Marktmachtmissbrauch im Kartell- und Lauterkeitsrecht Dr. Manfred Vogel Hofrat des Obersten Gerichtshofes
Gliederung I. Zum Verhältnis von Kartell- und Lauterkeitsrecht II. Verhalten marktmächtiger Unternehmen auf dem Prüfstand der Rechtsprechung
WETTBEWERBSRECHT KARTELLRECHT LAUTERKEITSRECHT schützt Marktstruktur Leistungswettbewerb bezweckt Existenzschutz Qualitätsschutz
Leistungswettbewerb als identes Schutzobjekt Kartellrecht: EuGH C-549/10P Tomra Systems Art 102 AEUV verbietet es einem Unternehmen in beherrschender Stellung, einen Mitbewerber zu verdrängen und so die eigene Stellung durch andere Mittel als jene eines Leistungswettbewerbs zu stärken
Leistungswettbewerb als identes Schutzobjekt Lauterkeitsrecht: Ob ein Verhalten lauterkeitswidrig ist, orientiert sich an den Funktionsbedingungen des Leistungswettbewerbs Leistungswettbewerb ist durch das Bestreben des Unternehmers gekennzeichnet, durch Preis oder Qualität seines Angebots zu überzeugen
Schutzzwecktrias Mitbewerber Verbraucher Allgemeinheit
Bedarfsmarktkonzept dient im Kartellrecht der Bestimmung des Marktes dient im Lauterkeitsrecht der Bestimmung des Wettbewerbsverhältnisses
Unterschiedliche Tatbestände Anspruchskonkurrenz KartG/UWG bei identen Tatbeständen lauterkeitsrechtliche Generalklausel greift, wenn Tatbestand nach KartG nicht erfüllt ist und zusätzliche Unlauterkeitselemente vorliegen
Unterschiedliches Verfahrensrecht KartG: außerstreitiges Verfahren, (eingeschränkte) Untersuchungsmaxime Amtsparteien UWG: streitiges Verfahren, Dispositionsmaxime Mitbewerber
Marktbeherrschung wertende Gesamtschau mehrerer Faktoren zur Beantwortung der Frage, ob ein Unternehmen auf dem betroffenen Markt a) keinem oder nur unwesentlichem Wettbewerb ausgesetzt ist b) eine überragende Marktstellung hat ua Marktanteil, Finanzkraft, Zugang zu Beschaffungsund Absatzmärkten, Marktzutrittsschranken
Marktbeherrschung Ein marktbeherrschendes Unternehmen ist in der Lage, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, in dem es die Möglichkeit hat, sich in nennenswertem Umfang unabhängig von seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und von den Verbrauchern zu verhalten
16 Ok 4/08 - Radreisen Antrag auf Abstellung marktmissbräuchlichen Verhaltens bedarf Vorbringens zum relevanten Markt: welcher Markt, Marktteilnehmer, Umsätze nicht ausreichend: Markt des Reisebürogeschäfts in Oberösterreich
16 Ok 6/08 - Filmverleih Marktmachtmissbrauch durch die Verweigerung, das antragstellende Kinounternehmen mit Filmen, die mit mehr als 50 Kopien in Österreich starten ( Blockbuster ) zu beliefern. Ein nicht substituierbarer Film bewirkt Monopolstellung des Filmverleihers
16 Ok 1/12 - Fahrplanmedien betroffener Markt: Dienstleistungen für Eisenbahnverkehrsunternehmen, ihre Fahrpläne dem Publikum bekannt zu machen missbräuchliche Ungleichbehandlung gegenüber Mitbewerbern durch das marktbeherrschende Unternehmen bei sachlich nicht gerechtfertigter Geschäftsverweigerung
Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch 4 Ob 60/09s - Rechtsanwaltssoftware lauterkeitsrechtliche Fallgruppe gilt auch für Verstöße gegen kartellrechtliche Normen unlauterkeitsbegründendes Element: Unvertretbarkeit der Rechtsansicht hier: Verstoß gegen 5 Abs 1 Z 3 KartG durch Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen
4 Ob 23/08y unentgeltliche Zugaben durch einen marktbeherrschenden Unternehmer sind nach dem Missbrauchsverbot des 5 Abs 1 Z 5 KartG (Verkauf von Waren unter dem Einstandspreis) dann rechtswidrig, wenn a) der vom Unternehmer beherrschte Markt für die Hauptware mit dem für die Zugabe relevanten Markt so eng verbunden ist, dass Kunden, die Bedarfsträger des einen Markts sind, notwendigerweise potenzielle Kunden auf dem anderen Markt sein können, und b) der Preis für die Hauptware nach Abzug des Werts der unentgeltlichen Zugabe unter dem Einstandspreis liegt.
4 Ob 84/12z - Gewinnspiel Marktmächtiges Unternehmen (exklusiver Sponsor des ÖSV aus dem Printmediensektor) lobt ein Gewinnspiel mit einem Preis aus, der nicht substituierbar ist ( Begegnung mit unseren Schistars ) Vorwurf der Behinderung schwächerer Mitbewerber durch Marktbeherrscher; dieser Aspekt bleibt vom Maßstab der RL-UGP unberührt Ergebnis: Rechtliches Schicksal der Zugabe folgt jenem des Sponsorvertrags
Einsetzen von Marktmacht außerhalb kartellrechtlicher Marktbeherrschung lauterkeitsrechtliche Fallgruppe der Marktstörung Beispiele: - Gratisverteilen von Waren - Preisunterbieten - Diskriminieren