Die spanische Holdinggesellschaft (ETVE) Ein attraktives Instrument zur internationalen Steuergestaltung



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Gruppe 2 Seite 283 Die spanische Holdinggesellschaft (ETVE) Steuerrecht Spanische Holdinggesellschaft (ETVE) Ein attraktives Instrument zur internationalen Steuergestaltung von Mag. iur. Natalie J. Halla-Villa Jimenez, DAVID MÜLCHI & ASOCIADOS, Madrid Geltungsbereich: Spanien. Rechtsgrundlagen: Ley 10/1996 v. 18. 12. 1996; Ley 6/2000 v. 13. 12. 2000; Ley 14/2000 v. 29. 12. 2000; Ley 46/2002 v. 18. 12. 2002; Mutter/Tochterrichtlinie 90/435/EWG des Rates v. 23. 7. 1990; Real Decreto Nr. 1080/1991; Resolution der DGT Nr. 1931-01 v. 30. 10. 2001; spanischer Handelsrechtkodex (Código de Comercio); spanisches Einkommensteuergesetz 40/1998 v. 9. 12. 1998 (Ley del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas); spanisches Körperschaftsteuergesetz 43/1995 v. 27. 12. 1995 (Ley de Impuesto sobre Sociedades, LIS ). Die spanische Holdinggesellschaft (Entidad de Tenencia de Valores Extranjeras,imWeiteren ETVE ) ist ein noch relativ unbekanntes aber äußerst interessantes Instrument zur internationalen Steuergestaltung. Die Attraktivität Spaniens als Holding-Standort beruht einerseits auf seinem weiten Netz an DBA und seiner Bedeutung als wirtschaftliches Sprungbrett zum gesamten lateinamerikanischen Markt und andererseits auf seinem steuerrechtlich günstigen Holdingsystem. In einer rechtsvergleichenden Studie der Autoren Endres und Dorfmüller über die Vorund Nachteile der verschiedenen europäischen Holding-Standorte, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Praxis Internationale Steuerberatung, ging die spanische Holding deutlich als eine der attraktivsten Holdinggesellschaften hervor. Gemäß dieser Studie liegt Spanien als einziger Holding-Standort bei drei entscheidenden Faktoren der Steuerplanung an erster Stelle: steuerfreier Bezug von Dividenden und Veräußerungsgewinnen, Vermeidung der Quellensteuer auf Dividenden und maximaler Zinsabzug. Das wesentliche Ziel dieses Artikels ist es daher, den Leser mit den Grundzügen der Besteuerung der ETVE vertraut zu machen und ihm somit eine neue und, wie im Weiteren ersichtlich sein wird, äußerst interessante Alternative zu den traditionellen Holding- Standorten wie Luxemburg, Österreich oder den Niederlanden zu bieten. I. Rechtliche Grundlagen Die rechtlichen Grundlagen des spanischen Holdingsystems finden sich in den Art. 20 bis Regelung über die Befreiung ausländischer Beteiligungserträge zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung und 129 ff. Regelung über die Besteuerung der ETVE des spanischen Körperschaftsteuergesetzes 43/1995 v. 27. 12. 1995 (Ley de Impuesto sobre Sociedades, im Weiteren LIS ). Das spanische Holdingsystem wurde seit seiner erstmaligen Regelung im erwähnten LIS zahlreichen Modifikationen unterworfen, die vor allem zum Ziel hatten, die praktische Anwendung des Holdingsystems zu erleichtern und Spanien als Holding-Standort attraktiver zu machen. Das Gesetz 6/2000 v. 13. 12. 2000 ist dabei von spezieller Bedeutung, da es anfangs hinderliche Beschränkungen des Holdingsystems beseitigte und somit in großem Ausmaß zu dessen gegenwärtigem Stellenwert im Rahmen der internationalen Steuergestaltung beitrug. So wurde u. a. der früher obligatorische formale Antrag zur Erlangung des ETVE-Status durch eine simple Kommunikation ersetzt, die Möglichkeit der Gruppenbesteuerung auf die ETVE ausgeweitet und mit der Einführung des 6 Mio Anschaffungswertes der Beteiligung eine Alternative zur 5 %-Mindestbeteiligung geschaffen. Als IWB Nr. 15 vom 13. 8. 2003-717 -

