Das Freihandelsabkommen USA EU (TTIP) in der Diskussion



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Transkript:

Das Freihandelsabkommen USA EU (TTIP) in der Diskussion Die Verhandlungen zum Handelsabkommen zwischen der EU und den USA (Transatlantic Trade and Investment Partnership TTIP) werden umfassend und kontrovers in der Öffentlichkeit diskutiert. Die nachfolgende Übersicht * soll eine inhaltliche Klarstellung der Diskussionsfelder rund um die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen bieten. TTIP wird im Geheimen verhandelt. Verbraucherrechte wackeln. Durch TTIP kommen Genfood und Hormonfleisch* Die Europäische Kommission verhandelt TTIP im Namen und mit einem Mandat der EU- Mitgliedsstaaten. Das EU-Parlament wird regelmäßig über den Stand der Verhandlungen unterrichtet und gibt Empfehlungen an die Kommission. Im Herbst letzten Jahres wurde das EU-Verhandlungsmandat für das Freihandelsabkommen veröffentlicht, seit Ende letzten Jahres veröffentlicht die Kommission vor jedem Treffen die Daten, Orte und Namen der beteiligten Einrichtungen und selbstständigen Einzelpersonen sowie der Gesprächsthemen der mit ihrer Beteiligung stattfindenden bilateralen Treffen. Diese Regeln gelten für Kommissionsmitglieder, ihre Kabinette und die Generaldirektoren der Kommissionsdienststellen. Die Aussetzung der Verhandlungen zum Thema Investitionsschutz und die anschließende öffentliche Befragung dazu im Frühjahr 2014 zeigten, dass die Kommission das Thema ernst nahm. Es gingen 150.000 Beiträge ein, die nach Auswertung im Januar 2015 veröffentlicht wurden. Grundsätzlich geht es den Verhandlungsparteien darum, den Unternehmen in der Nahrungsmittelindustrie den Marktzugang zu erleichtern, d.h. Vereinfachung von Genehmigungsprozessen. Oft liegt aber der Teufel im Detail. Welche antibakterielle Behandlung von Hühnerfleisch ist z.b. unbedenklicher: Das Chlorbad wie es die Amerikaner praktizieren? Die nicht minder umstrittene Antibiotikagabe im Futter wie es die Europäer machen? Einen Ausweg könnten klar definierte Ausnahmeregeln für Noch nie wurde ein Freihandelsabkommen so öffentlich verhandelt wie TTIP. Regulatorische Kompatibilität weicht bestehende Gesetze nicht auf Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart Jägerstraße 30 70174 Stuttgart Postfach 10 24 44 70020 Stuttgart Telefon +49(0)711.2005-0 Telefax +49(0)711.2005-1354 info@stuttgart.ihk.de www.stuttgart.ihk.de 1/6

