Leaders Perspectives VIERTELJÄHRLICHE AUSGABE SEPTEMBER 2016 BALANCE ZWISCHEN RISIKO UND ERTRAG IN EINEM WACHSTUMS- SCHWACHEN UMFELD COLIN MOORE
Colin Moore Global Chief Investment Officer Balance zwischen Risiko und Ertrag in einem wachstumsschwachen Umfeld Die Reaktionen auf das britische Referendum trieben die Märkte zuerst nach unten und dann wieder nach oben. Colin Moore, Global Chief Investment Officer, rät den Anlegern, ihre Ertragsziele sorgfältig abzuwägen, um in den kommenden Zeiten eine konstante Performance zu erzielen. F: Das zweite Quartal war weltweit von einer höheren Volatilität und gemischten Ergebnissen geprägt. Gleichwohl erreichten US-Aktien und -Anleihen Rekordstände oder näherten sich diesen an. Wodurch wurden diese Märkte angetrieben? A: Im Quartalsverlauf gab es zwei große Effekte. Nachdem die Briten über das Referendum abgestimmt hatten, machte sich zunächst Angst breit. Wenn die Menschen unsicher in die Zukunft blicken, tendieren sie dazu, sehr schnell und sehr heftig zu reagieren. Am nächsten Morgen oder vielleicht in der Woche darauf merken sie dann, dass die Welt doch nicht untergegangen ist. Dann kommt es auf den Märkten wieder zu einer positiven Korrektur. Der zweite Effekt tritt auf, wenn die Menschen anfangen, über die längerfristigen Auswirkungen einer Veränderung nachzudenken. Es ist jedoch ungewiss, ob sie die langfristigen Auswirkungen des britischen Referendums vollständig erfasst haben. Deshalb macht es mich etwas nervös, dass sich die Märkte so stark und so schnell erholt haben. Scheinbar sind sie der Ansicht, dass das globale Wachstum nicht gefährdet ist. Das ist es aber sehr wohl. F: Wie analysieren Sie den Einfluss, den das britische Referendum auf das globale Bankensystem hat? A: Im Rahmen unseres Research legen wir den Schwerpunkt größtenteils auf die Europäische Union, insbesondere auf Regionen wie Italien. Zunächst ermitteln wir die schlechtesten Banken. Wir möchten nicht, dass unsere Anleger in diesen Banken engagiert sind, weder durch unsere Investments noch indem wir diese Banken als Gegenparteien einsetzen. Ein zweiter Aspekt ist die potenzielle Ansteckungsgefahr. Wenn eine dieser Banken zusammenbricht, kann dies die anderen Banken, mit denen wir in Europa zusammenarbeiten, beeinflussen oder diesen Schaden zufügen auch wenn wir nicht direkt in der betroffenen Bank engagiert sind. Wir haben kürzlich die Ergebnisse der Stresstests europäischer Banken erhalten. Auf den ersten Blick halte ich die Ergebnisse zwar für ermutigend, man sollte jedoch sehr viel genauer hinsehen. Die Situation in Großbritannien und in den USA schätzen wir recht positiv ein. Die Aufsichtsbehörden beider Länder haben darauf bestanden, dass in beiden Bankensystemen eine Rekapitalisierung vorgenommen wird und die Eigenkapitalausstattung ausreicht, um die mit dem britischen Referendum einhergehende Belastung aufzufangen. 2
F: Die Zentralbanken haben nach wie vor einen starken Einfluss auf den Markt. Was können sie nun bewirken? A: Die Zentralbanken können dazu beitragen, den Angstfaktor auf den Märkten zu mindern. Um ein Beispiel zu nennen: Nach dem britischen Referendum sind die Bank of England und die Europäische Zentralbank nach vorne getreten und sagten im Wesentlichen: Wir werden auf dem Markt ausreichend Liquidität bereitstellen. Es gibt keinen Anlass zur Sorge. Diese Aussage zeigte sofortige Wirkung, und dafür zolle ich beiden Zentralbanken meine Anerkennung. Im Hinblick auf die zusätzlichen Anreizmaßnahmen bin ich jedoch seit Jahren der Ansicht, dass diese relativ unwirksam sind, wenn es darum geht, das Wachstum anzukurbeln. Das ist, als ob Sie zu jemandem