relevantes Rechtsinstrument auf europäischer Ebene ist die Mutter/Tochterrichtlinie 90/435/EWG des Rates v. 23. 7. 1990 anzuführen. Werden die Bedingungen der Mutter/Tochterrichtlinie und der Art. 20 bis und 129 ff. LIS erfüllt, so können Dividenden einer EU-Tochtergesellschaft quellensteuerfrei an die ETVE ausgeschüttet werden, sind in Folge in Spanien von der Körperschaftsteuer befreit und können den ausländischen Gesellschaftern wiederum steuerfrei zufließen. In den folgenden Abschnitten wird näher auf die Systematik der spanischen Holdingbesteuerung eingegangen werden. II. Voraussetzungen des ETVE-Besteuerungssystems Um den Status einer ETVE und die damit verbundenen steuerlichen Begünstigungen zu erlangen, haben Gesellschaften gem. den Art. 129 ff. LIS folgende Voraussetzungen zu erfüllen: Die Gesellschaftsstatuten der ETVE haben als Gesellschaftszweck die Verwaltung von ausländischen Gesellschaftsanteilen anzuführen. Seit dem Gesetz 6/2000 kann der Gesellschaftszweck der ETVE auch zusätzlich aus der Verwaltung spanischer Gesellschaftsanteile, sowie der Ausübung jeder sonstigen erlaubten Tätigkeit bestehen. Die ETVE hat über genügend materielle und personelle Mittel zu verfügen, um die Realisation des Gesellschaftsobjekts zu gewährleisten. In der Praxis wird diese Voraussetzung durch die statuarisch vorgesehene Bestellung eines Geschäftsführers bzw. eines Gesellschaftsvorstandes erfüllt. Die Gesellschaftsanteile der ETVE haben bei der Wahl der Gesellschaftsform einer AG aus Namensaktien zu bestehen. Wird die ETVE als GmbH gegründet, so erfüllt die Beschaffenheit der Beteiligung an sich bereits ausreichend das Erfordernis der Identifikation der Gesellschafter. Die Beteiligung an der ausländischen Tochtergesellschaft hat mindestens 5 % bzw. der Anschaffungswert der Beteiligung mindestens 6 Mio zu betragen. Die Voraussetzung des Mindestprozentsatzes von 5 % kann sowohl über eine direkte als auch indirekte Beteiligung erfüllt werden, wohingegen die Bestimmung hinsichtlich des 6 Mio Anschaffungswertes nur auf direkte Beteiligungen anwendbar ist. Die spezielle Mindestbeteiligungsgrenze von 6 Mio ist in Art. 130 LIS enthalten und nur auf ausländische Gesellschaftsanteile anwendbar. Dadurch wird in der Praxis vor allem die Investition an ausländischen Börsen gefördert, wohingegen Investitionen an der spanischen Börse steuerlich benachteiligt sind, da für sie die Mindestbeteiligungsgrenze von 5 % gilt. Die Wahl des ETVE-Status ist mittels formeller Kommunikation an das spanische Finanzamt (Dirección General de Tributos, im Weiteren DGT ) auszuüben. Neben den genannten speziellen Requisiten der Art. 129 ff. LIS über die Besteuerung der ETVE sind die allgemeinen Bedingungen des Art. 20 bis LIS zur Erlangung der Beteiligungsertragsbefreiung zu erfüllen: Die Beteiligung ist ohne Unterbrechung ein Jahr hindurch zu halten. Bei der Berechnung der Einjahresfrist wird auch die Zeitspanne angerechnet, in der die Beteiligung von einer nach der Definition des Art. 42 des spanischen Handelsrechtkodex (Código de Comercio) zur selben Gesellschaftsgruppe gehörenden Gesellschaft gehalten wurde. Werden vor Ablauf der Einjahresfrist Dividenden an die spanische Holding ausgeschüttet, bleiben diese steuerfrei, solange die Haltefrist nachträglich erfüllt wird. Zu erwähnen bleibt noch, Gruppe 2 Seite 284-718 -

