Sachstandsbericht: Nanotechnologie in Textilien



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Transkript:

Sachstandsbericht: Nanotechnologie in Textilien 1. Einleitung Auch für die Hersteller von Textilhilfsmitteln (als Teil der chemischen Industrie), ihren Branchenverband TEGEWA 1 und ihre Kunden in der Textilindustrie zählt die Nanotechnologie zu den Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts. Die Hilfsmittelhersteller entwickeln Zubereitungen mit Nanomaterialien, die ersten Produkte mit Nanomaterialien haben Marktreife erlangt. Von den Textilveredlern werden die Zubereitungen mit Nanomaterialien heute mit zwei konventionellen Methoden verarbeitet: Textilien werden so beschichtet, dass auf dem Substrat nanoskalige Strukturen entstehen oder es werden Formulierungen für die Textilausrüstung verwendet, in welche Nano-Materialien eingebunden sind. 2 Aber auch textile Fasern mit Durchmessern im Nanometerbereich können erzeugt werden. Jede neue Technologie bietet neben Chancen auch Risiken. Dies gilt auch für die Nanotechnologie. Nur anhand konkreter Produkte können mögliche Risiken basierend auf Exposition und Gefährdungspotential im Vergleich zu deren Möglichkeiten rational bewertet werden. 2. Anwendungsgebiete Ziel der Textilveredlung ist es, Textilien zusätzliche funktionale Eigenschaften zu verleihen. Mit Hilfe der Nanotechnologie sind zum Beispiel antibakterielle, selbstreinigende, antistatische, feuchtigkeitsabsorbierende, flammhemmende oder thermisch isolierende Textilien denkbar. Bei den am Markt eingeführten Produkten konzentrieren sich die Anwendungen auf die Bereiche Wasser- und Schmutzabweisung, antibakterielle Ausrüstung und UV-Schutz der Haut. Folgende Beispiele seien erwähnt: Selbstreinigungseffekt bei Textilien Im Außenbereich eingesetzte Textilien, z. B. in Form von Markisen, Zelten oder Schirmen, sind einer intensiven Belastung durch Staub und Schmutzpartikel ausgesetzt. Konventionelle Hydrophobierungsmittel reduzieren zwar die Wasseraufnahme, kleine Schmutzpartikel können aber an der glatten Oberfläche verbleiben. Je nach Einsatzort und Anwendungen kann eine aufwändige Reinigung erforderlich werden, wobei auch Tenside in das Abwasser gelangen können. 1 Verband der Hersteller von Textil-, Papier-, Leder- und Pelzhilfs- und farbmitteln, Tensiden, Komplexbildnern, Antimikrobiellen Mitteln, Polymeren Flockungsmitteln, Kosmetischen Rohstoffen und Pharmazeutischen Hilfsstoffen oder verwandten Produkten 2 Nach der in der TS 27687 dargelegten Definition des ISO Technical Committee 229 Nanotechnologies, die als Arbeitsdefinition auch von der OECD übernommen wurde, werden als Nanomaterialien entweder nanostrukturierte Materialien oder sogenannte Nanoobjekte verstanden. "Nanostrukturierte Materialien" besitzen eine innere Struktur oder eine Oberflächenstruktur, die nanoskalig ist; die Materialien selbst sind aber größer. Typische Vertreter sind Nanocomposite, nanokristalline Materialien und Aggregate und Agglomerate von Nanoobjekten. "Nanoobjekte" sind Materialien, die entweder in ein, zwei oder drei äußeren Dimensionen nanoskalig sind. Typische Vertreter sind Nanoplättchen, Nanofasern und Nanopartikel. Unter "nanoskalig" ist eine Dimension von näherungsweise 1 nm bis 100 nm zu verstehen.

