Menschenrecht auf Wohnen dauerhaft sicherstellen - Wohnungs- und Obdachlosigkeit konsequent bekämpfen

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Transkript:

Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode Drucksache 19/[ ] [Datum] Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Christian Kühn (Tübingen), Corinna Rüffer, Sven Lehmann, Daniela Wagner, Markus Kurth, Beate Müller- Gemmeke, Britta Haßelmann, Renate Künast, Canan Bayram, Lisa Paus, Stefan Schmidt, und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Menschenrecht auf Wohnen dauerhaft sicherstellen - Wohnungs- und Obdachlosigkeit konsequent bekämpfen Der Bundestag wolle beschließen: I. Der Deutsche Bundestag stellt fest: Wohnen ist ein Menschenrecht. Dieses Recht zu gewährleisten und dafür Sorge zu tragen, dass alle Menschen, egal welcher Herkunft, ein Dach über dem Kopf haben, ist eine zentrale Aufgabe der Politik. Auch hat sich die Bundesregierung mit ihrer Zustimmung zu den Globalen Nachhaltigkeitszielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen gemäß des Ziels 11 verpflichtet, Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig zu machen. Hierzu gehört auch das Unterziel 11.1, mit dem sich die Unterzeichnerstaaten verpflichten den Zugang zu adäquaten, sicheren und bezahlbaren Wohnungen sicher zu stellen (siehe https://sustainabledevelopment.un.org/sdg11#targets). Seit mehreren Jahren zeichnet sich nun schon eine immer stärker um sich greifende Wohnungs- und Obdachlosigkeit ab. Mehr noch: Wohnungslosigkeit ist längst kein Randphänomen mehr. Obdachlosigkeit hat ein Ausmaß angenommen, welches für ein reiches Land wie Deutschland absolut inakzeptabel ist. Die Zahlen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG-W) sprechen eine deutliche Sprache: Im Jahr 2016 waren demnach ohne wohnungslose Geflüchtete ca. 420.000 Menschen in Deutschland ohne eine Wohnung, mit Geflüchteten sogar ca. 860.000. (siehe: https://www.bagw.de/de/themen/zahl_der_wohnungslosen/index.html). Dies entspricht einem Anstieg um ca. 150 Prozent seit 2014. 52.000 von ihnen lebten in 2016 gar ohne jede Unterkunft auf der Straße. Auch hier stieg die Anzahl von 2014 auf 2016 um 33 Prozent. Für das Jahr 2018 prognostizierte die BAG-W einen weiteren Anstieg um 350.000 (+ 40 Prozent) auf 1,2 Mio. wohnungslose Menschen. Immer mehr Frauen, Jugendliche und EU-Bürgerinnen und EU-Bürger sind betroffen. Auch immer mehr Familien sind von Wohnungsverlust bedroht oder haben ihre Wohnung bereits verloren. Die Erhebungen der BAG Wohnungslosenhilfe machen zweierlei sehr deutlich: Weder ist der starke Anstieg auf den Zuzug Geflüchteter zurückzuführen, noch handelt es sich bei den Betroffenen ausschließlich um Männer im mittleren Alter mit Alkohol- und Suchtproblemen. Dieses Bild ist ein Klischee. Wohnungs- und Obdachlosigkeit weitet sich auf verschiedene gesellschaftliche Grup-