Investitionsschutz (ISDS) - es wird ein Sonderklagerecht für die Wirtschaft eingeführt. Eine Paralleljustiz bedroht unsere Demokratie. bestimmte Produkte bieten. Im Rahmen der WTO gibt es hier bereits Übereinkommen darüber, welche Regelungen zum Schutz der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen zulässig sind. Daran orientieren sich Brüssel und Washington in ihren Gesprächen. Das Verhandlungsmandat ist im Bereich des Verbraucherschutzes eindeutig, die hohen Standards der EU stehen nicht zur Verhandlung. Dass es die EU ernst meint, zeigt CETA, das Freihandelsabkommen mit Kanada. Es schreibt z.b. vor, dass Kanada nur hormonfreies Rindfleisch in die EU exportieren darf. Das EU-Mandat gibt eindeutig vor, dass die Schutzniveaus für Verbraucher durch das Abkommen nicht gesenkt werden sollen. Das Vorsorgeprinzip wird bestehen bleiben. Dies bedeutet, dass Lebensmittel gar nicht oder nur nach den strengen EU-Regeln auf den Markt gebracht werden dürfen. Eine positive Sicherheitsbewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist auch mit TTIP notwendig. Streitbeilegungen zwischen Investoren und Staaten sind kein Novum. Ende 2014 gab es laut UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad) 3268 entsprechende Abkommen. Allein die EU-Staaten haben über 1200 solcher bilateralen Verträge geschlossen. Im vergangenen Jahr wurden laut Unctad 42 Streitfälle beigelegt, die Zahl der abgeschlossenen Fälle beläuft sich damit auf 356. Dass hierbei in erster Linie Konzerne Staaten über den Tisch ziehen, wie Kritiker anmerken, stimmt nicht. In mehr als 1/3 der Fälle waren die beklagten Staaten siegreich. 25% gingen zugunsten der Investoren aus. Am Ende der übrigen Klagen stand ein Kompromiss. Übrigens: Von den weltweit existierenden ISDS-Fällen wurden 300 von EU-Investoren initiiert (53 %), nur 127 von US-Investoren (BDI 2014). Deutsche Unternehmen gehören zu den häufigsten Klägern. Beide Seiten, EU und USA, sehen die Notwendigkeit für neue, höhere Standards, verstärkte Schutzvorrichtungen und verbesserte Transparenzvorschriften, um den Missbrauch von Schiedsgerichten zu verhindern. Sehr wahrscheinlich ist die verbindliche Aufnahme der UNCITRAL Rules on Transparency in TTIP damit sind Diskussionen zur Verfahrenstransparenz hinfällig. Es soll außerdem klare Regelungen und Definitionen von Schutzstandards (FET-Standards) und dem Begriff der (auch indirekten) Enteignung geben. Die EU-Kommission will in TTIP außerdem u.a. Berufungsmöglichkeiten, das staatliche Recht auf Regulierung und Regeln für die Berufung von Schiedsrichtern verankern. Parallelverfahren (wie beim Atomausstieg im Vattenfall-Fall) sollen ausgeschlossen werden, der einmal beschrittene Rechtsweg ist Investitionsschutz gefährdet nicht das Gemeinwohl, der Staat behält die Regulierungshoheit. Das Abkommen bietet eine Chance, Voraussetzungen und Rahmen für ISDS- Verfahren klar zu regeln und transparenter zu machen als bisher. 2/6

TTIP wird dazu führen, dass öffentliche Dienstleistungen privatisiert werden. TTIP untergräbt den Umweltschutz, Fracking kann so durchgesetzt werden. endgültig. Investitionsschutz bedeutet nicht, dass Enteignungen/enteignende Maßnahmen nicht möglich sind der Staat hat hier weiterhin die Regulierungshoheit. Es geht bei den Verfahren um die Frage von Entschädigungszahlungen, TTIP soll die Voraussetzungen dafür klar regeln. Die meisten Klagen richten sich übrigens gegen Verwaltungsentscheidungen und nicht gegen die Gesetzgebung eines Staates. Die Gefahr, dass Unternehmen (insb. Großkonzerne) Regierungen vor sich hertreiben können, ist daher eher gering. Seit dem Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade and Services, GATS) der WTO von 1995 sind Dienstleistungen, die in Ausübung hoheitlicher Gewalt erbracht werden, nicht Teil von Freihandelsabkommen. Dienstleistungen, die im Rahmen staatlicher Zuständigkeit erbracht werden, werden definiert als Dienstleistungen, die weder zu kommerziellen Zwecken noch im Wettbewerb mit einem oder mehreren Dienstleistungserbringern erbracht werden, d.h. die Bereiche hoheitliche Dienstleistungen, audiovisuelle Dienste, staatliche Monopole und die Wasserversorgung stehen nicht zur Verhandlung. Dienstleistungsanbieter sollen zukünftig einen erleichterten Marktzugang haben. Daseinsvorsorge hat jedoch eine besondere Bedeutung und ihre hohe Qualität muss gewährleistet werden, weshalb Dienstleistungen in diesem Bereich vom Verhandlungsmandat ausgenommen sind. Die EU wird hier keine Marktöffnungsverpflichtungen übernehmen. Insbesondere wird deshalb von TTIP auch kein Zwang zur Privatisierung solcher Dienstleistungen ausgehen. Kritiker des Freihandelsabkommens erwecken den Eindruck, dass sich US-Unternehmen ihren Weg z.b. zum Fracking in Deutschland erstreiten könnten, da ein Teil des Abkommens auch einen Investitionsschutz für US-Firmen, die in Deutschland aktiv sind, vorsieht. Direkte Gespräche im Rahmen von TTIP über Fracking gibt es nicht, entsprechende Regulierungen sind (weiterhin!) Sache der Mitgliedsstaaten. Fraglich ist außerdem, ob es überhaupt zu solchen Klagen kommt, da der deutsche Gesetzesentwurf zu Fracking viel Spielraum bietet es ist vorgesehen, dass eine Expertenkommission jedem Vorhaben zustimmt. Unternehmen dürften sich bewusst sein, dass es ein hohes Risiko gibt, dass sie ihre Investitionen in Probebohrungen am Ende eventuell nicht zu kommerziellen Zwecken nutzen können TTIP wird die Regierungen nicht daran hindern werde, die Daseinsvorsorge selbst zu erbringen oder zu finanzieren. Privatisierungen in diesem Bereich sind weder verpflichtend noch wenn einmal geschehen irreversibel. Die Unterhändler der USA und der EU wollen die Rechtsgrundlage für Schiedsgerichte präzisieren. Dabei soll das Recht auf Regulierung eindeutig festgeschrieben werden. 3/6