Solch technische Textilien können mit Hilfe eines auf nanostrukturierten Oberflächen beruhenden Ausrüstungsmaterials mit einem Selbstreinigungseffekt ausgestattet werden. Das Prinzip beruht auf einem aus der Natur abgeschauten Effekt: Nicht glatte, sondern im mikro- und nanoskaligen Bereich strukturierte Oberflächen wehren Schmutz und Wasser am effektivsten ab. Die Übertragung auf den Textilbereich wurde mit Hilfe eines Verbundmaterials mit Nanomaterialien erzielt, die fest in eine Trägermatrix eingebettet werden. Die Textilien bleiben länger sauber, die Reinigungszyklen können reduziert werden im Normalfall wird der Schmutz vom nächsten Regen oder durch ein kurzes Abduschen mit dem Gartenschlauch abgewaschen. Bei der Anwendung der Nanomaterialien in Markisen und sonstigen, im Außenbereich eingesetzten technischen Textilien ist kein erhöhtes gesundheitliches Risiko zu erwarten. Im Labor wurde bereits vor dem ersten Fertigungsversuch die in der Produktion auftretende Belastung getestet. Zwar sind Arbeiter in der Textilindustrie prinzipiell immer einer Hintergrundbelastung von - auch nanoskaligem - Staub ausgesetzt. Durch die aufgetragenen Nanomaterialien wird diese Exposition jedoch nicht erhöht. Voraussetzung ist die sachgerechte Verarbeitung entsprechend den Empfehlungen des Textilhilfsmittelherstellers. Hinsichtlich des Verbraucherschutzes muss berücksichtigt werden, dass die entsprechend ausgerüsteten Markisen ausschließlich im Außenbereich eingesetzt werden und kein signifikanter Abrieb stattfindet. Eine Exposition des Verbrauchers durch den Einsatz solcher Textilien im Außenbereich ist daher beinahe vollständig auszuschließen. Antibakterielle Ausrüstung Ebenfalls auf dem Markt ist eine aus zwei Komponenten bestehende antibakterielle Ausrüstung, wobei der verwendete Binder über ein nanotechnologisches Verfahren hergestellt wird. Dieser Binder ist ein organisch-anorganisches Sol. Dieses als Sol- Gel-Prozess bezeichnetes Verfahren ist ein nanotechnologischer Prozess, mit dessen Hilfe anorganische und organische Chemie auf molekularer Ebene kombiniert werden können. Hieraus können neue Materialeigenschaften resultieren. Als Filmbildner wird der Binder zur Herstellung dünnster Schichten eingesetzt, in welchen eine Silberkomponente eingebunden wird. Die hohe Waschbeständigkeit gewährleistet auch nach mehr als 50 Haushaltswäschen bei 60 C eine sehr gute antibakterielle Aktivität. UV-Schutz Der textile UV-Schutz auf Basis nanoskaligen Titandioxids ist erst seit kurzem auf dem Markt. Ziel dieser Ausrüstung ist es primär, die Haut des Trägers einer sommerlich leichten Textilie vor negativen Folgen übermäßiger UV- Strahlungsbelastung (z. B. Sonnenbrand) und dem hierdurch möglicherweise induzierten Hautkrebs zu schützen. Ein zweites mögliches Anwendungsfeld ist der Schutz des Faserpolymers vor photooxidativen Abbaureaktionen, die bei einigen synthetischen Polymeren durch UV-Strahlung deutlich beschleunigt werden. Diese 2

