Energie- und Rohstoffpreise: Prüfstein für rheinland-pfälzische Unternehmen Ergebnisse einer Unternehmensbefragung der IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz Januar 2012 Seite 1 von 7
Mit der vorliegenden Studie präsentiert die IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz die Ergebnisse einer Umfrage zu den betrieblichen Belastungen und Reaktionen auf die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise. Der Auswertung liegen 980 Unternehmensantworten aus Rheinland-Pfalz zugrunde: 357 von Industrie-, 236 von Handels- und 387 von Dienstleistungsunternehmen. Die Antworten wurden im Rahmen der repräsentativen IHK-Konjunkturumfrage im Winter 2011/2012 erhoben und nach Betriebsgröße gewichtet. Weitere Informationen zum Thema Energie sowie die energiepolitischen Forderungen der IHK- Organisation finden Sie unter: www.pfalz.ihk24.de, Dokumentennummer: 22955 Herausgeber: IHK-Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz c/o Federführung Energie, IHK Pfalz, Ludwigsplatz 2-4, 67059 Ludwigshafen Redaktion: Dr. Tibor Müller, IHK Pfalz Email: tibor.mueller@pfalz.ihk24.de, Tel: 0621 5904-1600 Stand: Februar 2012 Titelbild: DIHK Seite 2 von 7
Energie- und Rohstoffpreise: Sorgenkinder der Wirtschaft Der Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise bereitet rheinland-pfälzischen Unternehmen größte Kopfzerbrechen: Für 59 Prozent 1 stellt ein möglicher weiterer Preisanstieg das bedeutendste Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung in den nächsten 12 Monaten dar. Im Frühjahr 2011 lag dieser Anteil zwar noch bei 67 Prozent, der Abstand zu den rangfolgenden Risiken einer einbrechenden Inlandsnachfrage (49 Prozent der Unternehmen) bzw. sich verschlechternden wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in Folge der europäischen Schuldenkrise (46 Prozent) ist aber nach wie vor sehr deutlich ausgeprägt. Abb. 1: Risiken für die Geschäftsentwicklung rheinland-pfälzer Unternehmen, Mehrfachantworten möglich, in Prozent Bei den Industrieunternehmen liegt die Betroffenheit erwartungsgemäß noch höher: 73 Prozent der produzierenden Betriebe befürchten durch die steigenden Preise erhebliche Nachteile für die eigene Geschäftsentwicklung. Im Frühjahr 2011 war es 81 Prozent. Die jüngsten, leichten Preisrückgänge bei einigen Rohstoffen und Energieträgern führen zwar zu einer geringfügigen Entspannung der Situation. Die grundsätzlichen Herausforderungen ein anhaltend hoher Nachfrageüberhang, zunehmende Exportbeschränkungen für bestimmte metallische Rohstoffe, Zuspitzungen in geopolitischen Krisenregionen, hohe staatlich induzierte Energiepreise sowie Marktverzerrungen durch spekulative Eingriffe - bestehen jedoch weiterhin. Gerade bei Metallen, Industriemineralen, Erdöl und -gas ist Deutschland in erheblichem Umfang auf Importe angewiesen. Daher müssen sich Bundesregierung und EU dringend für freie Marktzugänge zu diesen Rohstoffen möglichst auch in geopolitisch stabilen Regionen - einsetzen. 1 Mehrfachantworten möglich Seite 3 von 7
Die durch das globale Wirtschaftswachstum, die Iran-Krise und spekulative Einflüsse ausgelösten Steigerungen und Schwankungen der Rohstoff- und Energiepreise führen bei fast drei Vierteln der rheinland-pfälzischen Unternehmen (genau: 74 Prozent) zu Einschränkungen ihrer Wettbewerbsfähigkeit; 32 Prozent sehen hierin sogar erhebliche Belastungen. Mäßige Belastungen beklagen 42 Prozent der Firmen, keine oder kaum eine dagegen nur 26 Prozent. Unternehmen des produzierenden Gewerbes sind überproportional von diesen Trends betroffen: Bei 88 Prozent dieser Firmen haben die Preisentwicklungen bei Rohstoffen und Energie negative Auswirkungen auf ihre Wettbewerbsfähigkeit. Alle Branchen von steigenden Energiepreisen belastet In Deutschland sind den letzten Jahren die Preise für Energie und hier insbesondere für Strom stark gestiegen. Insbesondere die staatlichen Steuern und Abgaben treiben die betrieblichen Stromkosten inzwischen in standortgefährdende Höhen. Der Staatsanteil am Strompreis, bestehend aus Konzessionsabgabe, KWK- und EEG-Umlage 2, Strom- und Umsatzsteuer, liegt inzwischen bei über 45% und wird wohl weiter steigen. Auch deshalb müssen deutsche Verbraucher die zweithöchsten Strompreise im EU-weiten Vergleich zahlen. Nur die Dänen geben mehr für ihren Strom aus. Bei den Industriestrompreisen liegt Deutschland ebenso in der Spitzengruppe und belegt einen traurigen fünften Platz innerhalb der Gruppe der 27 EU-Mitgliedstaaten. Abb. 2: Anteil der Energiekosten an den betrieblichen Gesamtkosten nach Wirtschaftszweigen, in Prozent Von den knapp 1.000 Unternehmen, die sich an der vorliegenden IHK-Umfrage beteiligten, gaben 71 Prozent an, dass der Anteil der Energiekosten inzwischen mindestens 2 Prozent der Gesamtkosten beträgt. Im Herbst 2008 lag dieser Anteil noch bei 66 Prozent. Eine untergeordnete Rolle spielen die 2 KWK = Kraft-Wärme-Kopplung, EEG = Erneuerbare-Energien-Gesetz Seite 4 von 7