sagen: Ich ergreife außergewöhnliche Maßnahmen und sorge in einigen Ländern für Negativzinsen Sie aber sollten zuversichtlich nach vorne blicken und neue Werke bauen oder neue Mitarbeiter einstellen. Ich möchte, dass Sie in die Zukunft investieren, obwohl ich Ihnen gerade erzähle, dass ich zu außergewöhnlichen Maßnahmen greife, um eine potenzielle Krise abzuwenden. Dieses Verhalten ist ein Widerspruch in sich. F: Sie sprachen gerade über Negativzinsen. Selbst die positiven Zinsen haben Rekordtiefstände erreicht oder nähern sich diesen an. Auf einigen Märkten scheint eine gewisse Verzerrung vorhanden zu sein. Wie sollte ich diese Situation als Anleger einschätzen? A: Um eine Anlage beurteilen zu können, muss man zunächst einmal den risikofreien Zinssatz verstehen. Ganz gleich, ob Sie eine Anleihe, eine Aktie oder ein neues Haus kaufen: Sie müssen eine ungefähre Ahnung davon haben, wie hoch Ihre risikofreie Rendite ist, und welchen zusätzlichen Ertrag Sie benötigen, um das Risiko Ihrer Anlage zu rechtfertigen. Wie soll man Anlagen beurteilen, wenn dieser risikofreie Zinssatz in irgendeiner Form verzerrt wird? Null- oder Negativzinsen untergraben auch die Rentabilität der Banken und ihre Bereitschaft zur Kreditvergabe. Zudem stellen sie jene Menschen vor Schwierigkeiten, die von Zinseinkünften in normaler Höhe abhängig sind. Ich bin äußerst besorgt, denn wir nähern uns einem Punkt, an dem wir auf außergewöhnliche Maßnahmen angewiesen sind. Das ist wie eine Sucht. F: Wie schätzen Sie die Märkte nun ein, wenn Sie all dies berücksichtigen? A: Die Bewertungen auf dem Aktienmarkt sind recht hoch. US-Aktien sind wahrscheinlich attraktiver als Aktien aus anderen Teilen der Welt, da unser Markt relativ stabil ist. Wir rechnen bei US-Aktien jedoch mit einer moderaten Rendite in Höhe von 5 % oder 6 %, während eine Volatilität von 12 % bis 18 % in Kauf genommen werden muss. Dieses Risiko-Ertrags-Verhältnis ist nicht besonders attraktiv. Deshalb scheinen US-Aktien im Vergleich mit anderen Anlageklassen, insbesondere US- Staatsanleihen, zwar attraktiv bewertet zu sein. Für sich genommen sind sie jedoch nicht unbedingt ganz so attraktiv. F: Wie sollten Anleger in diesem Umfeld Risiken und Erträge ins Gleichgewicht bringen, um ihre langfristigen Ziele zu erreichen? A: Die Menschen tendieren dazu, das allgemeine Wirtschaftswachstum zu optimistisch einzuschätzen. Wenn das tatsächliche Wachstum dann niedriger ausfällt, passen sie sich nicht genug an diesen Umstand an. Wenn Sie davon ausgehen, dass das Wirtschaftswachstum sehr hoch sein wird, dürften Sie in breite Marktindizes investieren. Wir rechnen jedoch nicht mit einem hohen Wachstum. Stattdessen gehen wir davon aus, dass sich das durchschnittliche Wirtschaftswachstum mittelfristig weiterhin in einem Bereich zwischen 1,5 % und 2,5 % bewegen wird. Es werden jedoch nicht alle Unternehmen und Vermögenswerte in diesem Durchschnittstempo wachsen. Deshalb müssen Sie darauf achten, wo sich neue Anlagechancen eröffnen, die ein höheres Wachstum versprechen. Ein weiterer Aspekt ist die Volatilität. In einem Umfeld mit niedrigem Wachstum sind wir anfälliger für Schocks. Das jüngste Beispiel hierfür ist das britische Referendum. Aus diesem Grund sollten wir auch berücksichtigen, wie beständig die von uns erzielten Renditen sind. Wenn wir das Risiko in einem Portfolio verteilen, sollten wir uns nicht nur nach der höchsten voraussichtlichen Rendite richten, die vermutlich mit Aktien erwirtschaftet wird. Vielmehr sollten wir darauf achten, dass wir das beste Risiko-Ertrags-Verhältnis erzielen. Der Großteil unserer Analysen belegt, dass Anleger mit einer Volatilität von 8 % bis 10 % umgehen können. Bei einer höheren Volatilität beginnen die Anleger, sich falsch zu verhalten sie verkaufen zu niedrigen Kursen und kaufen zu hohen Preisen. Deshalb versuchen wir, Portfolios aufzubauen, die weitaus stabiler sind und das richtige Verhältnis aus Risiko und Ertrag aufweisen, damit unsere Kunden langfristig an ihren Investitionen festhalten. 3