Ausrüstung basiert auf einer wässrigen Dispersion aus nanoskaligem Titandioxid (Rutil), welche mittels eines konventionellen chemischen Binders (Polyacrylat, Polyurethan) auf dem textilen Flächengebilde nachhaltig fixiert wird. Bei der Ausrüstung wird nicht mit nanoskaligen Pulvern, sondern mit einer wässrigen Dispersion gearbeitet, was eine zusätzliche Exposition der Textilarbeiter ausschließt. Auch bei mechanischer Beanspruchung (Reiben, Scheuern) und bei der Wiederaufbereitung (Waschen) werden keine nanoskaligen Partikel freigesetzt. Dies haben unabhängige Untersuchungen im Rahmen eines gemeinsamen Forschungsprojektes der Hohensteiner Institute, des DTNW Krefeld 3 und des STFI Chemnitz 4 ergeben (aif-forschungsvorhaben 13729 BG/1-3 Effektiver permanenter textiler UV-Schutz mit Nanoschichten ). Nanofasern Für die technologische Beherrschung von Nanotechnologien sind Filtersysteme für die Prozesstechnik wie auch für die Atemluftreinigung unabdingbar. Je kleiner die Partikel werden, desto feiner müssen auch die Filtersysteme sein. Der Durchmesser von natürlichen sowie synthetischen Fasern variiert zwischen 10 bis 20 µm. Mikrofasern erlauben 3 bis 7 µm. Dies ist für das Ausfiltern von Nanomaterialien noch nicht ausreichend. Fasern mit einem Durchmesser von ca. 100nm und kleiner sind mit dem so genannten elektrostatischen Spinnen herstellbar. Für industrielle Fertigungen wird am ITV Denkendorf 5 eine neue Rotationssprühtechnik entwickelt, die eine wirtschaftliche Herstellung von Nanofaserlayern ermöglicht, die als Filtermaterialien für Nanopartikel eingesetzt werden sollen. 3. Gesundheitliche Aspekte bei Herstellung und Verwendung von Nano- Produkten für die textile Anwendung Grundsätzlich ist die Exposition des Menschen am Arbeitsplatz und des Verbrauchers zu bewerten. Die Herstellung nanoskaliger Partikel geschieht nicht in der textilen Wertschöpfungskette und wird daher hier nicht behandelt. Bei Nano - Produkten für die textile Anwendung kann man prinzipiell drei Risiko-Betrachtungen anstellen: a) Herstellung eines Nanoproduktes, z. B. einer Nanodispersion, in der Chemieindustrie Hier spielt in erster Linie die Exposition der Arbeitnehmer eine Rolle, nicht die der Endverbraucher. Bei der Formulierung von Nanokomposit-Produkten in der Textilhilfsmittel-Industrie kann eine mögliche Exposition mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz durch organisatorische Maßnahmen minimiert werden: Die Herstellung erfolgt durch professionelles Personal unter Berücksichtigung erforderlicher Arbeitsschutzbedingungen wie z. B. Absaugung, persönlicher Arbeitsschutzausrüstung etc. 3 Deutsches Textilforschungszentrum Nord-West 4 Sächsisches Textilforschungsinstitut 5 Institut für Textil- und Verfahrenstechnik 3

b) Herstellung eines Erzeugnisses mit nanostrukturierter, z. B. selbstreinigender Oberfläche in der Textilindustrie Die Produkte werden in der Textilindustrie als wässrige Dispersionen eingesetzt, in denen die Nanomaterialien eingebunden sind. Eine orale Exposition mit Nanomaterialien ist dabei nicht zu erwarten. Sprayanwendungen müssen so durchgeführt werden, dass keine Exposition möglich ist. Eine dermale Exposition kann durch entsprechende Arbeitsschutzkleidung vermieden werden. c) Gebrauch eines Erzeugnisses mit nanostrukturierter Oberfläche Auf dem fertigen Erzeugnis, wie z. B. den Markisen, sollen die Nanostrukturen einen permanenten, mechanisch widerstandsfähigen und witterungsbeständigen selbstreinigenden Oberflächeneffekt ergeben. Dazu müssen die Nanopartikel hinreichend fest mit der Oberfläche des Basismaterials, aus dem der Formgegenstand gebildet ist, verbunden sein. Die Anbindung der Nanopartikel an die Oberfläche des Basismaterials erfolgt dabei in aller Regel mittels eines Haftvermittlers oder eines Bindemittels. Durch diese Verklebung lassen sich die einzelnen Nanopartikel