Newsletter 2/2016 Inhalt Aus dem Arbeitsrecht Beitragsrechtliche Beurteilung von Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung... Seite 2 Widerruf einer Waisenrente Änderung einer Ermessensentscheidung... Seite 2 Invaliditätsrente Auslegung des Begriffs Ausscheiden bei der Zusage einer Individualrente... Seite 3 Neues zur Sozialversicherung...Seite 4 Informationen für Unternehmer, Vorstände und Führungskräfte, für Rechtsanwälte, Steuerberater und Vermittler. Newsletter 2/2016 Seite 1 von 5
Aus dem Arbeitsrecht (RAin Regina Böhm) Beitragsrechtliche Beurteilung von Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung GKV-Spitzenverband / Deutsche Rentenversicherung Bund / Bundesagentur für Arbeit, Niederschrift über die Besprechung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 20.04.2016 Lange Zeit war strittig, wie die Abfindung von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung beitragsrechtlich zu behandeln ist. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vertraten bislang die Ansicht, dass eine Abfindung von Anwartschaften im laufenden Arbeitsverhältnis beitragsrechtlich als Arbeitsentgelt i. S. d. 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV zu behandeln ist. Abfindungen wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Rahmen des 3 BetrAVG stellten dagegen kein Arbeitsentgelt, sondern einen beitragspflichtigen Versorgungsbezug i. S. d. 229 Abs. 1 SGB V dar. Das Bundessozialgerichts hat in zwei Urteilen (B 12 KR 30/03 vom 25.08.2004 und B 12 KR 10 R vom 25.04.2012) entschieden, dass Abfindungen im laufenden Arbeitsverhältnis nicht als Arbeitsentgelt, sondern ebenso wie Abfindungen nach 3 BetrAVG als Versorgungsbezug zu qualifizieren sind. In Folge der Urteile des Bundessozialgerichts haben sich die Spitzenorganisationen nunmehr am 20.04.2016 darauf geeinigt, dass alle Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung einheitlich als Versorgungsbezug und nicht als Arbeitsentgelt zu qualifizieren sind. Abfindungen von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung unterliegen somit nur der Kranken- und Pflegeversicherung. Die Spitzenorganisationen weisen dabei ausdrücklich darauf hin, dass die Einstufung der Abfindungen als Versorgungsbezug auch für Abfindungszahlungen an nicht gesetzlich krankenversicherte Arbeitnehmer gilt und dass auch eine Erstattung für zu Unrecht bezahlte Beiträge in Betracht kommen kann. Widerruf einer Waisenrente Änderung einer Ermessensentscheidung BAG, Urteil vom 08.12.2015 3 AZR 141/14 Eine Waisenrente, die aufgrund einer Ermessensentscheidung gewährt wird, kann Widerrufen werden, wenn der Anspruch auf Waisenrente nachträglich auf den Träger der Sozialhilfe übergeleitet wird. Sachverhalt: Im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung wurde eine Waisenrente zugesagt. Für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, stand es im Ermessen des Vorstands des Versorgungsträgers, eine Waisenleistung zu gewähren, wenn diese infolge geistiger oder körperlicher Gebrechen von mehr als einjähriger Dauer nicht in der Lage wären, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Im vorliegenden Fall hat der Versorgungsträger aufgrund einer entsprechenden Ermessensentscheidung ab 2010 eine Waisenrente gewährt. Der Träger der Sozialversicherung gewährte dem Kind bereits seit 1996 Sozialhilfe in Form stationärer Leistungen in einem Förderund Pflegezentrum. Im Jahr 2011 hat er den Anspruch auf Waisenrente durch eine entsprechende Verfügung sodann auf sich übergeleitet. Aufgrund der Überleitung hat der Versorgungsträger seine Entscheidung, eine Waisenrente zu zahlen, widerrufen und die Leistungen eingestellt. Hiergegen wendete sich der Träger der Sozialversicherung und verlangte eine Fortzahlung der Waisenrente an sich. Entscheidung: Das Bundesarbeitsgericht gab dem Versorgungsträger Recht und lehnte einen weiteren Anspruch des Trägers der Sozialversicherung auf Auszah- Newsletter 2/2016 Seite 2 von 5
lung der Waisenrente an sich ab. Nach Aussage des BAG handelt es sich bei der Gewährung der Waisenrente nach den Bedingungen des Versorgungsträgers um eine Ermessensentscheidung. Eine einmal getroffene Ermessensentscheidung ist grundsätzlich unwiderruflich, es sei denn, es liegt eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen der Leistungsbestimmungen vor, die es rechtfertigt, die Gewährung der Waisenrente einzustellen. Das BAG sieht in der Überleitung des Anspruchs auf Waisenrente auf den Träger der Sozialversicherung eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Leistungsbestimmungen, da die Waisenrente nicht mehr dem Kind zugutekommt. Mit der Überleitung auf den Träger der Sozialversicherung sei der Versorgungszweck der Hinterbliebenenleistung in Frage gestellt. Invaliditätsrente Auslegung des Begriffs Ausscheiden bei der Zusage einer Individualrente ArbG Berlin, Urteil vom 06.11.2015 28 Ca 10279/15 Sachverhalt: Die Versorgungsordnung der beklagten Arbeitgeberin gewährt eine Invalidenleistung in Form einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsleistung, wenn der Arbeitnehmer aus dem Unternehmen ausgeschieden ist. Die Leistung wird nur für die Dauer der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit gezahlt und endet, wenn die Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit unter 25 % sinkt oder ganz entfällt. Die Klägerin erhielt aufgrund einer schweren Erkrankung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, ohne dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet wurde. Den geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Invalidenleistung lehnte die Beklagte aufgrund des noch bestehenden wenn auch ruhenden Arbeitsverhältnisses ab. Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Begriff des Ausscheidens aus dem Unternehmen auslegungsbedürftig sei, da damit einerseits die rechtliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses andererseits aber auch die bloße Tatsache, dass keine Arbeitsleistung mehr erbracht werde, gemeint sein könnte. Entscheidung: Das ArbG Berlin sah den Begriff des Ausscheidens ebenso wie die Klägerin als auslegungsbedürftig an. Nach Ansicht des ArbG Berlin ist die formularmäßige Vereinbarung des Ausscheidens als Voraussetzung für den Bezug einer Invalidenrente regelmäßig dahingehend auszulegen, dass nicht zwangsläufig die Vollbeendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist, sondern auch das Ruhen des Arbeitsverhältnis für den Bezug der Invalidenrente ausreicht. Darüber hinaus wäre eine Klausel, die eine Vollbeendigung des Arbeitsverhältnisses erfordert, wegen unangemessener Benachteiligung des Versorgungsberechtigten unwirksam und verstieße gegen die einschlägigen Gebote zur Gleichbehandlung, solange kein sachgerechter Gesichtspunkt für die Ungleichbehandlung von Arbeitspersonen im ruhenden mit solchen im vollbeendeten Arbeitsverhältnis rechtfertigt. Bedeutung für die Praxis: Anders als das ArbG Berlin geht das BAG in seiner bisherigen Rechtsprechung stets davon aus, dass Voraussetzung für ein Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis dessen Vollbeendigung ist und lediglich ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses hierfür nicht ausreicht. Insofern steht die Entscheidung des ArbG Berlin der bisherigen Rechtsprechung entgegen. Würde man der Ansicht des ArbG Berlin folgen, wäre zudem fraglich, ob das bloße Ruhen des Arbeitsverhältnisses die steuerlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der zugesagten Leistung als betriebliche Altersversorgung erfüllen würde. Newsletter 2/2016 Seite 3 von 5
Die Entscheidung des ArbG Berlin ist derzeit noch nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung wurde Berufung beim LAG Berlin-Brandenburg (Az.: 16 Sa 2150/15) eingelegt. Es bleibt daher abzuwarten, wie das LAG Berlin-Brandenburg die Voraussetzung des Ausscheidens definiert. Neues zur Sozialversicherung (Autorin Sandra Nowak-Gotovac) Rentenanpassung 2016 Die Rentner in Deutschland können sich in diesem Jahr freuen und erwarten die höchste Rentenanpassung seit mehr als 20 Jahren. Zum 1. Juli 2016 erhalten die Rentner in den alten Bundesländern eine Rentensteigerung von 4,25 Prozent. In den neuen Bundesländern erhalten die Rentner eine Rentensteigerung von 5,95 Prozent. D. h., bei einer Rentenhöhe von monatlich 1.000 Euro beträgt die Rentenerhöhung im Westen 42,50 Euro. Im Osten sind es sogar 59,50 Euro mehr Rente. Bei den Werten handelt es sich um Bruttowerte. Der tatsächliche Rentenanstieg ist demnach geringer, da noch die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner anfallen. Zudem muss die Rente auch in vielen Fällen versteuert werden. Der aktuelle Rentenwert (West) erhöht sich somit in den alten Bundesländern von 29,21 Euro auf 30,45 Euro. In den neuen Bundesländern steigt der aktuelle Rentenwert (Ost) von 27,05 Euro auf 28,66 Euro. Entwicklung der Rentenanpassung: Seit 2012 hat es durch die positive wirtschaftliche Entwicklung deutliche Rentenerhöhungen gegeben. Zuvor gab es jedoch auch Jahre (z. B. 2004 2006), in denen die Rentner teilweise Nullrunden hinnehmen mussten. Aktuell werden im laufenden Jahr die Rentenhöhen im Osten kräftiger angepasst als die Renten in den alten Bundesländern. Grund hierfür ist, dass sich die Renten in den neuen Bundesländern an das Rentenniveaus der Westrenten angleichen sollen. Auf welcher Grundlage basiert die Rentenanpassung? Die Entwicklung der Renten orientiert sich u.a. an der Entwicklung der Bruttolöhne in Deutschland. Als weitere Faktoren werden die Veränderungen des Beitragssatzes in der Rentenversicherung und die Entwicklung des Verhältnisses von Beitragszahlern und Rentenbeziehern berücksichtigt (Nachhaltigkeitsfaktor). Nachhaltigkeitsfaktor: Der Nachhaltigkeitsfaktor wirkt sich in diesem Jahr mit knapp 0,2 Prozent positiv auf die Rentenanpassung aus. Beitragssatz: Da sich der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung von 18,9 Prozent (2014) auf 18,7 Prozent (2015) reduziert hat, hat dies zur Folge, dass sich diese Absenkung mit 0,3 Prozent positiv auf die Rentenanpassung auswirkt. Auch für die Jahre 2017 und 2018 sind Erhöhungen prognostiziert. Wer legt die Höhe der Rentenanpassung fest? Die Höhe der Rentenanpassung wird von der Bundesregierung in einer Verordnung festgelegt und bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Newsletter 2/2016 Seite 4 von 5
Für nähere Informationen oder bei Fragen stehen Ihnen die genannten Autoren gerne zur Verfügung. Die Kontaktadresse der MAGNUS GmbH lautet wie folgt: MAGNUS GmbH Maximiliansplatz 5 80333 München Tel: 089 / 5 51 67-11 65 Fax: 089 / 5 51 67-12 15 info@magnus-gmbh.de www.magnus-gmbh.de Newsletter 2/2016 Seite 5 von 5