Prof. Dr. Daniel Zimmer Universität Bonn. Wettbewerbsentwicklung mit Licht und Schatten: Das Sondergutachten der Monopolkommission zum Energiesektor



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Transkript:

Prof. Dr. Daniel Zimmer Universität Bonn Wettbewerbsentwicklung mit Licht und Schatten: Das Sondergutachten der Monopolkommission zum Energiesektor

Aktuelle Entwicklungen Abschaltung aller deutschen Kernkraftwerke bis 2022 Trend zur Rekommunalisierung

Wettbewerbsentwicklung bei der leitungsgebundenen Energieversorgung Großhandel Infolge Zusammenlegung der Marktgebiete Liquidität an den deutschen Handelsplätzen verbessert Ziel: Schaffung eines europäischen Binnenmarktes für Erdgas

Gas-Öl-Preisbindung muss neu bewertet werden

Langfristige Gaslieferverträge Bundeskartellamt solle ausgelaufene Verfügungen zur Begrenzung der Laufzeiten nicht erneuern Weiterverkaufsverbote in Verbindung mit Take-or-Pay-Klauseln bedürfen eingehenderer ökonomischer Untersuchung

Großhandelsmärkte für Strom Bessere Nutzung der Grenzübergangskapazitäten und Rückführung der Engpässe Monopolkommission schlägt Anpassung vor: Die Erlöse, die Netzbetreiber aus der Durchführung der Engpassbewirtschaftung erzielen, sind unverzüglich für Maßnahmen zur Beseitigung von Engpässen zu verwenden oder hierfür zurückzustellen. Soweit solchen Maßnahmen von der Bundesnetzagentur festgestellte technische oder andere sachliche Gründe entgegenstehen, sind die Erlöse entgeltmindernd in den Netzentgelten zu berücksichtigen.

Marktabgrenzung Bundeskartellamt hat deutschlandweiten Markt auf Österreich erweitert

Bundeskartellamt sollte weitere Integration der Erzeugermärkte anhand aussagekräftiger Indikatoren beobachten und eine vertiefende Überprüfung der räumlichen Marktabgrenzung vornehmen

Auf Großhandelsebene im Stromsektor nach wie vor hohe Konzentration: E.ON AG, RWE AG, Vattenfall Europe AG und EnBW Energie Baden-Württemberg AG 2009 teilen sich 80 % des Erstabsatzmarktes

Preisfindung orientiert sich im Stromgroßhandelsmarkt an den Grenzkosten der Erzeugungsanlagen Einspeisung volatiler Energiequellen erfordert Investoren, die Kraftwerke bauen, welche nur wenige Stunden im Jahr in Betrieb sind Evaluierung der Gesamt- und insbesondere der Kapazitätsmarktsituation

Im Hinblick auf den Energiebörsenhandel soll Aufsicht verbessert werden Monopolkommission fordert darüber hinaus die Einbeziehung des OTCund des Emissionszertifikatehandels in das Aufsichtsregime

Erneuerbare Energien 2010 betrug der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten in Deutschland erzeugten Bruttostrom bereits 16,5 % Zu kritisieren ist die konkrete Ausgestaltung des Erneuerbare-Energien- Gesetzes

Das Ziel, CO2-Emissionen zu vermeiden, erfüllt der europäische Emissionshandel bereits vollständig Aus ordnungspolitischer Sicht sind das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz redundant. CO2-Emissionen, die in Deutschland eingespart werden, werden anderweitig in der Europäischen Union verkauft

Monopolkommission spricht sich dafür aus, erneuerbare Energien mit marktlichen, wettbewerbsneutralen Mechanismen zu fördern Hierfür sollte geprüft werden, wie weitere Externalitäten, z.b. Schäden im Falle eines atomaren Unfalls, durch geeignete Instrumente internalisiert werden können

Im Zuge des novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetzes wird 2012 eine optionale Marktprämie für die Stromdirektvermarktung aus EEG-Anlagen eingeführt Hierdurch entstehen Anreize, Strom dann zu verkaufen, wenn die Großhandelspreise hoch sind

Aufgrund des Anstiegs der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien werden die Verwerfungen auf diesem Markt zunehmen. Monopolkommission erachtet Wechsel in ein marktnäheres System als unausweichlich Ein Quotensystem für erneuerbare Energien könnte festlegen, dass eine bestimmte Menge an erneuerbaren Energien (z.b. 35 %) im Portfolio eines jeden Stromverkäufers enthalten sein muss. Alternativ auch Einführung von Kapazitätsmärkten für erneuerbare Energien möglich

