Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht IV

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Transkript:

Herzlich Willkommen Konversatorium zum Grundkurs Strafrecht IV Juristin (Univ.) Wissenschaftliche Mitarbeiterin am E-Mail: Barbara.kruell@uni-wuerzburg.de Internet: www.jura.uni-wurzburg.de/lehrstuehle/schuster Büro: Paradeplatz 4 Raum-Nr. 410

Konversatorium Strafrecht IV 3. Einheit (Exkurs: 28 StGB) 242 StGB der Diebstahl Aufbau und Definitionen Einige Gewahrsamsprobleme Verlieren/Vergessen einer Sache Gewahrsamsenklave Beobachtung des Diebstahls Fall 1 Festival der Diebe

8.8.16 Grundkurs Strafrecht III 28 StGB besondere persönliche Merkmale 28 - Besondere persönliche Konklusion Merkmale (1) Fehlen besondere persönliche Merkmale ( 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach 49 Abs. 1 zu mildern. (2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.

8.8.16 Grundkurs Strafrecht III 28 StGB besondere persönliche Merkmale Grundsatz bei Teilnehmerschaft: Konklusion Akzessorietätsprinzip Die Tat des Teilnehmers richtet sich nach Tat des Haupttäters Rechtswidrige Tatbestandsverwirklichung eines anderen wird ihm zugerechnet Ausnahme: 29 StGB Bestrafung nach der eigenen Schuld 28 StGB besondere persönliche Merkmale ( Akzessorietätslockerung oder Lockerung oder Durchbrechung der Akzessorietät )

Grundkurs Strafrecht III 28 StGB besondere persönliche Merkmale 28 StGB ( Akzessorietätslockerung ) vereinfacht Konklusion Teilweise strikte Akzessorietät ungerecht Wenn Strafe des Haupttäters an besondere Eigenschaften in der Person des Täters anknüpft, nicht gerecht auch dem Teilnehmer diese Strafe zukommen zu lassen, der gerade diese Eigenschaft nicht inne hat. Diese Eigenschaften, die in der Person des jeweils Beteiligten liegen, werden besondere persönliche Merkmale (bpm) genannt, 14 Abs. 1 StGB. z.b. Amtsträgereigenschaft, Garantenstellung, subjektive Mordmerkmale, Eigenschaft als Bandenmitglied 8.8.16 Deshalb ordnet das Gesetz in 28 StGB eine Akzessorietätslockerung bzw. - durchbrechung an, wenn die bpm bei den Beteiligten divergieren

8.8.16 Grundkurs Strafrecht III 28 StGB besondere persönliche Merkmale 28 StGB ( Akzessorietätslockerung ) vereinfacht Konklusion Dabei ist zwischen den besonderen persönlichen Merkmalen zu unterscheiden 28 I StGB strafbegründende Merkmale 28 II StGB strafschärfende/ strafmildernde Merkmale

Grundkurs Strafrecht III 28 StGB besondere persönliche Merkmale 28 II StGB strafmodifizierte Merkmale Konklusion Zusätzlich zum Grunddelikt ändern strafmodifizierende besondere Merkmale die existierende Strafbarkeit ab Beispiel: Ist der Täter einer Körperverletzung ( 223) Amtsträger, ist er wegen Körperverletzung im Amt ( 340) strafbar. Ein Nicht-Amtsträger wäre für die gleiche Tat nur wegen Körperverletzung strafbar. Die Strafe wegen 223 wird also aufgrund der Amtsträgereigenschaft modifiziert Modifizierte Strafe soll besonderem Unrechtsgehalt aufgrund des bpm des Täters Rechnung tragen Bei Beteiligten ohne dieses bpm ist dieses besondere Unrecht nicht gegeben; deswegen fairer nach Grunddelikt zu bestrafen 28 II StGB 8.8.16 Es kommt zur Tatbestandsverschiebung