Das Tarifsystem wird ausgehebelt, Arbeitnehmer haben nichts mehr zu sagen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund warnt davor, Staaten und Firmen könnten versuchen, sich über Sozialdumping Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Errungenschaften wie die Tarifautonomie, die Mitbestimmung oder das Streikrecht stünden auf dem Spiel. US- Investoren könnten den strengen deutschen Kündigungsschutz als nicht-tarifäres Handelshemmnis werten und dagegen klagen. Die Bundesregierung aber betont, sie werde sicherstellen, dass das Abkommen das Recht, Vorschriften nach Maßgabe des für angemessen erachteten Schutzniveaus zum Schutz legitimer Allgemeinwohlinteressen zu erlassen, unberührt lässt. Das EU-Parlament besteht auf einem Nachhaltigkeitskapitel in TTIP, welches sicherstellen soll, dass die Ausweitung der Wirtschaftsaktivitäten sozial- und umweltpolitische Maßnahmen nicht untergräbt. Der Ausschuss für Soziales und Beschäftigung im EU-Parlament hat diesen Punkt genau im Auge: Er hat ein Überwachungsinstrument zur Wahrung der Arbeitnehmerrechte sowie deren Einklagbarkeit angemahnt. Die Kommission ist gut beraten, Anregungen der Volksvertreter diesbezüglich ernst zu nehmen. TTIP wird nicht nur Standards schützen, sondern den Vertragspartnern auch Spielraum lassen, Schutzrechte für Arbeitnehmer zu verschärfen. Arbeitnehmerrechte sollen weiter einklagbar sein. Die Zölle zwischen der EU und den Vereinigten Staaten sind bereits niedrig. TTIP ist nur ein Vorwand, um EU- Regelungen auszuhöhlen. Durchschnittlich liegen die Zölle in der Industrie nur zwischen 3 und 5 %. Bei dieser Durchschnittsbetrachtung werden allerdings vorhandene Zollspitzen in einigen Produktlinien verschwiegen. So ist z.b. die Lebensmittelindustrie, die Textil- und Bekleidungsindustrie, die Kunststoff-/Chemiebranche sowie der Fahrzeug- und Maschinenbau von z.t. hohen Zöllen - bis zu 25% - betroffen. Zusätzliche Kosten entstehen durch unterschiedliche technische Normen und Standards, die durch die Verteuerung der Produkte einen zusätzlichen Zoll bedeuten. Kleine und Mittelständische Unternehmen profitieren von einem umfassenden Abkommen deutlich mehr als von einem Abkommen, in dem nur Zollsenkungen vereinbart werden. Denn sog. Nichttarifäre Handelshemmnisse stellen im transatlantischen Handel die größten Hindernisse dar und bergen somit auch das größte Potenzial für Kostenreduzierungen, 4/6

