Auswirkungen von Digitalisierung und Automatisierung auf Betriebe und Beschäftige JProf. Dr. Melanie Arntz Dr. Terry Gregory Dr. Ulrich Zierahn Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim BMAS Symposium Struktureller Wandel der Arbeitswelt, Berlin, 4. Juli 2017
Droht uns das Ende der Arbeit? Der Spiegel,3.9.2016 Der Spiegel,17.4.1979
Droht uns das Ende der Arbeit? Demnach arbeiten 47 Prozent der Beschäftigten in den USA in Berufen, die in den nächsten 10 bis 20 Jahren mit einiger Wahrscheinlichkeit automatisiert werden können Die Experten sind in zwei Lager gespalten. Die einen behaupten, daß die Flut schnell ansteigt und in 20 Jahren 80 Prozent der Arbeitsplätze vernichtet. Die anderen sind der Ansicht, dieses Ergebnis werde erst später erreicht. Der Spiegel,3.9.2016 Der Spiegel,17.4.1979
Agenda 1. Automatisierungsrisiken für Beschäftigte 2. Folgen für die Beschäftigung 3. Veränderung der Arbeit
Agenda 1. Automatisierungsrisiken für Beschäftigte 2. Folgen für die Beschäftigung 3. Veränderung der Arbeit
Studie von Frey/Osborne (2017) 47% der Jobs in den USA sind automatisierungsgefährdet Anteil der 20% Beschäftigten 15% 10% 47% der Beschäftigten 5% 0% Automatisierungswahrscheinlichkeit Quelle: Frey und Osborne (2017)
Es kommt auf die konkreten Arbeitsplätze an Berufsbasierter Ansatz (Frey/Osborne) Neue Technologien ersetzen ganze Berufe Alle Beschäftige der selben Berufsgruppe haben gleiches Risiko Arbeitsplatzbezogener Ansatz (Arntz/Gregory/Zierahn) Bündel von Tätigkeiten variieren nicht nur zwischen, sondern auch innerhalb von Berufen Selbst Beschäftige in gefährdeten Berufen üben oft schwer automatisierbare Tätigkeiten aus Automatisierungsrisiko auf der Ebene von Arbeitsplätzen analysieren
Automatisierungsrisiken auf Basis von Arbeitsplätzen Nur 9% der US Jobs sind automatisierungsgefährdet Anteil der Beschäftigen 20% 15% USA: Berufsbasiert USA: Arbeitsplatzbasiert 47% der Beschäftigten 10% 9% der Beschäftigten 5% 0% Automatisierungswahrscheinlichkeit Quelle: Arntz, Gregory und Zierahn (2017)
Automatisierungsrisiken auf Basis von Arbeitsplätzen Nur 9% der US Jobs sind automatisierungsgefährdet Anteil der Beschäftigen 20% 15% 10% USA: Berufsbasiert USA: Arbeitsplatzbasiert Deutschland: Arbeitsplatzbasiert 47% der Beschäftigten 9% der Beschäftigten 5% 12% der Beschäftigten 0% Automatisierungswahrscheinlichkeit Quelle: Arntz, Gregory und Zierahn (2017)
Agenda 1. Automatisierungsrisiken für Beschäftige 2. Folgen für die Beschäftigung 3. Veränderung der Arbeit
Wie gefährdet sind diese Arbeitsplätze? Automatisierungsrisiken dürfen nicht mit Beschäftigungseffekten gleichgesetzt werden: Langsame Diffusion von Technologien
Verbreitung von 4.0 Technologien Deutschland: IAB-ZEW-Arbeitswelt-4.0-Betriebsbefragung 2016 33.9% 17.6% Wir haben uns noch nicht mit der Nutzung solcher Technologien beschäftigt. 31.4% Wir setzen uns bereits mit der Nutzung solcher Technologien auseinander. Wir planen derzeit die Anschaffung solcher Technologien. 2.1% 15.0% Wir nutzen bereits solche Technologien. Die Nutzung dieser Technologien ist zentraler Bestandteil unseres Geschäftsmodells. Quelle: Arntz, Gregory, Jansen und Zierahn (2016)
Wie gefährdet sind diese Arbeitsplätze? Automatisierungsrisiken dürfen nicht mit Beschäftigungseffekten gleichgesetzt werden: Langsame Diffusion von Technologien Anpassungsfähigkeit der Beschäftigten