Grundkurs Strafrecht III 28 StGB besondere persönliche Merkmale 28 I StGB strafbegründende Merkmale Merkmale, die eigenständige Konklusion Delikte schaffen Delikt besteht überhaupt nur wegen des strafbegründenden besonderen persönlichen Merkmals Beispiel: Rechtsbeugung ( 339 StGB) kann grds. nur von einem Richter begangen werden Wäre der Täter kein Richter, gäbe es überhaupt keine Strafbarkeit des Verhaltens. es wäre unfair, Teilnehmer, der Eigenschaft nicht hat, dennoch wegen der Teilnahme an gleicher Tat zu bestrafen er selbst weist die besondere subjektive Eigenschaft des Täters (gerade das maßgebliche Unrecht der Tat) ja nicht auf Eine Absenkung auf Grunddelikt aber nicht möglich, da kein Grunddelikt gegeben, deswegen 28 I StGB Milderung der Strafe 8.8.16 Es kommt zu Strafrahmenverschiebung

Grundkurs Strafrecht III 28 StGB besondere persönliche Merkmale Überblick Besonderes persönliches Merkmal Begründet die Strafbarkeit des Täters Konklusion Modifiziert lediglich die Strafe des Täters Bsp.: 339 StGB Fehlt beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) Bsp.: 340 StGB Fehlt/ist vorhanden beim Beteiligten (Täter oder Teilnehmer) 8.8.16 Milderung der Strafe beim Teilnehmer, 28 I StGB (sog. Strafrahmenverschiebung) Bestrafung des Teilnehmers, nach dem für ihn einschlägigen Delikt, 28 II StGB (sog. Tatbestandsverschiebung)

Konversatorium Strafrecht IV 242 StGB - Diebstahl (1) Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Konversatorium Strafrecht IV Aufbau 242 StGB der Diebstahl I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a. Tatobjekt: fremde, bewegliche Sache b. Tathandlung: Wegnahme 2. Subjektiver Tatbestand a. Vorsatz bezüglich des objektiven Tatbestandes b. (Eigen- oder Dritt-) Zueignungsabsicht c. Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung (objektiv!) d. Vorsatz bzgl. der obigen Rechtswidrigkeit II. Rechtswidrigkeit und Schuld III. Ggf. Strafzumessung gem. 243 StGB IV. Ggf. Strafantrag gem. 247, 248 a

Definitionen 242 StGB obj. Tatbestand I. Tatbestand 1. Objektiver Tatbestand a. Tatobjekt: fremde, bewegliche Sache Sache ist jeder körperliche Gegenstand (auch Tiere) fremd ist jede Sache, die (auch) im Eigentum eines anderen steht beweglich sind alle Sachen, die tatsächlich fortgeschafft werden können b. Tathandlung: Wegnahme Wegnahme ist der Bruch fremden und Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams Gewahrsam ist die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und der Verkehrsanschauung Bruch = gegen oder ohne den Willen

Definitionen 242 StGB subj. Tatbestand Zueignungsabsicht (während der Tathandlung, also der Wegnahme!) Zueignungsabsicht ist Anmaßung einer eigentümerähnlichen Stellung, geprägt durch Enteignungswillen und Aneignungsabsicht Enteignungswille: Wille zur dauerhaften Entziehung der Sache oder des in ihr verkörperten Sachwertes (bedingter Vorsatz genügt) Aneignungsabsicht : zumindest vorübergehende Einverleibung der Sache in das (Eigen- oder Dritt-)Vermögen (Absicht erforderlich) Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung entfällt, wenn der Täter einen fälligen und einredefreien Anspruch auf Übereignung der weggenommenen Sache hat und diesen durchsetzen will

