lokalen Hersteller H. aus der Krim. Die Anlieferung bei W. sollte nach dem Vertrag am 1.10.2014 direkt aus der Krim erfolgen. W. bewarb das Angebot des Krim-Sekts u.a. auf seiner Webseite. Am 1.6.2014 bestellte der Kieler Weinhändler K. bei W. über dessen interaktive Webseite 10 Kisten dieses Krim-Sekts zu einem Preis von 100,-- pro Kiste mit Lieferungstermin 1.11.2014 und leistete hierauf eine (laut der Webseite des W. pauschale, nicht rückerstattungsfähige ) Anzahlung von 100,--. Am 23.6.2014 erließ die Europäische Union die Verordnung Nr. 692/2014 über Beschränkungen für die Einfuhr von Waren mit Ursprung auf der Krim oder in Sewastopol in die Union als Reaktion auf die rechtswidrige Eingliederung der Krim und Sewastopols durch Annexion (ABl. L 183 vom 24.6.2014, S. 9 14). Nach Art.2 dieser Verordnung ist die Einfuhr von Waren mit Ursprung auf der Krim in die Europäische Union verboten. L. teilt W. am 1.8.2014 mit, aufgrund der neuen Regelungen sei die vereinbarte Lieferung leider nicht möglich. Vergleichbare Ware, die nicht unter das Importverbot falle, sei nicht vorhanden. W. reicht diese Information an K. weiter. K. ist der Auffassung, die EU-Regelung betreffe ihn nicht. Er erwarte von W. zumindest die Rückerstattung der Anzahlung und den Ersatz entgangenen Gewinns. W. lehnt beides ab. Er sei für den Erlass der EU-Verordnung nicht verantwortlich. Die von K. geleistete Anzahlung sei nach den Angaben auf seiner Webseite, die der Bestellung zugrundelagen, ausdrücklich nicht rückerstattungsfähig. Hilfsweise rechne er mit einem Vergütungsanspruch gegen K. aus einer vorausgegangenen Bestellung auf. Wie ist die materiellrechtliche Rechtslage? Zusatzfrage: Vor welchen deutschen Gerichten könnten W. und K. etwaige Ansprüche aus diesem Vorgang gegebenenfalls geltend machen? Ändert sich daran etwas, wenn über das Vermögen des W. zwischenzeitlich ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde? Bearbeitungshinweis: Völkerrechtliche Fragen und etwaige Fragen ausländischen Rechts sind nicht zu prüfen.

2 Die Arbeit darf bei einem Drittel Rand links, Schriftgröße 12 (Times New Roman) und Zeilenabstand 1,5, die Anzahl von 20 Seiten (ohne Gliederungsübersicht und Literaturverzeichnis) nicht überschreiten. Ein Nachweis über das Bestehen der Zwischenprüfung ist anzufügen. Die Arbeit ist am letzten Tag des Bearbeitungszeitraums bis spätestens 18 Uhr in den dafür vorgesehen Kasten im Juristischen Seminar zu werfen. Bei postalischer Einsendung zählt das Datum des Poststempels (09.03.2015). Spätere Abgaben werden nicht mehr berücksichtigt. Die Rückgabe der Hausarbeit erfolgt zu einem gesonderten Termin (siehe Ort u. Zeit auf der Webseite des Instituts für Osteuropäisches Recht und Aushang). Nicht abgeholte Hausarbeiten können danach im Institut für Osteuropäisches Recht zu den Sekretariatsöffnungszeiten abgeholt werden. Anträge auf Nachkorrektur sind innerhalb einer Woche nach dem Rückgabetermin schriftlich und begründet sowie unter Vorlage der korrigierten Hausarbeit am Institut für Osteuropäisches Recht (Olshausenstr. 75/II, Raum 157) einzureichen. Zur Benachrichtigung nach erfolgter Nachkorrektur ist die Angabe einer Email-Adresse nötig. Lösungsskizze Der Fall betrifft Fragen des Schuldrechts, insbesondere des Kaufrechts, bei einer Kette von Kaufverträgen mit Auslandsbezug und Auswirkung eines EU-Embargos. Die Zusatzfrage betrifft prozessrechtliche und insolvenzrechtliche Aspekte. Der Sachverhalt spricht verschiedene beteiligte Personen an (Weinhersteller von der Krim, (Primär-)Importeur L. aus der Schweiz, (Sekundär-)Importeur W aus Hamburg, Kleinhändler K aus Kiel. Der Sachverhalt spricht dann aber nur von Ansprüchen des K gegen W und der Verteidigung des W dagegen. Zu den Rechtsbeziehungen zwischen W und L bzw. H fehlt es an näheren Angaben. Die Fragestellung nach der materiellrechtlichen Rechtslage kann hier so interpretiert werden, dass allein nach den Ansprüchen zwischen W und K gefragt wird (s. auch die Zusatzfrage). Das sollte aber thematisiert werden (1 P.). Sollten Bearbeiter die Fragestellung weiter verstehen und auch auf Rechtsbeziehungen zwischen anderen Beteiligten eingehen, ist das als vertretbar zu werten und kann mit Zusatzpunkten honoriert werden. Dabei darf aber keine Übergewichtung dieser Beziehungen erfolgen, im Zentrum stehen die Beziehungen zwischen W und K. A. Materiellrechtliche Rechtslage I. Rechtsbeziehungen H L und L W (Exkurs): Beide (Kauf-)Verträge haben einen Auslandsbezug. Aus dt. Sicht findet auf beide Kaufverträge grds. das CISG Anwendung. CISG kann aber ausgeschlossen sein, dann wäre auf KaufV H L (wohl) russisches Recht anwendbar (Art.4 I Buchst.a Rom I-VO: auf völkerrechtliche Beurteilung der Eingliederung der Krim in die Russische Föderation kommt es für das IPR wohl nicht an, da insoweit der Grds. der Effektivität der betr. Staatsgewalt gilt). Auf KaufV L W wäre wg der Rechtswahl (Art.3 Rom I-VO) deutsches Recht anwendbar.

