UPDATE. Arbeitsrecht. Februar Teilzeit- und Befristungsrecht Änderungen bei Teilzeitanspruch und Abrufarbeit. Aulinger Arbeitsrechtsfrühstück

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Vertragliche Teilzeitregelung - Arbeitszeit. Bezüglich der vertraglichen Regelung zur Arbeitszeit bieten sich folgende Inhalte:

Transkript:

UPDATE Arbeitsrecht Februar 2019 Teilzeit- und Befristungsrecht Änderungen bei Teilzeitanspruch und Abrufarbeit Im Koalitionsvertrag war sie angekündigt und zum 1.1.2019 ist sie tatsächlich Gesetz geworden: die sogenannte Brückenteilzeit. Nach 9 a TzBfG können Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat, ihre Arbeitszeit befristet für einen Zeitraum von 1 bis 5 Jahren verringern. Im Anschluss gilt also wieder die reguläre vertragliche Arbeitszeit. Aulinger Arbeitsrechtsfrühstück Dienstag, 26. Februar 2019 8.30 10.30 Uhr, Aulinger Standort Bochum Wir laden Sie zum ersten Arbeitsrechtsfrühstück in 2019 herzlich ein. In kurzen Vorträgen stellen wir Ihnen aktuelle Themen des Arbeitsrechts vor und freuen uns auf anschließende Gespräche mit Ihnen bei einem kleinen Imbiss. Weitere Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie hier www.aulinger.eu/aktuelles/veranstaltungen/ Für die Einzelheiten gelten die Regelungen zur Teilzeitarbeit entsprechend, insbesondere für die Form der Ankündigung, Erörterungspflicht, Ablehnungsgründe, Fristen und Formvorschriften. Insbesondere muss der Arbeitgeber die Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn schriftlich mitteilen. Ansonsten verringert sich die Arbeitszeit im gewünschten Umfang und gilt auch die Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt. Der Anspruch besteht nur bei Arbeitgebern mit in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmern. Bei bis zu 200 Arbeitnehmern ist gesetzlich gestaffelt, wie viele Verringerungsgesuche maximal gleichzeitig positiv beschieden werden müssen. Bei mehr als 45 bis 60 Arbeitnehmern z. B. kann das Verlangen abgelehnt werden, wenn der Arbeitgeber schon mindestens 4 Teilzeitkräfte in der Brückenteilzeit beschäftigt. Es kommt also nicht darauf an, wie viele Mitarbeiter insgesamt in Teilzeit arbeiten, sondern, wie viele eine befristete Arbeitszeitverkürzung erhalten haben. Der Gesetzgeber hat außerdem die Abrufarbeit in 12 TzBfG geändert. Bei Abrufarbeit kann der Arbeitgeber einseitig die Arbeitsleistung abrufen und damit die Lage und den Umfang der Arbeitspflicht bestimmen. Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit in einem Abrufarbeitsvertrag nicht festgelegt ist, gilt nunmehr eine Arbeitszeit von 20 Stunden/Woche (bisher 10 Stunden) als vereinbart. Wird eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 % zusätzlich abrufen. Ist eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf er nur bis 20 % weniger abrufen. Ruft er diese Stunden nicht ab, müssen sie dennoch bezahlt werden. Zusätzliche Stunden kann der Arbeitnehmer ablehnen. Verträge mit Aushilfskräften sollten daher vorsorglich überprüft und ggfs. aktualisiert werden. https://www.aulinger.eu/event/arbeitsrechtsfruehstueck-aktuelles-arbeitsrecht-2019/ 1