Steuerrecht Spanische Holdinggesellschaft (ETVE) Gruppe 2 Seite 285 dass sich die genannte Haltefrist nur auf die Mindestbeteiligung von 5 % bzw. von 6 Mio bezieht. Eine darüber hinausgehende Beteiligung ist an keine Mindesthaltefrist gebunden. Die ausländische Tochtergesellschaft hat während des Veranlagungsjahres, in dem die Gewinne erzielt wurden, einer mit der spanischen Körperschaftsteuer identischen oder analogen (bis zum Erlass des Gesetzes 6/2000: vergleichbaren ) Steuer unterworfen zu sein. Die Erfüllung dieser Voraussetzung wird vermutet, wenn die betreffende Gesellschaft in einem Staat ansässig ist, der mit Spanien ein DBA inklusive einer Klausel über den gegenseitigen Informationsaustausch unterzeichnet hat. Mit Ausnahme der Schweiz enthalten sämtliche von Spanien unterzeichnete DBA die erwähnte Klausel. Sollte die ausländische Steuer trotz DBA nicht mit der spanischen Körperschaftsteuer vergleichbar sein, ist es Aufgabe des spanischen Finanzamtes dies zu beweisen. In Einzelfällen und vor allem dann, wenn kein DBA anwendbar ist, bereitet es oft Schwierigkeiten festzustellen, ob es sich bei der ausländischen Steuer um eine mit der spanischen Körperschaftsteuer identische bzw. analoge Steuer handelt. Nach dem LIS ist eine Steuer dann identisch bzw. analog, wenn sie das Einkommen der ausländischen Gesellschaft besteuert, wobei der Begriff Einkommen im Gesetz relativ großzügig definiert ist und daher auch die Besteuerung von einzelnen Einkünften als ausreichend gewertet wird. Da das Gesetz keinen Mindeststeuersatz festlegt, eröffnet sich die Möglichkeit, Länder mit niedrigen Körperschaftsteuersätzen wie Irland oder Ungarn in Holdingstrukturen einzubinden. Ist die beteiligte Gesellschaft in einer Steueroase ansässig, so können die steuerlichen Begünstigungen jedoch nicht in Anspruch genommen werden. Spanien führt diesbezüglich im Real Decreto Nr. 1080/1991 eine black list sämtlicher Länder bzw. Territorien, die nach internen Kriterien als Steueroasen zu betrachten sind. Eine weitere Voraussetzung für die Anwendung der Beteiligungsertragsbefreiung ist die wirtschaftliche Aktivität der beteiligten Gesellschaft. So haben die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft zu 85 % auf der Ausübung aktiver wirtschaftlicher Tätigkeiten im Ausland zu beruhen. Als wirtschaftlich gilt jede Tätigkeit, die nicht in der spanischen CFC-Regelung des Art. 121.2 LIS angeführt ist. Zu den aktiven Einkünften zählen u. a. Dienstleistungen jeglicher Art, Handel, Vermarktung von Patentgebühren sowie Tätigkeiten im Bereich des Finanz- und Versicherungssektors. Wichtig ist, dass die genannten Tätigkeiten nicht in Spanien ausgeübt werden und es generell keinen Spanienbezug gibt. Des Weiteren gilt als aktive Tätigkeit die Beteiligung an ausländischen Gesellschaften, unter der Voraussetzung, dass die allgemeinen Bedingungen der Beteiligungsertragsbefreiung erfüllt sind (5 %-Beteiligung, einjährige Haltefrist, identische oder analoge ausländische Steuer, aktive Einkünfte der beteiligten Gesellschaft). Wie bereits erwähnt wurde, ist die alternative Beteiligungshöhe von 6 Mio auf indirekte Beteiligungen nicht anwendbar. Besteht somit die wirtschaftliche Tätigkeit einer ETVE-Tochtergesellschaft zu mehr als 15 % aus der Verwaltung von ausländischen Gesellschaftsanteilen, deren Anschaffungswert zwar über 6 Mio liegt, bei denen jedoch die 5 %- IWB Nr. 15 vom 13. 8. 2003-719 -