Beim Datenschutz zählen nur noch Konzerne und Staaten. US-Unternehmen beteiligen sich an öffentlichen Ausschreibungen in der EU, während EU- Unternehmen in den USA nicht zum Zug kommen. Nirgendwo ist das Misstrauen gegen die USA so groß wie beim Thema Datensicherheit. Es ist daher verständlich, dass TTIP Gegner die Angst vor dem Ende der Privatsphäre aufgreifen. Allerdings rennen sie damit bei der EU offene Türen ein. Die Amerikaner wollen TTIP nutzen, um die Einheit des Internets zu bewahren und eine Nationalisierung und Regionalisierung zu verhindern. Zudem strebt die US-Regierung ein Regelwerk für den internationalen Datenaustausch im Hinblick auf Entwicklungen wie den 3D-Druck an. Der Innenausschuss des Europaparlaments hat sich mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, dass TTIP keine Regelungen zum Datenschutz enthalten darf. Datenschutz sei auf keinen Fall ein Handelshemmnis und müsse daher aus jeglicher Regulierungskooperation herausgehalten werden. Das Parlament drängt auf ein Rahmenabkommen zum Datenschutz zwischen der EU und den USA, dass TTIP vorangehen soll. Mit dem Abkommen verfolgt die EU gerade das Ziel, einen verbesserten beiderseitigen Zugang zu den Beschaffungsmärkten auf allen Verwaltungsebenen (national, regional und lokal) zu erreichen. Bislang sind die Beschaffungsmärkte der EU offen, in den USA ist dies nur auf Bundesebene der Fall. Unternehmen haben dann die Möglichkeit, sich diskriminierungsfrei an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen. die allen Unternehmen wie auch Verbrauchern zugutekommen. Es gibt noch ungeklärte Fragen beim Thema Datensicherheit, aber Regeln für die neue Datenwelt zu erlassen ist auch im europäischen Interesse. Es gibt gute Gründe, ein transatlantisches Regelungswerk für Big Data (Internet der Dinge) zu schaffen. Gerade die deutsche Industrie knüpft große Hoffnungen an das Internet der Dinge, die Vernetzung und datengestützte Steuerung von Industrieanlagen. TTIP soll für europäische Unternehmen Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen auf bundesstaatlicher und kommunaler Ebene in den USA wie im Freihandelsabkommen EU-Kanada) ermöglichen. 5/6

Europas kulturelle Vielfalt wird Opfer der Globalisierung. Das Verhandlungsmandat legt fest, dass audiovisuelle Dienstleistungen (Rundfunk und Film) nicht in den Anwendungsbereich des Abkommens fallen, und bekennt sich zur UNESCO-Konvention zum Schutz und der Förderung der kulturellen Vielfalt. Dem EU-Parlament ist dieser Punkt so wichtig, dass der Kultur- und Bildungsausschuss des EU-Parlaments eine Generalschutzklausel für audiovisuelle Medien fordert, die sich technologieneutral darstellen muss. TTIP soll weiterhin eine horizontale Ausnahme für Subventionen enthalten, die für die Erbringung zum Beispiel von Kulturdienstleistern gezahlt werden. Die Kulturförderung wird durch TTIP nicht angegriffen. *Zusammengestellt unter Verwendung folgender Quellen (nicht abschließend): Primär: - Verhandlungsmandat der EU-Kommission vom 17.03.2013, veröffentlicht am 09.10.2014 - Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. Mai 2013 zu den Verhandlungen der EU mit den Vereinigten Staaten von Amerika über ein Handels- und Investitionsabkommen - Draft Report containing the European Parliament s recommendations to the Commission on the negotiations for TTIP, Committee on International Trade, Rapporteur: Bernd Lange, 05.02.2015 Sekundär: - TTIP, Bundeswirtschaftsministerium für Wirtschaft und Energie, http://www.bmwi.de/de/themen/aussenwirtschaft/freihandelsabkommen/ttip.html - TTIP-Mythen und Fakten - http://www.dihk.de/themenfelder/international/aussenwirtschaftspolitik-recht/handelspolitik/ttip - Sieben Vorurteile gegen TTIP und was dahinter steckt Handelsblatt Nr. 069 vom 10.04.2015 - Recent Trends in IIAS and ISDS, United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD), Februar 2015 - Trade, power and opportunity, The Washington Post, 06.02.2015 Ansprechpartner: Tassilo Zywietz Telefon 0711 2005-1231 international@stuttgart.ihk.de Stand: Juni 2015 6/6