Wegnahmekomponenten = Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams Gewahrsamsbegriff Gewahrsam ist die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und der Verkehrsanschauung Gewahrsam Eigentum Eigentum = rechtliche Sachherrschaft Gewahrsam = tatsächlich Sachherrschaft Gewahrsam zivilrechtlicher Besitz fällt zwar oft zusammen, jedoch nicht deckungsgleich (bsp. Besitzdiener o. mittelbarer Besitzer können, müssen aber nicht Gewahrsamsinhaber sein)

Wegnahmekomponente = Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams Gewahrsamsbegriff besteht aus 1. tatsächliche Sachherrschaft 2. Natürliche Herrschaftswille Tatsächliche Sachherrschaft auch bei sog. Gewahrsamslockerung! Sache befindet sich an Ort, zu dem Gewahrsamsinhaber jeder Zeit ohne rechtliche oder tatsächliche Hindernisse Zugang hat bspw. Auto vor der Tür, Fahrrad vor der Uni Herrschaftswille bleibt bestehen Auch bei sog. Gewahrsamssphäre nach Verkehrsanschauung bestimmt Herrschaftsbereiche, die Person zugeordnet werden können (bspw. Wohnungen der Privatperson, Ladenräume des Geschäftsinhabers etc.)

Wegnahmekomponente = Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams Gewahrsamsbegriff Tatsächliche Sachherrschaft verlorene Sachen Bisherige Gewahrsamsinhaber weiß nicht mehr, wo sich Sache befindet Keine tatsächliche Sachherrschaft mehr Gewahrsam (-) Vergessene/Liegengelassene Sachen Bisheriger Gewahrsamsinhaber weiß noch, wo sich Sache befindet, und kann ohne äußerliche Hindernisse wieder erlangen Potenzieller Gewahrsamswille ausreichend Also Gewahrsam (+)

Wegnahmekomponente Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams Gewahrsamsbegriff Tatsächliche Sachherrschaft Gewahrsamsbegründung im fremden Machbereich Grds. Sachen in fremden Herrschaftsbereichen im Gewahrsam des Inhabers des Herrschaftsbereichs (Gewahrsamslockerung) Ausnahme: Begründung einer sog. Gewahrsamsenklave Höchstpersönliche Sphäre als eigener Machtbereich in höchstpersönliche Sphäre kann ursprünglicher Gewahrsamsinhaber nicht mehr ohne Weiteres auf Sache zugreifen Gewahrsamswechsel mithin (+), auch im fremden Machtbereich Es wäre sozialauffällig, die Sache heraus zu verlangen

Wegnahme = Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams Beobachtung der Wegnahme Gewahrsamsbegründung überhaupt möglich? Beutesicherung von vorneherein erschwert. ABER Begründung des eigenen Gewahrsams wird nicht gehindert Beobachtung erleichtert lediglich bisherigen Gewahrsamsinhaber entzogenen Gewahrsam wieder zu erlangen Beobachtung der Wegnahme daher unschädlich Diebstahl ist kein Heimlichkeitsdelikt!

Wegnahme = Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams sog. Diebesfalle Gewahrsamsinhaber legt Sache bewusst hin, damit Dieb diese einstecken kann und er den Dieb entlarven kann ABER Bruch = gegen oder ohne den Willen Mit Hinlegen der Sache, damit Dieb diese nimmt Wille des Inhabers zur Gewahrsamsbegründung des Diebes (+) D.h. Einverständnis (+) und 242 (-) Strafbarkeit jedoch nach: 242 I, 22, 23 I StGB Dieb ging von fehlendem Willen aus Vorsatz bzgl. 242 StGB also (+)

Exkurs: Unterscheidung Vollendung, Beendigung Tatentschluss Täter fasst den Vorsatz, die Tat zu begehen noch nicht strafbar Versuchsstadium Täter setzt unmittelbar zur Tatbegehung an u.u. strafbar Vollendung Täter hat den gesamten Tatbestand verwirklicht strafbar Beendigung Bsp.: Bei 242 hat der Täter den gesamt Tatbestand verwirklicht und die Beute gesichert strafbar