Mindestbeteiligung nicht erfüllt wird, so gelten die Einkünfte der ETVE- Tochtergesellschaft als überwiegend passiver Natur. Dies hat zur Folge, dass jene Beteiligungserträge, die von den Anteilen an der passiven Tochtergesellschaft herstammen, bei der ETVE mit dem normalen Körperschaftsteuersatz von 35 % besteuert werden. Diese Beschränkung wurde mittlerweile durch das Gesetz 14/2000 v. 29. 12. insofern abgeschwächt, als die Bestimmung über den alternativen Anschaffungswert von 6 Mio auf diejenigen indirekt beteiligten Gesellschaften ausgeweitet wurde, die mit der direkt beteiligten ETVE-Tochtergesellschaft eine Gesellschaftsgruppe nach Art. 42 Handelsrechtkodex bilden und einen konsolidierten Jahresabschluss führen. III. Grundzüge des ETVE-Besteuerungssystems 1. Beteiligungsertragsbefreiung nach Art. 20 bis LIS Werden die im vorhergehenden Kapitel genannten Voraussetzungen allesamt erfüllt, so ist die ETVE im Hinblick auf die ausländischen Dividendenerträge sowie auf die Gewinne aus der Veräußerung der ausländischen Beteiligungen von der spanischen Körperschaftsteuer befreit. Im Hinblick auf die Dividendenerträge haben die Voraussetzungen nur im Moment der Fälligkeit der Dividendenausschüttung gegeben zu sein. Um jedoch die Steuerbefreiung der Veräußerungsgewinne zu erlangen, haben die Requisiten der identischen bzw. analogen ausländischen Steuer sowie der aktiven wirtschaftlichen Tätigkeit der Tochtergesellschaft in allen Veranlagungsjahren erfüllt zu sein, in denen die Beteiligung gehalten wurde. Bei Nichterfüllung der notwendigen Voraussetzungen werden die Beteiligungserträge mit dem normalen spanischen Körperschaftssteuersatz von 35 % besteuert. Veräußerungsverluste sind mit gewissen Einschränkungen steuerlich anrechenbar und verringern die Steuerbase. Erwirbt die ETVE eine Beteiligung von einer Gesellschaft derselben Gruppe, welche die Beteiligungsertragsbefreiung auf den Veräußerungsgewinn anwenden konnte, so sind Veräußerungsverluste aus einem späteren Verkauf der Beteiligung durch die ETVE nur insoweit anrechenbar, als sie den Betrag der Veräußerungsgewinne übersteigen. Dasselbe gilt für den umgekehrten Fall: Hat eine zur selben Gruppe gehörende Gesellschaft beim Verkauf einer Beteiligung an die ETVE steuerlich abzugsfähige Veräußerungsverluste erzielt, so sind Veräußerungsgewinne aus einem späteren Verkauf der Beteiligung bis zur Höhe der Veräußerungsverluste zu versteuern. Der Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist es offensichtlich eine durch gruppeninterne Operationen bewirkte, doppelte Steuerentlastung zu verhindern. Der Beteiligungsertragsbefreiung sind auch im Hinblick auf die steuerliche Anrechenbarkeit möglicher Abschreibungen gewisse Grenzen gesetzt: Wird bei der Veräußerung einer ausländischen Beteiligung, die vorher steuerlich abgeschrieben wurde, ein Gewinn erzielt, so ist nur der über den Abschreibungsbetrag hinausgehende Veräußerungsgewinn von der spanischen Körperschaftsteuer befreit. Wird umgekehrt die Beteiligungsertragsbefreiung auf Dividendenerträge angewandt, so ist eine spätere Abschreibung der Beteiligung bis zur Höhe der Dividendenerträge steuerlich nicht abzugsfähig. Eine weitere Einschränkung der Beteiligungsertragsbefreiung ist dann gegeben, wenn die ausländische Tochtergesellschaft direkt oder indirekt überwiegende wirtschaftliche Interessen in Spanien besitzt. Dies liegt im konkreten Fall dann vor, wenn sich mehr als 15 % der Gesellschaftsaktiva in Spanien befinden, wobei als entscheidender Faktor der Marktwert der einzelnen Ver- Gruppe 2 Seite 286-720 -