F: Als Gastgeber der Olympischen Sommerspiele steht Brasilien in diesem Jahr im Mittelpunkt der weltweiten Aufmerksamkeit. Gleichzeitig hat das Schwellenland mit Problemen zu kämpfen. Wie schätzen Sie diesen Markt ein? A: Ich stufe die Entwicklung in Brasilien als recht positiv ein. Man sollte nicht vergessen, dass es sich hierbei um ein Land handelt, das reich an Ressourcen ist, wozu auch seine Einwohner zählen. Unter der richtigen Führung kann das Land in eine vielversprechende Zukunft blicken. Ein Land kann reich an Humankapital sein, es muss jedoch auch Wege finden, um den Menschen Gesundheit und Bildung zu ermöglichen. Brasilien muss nicht nur Haushaltsdisziplin an den Tag legen. Es muss auch den Wohlstand in seiner Volkswirtschaft gleichmäßig verteilen und dafür seine Bürger, seine Infrastruktur sowie Unternehmen aus dem Privatsektor fördern. Unter einer besseren Regierung sollten wir Brasilien heute weitaus optimistischer bewerten als noch vor einem oder zwei Jahren. F: Wie schätzen Sie die Schwellenländer insgesamt ein? A: Angesichts der Sorgen bezüglich des niedrigen und langsamen strukturellen Wachstums in der Welt müssen wir nach vereinzelten Wachstumschancen Ausschau halten. Hierfür können wir thematisch vorgehen und uns die weltweiten Wachstumsbereiche anschauen, beispielsweise den Ausbau des Gesundheitswesens oder der Infrastruktur. Die Schwellenländer werden im Zentrum dieser beiden Entwicklungen stehen. Man darf nicht den Fehler begehen, die Schwellenländer lediglich geografisch zu betrachten. So waren wir alle von den BRIC-Staaten begeistert (Brasilien, Russland, Indien und China). Wenn man diese Abkürzungen oder Bezeichnungen wie Schwellenländer verwendet, geht man davon aus, dass sich diese in einem gewissen Maß homogen verhalten was zweifellos nicht der Fall ist. Es ist daher sinnvoller, über die Länderdefinition der Schwellenländer hinauszugehen und einen thematischeren Ansatz zu verfolgen. F: Sie haben darüber geschrieben, dass der Trend dahin geht, Anlageprodukte zu entbündeln, um den Kunden die Elemente Beta, strategisches Beta und Alpha separat und zu unterschiedlichen Preisen anzubieten. Was für eine Entwicklung ist hier zu verzeichnen? A: Nehmen wir als Beispiel das Kabelfernsehen. Die Verbraucher kaufen nicht mehr zwangsläufig das Komplettpaket. In meiner Generation ist dies vielleicht noch der Fall, andere jedoch erwerben Internetdienste und laden die Art von Unterhaltung herunter, die sie möchten anstatt für ein Standard TV-Paket zu bezahlen. In ähnlicher Weise werden wir auf dem Markt für Investments zunehmend beobachten können, dass zuvor gebündelte Anlageprodukte gesondert angeboten werden. Vielleicht möchte der Kunde nur das Beta erwerben, das bereits einen wachstumsstarken Bereich darstellt. Den Anlegern ist dies vielleicht unter dem Begriff passive Anlagen geläufig. Diese sollten äußerst günstig zu erwerben sein. Die Analyse und Abbildung von strategischem Beta oder Smart Beta ist weitaus schwieriger, insbesondere wenn beide Faktoren kombiniert werden. Somit ist bei diesen Faktoren mehr Erfahrung und Know-how gefragt, zumal sie auch etwas weniger verbreitet ist. Auch wenn sie zunehmend separat von anderen Renditequellen erhältlich sind, sind diese Anlagen folglich teurer als einfache Beta-Investments. Alpha ist weitaus seltener zu finden, aber auch wertvoller, da es eine idiosynkratische Rendite bietet. Das bedeutet, dass diese Rendite nicht durch die Bezugnahme auf etwas anderes erklärt werden kann und deshalb bessere Diversifikationsvorteile mit sich bringt. 4
