II. Blutdruck. Der arterielle Puls. Arterieller Blutdruck Definition Physiologie. Untersuchung des Radialispuls:

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Transkript:

II. Blutdruck Der arterielle Puls Untersuchung des Radialispuls: Durch die Palpation (Tasten) des arteriellen Pulses können folgende Parameter untersucht und beurteilt werden: Frequenz: >100/min Tachykardie; <60/min Bradykardie Rhythmus: regelmäßig, unregelmäßig, z.b. multiple Extrasystolen oder Vorhofflimmern Pulsfüllung: gut gefüllt oder schlecht gefüllt Charakter: Anstiegsgeschwindigkeit, Amplitude, Maximum Gefäßwand: verhärtet oder geschlängelt seitengleich? Arterieller Blutdruck 2.1. Definition Der arterielle Blutdruck ist eine Funktion von Herzminutenvolumen und peripherem Widerstand: RR= HMV * TPR mit RR= arterieller Druck (mmhg), HMV = Herzminutenvolumen (l/min) und TPR = Totaler peripherer Widerstand 2.2. Physiologie Der Blutdruck wird durch verschiedene Regulationsmechanismen kurz- und längerfristig auf einem möglichst konstanten Wert gehalten. Die kurzfristige Regelung erfolgt überwiegend durch Barorezeptoren im Aortenbogen und Carotissinus. Dehnungsrezeptoren im Vorhof, Ventrikel und in der Umgebung der Koronararterien stabilisieren über vagale Afferenzen den Blutdruck. Langfristige Regulationsvorgänge reagieren auf Änderungen des extrazellulären Flüssigkeitsvolumens, auf humorale Faktoren wie Renin-Angiotensin-System, Vasopressin, ADH und atriales natriuretisches Peptid. In Ruhe spielt die sympathische Stimulation die wesentliche Rolle für eine Blutdrucksteigerung. Bei körperlicher Arbeit tragen Chemorezeptoren wesentlich zur Regulation des Blutdruckes bei. Eine Drucksteigerung

erfolgt über eine Zunahme des Herzminutenvolumens (Schlagvolumen und/oder den Herzfrequenzanstieg) sowie über die Änderung bzw. die Zunahme des peripheren Widerstandes. Unter Belastung nimmt der systolische Druck zu, der mittlere arterielle Druck bleibt weitgehend konstant, der diastolische nimmt gering zu oder bleibt gleich. Der periphere Widerstand nimmt unter Belastung ab. In der Erholungsphase kehrt der Blutdruck bei Trainierten schneller zum Ausgangswert zurück als bei Untrainierten. Phasen der Blutdruckmessung Nach Aufblasen der Manschette ca. 30 mmhg oberhalb des erwarteten systolischen Blutdrucks wird der Druck wieder abgelassen. Phase I: Das erste Auftreten eines akustischen Phänomens nach Korotkoff (=systol. Druck). Die zunächst leisen Töne werden laut und klopfend. Phase II: Bei Druckabfall nimmt das Geräusch zischenden oder blasenden Charakter an. Phase III: Phase, in der die zischenden Geräusche lauter werden Phase IV: mehr oder weniger abruptes Leiserwerden der Korotkoff-Töne Phase V: völliges Verschwinden der Korotkoff-Töne

Mittlerer arterieller Blutdruck Bei invasiver Blutdruckmessung erfolgt die Bestimmung des mittleren arteriellen Drucks durch elektronische Mittelung. Bei nichtinvasiver Messung lässt sich der mittlere Blutdruck für praktische Belange ausreichend genau nach der folgenden Formel bestimmen: RR*=(RR s -RR d )/3+RR d RR s =systolischer Blutdruck RR d =diastolischer Blutdruck RR* =mittlerer Blutdruck

Stehversuch nach Schellong Wichtige, einfach durchführbare Untersuchung bei Verdacht auf orthostatische Hypotonie oder zur Abklärung von Schwindel oder Synkopen (kurzseitiger Bewusstseinsverlust) 1. Vorbereitung: 10 min. Liegen 2. Messung von Puls-/Herzfrequenz und Blutdruck im Liegen 3. Messung von Puls-/Herzfrequenz und Blutdruck unmittelbar nach dem Aufstehen und in 1- minütigen Abständen über 10 (20) min. Nach etwa 4-6 Minuten ist ein neues Gleichgewicht erreicht. a) Normal Ein Blutdruckabfall zu Beginn des Stehens (Sofortmessung!) mit leichtem Frequenzanstieg ist die normale Reaktion. Beim aktiven Stehen steigt die Herzfrequenz sofort an (Maximum nach 15 Schlägen), dann folgt eine relative Bradykardie um den 30. Schlag herum. Die Beziehung dieser beiden Frequenzreaktionen stellt die sog. 30:15-Relation dar, nämlich die Beziehung des längsten RR-Intervalls zum kürzesten. Ein Abfall des arteriellen Blutdrucks um mehr als 20 mmhg gilt als Hinweis auf eine autonome Dysfunktion. Blutdruck: systolischer Abfall um 10 mm Hg diastolischer Anstieg um etwa 5 mm Hg Puls -/Herzfrequenz: Anstieg um etwa 20% b) Pathologisch: Blutdruckabfall systolisch um mehr als 20 mmhg und diastolisch um mehr als 10 mmhg mit klinischer Symptomatik

