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Künstliche Befruchtung aus juristischer Sicht

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Keine Verletzung von Art. 14 EMRK ivm. Art. 8 EMRK (6:1 Stimmen).

Art. 10 EMRK - Vergleich von Abtreibungen mit. Verbindung der beiden Beschwerden

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Entschädigung nach Art. 41 EMRK: 1.000,- für immateriellen Schaden, 3.500, für Kosten und Auslagen (einstimmig).

Bsw 52067/10 Bsw 41072/11

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Bsw 40660/08 Bsw 60641/08

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1 Bsw 33810/07 Bsw 18817/08

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Zulässigkeit der Beschwerden (einstimmig). Keine Verletzung von Art. 14 EMRK ivm. Art. 8

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Bsw 18766/11 Bsw 36030/11

Entschädigung nach Art. 41 EMRK: , für immateriellen Schaden an den ZweitBf., 500, für Kosten und Auslagen an beide Bf. (6:1 Stimmen).

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Bsw 27996/06 Bsw34836/06

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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Große Kammer, Beschwerdesache Aksu gg. die Türkei, Urteil vom , Bsw. 4149/04 und Bsw /04.

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Bsw 77144/01 Bsw 35493/05

PETER LANG Europäischer Verlag der Wissenschaften

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Bundesministerium für Justiz Museumstraße Wien. BAK/SV-GSt Stephanie Prinzinger BMJ- Z3.509/0010 -I 1/2014 DW 2482 DW

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Vorblatt. Ziel(e) In diesem Sinn sollen die Bestimmungen der Rechtsprechung des EGMR entsprechend angepasst werden. Inhalt

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Vorblatt. Ziel(e) In diesem Sinn sollen die Bestimmungen der Rechtsprechung des EGMR entsprechend angepasst werden. Inhalt

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hinsichtlich Art. 14 EMRK ivm. Art. 8 EMRK Verletzung von Art. 14 EMRK ivm. Art. 8

Gericht AUSL EGMR. Entscheidungsdatum Geschäftszahl Bsw34503/97

Österreichisches Verbot der Verwendung von Eizell- und Samenspenden bei der In-vitro-Befruchtung war nicht konventionswidrig

Bsw 23338/09 Bsw 45071/09

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Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer II, Beschwerdesache Cengiz u.a. gg. die Türkei, Urteil vom , Bsw /10.

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Transkript:

Bsw 57813/00 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Kammer I, Beschwerdesache S. H. u.a. gegen Österreich, Zulässigkeitsentscheidung vom 15.11.2007, Bsw. 57813/00. Art. 8 EMRK, Art. 12 EMRK, Art. 14 EMRK - Verbot heterologer Formen der künstlichen Fortpflanzung. Zulässigkeit der Beschwerde unter Art. 8 EMRK (einstimmig). Zulässigkeit der Beschwerde unter Art. 8 ivm. Art. 14 EMRK (einstimmig). Unzulässigkeit der Beschwerde unter Art. 12 EMRK (einstimmig). Unzulässigkeit der Beschwerde unter Art. 12 ivm. Art. 14 EMRK (einstimmig). B e g r ü n d u n g : Sachverhalt: Die vorliegende Beschwerde wurde von zwei Paaren eingebracht, denen es aus medizinischen Gründen nicht möglich ist, auf natürlichem Wege ein Kind zu bekommen. Die ErstBf. leidet an einer eileiterbedingten Sterilität. Ihr Ehemann, der ZweitBf., ist ebenfalls unfruchtbar. Auch die DrittBf. ist absolut steril, ihr Lebensgefährte, der ViertBf., ist hingegen nicht unfruchtbar. Am 4.5.1998 brachten die ErstBf. und die DrittBf. beim VfGH einen Individualantrag auf Aufhebung von 3 Abs. 1 und Abs. 2 Fortpflanzungsmedizingesetz (FMedG) ein. (Anm.: 3 Fortpflanzungsmedizingesetz lautet: (1) Für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung dürfen nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten oder Lebensgefährten verwendet werden.