Drucksache 19/[ ] 2 Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode pen aus. So leben laut BAG-W ca. 30 Prozent aller Wohnungslosen mit Partnerinnen und Partnern, und/oder Kindern zusammen. Die Zahl der Kinder und Minderjährigen erreicht demnach einen Wert von ca. 32.000 (8%). Der Frauenanteil liegt bei etwa 27 Prozent der Wohnungslosen (ca. 100.000). Immer mehr Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe von München bis Berlin berichten, dass zunehmend auch Bürgerinnen und Bürger aus der Mittelschicht bedroht sind. 1 Hinzu kommt, dass über 23 Millionen Menschen in Deutschland in Gebieten mit Wohnraummangel leben. Die Folge sind überhöhte Mieten und deutliche Mietsteigerungen, die weit über den Gehaltszuwächsen liegen an der Tagesordnung. Das führt dazu, dass sich viele Menschen Wohnungen dort nicht mehr oder nur noch schwer leisten können. Zunehmend haben auch gemeinnützige Vereine, die Wohnungen für Obdachlose, psychisch Erkrankte, Menschen mit Behinderungen oder Jugendliche anmieten, Probleme Wohnraum zu halten und neue Wohnungen zu finden. Gemeinsam mit der gestiegenen Armut sowie wohnungs- und sozialpolitischer Fehlentscheidungen der letzten Jahrzehnte, erhält dieser Mix eine erhebliche Brisanz, die sofortiges Handeln erforderlich macht. Diese Herausforderungen können Bund, Länder und Kommunen nur gemeinsam meistern. II. Der Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf, 1. Ein nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit auf den Weg zu bringen und a. sich das Ziel zu setzen, dass es spätestens bis 2030 keine Obdachlosigkeit mehr in Deutschland gibt, entsprechend dem Ziel 1.1 der Sustainable Development Goals (SDGs), extreme Armut bis 2030 auch in Deutschland komplett zu beseitigen, b. als Basis hierfür eine bundesweite Wohnungslosennotfallstatistik zu implementieren, c. dazu insgesamt die Datenlage und Forschungsförderung auszubauen, d. in konstruktiven Dialog mit den Ländern und Kommunen über die bestmögliche Strategie zur Problemlösung zu gehen und e. hierbei eine angemessene Beteiligung (ehemals) Betroffener zu gewährleisten. 2. Die Primärprävention, damit Wohnungslosigkeit erst gar nicht entsteht, massiv zu stärken, indem a. die Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum für alle Menschen prioritär behandelt und nachhaltig sichergestellt wird, indem der Bund seine Förderung der Wohnraumförderung der Länder verdoppelt, von heute einer Milliarde Euro im Jahr, auf mindestens zwei Milliarden Euro, auch über das Jahr 2019 hinaus. Es wäre wünschenswert, dass die Sozialwohnungsquote bei Neubauten von den Bundesländern erhöht wird und darunter einen festzulegenden Anteil speziell für wohnungslose und obdachlose Menschen, sowie einen festzulegenden Anteil barrierefreier Wohnungen, gewährleistet wird, 1 https://www.welt.de/regionales/bayern/article170923257/auch-buergern-aus-der-mittelschicht-droht-die-obdachlosigkeit.html; https://www.welt.de/regionales/bayern/article185524390/karla-51-die-wohnungslosigkeit-ist-in-der-mittelschicht-angekommen.html

Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode 3 Drucksache 19/[ ] der Bund eine Neue Wohngemeinnützigkeiteinführt, um damit in den nächsten 10 Jahren eine Million dauerhaft günstige Wohnungen neu zu schaffen und sozial zu binden. b. gewährleistet wird, dass Wohnungen für alle bezahlbar bleiben, indem gesetzliche Rahmenbedingungen und Mindeststandards für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft (KdU) auf Bundesebene entwickelt werden, die die Abdeckung der Wohnkosten bei der Grundsicherung sicherstellen, die tatsächlichen Wohnkosten bei der Grundsicherung (KdU) auch über die Angemessenheitsgrenze hinaus so lange übernommen werden, bis ein Umzug in eine günstigere Wohnung erfolgen kann, wobei wie bisher die Betroffenen aufgefordert sind, aktiv nach einer günstigeren Wohnung zu suchen, die Bundesmittel für das Wohngeld verdoppelt werden, es außerdem in Abstimmung mit den Ländern um eine Klimakomponente erweitert, sowie automatisch an die Einkommens- und Mietentwicklung angepasst wird, die Mietpreisbremse zu einem wirksamen Instrument zur Begrenzung der Wiedervermietungsmieten umgebaut wird, Mieterhöhungsmöglichkeiten in bestehenden Mietverträgen deutlich abgesenkt werden, die soziale Mindestsicherung nicht mehr durch Sanktionen gekürzt werden kann und sämtliche gesetzliche Möglichkeiten zur Kürzung ersatzlos aufgehoben werden, EU-Bürgerinnen und EU-Bürger, die Arbeit suchen, von Anfang an von der Bundesagentur für Arbeit bei der Arbeitssuche unterstützt werden und ihnen nach drei Monaten Zugang zu Leistungen der Grundsicherung ermöglicht wird, wenn sie zuvor eine Verbindung zum hiesigen Arbeitsmarkt aufgebaut haben, nachweislich aktiv nach Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eine Stelle zu bekommen, der Bund auf die Länder hinwirkt, dass diese dafür sorgen, dass anerkannte Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen allen Menschen unabhängig von der bisherigen Leistungsberechtigung zur Verfügung stehen und gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Beratungsstellen ausreichend finanziert werden, um eine zeitnahe und kompetente Beratung zu gewährleisten, die Überschuldung vermeidet. 3. Die Sekundärpräventionsmaßnahmen bei drohender Wohnungslosigkeit auszubauen indem a. Zwangsräumungen von Wohnungen verringert werden, z.b. indem die Bundesregierung dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorlegt, wonach Mieter Mietrückstände binnen zwei Monaten, nachzahlen dürfen, um so auch ordentliche Kündigungen wirkungslos zu machen, b. geprüft wird, ob die Hürden für eine Zwangsräumung, wenn es sich um einen Haushalt mit Kindern handelt, erhöht werden, c. die Verschuldensvermutung zulasten der Mieterinnen und Mieter entfällt, wenn das Jobcenter oder der Sozialhilfeträger direkt die Miete an die Vermieterinnen und den Vermieter überweist und sich