Vergütungsrecht Mehrarbeitszuschläge bei Teilzeitkräften BAG, Urt. v. 19.12.2018 10 AZR 231/18 Zuschläge für Mehrarbeit werden nach vielen Tarifverträgen nur gezahlt, wenn die regelmäßige Arbeitszeit einer Vollzeitkraft überschritten wird auch bei Teilzeitkräften. So regelte das auch ein Tarifvertrag der Systemgastronomie. Aus diesem Grunde lehnte ein Arbeitgeber gegenüber der Klägerin, die bei ihm in Teilzeit tätig war, eine Zahlung von Mehrarbeitszuschlägen ab, weil sie zwar länger gearbeitet hatte als ihre vertragliche Arbeitszeit, aber nicht länger als die Arbeitszeit auf einer Vollzeitstelle. Die Arbeitnehmerin hatte mit ihrer Klage vor dem BAG Erfolg. Der Tarifvertrag müsse so ausgelegt werden, dass Teilzeitbeschäftigte einen Anspruch auf Mehrarbeitszuschläge für die Arbeitszeit haben, die über ihre individuell festgelegte Arbeitszeit hinausgeht. Nur dann entspreche der Tarifvertrag dem gesetzlichen Verbot der Benachteiligung von Teilzeitkräften. Wenn die Zahl der Arbeitsstunden, von der an ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung entsteht, nicht proportional vermindert werde, würden sie schlechter behandelt als Vollzeitkräfte. Der 10. Senat des BAG gibt damit seine frühere Haltung auf: Noch mit Urteil vom 26.4.2017 hatte er in einem vergleichbaren Fall vertreten, dass Mehrarbeitszuschläge nur bei Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit von Vollzeitkräften gezahlt werden müssen. Das Urteil lässt sich voraussichtlich auch auf andere Tarifverträge mit ähnlichen Klauseln übertragen. Da die Benachteiligung von Teilzeitkräften indirekt auch eine Benachteiligung von Frauen darstellt, ist davon auszugehen, dass Klauseln, die nicht im Sinne dieses Urteil ausgelegt werden können, wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot unwirksam sind. Arbeitgeber müssen sich also darauf einstellen, trotz einer ausdrücklichen Tarifregelung Zuschläge zahlen zu müssen. Streikrecht Streikbruchprämie und Maßregelungsklausel LAG Hamm, Urteil vom 09.10.2018, 13 Sa 748/18 Im Zusammenhang mit Arbeitskämpfen kommt es oft zu erbitterten Streitigkeiten um Maßnahmen, die der Arbeitgeber ergreift, um die Folgen eines Streikes zu mindern. Im jetzt vom LAG Hamm entschiedenen Fall waren 30 Mitarbeiter einem von ver.di ausgerufenen Streik gefolgt. Die übrigen 50 Mitarbeiter hatten ihre Tätigkeit aufgenommen. Der Arbeitgeber setzte daraufhin 33 Mitarbeiter aus anderen, rechtlich selbständigen Unternehmen der Unternehmensgruppe ein, um die Streikenden zu ersetzen. Diese 33 Mitarbeiter erhielten eine zusätzliche Prämie von 100,00. Der Tarifvertrag, mit dessen Abschluss der Arbeitskampf beendet wurde, enthielt eine sogenannte Maßregelungsklausel, aus der hervorging, dass die am Streik Beteiligten dieselben Geldleistungen erhalten, wie sie die Beschäftigten erhalten, die sich nicht am Streik beteiligt haben. Der Kläger, Betriebsratsvorsitzender der Beklagten, verlangte vergeblich eine Auszahlung der 100,00 Prämie. Seine Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos. Der Kläger habe nur einen Anspruch auf diejenigen Leistungen, die den bei seinem Arbeitgeber angestellten Kollegen gezahlt wurden, die nicht gestreikt haben. Diese Kollegen hatten jedoch keine Prämie erhalten. Auf die Arbeitnehmer, die von anderen Konzernunternehmen hinzugezogen wurden, könne er sich nicht berufen. Die Maßregelungsklausel erfasse nur Streikbruchprämien für die Mitarbeiter, die sich an einem Streik beteiligen könnten, darauf aber verzichten. Die Mitarbeiter der anderen Konzernunternehmen seien jedoch nicht zum Streik aufgerufen gewesen und daher nicht mit dem Kläger vergleichbar. Das LAG hat allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage die Revision zugelassen. Streikbruchprämien sind grundsätzlich zulässig das hat das BAG zuletzt am 14.8.2018 bestätigt. Arbeitgeber müssen allerdings damit rechnen, diese Prämie am Ende auch den streikenden Arbeitnehmern zahlen zu müssen, wenn im Tarifvertrag eine Maßregelungsklausel aufgenommen wird. 2