3 Die Wirksamkeit dieser Kaufverträge oder ihrer Erfüllung kann durch die EU-VO Nr.692/2014 in Frage gestellt sein (anwendbar über Art.9 II Rom I-VO; auf Art.9 III Rom I-VO kommt es nicht an): muss hier aber nicht vertieft werden, da der Schwerpunkt des SV auf den Beziehungen W K liegt. Falls Bearbeiter hier gleichwohl Ausführungen zu der EU-VO machen, kann dies positiv gewertet werden und entlastet ggf. die Ausführungen zu den Beziehungen W K. II. Rechtsbeziehungen W K 1. Anwendbares Recht SV hat keinen für das Kollisionsrecht (allgemein) relevanten Auslandsbezug, da weder RWahl getroffen wurde noch gewöhnl. Aufenthalt einer Partei im Ausland liegt. Falls man wegen der Importkomponente doch einen Auslandsbezug prüft (s. Art.1 I 1 Rom I- VO), würde Art.4 I Buchst.a Rom I-VO auf dt. Recht verweisen. 2. Anspruch K gegen W auf Lieferung des Krim-Sekts aus 433 I 1 BGB (Bearbeiter könnten bei entsprechender Auslegung der Fragestellung auch auf Prüfung dieses Anspruchs verzichten, müssten dann aber auf das Schicksal des Lieferungsanspruchs inzident z.b. beim SEA eingehen). a) Abschluss KaufV 433 über Webseite unproblematisch. (Auf Sonderregel 312 g a.f. BGB kann hingewiesen werden, Neuregelung 312i n.f. trat erst nach Vertragsschluss, am 13.6.2014 in Kraft, auf diese Vorschriften kommt es aber hier nicht an). b) Wirksamkeit KaufV: Unwirksamkeit des Vertrags könnte sich aus EU-VO Nr.692/2014 ergeben (VerbotsG isv 134 BGB) aa) Anwendbarkeit EU-VO Nr.692/2014 (unmittelbar): ursprünglich in der Fassung vom 23.6.2014, kann allerdings durch Neufassungen vom 30.6. und 18.12.2014 modifiziert sein: aber die Änderungen betreffen den vorliegenden SV nicht, so dass Frage der zeitlichen Anwendbarkeit der Änderungen offenbleiben kann. aaa) Sachlicher Anwendungsbereich, Art.2 2d Beschränkung verschiedener Transaktionen mit Bezug zur Krim: (+) bbb) Räumlicher Anwendungsbereich: Art.10 a b: auf dem Territorium der EU, d.h. wohl bei jedem in anderen Bestimmungen konkretisierten Bezug zum Territorium der EU: (+) ccc) Persönlicher Anwendungsbereich. Art.10 c e: bei inkriminierten Geschäften grds. jedermann (wird teilweise spezifiziert, z.b. auf Personen mit Staatsangehörigkeit von EU-Staaten): (+) ddd) Zeitlicher Anwendungsbereich: nach Art.11 tritt VO am 25.6.2014 in Kraft (Tag nach Veröff. Amtsblatt am 24.6.2014). Über intertemporale Anwendbarkeit ist nichts allgemeines gesagt, aber spezielle intertemporale Regelung in Art.3 für Verträge über Import von Waren aus der Krim, die vor dem 25.6.2014 geschlossen wurden: dh. auch