Drucksache 19/[ ] 4 Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode aufgrund verspäteter oder unzureichender Überweisung Mietrückstände ansammeln, die den Vermieter/die Vermieterin zu einer Kündigung berechtigen, d. sichergestellt wird, dass Amtsgerichte, bei einer drohenden Zwangsräumung, Jobcenter und Sozialämter frühzeitig informieren, zum Beispiel durch die Einführung einer Mitteilungspflicht, e. der Bund gemeinsam mit den Kommunen und Ländern nach Lösungen sucht wie gewährleistet werden kann, dass Menschen denen der Wohnungsverlust droht, bei der Vermittlung in eine neue Wohnung aktive Hilfe zur Verfügung steht, und das Personal in den Beratungsstellen im Umgang mit Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen entsprechend geschult wird, f. Entlassungen aus Institutionen, wie Haftanstalten so erfolgen, dass keine Obdachlosigkeit hieraus entsteht, g. für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger finanzielle Neuregelungen innerhalb des SGB XII geprüft werden, die Kommunen im Wohnungsnotfall unterstützend abrufen können, da die bisher bestehenden Darlehens- und Überbrückungsleistungen nicht ausreichen. 4. Maßnahmen zu ergreifen, die bei bereits eingetretener Wohnungslosigkeit zügig greifen, und so obdachlosen und wohnungslosen Menschen die schnelle Reintegration in Normalwohnungsverhältnisse ermöglichen und dabei besonders a. den Housing First -Ansatz primär einzusetzen und zu fördern, b. die finanzielle Absicherung der Betroffenen zu gewährleisten, c. die gesundheitliche Versorgung sicherzustellen, d. den Zugang zu Notunterkünften, unabhängig vom Sozialleistungsbezug zu ermöglichen, und die Kommunen auch mit Blick auf EU- Bürgerinnen und EU-Bürger dazu anzuhalten ihrer Unterbringungsverpflichtung nachzukommen, e. eine menschenwürdige Notversorgung sicherzustellen, die auch die besonderen Bedürfnisse von Familien, Frauen und Jugendlichen verstärkt berücksichtigt, gendersensibel ausgestaltet ist, und zu erstellenden Leitlinien für eine menschenwürdige Notversorgung folgt, f. sowie eine gute Betreuung für alle Betroffenen zu gewährleisten. Berlin, den 12. Februar 2019 Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion Begründung Wohnungs- und Obdachlosigkeit ist ein Thema dessen Ursache viele Facetten hat. Daher gibt es auch keine einfachen Antworten bei der Vermeidung und Bekämpfung. Umso wichtiger ist es, sowohl die Ursachen näher zu beleuchten (1 b-c), als

Deutscher Bundestag 19. Wahlperiode 5 Drucksache 19/[ ] dies bisher der Fall war, als auch verschiedene Präventionsmaßnahmen und Maßnahmen zur Bekämpfung zu ergreifen. Je nach Geschlecht, Alter, Herkunft und sozialer Struktur bedarf es unterschiedlicher Antworten im Bereich der Prävention und Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit. So braucht es vor allem ein Mehr an Forschung auf nationaler Basis, sowie anschließend hieran einen gesetzlichen Rahmen, der den Ländern und Kommunen als Grundlage für die Umsetzung der Vorgaben dient. Darüber hinaus ist insbesondere die Primärprävention ein zentraler Ansatz im Rahmen eines Gesamtkonzepts zur Beseitigung extremer Armut. Maßgeblich dafür ist es, ausreichend Wohnraum für alle Menschen bereit zu stellen und so Wohnen als Menschenrecht ernst zu nehmen (2a). Ergänzend hierzu ist mittels verschiedener Maßnahmen sicherzustellen, dass dieser Wohnraum nicht nur verfügbar, sondern auch langfristig für alle bezahlbar bleibt, unabhängig von deren Sozialstruktur (2b). Im Bereich der Sekundärprävention, wenn also bereits der akute Wohnungsverlust droht, bedarf es einiger Optimierungen innerhalb bereits bestehender gesetzlicher Regelungen sowie die kritische Überprüfung gesetzlicher Grundlagen im System der Grundsicherung (3a-g). Nicht zuletzt bedarf es dringend Maßnahmen, die bei bereits eingetretener Wohnungs- und Obdachlosigkeit zügig greifen, um akute Notlagen schnell zu beenden. Das betrifft vor allem die finanzielle Absicherung, Zugang zu Notunterkünften sowie die gesundheitliche Versorgung aller von Wohnungs- und Obdachlosigkeit betroffener Menschen, ganz egal welcher Herkunft diese sind (4). Mit dem vorgeschlagenen Maßnahmenpaket, das als Gesamtstrategie wohnungs- und sozialpolitische Maßnahmen miteinander verzahnt, kann es gelingen, extreme Armut sowie unfreiwillige Obdachlosigkeit gänzlich zu beseitigen und Wohnungslosigkeit auf ein Minimum zu reduzieren.