Befristungsrecht Vorbeschäftigungsverbot bei sachgrundloser Befristung BAG, Urteil vom 23.01.2019 7 AZR 733/16 Im Jahr 2011 hatte das BAG mit einer Entscheidung zur Vorbeschäftigung bei Befristung von Arbeitsverhältnissen für eine kleine Revolution gesorgt: ein Arbeitsverhältnis kann nach 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nur dann ohne Sachgrund befristet werden, wenn mit demselben Arbeitgeber nicht bereits ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Laut BAG (7 AZR 716/09) sollte trotz dieses Wortlautes eine Vorbeschäftigung unschädlich sein, wenn sie mehr als drei Jahre zurücklag. Es konnte also trotzdem ein befristeter Vertrag geschlossen werden. Das BAG hat jetzt in Bezug auf diese Rechtsprechung eine Kehrtwende gemacht und damit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Sommer letzten Jahres umgesetzt, nach der die bisherige Auslegung des BAG mit dem Willen des Gesetzgebers nicht in Einklang zu bringen sei. Arbeitgeber können sich nun nicht mehr pauschal darauf berufen, eine mehr als drei Jahre zurückliegende Beschäftigung mit dem für eine sachgrundlose Befristung vorgesehenen Arbeitnehmer sei für eine beabsichtigte neue Befristung unschädlich. Hierbei verweist das BAG ausdrücklich auf die Entscheidung des BVerfG aus dem Sommer 2018. Es weist allerdings auch darauf hin, dass es hiervon Ausnahmen geben müsse, wenn eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsverhältnis zu erhalten. Eine sachgrundlose Befristung sei trotz eines früheren Beschäftigungsverhältnisses zulässig, wenn dieses sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer war. Was hiermit genau gemeint ist, bleibt unklar. Fest steht aber, dass das BAG jedenfalls einen Zeitraum von 8 Jahren im vorliegenden Urteil nicht als sehr lange zurückliegend ansieht. Vertrauensschutz für Arbeitgeber im Hinblick auf die Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2011 besteht nach Auffassung des BAG nicht. Der Arbeitgeber hätte bei Abschluss des Arbeitsvertrages die Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, dass die vom BAG im Jahr 2011 vorgenommene Auslegung vor dem BVerfG keinen Bestand haben könnte und sich daher auf diese Rechtsprechung nicht verlassen dürfen. Vorerst sollten sachgrundlose Befristungen mit Arbeitnehmern, die in der Vergangenheit bereits beschäftigt wurden, vermieden werden. Möglicherweise ergibt sich aus den Entscheidungsgründen mehr dazu, welche Arbeitsverhältnisse als sehr lange zurückliegend, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer unschädlich für eine Befristung sein werden. Aufgrund des fehlenden Vertrauensschutzes sollten Arbeitgeber sich zudem darauf einrichten, dass die Befristungen, die sie in den letzten 2 Jahren sachgrundlos getroffen haben, von den Arbeitnehmern angegriffen werden, wenn diese bereits zuvor bei ihnen beschäftigt waren. Kündigungsrecht Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung BAG, Urteil vom 13.12.2018 2 AZR 378/18 Zum 30.12.2016 hat der Gesetzgeber die Rechte der Schwerbehindertenvertretung (SBV) gestärkt. Nach 178 SGB IX ist sie vor Maßnahmen gegenüber schwerbehinderten Menschen unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; die getroffene Entscheidung hat der Arbeitgeber ihr unverzüglich mitzuteilen. Seit der Neuregelung ist eine Kündigung unwirksam, wenn diese Beteiligung nicht ordnungsgemäß erfolgte. Seitdem beschäftigten viele Fragen die Praxis: Welche Informationen sind der SBV mitzuteilen? Wie viel Zeit muss ihr zur Abgabe einer Stellungnahme gewährt werden? In welcher Reihenfolge sind Betriebsrat, SBV und Inklusionsamt (früher Integrationsamt ) zu beteiligen muss die Beteiligung der SBV abgeschlossen sein, bevor die anderen Stellen eingeschaltet werden? Muss sie dann noch einmal über die Maßnahme informiert werden, nachdem das Inklusionsamt zugestimmt hat? Viele erst- und zweitinstanzliche Gerichte waren der Auffassung, dass die Schwerbehindertenvertretung vor Antragstel 3