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 1 Kunstlederanhängerin O erwirbt eine Handtasche für ihre täglichen Einkäufe in der Fußgängerzone. Ihre Freude an der Neuerwerbung währt allerdings nur kurz. Als sie bei ihren Einkäufen eine Pause einlegt und sich auf eine Bank am Marktplatz setzt, nähert sich von hinten der Dieb A mit dem Fahrrad, ergreift die frei neben der O auf der Bank liegende Tasche und fährt davon. A hat an der Tasche selbst kein Interesse, sondern lediglich an allem Stehlenswerten ihres Inhalts. Als A sich wenige hundert Meter später in Sicherheit gebracht hat und bei einem Blick in die Tasche bemerkt, dass diese nur Bedarfsartikel und Taschentücher enthält, für die er keinen Gebrauch hat, legt er die Tasche samt Inhalt enttäuscht in den Wühltisch eines Lederwarengeschäfts.

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 1 Tatkomplex 1: Ergreifen der Handtasche STRAFBARKEIT DES A I. 242 I StGB bzgl. der Handtasche 1. Tatbestand a. Obj. Tatbestand fremde bewegliche Sache Wegnahme b. Subj. Tatbestand Vorsatz Zueignungsabsicht fraglich!

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 1 Hatte A Zueignungsabsicht bzgl. der Handtasche? Zueignung ist Anmaßung einer eigentümerähnlichen Stellung durch Enteignung und Aneignung Enteignung: dauerhafte Entziehung der Sache oder des in ihr verkörperten Sachwertes mit mind. dolus eventualis hier (+) Aneignung: zumindest vorübergehende Einverleibung der Sache in das Eigen- oder Drittvermögen mit dolus directus 1. Grades Aneignungsabsicht bei Transportgegenständen hier: i.e. (-); Tasche wird nur aus Zeitgründen mitgenommen, nicht etwa, weil der Täter sie braucht, um den Inhalt zu transportieren. Daher i.e. keine Zueignungsabsicht.

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 1 Tatkomplex 1: Ergreifen der Handtasche STRAFBARKEIT DES A I. 242 I StGB bzgl. der Handtasche 1. Tatbestand a. Obj. Tatbestand fremde bewegliche Sache Wegnahme b. Subj. Tatbestand Vorsatz Zueignungsabsicht hier: (-) 2. 242 I StGB bzgl. der Handtasche (-)

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 1 Tatkomplex 1: Ergreifen der Handtasche STRAFBARKEIT DER A II. 242 I, 243 I StGB bzgl. des Inhaltes der Handtasche 1. Tatbestand a. Obj. Tatbestand fremde bewegliche Sache Wegnahme b. Subj. Tatbestand Vorsatz Problematisch

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 1 Hatte A Vorsatz bzgl. des Inhaltes der Tasche? A hat eigentlich nur Interesse am stehlenswerten Inhalt der Tasche Aber: Inhalt ist wertlos Irrtum des A Fraglich ist, ob dies beachtlich ist eher nicht bloßes Motiv des A Er will eine fremde bewegliche Sache stehlen, was er auch tut Der Irrtum über den Inhalt ist lediglich ein unbeachtlicher error in objecto. Also: Vorsatz (+)

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 1 Tatkomplex 1: Ergreifen der Handtasche STRAFBARKEIT DES A II. 242 I, 243 I StGB bzgl. des Inhaltes der Handtasche 1. Tatbestand a. Obj. Tatbestand fremde bewegliche Sache Wegnahme b. Subj. Tatbestand Vorsatz (+) Zueignungsabsicht Enteignungskomponente Aneignungskomponente Problematisch - A schmeißt die Sachen unmittelbar weg