4 Altverträge werden grds. erfasst, aber das Verbot des Art.2 bezieht sich auf sie uu nicht. Beachte unrichtige dt. Übersetzung des Art.3 in der Originalfassung (wurde in späteren Fassungen korrigiert; engl. Fassung insoweit immer klar). VO ist anwendbar. bb) Art.2 a) EU-VO Nr.692/2014 begründet Importverbot von Waren mit Ursprung auf der Krim in die EU. aaa) Zeitliche Anwendbarkeit dieses Verbots, Art.3: nicht bei Altverträgen (so hier: Vertrag W K wurde am 1.6.2014 geschlossen), die bis zum 26.9.2014 erfüllt werden [wohl auch: werden sollen]. Hier nach SV erst Erfüllung zum 1.11.2014 vereinbart, d.h. der Vertrag wird von der VO zeitlich erfasst. bbb) Fraglich, ob Anwendbarkeit des Verbots auf bestimmte Altverträge mit höherrangigem Recht vereinbar ist. - Rechtsgrundlage für die VO: Art.215 VO ivm GASP-Beschluss (s. Präambel VO) - Vereinbarkeit der (unechten) Rückwirkung mit EU-Grundrechtecharta, insbes. Unternehmerfreiheit und Eigentum (Art.16 und 17 der Charta), ebenso Warenverkehrsfreiheit (Art.34 ff AEUV, hat sie eine externe Dimension?) könnte geprüft werden. ccc) Sachliche Anwendbarkeit des Verbots: kann fehlen, wenn die Ware von ukrainischen Behörden gem. Art.3 Buchst.b geprüft und freigegeben worden sind: Tatfrage, hier nicht zu unterstellen (s. Aussage L, dass die Ware unter das Verbot falle). ddd) Persönliche Anwendbarkeit des Verbots: - Art.10 Buchst.b VO: auf jede Person mit StA eines EU-Staates: sowohl bei W als auch bei K anzunehmen: (+). Es genügt wohl auch die StA nur einer Vertragspartei. - Wohl nicht Art.10 c VO, da nur auf juristische Personen bezogen (aber doing business in EU ausreichend; muss sich wohl nicht auf fragliche Transaktion beziehen) eee) Räumliche Anwendbarkeit des Verbots: Import in die EU. Fraglich, ob hier Import nicht vorgelagert (bei W), so dass Weiterlieferung innerhalb der EU nicht mehr unter das Importverbot fiele. Aber nach Sinn und Zweck der Regelung soll wohl auch der Anschlusshandel in der EU erfasst werden (arg. Art.6 VO: Ausschluss von Ansprüchen in Verbindung mit einem direkt erfassten Geschäft). A.M. vertretbar. eee) Inhalt des Importverbots : dürfte sich nicht nur auf Erfüllungshandlung, sondern bereits auf den Vertrag selbst beziehen (arg. Sinn und Zweck der Regelung, s.a. weite Regelung des Art.6). Aber a.m. vertretbar (nur Erfüllung vom Verbot erfasst). c) Anspruch entfallen wg. Unmöglichkeit, 275 aa) Rechtliche Unmöglichkeit: kann sich aus der VO ergeben, Importverbot enthält jdf. auch Erfüllungsverbotbb) Tatsächliche Unmöglichkeit: Vorlieferant verweigert Lieferung des W, und Ersatzware existiert nicht.