2 Bsw 57813/00 (2) Für die Methode nach 1 Abs. 2 Z. 1 [Vereinigung von Eizellen mit Samenzellen außerhalb des Körpers einer Frau] darf jedoch der Samen eines Dritten verwendet werden, wenn der des Ehegatten oder Lebensgefährten nicht fortpflanzungsfähig ist. (3) Eizellen und entwicklungsfähige Zellen dürfen nur bei der Frau verwendet werden, von der sie stammen.") Die ErstBf. führte begründend aus, eine in vitro Fertilisation unter Verwendung des Samens eines Spenders wäre die einzige Möglichkeit für sie und ihren Ehemann, ein Kind zu bekommen. Die DrittBf. brachte vor, in ihrem Fall bestünde die einzige Möglichkeit, ein Kind zu bekommen, in einer künstlichen Fortpflanzung im Wege eines so genannten heterologen Embryotransfers. Bei dieser Methode würde eine gespendete Eizelle in vitro mit dem Samen ihres Lebensgefährten befruchtet und der dadurch entstandene Embryo in ihre Gebärmutter eingesetzt. Beide Methoden wären jedoch durch 3 FMedG ausdrücklich ausgeschlossen, was sie in ihren durch Art. 8 und Art. 12 EMRK sowie Art. 7 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletze. Mit Erkenntnis des VfGH vom 14.10.1999 wurde der Individualantrag teilweise als überschießend zurück- und im Übrigen abgewiesen. Nach Ansicht des VfGH waren die Antragstellerinnen durch die angefochtene Norm aktuell betroffen. Da die Bestimmung den Bereich der erlaubten Methoden zur künstlichen Fortpflanzung einschränke, greife sie in die durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte der Antragstellerinnen ein. Zur Rechtfertigung des Eingriffs bemerkte der VfGH, dass die Einschränkung der künstlichen Fortpflanzung unter anderem den Zweck verfolge, ungewöhnliche persönliche Beziehungen zu vermeiden und

3 Bsw 57813/00 das Wohl von Kindern zu schützen, die auf diesem Wege gezeugt würden. Nach Ansicht des VfGH hatte der Gesetzgeber seinen von der EMRK eingeräumten Ermessensspielraum nicht überschritten, indem er homologe Methoden zuließ und die Verwendung von Samenspenden bei in vitro Fertilisationen nur ausnahmsweise gestattete. Der VfGH verneinte auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes oder des Art. 12 EMRK. Rechtsausführungen: Die Bf. behaupten, das Verbot heterologer Formen medizinisch unterstützter Fortpflanzung verletze Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) und Art. 12 EMRK (hier: Recht auf Familiengründung) jeweils alleine und in Verbindung mit Art. 14 EMRK (Diskriminierungsverbot). Zur Verfahrenseinrede der Regierung: Die Regierung wendet ein, die Beschwerde sei in Hinblick auf den ZweitBf. und den ViertBf. zurückzuweisen, weil diese nicht an dem Verfahren vor dem VfGH beteiligt waren und damit die innerstaatlichen Rechtsbehelfe nicht erschöpft hätten. Auch wenn der ZweitBf. und der ViertBf. nicht an dem von ihren Partnerinnen angestrengten Verfahren vor dem VfGH beteiligt waren, war ihre persönliche Situation schon an sich mit der ihrer Partnerinnen verbunden. Der GH erachtet es daher als ausreichend, dass diese ihre Fälle und damit jene ihrer Partner vor das zuständige innerstaatliche Gericht gebracht haben. Da somit alle Bf. die innerstaatlichen Rechtsbehelfe erschöpft haben, ist die Einrede der Regierung zurückzuweisen.