Jugularvenendruck und puls Die Inspektion des Jugularvenenpulses ist eine wichtige klinische Untersuchung, um den zentralen Venendruck und die Leistung des rechten Herzens abzuschätzen. Die Vena jugularis interna (siehe Abb.5) steht in direkter Verbindung mit der Vena cava superior und dem rechten Vorhof. Der normale Druck im rechten Vorhof beträgt 10-12 cm H 2 O (7-9 mm Hg). Beim Stehen oder aufrechten Sitzen sind die Jugular-Venen kollabiert, beim Liegen sind sie komplett gefüllt. Zur Untersuchung der Halsvenenfüllung und -Pulsation lagert man den Probanten in Schräglage (45 ), Kopf auf einem Kissen liegend, am besten mit tangential zur Halsoberfläche einfallendem Licht (Taschenlampe). Suchen Sie den höchsten Punkt, an dem sie den Venenpuls erkennen können. Dieser Punkt liegt in dieser Position gerade über dem Schlüsselbein. Messen Sie die Entfernung dieses Punktes zu einem definierten Bezugspunkt auf dem Brustbein (Angulum sterni, siehe Abb. 5). Der Abstand des rechten Vorhof zum Angulum sterni ist unabhängig von der Körperposition und beträgt 5-8 cm (siehe Abb.5) Einem normalen Jugularvenendruck entspricht weniger als 4 cm über dem Angulum sterni, entsprechend einer Wassersäule von weniger als 12 cm H 2 O (8+4) über dem rechten Vorhof. Beachten Sie: Da die Vena jugularis interna direkt neben der Halsschlagader liegt (A.carotis) ist es wichtig die Pulsationen beider Gefäße nicht zu verwechseln: Venenpuls sind nicht palpabel, die schnellste Bewegung beim Venenpuls ist nach innen gerichtet, beim arteriellen Puls nach außen. Der venöse Puls hat 2 Gipfel, der arterielle nur einen. Umrechnung cm H 2 O in mm Hg: 1 cm H 2 O = 0.735 mmhg Normal: Halsvenen sind ungefüllt, Jugularvenenpuls ist bis 1-2 cm über dem Schlüsselbein sichtbar.

Pathologisch: sichtbare Halsvenenfüllung, wenn Druck im rechen Vorhof > 12cm H 2 O, z. B. bei Rechtsherzinsuffizienz. Praktischer Teil - Aufgaben 1) arterieller Blutdruck und Puls bei Belastung Registrieren Sie den arteriellen Blutdruck und den Puls nach einer definierten körperlichen Belastung. Ein Proband soll dazu vom 4. Stock in das Erdgeschoss und wieder zurück joggen. Anschließend werden Blutdruck und Puls gemessen. Stellen Sie die Messwerte graphisch dar. Tragen sie dazu den systolischen Blutdruck-Wert mit roter Farbe, den diastolischen Blutdruck-Wert mit blauer Farbe und den arteriellen Puls mit schwarz in das vorbereitete Koordinatensystem ein. RR (mmhg) + HF (1/min) 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Zeit (min)

2) arterieller Blutdruck und Puls bei Orthostase-Schellong Test Registrieren Sie den Zeitverlauf des arteriellen Blutdrucks und den Puls nach dem Aufstehen. Ein Proband soll zunächst 10 min. liegen, bis ein Gleichgewicht für Ruheblutdruck und puls erreicht ist. Messen Sie in dieser Phase Blutdruck und Herzfrequenz nach 3, 6 und 9 Minuten und tragen Sie die Messwerte in das Koordinatensystem ein. Fordern Sie den Probanden auf, rasch aufzustehen und messen Sie Puls- und Herzfrequenz nach dem Aufstehen und in 1-minütigen Abständen über 20 min. Nach etwa 4-6 Minuten ist ein neues Gleichgewicht erreicht. Stellen Sie die Ergebnisse graphisch dar. 15 min Messung in Ruhe (Liegen), dann 20 min Messung nach dem Aufstehen: RR (mmhg) + HF (1/min) 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0-15 -10-5 0 5 10 15 20 Zeit (min) 3) Beurteilung des Jugularvenendrucks und -Pulses Zur Untersuchung des Jugularvenendrucks lagern Sie einen Probanden entsprechend Abb. 5 und schätzen Sie den Venendruck in cm H 2 O ab. Beobachten und beschreiben Sie den Zeitverlauf des Venenpulses. Viel Spass beim Praktikum!