5 Ergebnis: Anspruch besteht nicht. 3. Anspruch K gg W auf Schadensersatz (entgangener Gewinn) wg Nichtlieferung des Krimsekts: entfällt wohl wg Art.6 I c) EU-VO: die Vorschrift dürfte wohl auch dann eingreifen, wenn man der Auffassung ist, dass das Importverbot selbst nicht die Weiterveräußerung innerhalb der EU erfasst, da die Bestimmung in Verbindung mit so weit gefasst ist, dass sie ihrerseits die Folgetransaktionen erfasst. A.M vertretbar. Ergebnis: Anspruch besteht nicht. 4. Anspruch K gg W auf Rückzahlung der Anzahlung: a) könnte sich aus 812 I 1 ergeben (wenn Kaufvertrag wg 134 ivm VO als unwirksam angesehen wird [wohl nicht 817, da zur Zeit des Kaufs noch kein gesetzl. Verbot bestand]. b) Oder aus 326 I, IV ivm 346 (wenn man lediglich Unmöglichkeit bejaht). c) Aber Anspruch könnte durch AGB ausgeschlossen sein: pauschale, nicht erstattbare Anzahlung. aa) Entsprechende Regelung auf Webseite ist als AGB isv 305 I zu qualifizieren bb) Einbeziehungskontrolle 305 II hier nicht anwendbar, da sowohl W als auch K Unternehmer sind, 310 I. cc) Überraschender Charakter 305 c wohl zu verneinen. dd) Inhaltskontrolle 307 - - 309 aaa) 308 f. nicht anwendbar zwischen Unternehmern, 310. bbb) Aber Auslegung 307 lehnt sich an 308 f. an. - Hier wohl unangemessene Benachteiligung isv 307 wg Wertung 308 Ziff.7 wohl entsprechend auch auf Fälle von 812 oder Unmöglichkeit anwendbar, a.m. vertretbar - Vertretbar auch, 307 im Hinblick auf 309 Ziff.5 oder 6 zu bejahen, wenn man die pauschale Anzahlung als Schadenspauschale oder als einer Vertragsstrafe äquivalent beurteilt (aber hm lehnt Übertragung 309 Ziff.6 auf Beziehungen zwischen Unternehmern ab). d) Ferner könnte Anspruch durch Art.6 EU-VO Nr.692/2014 ausgeschlossen sein, wenn Rückzahlung der Anzahlung als Anspruch in Verbindung mit einer betroffenen Transaktion zu qualifizieren sein sollte: Dafür spricht Funktionsähnlichkeit des Nichtrückerstattbarkeit der Anzahlung mit einem SEA, dagegen spricht aber andere rechtliche Qualifikation Anspruch auf Rückgewähr. Beide Ansichten vertretbar, im Licht des Ausgleichs der Vermögensinteressen beider Seiten (warum soll sich aus Zweck der VO ergeben, dass Restitution von Vorleistungen ausgeschlossen werden soll?) dürfte die engere Auslegung überzeugender sein. e) (Ggf. Hilfserwägung) Aufrechnung 387 ff greift grds. durch, aber Hilfsaufrechnung im Sinne einer bedingten Aufrechnung mat-r unwirksam ( 388 S.2), aber prozessrechtlich beachtlich.

6 B. Prozessuale Zusatzfragen I. Gerichtliche Zuständigkeit für Klagen von W bzw. K 1. Klage von W gg K (z.b. auf Zahlung Kaufpreis): 12 f. ZPO am Wohnsitz des K in Kiel, daneben 21 Niederlassung und 29 ZPO ivm 269 BGB am Erfüllungsort (grds.) der streitigen Verpflichtung: grds. Schuldnerwohnsitz = Kiel. 2. Klage von K gegen W auf Lieferung Krim-Sekt oder SEA und ggf. Rückerstattung der Anzahlung: 12 f. ZPO Wohnsitz in HH, daneben 12 Niederlassung und 29 ZPO, ebf. Hamburg. II. Auswirkungen eines Insolvenzverfahrens über Vermögen des W: aktive und passive Prozessführungsbefugnis für W geht auf Insolvenzverwalter übrig. Gegen diesen kann nach 19a ZPO am Sitz des Insolvenzgerichts (allg. Gerichtstand) geklagt werden, im übrigen bleiben 21 und 29 ZPO unberührt. Die Zuständigkeiten für Klagen des Insolvenzverwalters richten sich nach allg. Regeln. Wird das Insolvenzverfahren während der schwebenden Gerichtsverfahren eröffnet, ist Unterbrechung nach 240 ZPO und ggf. Aufnahme des Verfahrens nach 85 ff InsO zu beachten. Bewertungsskala: A. Materiellrechtliche Rechtslage I. Rechtsbeziehungen H L und L W (Exkurs) 1 P. II. Rechtsbeziehungen W K 1. Anwendbares Recht: 1 P. 2. Anspruch K gegen W auf Lieferung des Krim-Sekts aus 433 I 1 BGB a) Abschluss KaufV 0,5 P. b) Wirksamkeit KaufV aus EU-VO Nr.692/2014 aa) Anwendbarkeit EU-VO Nr.692/2014 1 P. bb) Importverbot Art.2 a) EU-VO Nr.692/2014 2 P. c) Anspruch entfallen wg. Unmöglichkeit, 275 1 P. 3. SEA K gg W wg Nichtlieferung des Krimsekts, Art.6 I c) EU-VO 1 P.

7 4. Anspruch K gg auf Rückzahlung der Anzahlung, 812 I 1 oder 326 I, IV ivm 346 1 P. a) AGB-Kontrolle 2 P. b Art.6 EU-VO Nr.692/2014 1 P. c) Aufrechnung 387 ff 0,5 P. B. Prozessuale Zusatzfragen I. Gerichtliche Zuständigkeit für Klagen von W bzw. K 2 P. II. Auswirkungen eines Insolvenzverfahrens über Vermögen des W 1 P. Zusatzpunkte für gute Argumentation: 3 P. Gesamt: 18 P.