F: Wie kam es zu dem Trend, dass Anlageprodukte zunehmend entbündelt werden? A: Hierfür gibt es drei Gründe. Erstens vereinfacht die Technologie diesen Prozess. Es gibt Instrumente und Tools, mit denen Sie auf individuelle Weise Beta, strategisches Beta und Alpha erstellen und analysieren sowie separat anbieten können. Vor zehn Jahren war das noch nicht möglich. Zudem hat sich die Technologie in den letzten Jahren noch verbessert, sodass dieser Prozess wirklich effizient ist. Zweitens haben traditionelle, vollständig gebündelte Anlageprodukte einige Anleger enttäuscht, nachdem sie sich die Kosten vor Augen geführt haben. Für Enttäuschung sorgt auch die Rendite, die den Anlegern entgeht, wenn sie sich dazu verleiten lassen, zu hohen Preisen kaufen und zu niedrigen Kursen zu verkaufen. Schlussendlich verändert sich auch die Nachfrage der Anleger, was teilweise generationsbedingt ist. Es ist zu beobachten, dass jüngere Menschen genau die Dienstleistungen erwerben möchten, die sie sich wünschen. 5
Mehr erfahren Sie unter COLUMBIATHREADNEEDLE.COM Wichtige Informationen: Nur für professionelle und/oder qualifizierte Anleger (Nutzung durch oder Weitergabe an Privatkunden verboten). Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein Hinweis auf die künftige Wertentwicklung. Der Wert der Anlagen und etwaige Einkünfte daraus sind nicht garantiert und können sowohl steigen als auch fallen sowie von Wechselkursveränderungen beeinflusst werden. Das bedeutet, dass ein Anleger unter Umständen den ursprünglich angelegten Betrag nicht zurückerhält. Diese Veröffentlichung dient lediglich der Information und stellt kein Angebot zum Kauf von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten noch eine Anlageberatung und eine Investmentdienstleistung dar. Das Research sowie die Analysen, auf die hier Bezug genommen wird, wurden von Columbia Threadneedle Investments im Rahmen des eigenen Anlagenverwaltungsgeschäfts durchgeführt, und die Ergebnisse derselben sind möglicherweise bereits vor der Veröffentlichung dieser Informationen genutzt worden und werden hier lediglich als Hintergrundinformationen zur Verfügung gestellt. Alle zum Ausdruck gebrachten Meinungen entsprechen dem Stand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, können jedoch ohne Benachrichtigung geändert werden. Informationen aus externen Quellen werden zwar als glaubwürdig angesehen, für ihren Wahrheitsgehalt und ihre Vollständigkeit besteht jedoch keine Gewähr. Diese Präsentation beinhaltet Aussagen, die die Zukunft betreffen, so auch Projektionen künftiger ökonomischer und finanzieller Verhältnisse. Keiner von Columbia Threadneedle Investments, seinen Direktoren, Führungskräften oder Mitarbeitern, macht irgend eine Aussage, Zusicherung, Garantie oder anderes Versprechen, dass eine dieser zukunftsgerichteten Aussagen sich als zutreffend herausstellt. Herausgegeben von Threadneedle Asset Management Limited ( TAML ). Eingetragen in England und Wales unter der Nr. 573204; eingetragener Firmensitz: Cannon Place, 78 Cannon Street, London EC4N 6AG. Im Vereinigten Königreich zugelassen und reguliert von der Financial Conduct Authority. Columbia Threadneedle Investments ist der globale Markenname der Columbia- und Threadneedle-Unternehmensgruppe. columbiathreadneedle.com Herausgegeben im September 2016 Gültig bis Januar 2017 J25658