lung beim Inklusionsamt beteiligt werden müsse. Nun hat erstmalig das BAG entschieden. Die beklagte Arbeitgeberin hatte zunächst die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung der schwerbehinderten Klägerin eingeholt, die sie mit Bescheid vom 20.02.2017 erhielt. Sodann hörte die Arbeitgeberin am 07.03.2017 den Betriebsrat und erst am 15.03.2017 die Schwerbehindertenvertretung an. Am 24.03.2017 kündigte sie das Arbeitsverhältnis. Die Vorinstanz hatte der Kündigungsschutzklage stattgegeben mit der Begründung, die Beteiligung der SBV sei nicht ordnungsgemäß erfolgt, weil eine Anhörung unverzüglich erfolgen müsse, nachdem der Arbeitgeber den Kündigungsentschluss gefasst hat d.h. noch bevor bei dem Inklusionsamt Antrag auf Zustimmung zur Kündigung gestellt wird. Das BAG widersprach dieser Entscheidung. Die Kündigung sei nicht allein deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nicht unverzüglich über seine Kündigungsabsicht unterrichtet oder ihr das Festhalten an seinem Kündigungsentschluss nicht unverzüglich mitgeteilt hat. Da über die Kündigungsgründe nicht entschieden worden war, hat das BAG das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LAG zurückverwiesen. Abzuwarten bleibt, wie das BAG diese Rechtsauffassung begründet, da bislang nur die Pressemittelung zum besagten Urteil vorliegt. Die Reihenfolge der Beteiligung scheint jedenfalls nicht mehr entscheidend zu sein. Das BAG hat ebenfalls klargestellt, dass sich der erforderliche Inhalt der Anhörung und die Dauer der Frist für eine Stellungnahme der SBV nach 102 BetrVG richten. Sinnvoll ist daher, beide parallel zu beteiligen. Bis zu einer Veröffentlichung der Entscheidungsgründe raten wir weiterhin dazu, die Schwerbehindertenvertretung immer zuerst ggfs. zeitgleich mit dem Betriebsrat anzuhören, da so die Unverzüglichkeit der Beteiligung in jedem Falle gewahrt wird. Aufgrund der Aktualität können die angesprochenen Themen nur schlagwortartig und in gedrängter Kürze dargestellt werden. Die Lektüre ersetzt also in keinem Fall eine Rechtsberatung. 4

IM ARBEITSRECHT Für weitere Informationen sprechen Sie uns gerne an. DR. ACHIM TEMPELMANN achim.tempelmann@aulinger.eu INKEN HANSEN inken.hansen@aulinger.eu DR. BASTIAN-PETER STENSLIK bastian-peter.stenslik@aulinger.eu DR. RALF HEINE, M.M. ralf.heine@aulinger.eu LUDGER TUCHLINSKI ludger.tuchlinski@aulinger.eu KATRIN BUCHHOLZ katrin.buchholz@aulinger.eu NADINE SCHMÖKEL nadine.schmoekel@aulinger.eu Rechtsanwälte I Notare BÜRO BOCHUM Josef-Neuberger-Straße 4 44787 Bochum Telefon 0234 68779-0 Telefax 0234 68779-993 BÜRO ESSEN Frankenstraße 348 45133 Essen Telefon 0201 95986-0 Telefax 0201 95986-99 www.aulinger.eu 5