Endkundenmärkte Auf den Endkundenmärkten setzt sich die positive Wettbewerbsentwicklung fort Anbieterzahlen auf dem Gasmarkt bleiben hinter denen des Strommarktes zurück

Anteil der Grundversorgungsquote stetig fallend Wechselbereitschaft der Haushaltsstromkunden jedoch noch immer gering

Rekommunalisierung Keine Hinweise auf positive Wettbewerbseffekte kommunaler Anbieter Die günstigsten Tarife werden regelmäßig von privaten Akteuren angeboten, die nicht von einem der vier großen Stromerzeuger kontrolliert werden Grundsätzlich ist vom Bestehen wirksamen Wettbewerbs der Anbieter im Endkundenmarkt auszugehen.

Bundeskartellamt grenzt die Endkundenmärkte im Strom- und im Gassektor in unterschiedlicher Weise ab Im Stromsektor hat das Amt den Haushalts- und Kleingewerbekundenbereich in einen Grundversorgungsmarkt, einen Markt für die Belieferung von Sondervertragskunden und einen Markt für die Belieferung von Heizstromkunden unterteilt Die Gründe dieser Behandlung sind nicht ohne Weiteres einsichtig. Bundeskartellamt sollte Marktabgrenzung auf Endkundenmärkten genauer begründen und durch quantitative Tests fundieren

Preismissbrauchsverfahren gegen Energieversorger Die meisten Verfahren 2010 aufgrund von Zusagen der Unternehmen eingestellt Praxis ist kritisch zu bewerten. Preismissbrauchsaufsicht ist Symptombekämpfung, die im Hinblick auf die Entwicklung des Wettbewerbs kontraproduktiv wirkt Vorgehen des Amtes kann dazu führen, dass Erlöse eines Unternehmens als missbräuchlich bewertet werden, wenn diese lediglich Kapitalkosten decken

Vergabe von Konzession an Stadtwerke Vertragsgestaltung, wonach durchleitende Energieanbieter höhere Konzessionsabgabe für Tarifkunden zahlen sollten, ist missbräuchlich Verhalten verstößt gegen Konzessionsabgabenverordnung und unterläuft Zielsetzung, wettbewerbliche Entwicklung zu fördern.

Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur Es sollte erwogen werden, Konzessionen zum Betrieb von Energieversorgungsnetzen in den Kreis der nach 97 ff. GWB ausschreibungspflichtigen Sachverhalte aufzunehmen Vergabeverfahren wäre so auszugestalten, dass den Zuschlag erhält, wer den höchsten Abschlag auf die regulierten Netzentgelte anbietet

Zum Netzausbau: In der öffentlichen Diskussion wird der Ausbau des Netzes mitunter als alternativlos dargestellt Jedoch bestehen Alternativen: Bewirtschaftung des Engpasses oder räumliche Anpassung der Energieeinspeisung Monopolkommission stellt Schaffung von mindestens zwei Preiszonen in Deutschland zur Diskussion: Preisdifferenz bedingt, dass für Kraftwerksbetreiber Anreiz zur Ansiedlung in der Defizitregion

Manipulative Praktiken auf Großhandelsmärkten Mögliche Manipulationsstrategie: angebotsseitige und nachfrageseitige Beeinflussung des Börsenpreises

Bundeskartellamt Sektoruntersuchung Stromerzeugung/Stromgroßhandel 2011 Ergebnisse deuten darauf hin, dass Unternehmen sich in nennenswerten Umfang unabhängig von Wettbewerbern, Abnehmern und Verbrauchern verhalten

Monopolkommission: Zu wünschen wären weiterführende verhaltensbasierte Modelle, d.h. Ex-ante- und Ex-post-Simulationen

Auffällig, dass durchschnittlich ein Viertel aller Erzeugungskapazitäten aus technischen Gründen (Revision, ungeplante Kraftwerksausfälle) zur Stromproduktion nicht verfügbar war Monopolkommission fordert bei zukünftigen Untersuchungen Überprüfung technischer Aspekte

Institutionelle Lösung: Systematisches Market Monitoring durch eine zentrale Markttransparenzstelle für den Energiegroßhandelsmarkt Frühjahr 2011: Informeller Gesetzentwurf Vorschläge der EU-Kommission zur Förderung der Markttransparenz und Marktintegrität im Energiehandel (REMIT)

Prof. Dr. Daniel Zimmer Universität Bonn Wettbewerbsentwicklung mit Licht und Schatten: Das Sondergutachten der Monopolkommission zum Energiesektor