nicht von der Oberfläche ablösen und es kann sich auch kein Staub bilden. Bei intensiver mechanischer Belastung (z. B. Kratzen mit einem metallischen Gegenstand) könnten theoretisch Teile des Bindemittels und darin verklebte Nanostrukturen abgelöst und gegebenenfalls inhaliert werden. Dieses Szenario beschreibt jedoch insbesondere für Bekleidungstextilien ein unwahrscheinliches Gebrauchsmuster. Es ist darüber hinaus davon auszugehen, dass die Dimension auf diesem Wege abgelöster Bindemittelteile (Polymere) um mehrere Potenzen größer ist als so genannte Nanopartikel (1-100 nm). Um eine exaktere Aussage treffen zu können, wird in einem Forschungsprojekt des ITV Denkendorf die Freisetzung von Partikeln aus nanostrukturierten Beschichtungen untersucht. Um Textilien im Einzelfall zu prüfen, werden angemessene Methoden für die Freisetzung und deren quantitativen Bewertung erarbeitet. Nach bereits vorliegenden wissenschaftlichen Studien des Forschungsprojektes Nanoderm können die geprüften Nanomaterialien über den Abrieb von Textilfasern nicht erkennbar über die Haut eindringen, eine Aufnahme vom Textil durch die intakte Haut ist daher nicht anzunehmen. In einer zweiten Phase des Forschungsprojektes werden aktuell die Auswirkungen auf beschädigte Haut untersucht. Im Rahmen der OECD wird geprüft, inwieweit sich die vorliegenden ökotoxikologischen und toxikologischen Untersuchungsmethoden auch für die chemikalienrechtliche Bewertung von Nanomaterialien eignen. Für textile Nano- Produkte stehen neben den üblichen chemikalienrechtlichen Untersuchungen auch Toxizitätsprüfungen ausgerüsteter Textilien aus der Zulassung von Medizinprodukten zur Verfügung. Hierzu zählen Prüfungen auf Zytotoxizität, Genotoxizität, Irritation und Sensitivierung sowie die Untersuchung des Potentials von Entzündungsreaktionen an Lungenzellen. 4

4. Umgang mit Nanomaterialien im Textilhilfsmittelbereich Für die Textilhilfsmittelindustrie als Formulierer von Nanomaterialien sind der Arbeitsschutz und der Verbraucherschutz bei der Herstellung, dem Handel, der Verarbeitung und der Herstellung von textilen Artikeln grundsätzliche Anliegen. Für den Umgang mit Nanomaterialien berücksichtigt die Textilhilfsmittelindustrie daher die Leitfäden und Empfehlungen des Verbandes der Chemischen Industrie (www.vci.de Nanomaterialien) Leitfaden: Anforderungen der REACH-Verordnung an Stoffe, welche auch als Nanomaterialien hergestellt oder eingeführt werden Leitfaden für Tätigkeiten mit Nanomaterialien am Arbeitsplatz vom VCI und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) Leitfaden zur abgestuften Sammlung von Gefährdungsinformationen zur Risikobeurteilung von Nanomaterialien Leitfaden zur Informationsweitergabe in der Lieferkette beim Umgang mit Nanomaterialien über das Sicherheitsdatenblatt des VCI. Die Hilfsmittelhersteller teilen notwendige und empfohlene Maßnahmen zum Schutz des Verarbeiters und des Verbrauchers in Form von technischen Informationsblättern mit. Die Textilindustrie hat durch eigene Bewertungen sicherzustellen, dass bei den von ihr hergestellten textilen Artikeln die Verbrauchersicherheit gewährleistet ist. Die Informationspflicht des Verbrauchers trägt der Hersteller der textilen Artikel oder der Inverkehrbringer. Doch die Textilhilfsmittelhersteller kommunizieren nicht nur industrie-intern. Gemeinsam mit Textilforschungsinstituten beteiligen sie sich z. B. an einem