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 1 Aneignungsabsicht des A? Durch das unmittelbare wegschmeißen scheint es als Aneignungsabsicht (-) ABER Tatzeitpunkt entscheidend Fraglich ist, ob er zum Tatzeitpunkt (!) die Absicht hatte, sich die Sache zuzueignen. hier zum Tatzeitpunkt wollte A den Inhalt der Tasche aneignen! Also: Aneignungskomponente (+)

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 1 Tatkomplex 1: Ergreifen der Handtasche STRAFBARKEIT DES A II. 242 I, 243 I StGB bzgl. des Inhaltes der Handtasche 1. Tatbestand a. Obj. Tatbestand fremde bewegliche Sache Wegnahme b. Subj. Tatbestand Vorsatz (+) Zueignungsabsicht Enteignung Aneignung (+) Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Zueignung und diesbezüglicher Vorsatz (+)

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 1 Tatkomplex 1: Ergreifen der Handtasche STRAFBARKEIT DER A II. 242 I, 243 I StGB bzgl. des Inhaltes der Handtasche 1. Tatbestand a. Obj. Tatbestand (+) b. Subj. Tatbestand (+) 2. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 3. Strafzumessung hier: ggf. das Regelbeispiel des 243 I 2 Nr. 2 aber i.e. (-) 4. 242 I StGB bzgl. des Inhaltes der Handtasche (+)

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 2 Ihren Geldbeutel hatte O zuvor in einem Bekleidungsgeschäft liegen gelassen. Die Kundin B bemerkt dies, nutzt die Gelegenheit und steckt den Geldbeutel in die Innentasche ihrer Jacke. Dabei wird sie allerdings von dem geistesgegenwärtigen Geschäftsinhaber P beobachtet, der sie noch vor Verlassen des Geschäfts stellen und ihr die Beute wieder abnehmen kann.

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 2 Tatkomplex 2: Der vergessene Geldbeutel STRAFBARKEIT DER B I. 242 I StGB 1. Tatbestand a. Obj. Tatbestand fremde bewegliche Sache Wegnahme = Bruch fremden und Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams Bruch fremden Gewahrsams Wer hat hier Gewahrsam an dem Geldbeutel

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 2 Wer hat Gewahrsam an dem Geldbeutel? Gewahrsam ist die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und der Verkehrsanschauung Liegenlassen einer Sache und Auswirkungen auf den Gewahrsam Verlorene Sachen: tatsächliche Sachherrschaft endet; Gewahrsam (-) Vergessene Sachen: potentieller Gewahrsamswille vorhanden das ist ausreichend. hier: keine Angaben hierzu im Sachverhalt.

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 2 Wer hat Gewahrsam an dem Geldbeutel? ABER Geldbeutel noch im Bekleidungsgeschäft. Ein Ladeninhaber hat regelmäßig den Willen, den Gewahrsam über alle Sachen auszuüben, die sich in seinem Laden befinden, ohne dass er genau weiß, welche diese im Einzelnen sind Der sog. generelle Gewahrsamswille Alleingewahrsam des P, wenn verloren; Mitgewahrsam des P, wenn vergessen Fremder Gewahrsam (+)

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 2 Tatkomplex 2: Der vergessene Geldbeutel STRAFBARKEIT DER B I. 242 I StGB 1. Tatbestand a. Obj. Tatbestand fremde bewegliche Sache Wegnahme Fremder Gewahrsam (+) Bruch fremden Gewahrsams tatsächliche Sachherrschaft des bisherigen Gewahrsamsinhabers wird ohne (nicht notwendig gegen) seinen Willen aufgehoben hier (+)

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 2 Tatkomplex 2: Der vergessene Geldbeutel STRAFBARKEIT DER B I. 242 I StGB 1. Tatbestand a. Obj. Tatbestand fremde bewegliche Sache Wegnahme Bruch fremden Gewahrsams(+) Begründung neuen Gewahrsams Täter erlangt die tatsächliche Herrschaft über die Sache, sodass er sie ohne Behinderung durch den bisherigen Gewahrsamsinhaber ausüben und dieser seinerseits nicht mehr über die Sache verfügen kann, ohne die Verfügungsgewalt des Täters zu beseitigen Problematisch aus zwei Gründen 1. B befindet sich noch in Gewahrsamssphäre des P 2. Beobachtung der B