Steuerrecht Spanische Holdinggesellschaft (ETVE) Gruppe 2 Seite 287 mögenswerte herangezogen wird. Bestehen demnach überwiegende Interessen in Spanien, so beschränkt sich die Steuerbefreiung auf jenen Teil des Veräußerungsgewinns, der auf die bereits steuerlich vorbelasteten Rücklagen fällt. Zuletzt ist noch zu erwähnen, dass Art. 20 bis LIS nicht auf die diejenigen ausländischen Beteiligungserträge anwendbar ist, die von der spanischen Holdinggesellschaft in die Steuerbase einbezogen wurden, um in Folge die steuerlichen Abzüge nach den Art. 29 und 30 LIS geltend zu machen. (Art. 29 LIS berechtigt zum Abzug der ausländischen Körperschaftsteuer hinsichtlich der Einkünfte, die bei der spanischen Gesellschaft aufgrund der Anwendung der unbeschränkten Steuerpflicht erneut besteuert werden. Art. 30 LIS ermöglicht hingegen nur den Abzug der ausländischen Quellensteuer auf Dividenden sowie den Abzug der ausländischen Körperschaftsteuer auf den dem Dividendenbetrag zugrunde liegenden Gewinn. In beiden Fällen handelt es sich um Maßnahmen zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung. Beide Anrechnungsmethoden sind grundsätzlich parallel anwendbar, wobei jedoch das Gesetz eine quantitative Schranke setzt: So darf die Summe beider steuerlichen Abzüge eine hypothetische spanische Steuerschuld, die gebührt hätte, wären die Einkünfte in Spanien erzielt worden, nicht überschreiten.) Es ist daher im Einzelfall zu bestimmen, welches der zwei Systeme (Befreiungs- oder Anrechnungsmethode) für die konkrete internationale Steuerplanung interessanter ist. In der Mehrzahl der Fälle dürfte zweifellos die Wahl der Beteiligungsertragsbefreiung nach Art. 20 bis LIS vorteilhafter sein. Denkbar ist jedoch die Wahl der Anrechnungsmethode nach den Art. 29 und 30 LIS, wenn die Höhe der ausländischen Steuer ungefähr der inländischen Körperschaftsteuer entspricht und Veräußerungsverluste erzielt wurden, die aufgrund der oben beschriebenen Restriktionen des Art. 20 bis LIS über die Befreiungsmethode nicht geltend gemacht werden können. 2. Besteuerung der ETVE-Gesellschafter nach Art. 131 LIS Einer der wesentlichen Vorzüge des ETVE-Besteuerungssystems liegt bei der grundsätzlichen Steuerbefreiung ausländischer ETVE-Gesellschafter. Art. 130 LIS befreit generell Dividenden sowie Veräußerungsgewinne, die von steuerfreien Einkünften der ETVE herstammen und an ausländische Gesellschafter (natürliche oder juristische Personen) ausgeschüttet werden, von jeglicher spanischer Quellensteuer. Dies unabhängig davon, ob der Wohnsitzstaat des betreffenden Gesellschafters ein DBA mit Spanien unterzeichnet hat. Die Steuerbefreiung ist jedoch nicht anwendbar, sollte der Gesellschafter in einem als Steueroase qualifizierten Land bzw. Territorium ansässig sein. Erzielt die ETVE neben steuerfreien Dividenden und Veräußerungserlösen auch Einkünfte, die nicht von der spanischen Körperschaftsteuer befreit sind, so gilt die gesetzliche Vermutung, dass die in Folge ausgeschütteten Dividenden zuerst aus den steuerfreien Einkünften stammen und daher beim ausländischen Gesellschafter von der Quellensteuer befreit sind. Ist der ETVE-Gesellschafter in Spanien ansässig, so ist in Bezug auf die steuerliche Behandlung der Dividenden und Veräußerungsgewinne zu unterscheiden, ob es sich beim Gesellschafter um eine natürliche oder um eine juristische Person handelt. Eine natürliche Person hat Anspruch auf einen steuerlichen IWB Nr. 15 vom 13. 8. 2003-721 -