Verbundprojekt des Deutschen Instituts für Normung (DIN), um ein Prüfkonzept für Textilien mit Nanokompositausrüstung zu standardisieren. Darüber hinaus sind sie eingebunden in die Diskussion um das Qualitätslabel Nanotechnologie des Internationalen Textilforschungszentrum Hohenstein. Nähere Informationen hierzu können dem Unterpunkt 5d) dieses Berichtes entnommen werden. Über den Branchenverband TEGEWA haben die Textilhilfsmittelhersteller in der Arbeitsgruppe Textilien am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) mitgewirkt, die sich auch mit der Problematik Nanotechnologie befasst hat. Der Verband TEGEWA wirkt auch im Ausschuss Textilien und Leder der neu gegründeten Bedarfsgegenstände- Kommission am BfR mit, der die Arbeit der Arbeitsgruppe Textilien fortführen soll. 5. Rahmenbedingungen, Normung, Kennzeichnung a) Regulatorischer Rahmen Produkte auf Basis der Nanotechnologie für Textilien unterliegen dem gleichen rechtlichen Rahmen wie konventionelle Produkte. Dies gilt für die allgemeinen chemikalienrechtlichen Anforderungen ebenso wie für den Verbraucherschutz. Spezielle rechtliche Anforderungen an den Einsatz von Nanomaterialien bestehen nicht. 5

Für Bekleidungsgegenstände und Bettwäsche, die dazu bestimmt sind, nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung zu kommen, gilt die Bestimmung im 30 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches: Derartige Textilien dürfen die Gesundheit durch ihre stoffliche Zusammensetzung, insbesondere durch toxikologisch wirksame Stoffe oder durch Verunreinigungen, nicht schädigen. Diese allgemeine Bestimmung gilt auch für Textilien, die Nanomaterialien enthalten. b) DIN-Projekt Prüfkonzept für Textilien mit Nanokompositausrüstung Es existiert ein Abgrenzungsproblem zwischen nanotechnologischer und normaler Endausrüstung. Vermehrt werden konventionell hergestellte Textilien aus Marketing-Gründen mit dem Etikett Nano ausgezeichnet. Dies mindert zum einen den Wettbewerbsvorteil jener Hersteller, die ihre Textilien tatsächlich mit Hilfe von Nanotechnologie ausrüsten und diesbezüglich in Forschung und Entwicklung investieren, verunsichert zum anderen aber auch den Verbraucher. Begünstigt wird dieser Missstand durch die Tatsache, dass es gegenwärtig noch an ausreichend differenzierenden Mess- und Prüfmethoden fehlt. Aus diesem Grund wurde über den Normenausschuss Materialprüfung des DIN ein Projekt ins Leben gerufen, welches die Entwicklung eines standardisierten Prüfkonzeptes zu Nanokompositausrüstungen zum Ziel hat. Das Prüfverfahren soll als Deutsche, Europäische oder Internationale Norm zur notwendigen Markttransparenz und somit sowohl zum Schutz der innovativen Industrie als auch zur fundierten Information des Verbrauchers beitragen. c) Forderungen nach genereller Kennzeichnung Nano Von Verbraucherschutzverbänden wird unter anderem für Nanomaterialen eine generelle Kennzeichnung gefordert. Nanomaterial ist jedoch keine homogene Stoffgruppe mit ähnlichen Eigenschaften, weshalb eine generelle Kennzeichnung den unterschiedlichen Eigenschaften der Nanomaterialien nicht gerecht würde. Des Weiteren muss bei diesen Forderungen nach Kennzeichnung berücksichtigt werden, dass Nanomaterialen für den Einsatz in ausgerüsteten Textilien nicht per se Gefahrstoffe sind. Produktkennzeichnungen müssen für den Verbraucher eine wesentliche, sein Handeln prinzipiell beeinflussende Information