Energiekosten, mit weniger als 2 Prozent an den Gesamtkosten, lediglich noch bei 25 Prozent der Industrie-, 27 Prozent der Handels- und 33 Prozent der Dienstleistungsunternehmen. Bei 22 Prozent der produzierenden Betriebe und Dienstleister übersteigen die Energiekosten sogar die 10%-Schwelle der Gesamtkosten. Zu diesen energieintensiven Firmengruppen gehören unter anderem Hersteller von Chemikalien, Papier, Metall oder Zement im Industrie- oder das Verkehrsgewerbe im Dienstleistungsbereich. Im Jahr 2008 lag dieser Anteil noch bei 19 Prozent im produzierenden Gewerbe bzw. bei 21 Prozent bei den Dienstleistern. Abb. 3: Entwicklung der Energiekosten als Anteil an den Gesamtkosten von Industrieunternehmen, in Prozent Besonders signifikant fällt der Anstieg jedoch bei den Handelsunternehmen aus. Hier hat sich der Anteil energieintensiver Firmen, Unternehmen mit Energiekosten von über 10 Prozent, in den letzten dreieinhalb Jahren fast verdoppelt: Von 12 Prozent im Jahr 2008 stieg deren Anteil auf heute 20 Prozent. Im Gegensatz zum produzierenden Gewerbe dürfen Händler die preisdämpfenden Ausnahmetatbestände der Stromsteuer, der KWK- und EEG-Umlage nicht ausschöpfen. Die steigenden Steuern und Abgaben im Strombereich schlagen so direkt auf die Betriebsergebnisse der Handelsunternehmen durch. Effizienzmaßnahmen können Preissprünge nicht abpuffern In den letzten Jahren haben insbesondere die Betriebe des produzierenden Gewerbes verstärkt Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz durchgeführt, da sie mit ihren Produkten im globalen Wettbewerb stehen. Hierzu gehören unter anderem Weiterbildungsmaßnahmen zum IHK-Energiemanager, Teilnahmen an betrieblichen Erfahrungsaustauschprogrammen und Veranstaltungsreihen zur Energieeffizienz sowie Konsultationen von Energieberatern. In den nächsten 12 Monaten planen über 40 Prozent der Industriefirmen die Umsetzung (weiterer) effizienzsteigernder Maßnahmen. Die bisher durchgeführten Aktivitäten konnten die erheblichen Preissteigerungen insbesondere im Strombe- Seite 5 von 7
reich trotzdem nicht vollständig abpuffern. Die Politik muss deshalb alle preistreibenden staatlichen Steuern und Abgaben im Energiebereich auf den Prüfstand stellen und dringend deren Preisanteile stabilisieren sowie mittelfristig reduzieren. Unternehmen reagieren auf Kostenexplosion Der Anstieg der betrieblichen Energie- und Rohstoffkosten zwingt die Unternehmen in Rheinland-Pfalz zu Gegenmaßnahmen. Demnach planen 67 Prozent 3 von ihnen in den kommenden zwölf Monaten auf die gestiegenen Preise zu reagieren. Bei den Industriebetrieben, die besonders im globalen Wettbewerb stehen, liegt dieser Anteil sogar bei 80 Prozent. Bei den Handelsunternehmen kündigen aktuell 61 Prozent, bei den Dienstleistern über die Hälfte (genau 52 Prozent) der Firmen Reaktionen auf die hohen Energie- und Rohstoffkosten an. Abb. 4: Reaktion auf hohe Energie- und Rohstoffkosten nach Wirtschaftszweigen, in Prozent Dagegen werden lediglich 33 Prozent der Betriebe in diesem Jahr voraussichtlich nicht auf die gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten reagieren. Für 26 Prozent der Unternehmen besitzen diese Kostenfaktoren keine erhöhte betriebliche Relevanz. Die übrigen 7 Prozent werden durch die steigenden Energie- und Rohstoffkosten zwar erheblich belastet, sehen die Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung bzw. zur Abwälzung der Mehrkosten auf die Kunden aber bereits als ausgeschöpft an. Zur Abfederung der Preissteigerungen planen 41 Prozent der Unternehmen Kostenüberwälzungen, 35 Prozent Kosteneinsparungen und 31 Prozent Investitionen in effizientere Technologien. Die Überwälzungen der Mehrkosten sind für Handels- (32 Prozent 4 ) und Dienstleistungsunternehmen (30 Prozent) offenbar deutlich schwieriger umsetzbar als für die Industrie (53 Prozent). 3 Mehrfachantworten möglich 4 Anteil der Unternehmen, die Kosten an ihre Kunden überwälzen können Seite 6 von 7
Abb. 5: Art der Reaktion der befragten Betriebe Mehrfachnennungen möglich, alle Wirtschaftszweige, in Prozent Der Aufbau eigener Energieversorgungskapazitäten, die 8 Prozent der Betriebe in den nächsten zwölf Monaten planen, spielt dagegen eher eine untergeordnete Rolle. Von den Industrieunternehmen beabsichtigen 10 Prozent der Firmen einen solchen Schritt. Einschränkung der Produktion bzw. Dienstleistung im Inland und die Verlagerung von Betriebsteilen ins Ausland - als Reaktion auf hohe und weiter steigende Energie- und Rohstoffkosten werden von den befragten Unternehmen nicht mehr ausgeschlossen. Solche Schritte planen immerhin bereits 3 bzw. 2 Prozent der Betriebe. Seite 7 von 7