Abzug zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung nach Art. 67 des spanischen Einkommensteuergesetzes (Ley del Impuesto sobre la Renta de las Personas Físicas). Der steuerliche Abzug beschränkt sich auf diejenigen Dividenden, die aus den steuerfreien ausländischen Einkünften der ETVE stammen. Handelt es sich bei dem ETVE-Gesellschafter um eine juristische Person, so kann der Abzug zur Vermeidung der internen Doppelbesteuerung nach Art. 28 LIS geltend gemacht werden. (Art. 28 LIS ermöglicht einen steuerlichen Abzug hinsichtlich derjenigen Dividenden und Beteiligungsgewinne, die aus Beteiligungen an inländischen Körperschaften herrühren. Bei einer Beteiligung von mindestens 5 % und einer Haltedauer von einem Jahr entfällt die den Beteiligungserträgen entsprechende Körperschaftsteuerschuld zur Gänze, bei Nichterfüllung dieser Bedingungen jedoch nur zur Hälfte.) 3. Missbrauchsvorschriften Liegen Umstände vor, die den Verdacht von Steuerhinterziehung begründen, so ist die Beteiligungsertragsbefreiung nicht anwendbar. Der Missbrauch des beschriebenen Steuersystems wird gem. Art. 20 bis.3.b LIS dann vermutet, wenn die Tätigkeit der ausländischen Tochtergesellschaft vorher von einer mit der ausländischen Gesellschaft konzernmäßig verbundenen spanischen Gesellschaft ausgeübt wird, die in Folge die weitere Ausübung der Tätigkeit unterlässt. Ist die Vermutung widerlegbar, kann ein vernünftiger wirtschaftlicher Grund vorgebracht werden, der die Verlagerung der Tätigkeit ins Ausland rechtfertigt. Als Missbrauchsvorschriften gelten auch die bereits erwähnten Regelungen über den Ausschluss der Beteiligungsertrags- und Quellensteuerbefreiung, sollten die Tochtergesellschaften bzw. ETVE-Gesellschafter in einer Steueroase ansässig sein. In diesem Zusammenhang ist abschließend die spanische CFC-Regelung des Art. 121 LIS zu erwähnen, dessen Inhalt auch für die ETVE gilt. Nach dieser Regelung sind die Einkünfte ausländischer Tochtergesellschaften direkt bei der spanischen Holding zu besteuern, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind (effektive Kontrolle über die ausländische Tochtergesellschaft, passives Einkommen der Tochtergesellschaft und Ansässigkeit in einem Niedrigsteuerland). Eine nähere Beschreibung der spanischen CFC-Regelung soll jedoch unterbleiben, da sie den Rahmen und Umfang dieses Beitrags sprengen würde. IV. Schlussbemerkungen Zusammenfassend beruhen die wesentlichen Grundzüge des spanischen Holdingsystems also einerseits auf der Steuerbefreiung der ausländischen Dividenden und Veräußerungsgewinne und andererseits auf der Befreiung der ausländischen Gesellschafter von der spanischen Quellensteuer hinsichtlich derjenigen Dividenden und Veräußerungsgewinne, die aus den steuerfreien Einnahmen der ETVE stammen dies selbstverständlich immer unter der Annahme, dass die im Abschn. III. genannten Voraussetzungen erfüllt werden. Die ETVE kann also in vielen Fällen als steuerneutraler Durchlaufposten verwendet werden. Und darauf begründet sich vor allem die Attraktivität Spaniens als Holding-Standort. So ist der Einsatz der ETVE im Rahmen der internationalen Steuergestaltung vor allem dann denkbar, wenn in Länder investiert werden soll, die mit Spanien ein DBA unterzeichnet haben. Generell kann die ETVE aufgrund der leicht erfüllbaren Bedingungen und der äußerst interessanten Holdingprivilegien für jede beliebige internationale Holdingstruktur verwendet werden. e Gruppe 2 Seite 288-722 -