enthalten. Viel wichtiger als generelle Kennzeichnungen sind Hinweise auf die sachgerechte Verwendung der Produkte. Es gibt bereits Initiativen zur Kennzeichnung von Nanomaterialien in Textilien, die im Folgenden kurz erwähnt werden sollen. d) Textile Label zum Thema Nanotechnologie Hohensteiner Qualitätslabel Nanotechnologie Anfang 2006 lancierte das Forschungsinstitut Hohenstein ein spezielles Label für Nanotechnologie, anhand dessen durch Erfüllung bestimmter Kriterien eine Berechtigung für das Etikett Nano zu erlangen ist. Ziel war es, dem bereits zuvor angesprochenen Problem des Missbrauchs dieses Begriffs Einhalt zu gebieten. Das Label deckt alle derzeitigen (Schmutzabweisung, antimikrobielle Ausrüstung, UV- 6

Schutz) und auch zukünftig möglichen Bereiche der Funktionalisierung von Textilien mittels Nanotechnologie ab. Ein essentieller Bestandteil dieses Prüf- und Zertifizierungssystems sind neben artikelspezifischen Gebrauchsbeanspruchungen (Ist nano auch nach der x-ten Wäsche und mechanischer Beanspruchung noch vorhanden?) auch biologische Sicherheitsprüfungen nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft, um mögliche Auswirkungen auf den Menschen auszuschließen. Diese biologischen Tests beinhalten auf Zellkulturen basierende Prüfungen auf Zytotoxizität, Genotoxizität, Irritation und Sensitivierung sowie die Untersuchung des Potentials von Entzündungsreaktionen an Lungenzellen. Denkendorfer Prüfsiegel für selbstreinigende Textilien Ebenfalls im Jahr 2006 stellte das ITV Denkendorf ein Prüfsiegel für selbstreinigende Textilien nach dem Vorbild der Natur vor. Ein Textilprodukt wird entsprechend ausgelobt, wenn es definierte Prüfverfahren und kriterien besteht. Dazu gehören der Nachweis von Mikro- und Nanostrukturen, die Wasserabweisung und die gute Ablösung von ölhaltigem Schmutz. Die Wasch-, Scheuer- und Witterungsbeständigkeit werden in Abstimmung auf das jeweilige Produkt und seine Anwendung geprüft. Aktuell erweitert das Institut dieses Prüfsiegel mit Tests zur Detektion von Nanopartikeln, die im Gebrauch durch Abrieb entstehen könnten. Hochspezialisierte Prüftechniken sind hier zur Ablösung und Detektion von Nanopartikeln auf Textilien erforderlich. Mit der Prüfung zur Körperverträglichkeit wird das erweiterte Zertifikat neben dem Selbstreinigungseffekt auch die Unbedenklichkeit im Gebrauch bestätigen. 6. Ausblick Nanotechnologie im Sinne der Schaffung ein- oder zweidimensionaler nanoskaliger Strukturen auf dem Textil ist nicht anders als konventionelle Ausrüstungen zu bewerten. Im Gegenteil, mit Nanomaterialien können ähnliche Effekte wie mit konventioneller Ausrüstung erzielt werden, oft mit weniger chemischen Stoffen, also effizienter. Die TEGEWA-Mitgliedsfirmen vertreiben ihre Produkte nur dann, wenn deren Sicherheit und Umweltverträglichkeit nach dem Stand des Wissens und der Technik gewährleistet sind. Für diese innovativen Produkte fühlen sich die Textilhilfsmittelhersteller wie für konventionelle Produkte auch - den Responsible Care-Prinzipien der chemischen Industrie 6 und dem Leitgedanken der Produktverantwortung verpflichtet. 7 6 Leitfaden des VCI "Umsetzung von Responsible Care in der Herstellung und Verwendung von Nanomaterialien" (www.vci.de Nanomaterialien) 7 Rückfragen bitte an: Dr. Volker Schröder, Verband TEGEWA e.v., Mainzer Landstr. 55, 60329 Frankfurt am Main, Tel.: 0049 (0)69-2556-1343, E-Mail: schroeder@vci.de 7