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 2 B ist immer noch in der Gewahrsamssphäre des P Aber sog. Gewahrsamsenklave also neuer Gewahrsam (+) B wurde von P bei ihrer Tat beobachtet Faktische Erschwerung der Tat ABER neuer Gewahrsam schon mit Verbringung der Sache in Gewahrsamsenklave begründet Tat mithin vollendet (wenn auch noch nicht beendet) Dass P dann gefasst wurde, verhinderte nur Beendigung für die Strafbarkeit irrelevant

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 2 Tatkomplex 2: Der vergessene Geldbeutel STRAFBARKEIT DER B I. 242 I StGB 1. Tatbestand a. Obj. Tatbestand fremde bewegliche Sache Wegnahme Bruch fremden Gewahrsams (+) Begründung neuen Gewahrsams (+) b. Subj. Tatbestand (+) 2. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 3. 242 I StGB (+)

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 3 P ist über soviel Unehrlichkeit empört und will solchen unehrenhaften Gestalten eine Falle stellen. Zu diesem Zweck legt er am nächsten Tag einen gut gefüllten, aber mit einem Peilsender versehenen Geldbeutel in eine Umkleidekabine seines Geschäfts. Es dauert nur wenige Zeit, bis die Schnäppchensucherin C den Geldbeutel ergreift, einsteckt und von dannen zieht. Dank des Peilsenders kann sie jedoch kurze Zeit später gefasst und der Polizei übergeben werden.

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 3 Tatkomplex 3: Die Diebesfalle STRAFBARKEIT DER C I. 242 I StGB 1. Tatbestand a. Obj. Tatbestand fremde bewegliche Sache Wegnahme = Bruch fremden und Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams fremder Gewahrsam (+) Begründung neuen Gewahrsams (+) Bruch? Problematisch

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 3 Wurde fremder Gewahrsam gebrochen? Nur wenn tatsächliche Sachherrschaft des bisherigen Gewahrsamsinhabers gegen oder ohne seinen Willen aufgehoben wurde Hier: P wollte gerade, dass jemand den präparierten Geldbeutel mitnimmt also tatbestandsausschließendes Einverständnis Daher kein Bruch fremden Gewahrsams

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 3 Tatkomplex 3: Die Diebesfalle STRAFBARKEIT DER C I. 242 I StGB 1. Tatbestand a. Obj. Tatbestand fremde bewegliche Sache Wegnahme = Bruch fremden und Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams fremden Gewahrsam (+) Begründung neuen Gewahrsams (+) Bruch (-) Wegnahme (-) 2. 242 I StGB (-)

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 3 Tatkomplex 3: Die Diebesfalle STRAFBARKEIT DER C II. 242 I, 22 I, 23 I, 242 II StGB 1. Vorprüfung a. Nichtvollendung der Tat Der objektive Tatbestand des Deliktes ist aus rechtlichen Gründen nicht vollendet; also (+) b. Strafbarkeit des Versuches Ergibt sich aus 242 II StGB

Fall 1 Ein Festival der Diebe, Teil 3 II. 242 I, 22 I, 23 I, 242 II StGB 1. Vorprüfung (+) 2. Tatentschluss Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale und etwaiger zusätzlicher subjektiver Merkmale Vorsatz bzgl. fremde bewegliche Sache (+) Vorsatz bzgl. Wegnahme (+) Zueignungsabsicht (+) Vorsatz bzgl. der Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Zueignung (+) 3. Unmittelbares Ansetzen (+) 4. Rechtswidrigkeit und Schuld (+) 5. 242 I, 22 I, 23 I, 242 II StGB (+)