4 Bsw 57813/00 Zur Zulässigkeit der Beschwerde unter Art. 8 EMRK: Die Bf. bringen vor, das in 3 FMedG vorgesehene Verbot heterologer Formen künstlicher Fortpflanzung verletze sie in ihren durch Art. 8 EMRK geschützten Rechten. Die Regierung wendet ein, selbst wenn das Recht auf Achtung des Privatlebens auch ein Recht auf Erfüllung eines Kinderwunsches umfasse, sei der Staat nicht verpflichtet, alle technisch möglichen Formen der Fortpflanzung zu erlauben oder gar zugänglich zu machen. Der vom Gesetzgeber getroffene Interessenausgleich erlaube künstliche Fortpflanzung, setze dieser aber gewisse Grenzen, wo die medizinische oder gesellschaftliche Entwicklung die rechtliche Zulassung einer in vitro Fertilisation mit Eizellen oder Sperma eines Spenders, wie sie die Bf. wünschten, nicht gestatte. Das FMedG ziele darauf ab, negative Auswirkungen und Missbräuche zu verhindern. Insbesondere sollte eine Zuchtauswahl" durch Eizellenspenden und das Schaffen ungewöhnlicher Beziehungen", bei denen die sozialen Umstände von den biologischen abweichen, verhindert werden. Die Bf. bringen vor, die angefochtene Norm begründe einen direkten Eingriff in ihre Rechte, da die von ihnen gewünschte Form der in vitro Fertilisation ohne diese Bestimmung eine ohne Weiteres zur Verfügung stehende medizinische Methode wäre. Es gehe daher nicht um eine Frage der positiven Verpflichtung des Staates, sondern um einen klassischen Fall eines Eingriffs, der unverhältnismäßig sei.

5 Bsw 57813/00 Nach Ansicht des GH betrifft die Beschwerde komplexe Rechts- und Sachfragen, die eine meritorische Erledigung erfordern. Da die Beschwerde somit nicht offensichtlich unbegründet und auch aus keinem anderen Grund unzulässig ist, muss sie für zulässig erklärt werden (einstimmig). Zur Zulässigkeit der Beschwerde unter Art. 8 ivm. Art. 14 EMRK: Da die Anwendbarkeit von Art. 8 und Art. 12 EMRK außer Frage steht, ist unbestritten, dass auch Art. 14 EMRK in Verbindung mit diesen Bestimmungen anwendbar ist. Die Regierung bringt vor, das Verbot der in vitro Fertilisation mit gespendeten Spermien oder Eizellen wäre sachlich und vernünftig gerechtfertigt. Die Bf. entgegnen, selbst wenn die umstrittene Bestimmung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt wäre, begründe sie doch eine gegen Art. 14 EMRK verstoßende Diskriminierung, da sie eine künstliche Befruchtung mit einer Samenspende erlaube, hingegen Eizellenspenden kategorisch ausschließe. Insbesondere die Unterscheidung zwischen einer Befruchtung mit einer Samenspende und einer künstlichen Befruchtung mit einer solchen wäre nicht nachvollziehbar. Nach Ansicht des GH wirft die Beschwerde komplexe Sach- und Rechtsfragen auf, die eine meritorische Erledigung erfordern. Da die Beschwerde somit nicht offensichtlich unbegründet und auch aus keinem anderen Grund unzulässig ist, muss sie für zulässig erklärt werden (einstimmig). Zur Zulässigkeit der Beschwerde unter Art. 12 EMRK:

6 Bsw 57813/00 Die Bf. bringen vor, das Verbot heterologer Formen der in vitro Fertilisation verletze sie in ihrem Recht auf Familiengründung. Der GH ruft in Erinnerung, dass Art. 12 EMRK kein Recht auf Fortpflanzung garantiert. Diese Bestimmung ist daher im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Dieser Teil der Beschwerde ist daher isv. Art. 35 Abs. 3 EMRK ratione materiae unvereinbar mit der Konvention und muss daher als unzulässig zurückgewiesen werden (einstimmig). Zur Zulässigkeit der Beschwerde unter Art. 12 ivm. Art. 14 EMRK: Angesichts seiner Feststellung, dass Art. 12 EMRK kein Recht auf Fortpflanzung garantiert, erachtet der GH diese Bestimmung für unanwendbar. Daher ist auch Art. 14 EMRK im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Beschwerde unter Art. 12 ivm. Art. 14 EMRK ist somit isv. Art. 35 Abs. 3 EMRK ratione materiae unvereinbar mit der Konvention und muss daher als unzulässig zurückgewiesen werden (einstimmig). Hinweis: Das vorliegende Dokument über die Zulässigkeitsentscheidung des EGMR vom 15.11.2007, Bsw. 57813/00, entstammt der Zeitschrift "Newsletter Menschenrechte" (NL 2008, 3) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt. Die Zulässigkeitsentscheidung im englischen Originalwortlaut (pdf-format): www.menschenrechte.ac.at/orig/08_1/s.h..pdf

7 Bsw 57813/00 Das Original der Zulässigkeitsentscheidung ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc) abrufbar.