Beschäftigte passen sich an den digitalen Wandel an Veränderung der Tätigkeiten an deutschen Arbeitsplätzen 1979-1999 15 10 5 Veränderung zurückzuführen auf Anpassungen: 0 zwischen Berufen -5 innerhalb von Berufen -10 Nicht-Routine Analytisch Nicht-Routine Interaktiv Quelle: Spitz-Oener (2006) Routine Kognitiv Routine Manuell Nicht-Routine Manuell Beispiel Nicht-Routine Analytisch : 85 % (15%) der aggregierten Veränderung sind auf Veränderungen innerhalb von Berufen (zwischen Berufen) zurückzuführen
Wie gefährdet sind diese Arbeitsplätze? Automatisierungsrisiken dürfen nicht mit Beschäftigungseffekten gleichgesetzt werden: Langsame Diffusion von Technologien Anpassungsfähigkeit der Beschäftigten Schaffung neuer Jobs
Positiver Nettoeffekt der Digitalisierung Veränderung der Arbeitsnachfrage in Europa 1999-2010 (Mio Jobs) Nicht-Lohneinkommen wird konsumiert: Quelle: Gregory, Salomons, Zierahn (2016)
Agenda 1. Automatisierungsrisiken für Beschäftige 2. Folgen für die Beschäftigung 3. Veränderung der Arbeit
Ausblick: Wirkungen auf Betriebe und Beschäftigte Erschließung neuer Daten: IAB-ZEW Arbeitswelt 4.0 Betriebsbefragung von 2016 Betriebliche Arbeitsmittel Produktionsmittel Büro- und Kommunikationsmittel Selbststeuernd Manuell gesteuert Nicht ITgestüzt ITintegriert Indirekt gesteuert IT-gestüzt
Ausblick: Wirkungen auf Betriebe und Beschäftigte Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad der eingesetzten Arbeitsmittel in Prozent 0 20 40 60 80 100 Produktionsmittel 3.7 5.1 7.9 10.4 11.9 13.3 85.9 83.1 78.8 vor 5 Jahren heute in 5 Jahren in Prozent 0 20 40 60 80 100 Büro- und Kommunikationsmittel 5.8 43.8 50.5 7.8 49.4 42.8 13.4 52.1 34.5 vor 5 Jahren heute in 5 Jahren Technologien 4.0 sind noch wenig verbreitet: etwa 5 bzw. 8% der Produktions- bzw. BuK-mittel können dieser Kategorie zugeordnet werden manuell gesteuert selbststeuernd indirekt gesteuert nicht IT-gestützt IT integriert IT-gestützt Quelle: Arntz, Gregory, Jansen und Zierahn (2016)
Ausblick: Wirkungen auf Betriebe und Beschäftigte Automatisierungs- und Digitalisierungsgrad der eingesetzten Arbeitsmittel in Prozent 0 20 40 60 80 100 Produktionsmittel 3.7 5.1 7.9 10.4 11.9 13.3 85.9 83.1 78.8 vor 5 Jahren heute in 5 Jahren in Prozent 0 20 40 60 80 100 Büro- und Kommunikationsmittel 5.8 43.8 50.5 7.8 49.4 42.8 13.4 52.1 34.5 vor 5 Jahren heute in 5 Jahren Technologien 4.0 sind noch wenig verbreitet: etwa 5 bzw. 8% der Produktions- bzw. BuK-mittel können dieser Kategorie zugeordnet werden Allerdings: Steigender Anteil selbststeuernder (ITintegrierter) zu Lasten von manuell gesteuerter (nicht ITgestürzter) Arbeitsmittel manuell gesteuert selbststeuernd indirekt gesteuert nicht IT-gestützt IT integriert IT-gestützt Quelle: Arntz, Gregory, Jansen und Zierahn (2016)
Ausblick: Wirkungen auf Betriebe und Beschäftigte Wie ändern sich Arbeitsprozesse und Inhalte durch 4.0 Technologien? Welche Tätigkeitsbündel werden weniger bzw. stärker nachgefragt? Neue Absatzchancen? Betrieb i: Beschäftigung in Segment j Fertigungsarbeiter Routine Abstrakt Manuell Büroarbeiter Routine Abstrakt Manuell 1 Produktnachfrage Technologieinvestitionen vom Typ k Produktionsmittel Büro- und Kommunikationsmittel 2 Kanal 1 - Investitionen in neue Technologien ersetzen bestimmte Arbeiter während sie andere produktiver machen Kanal 2 - Investitionen in neue Technologien schaffen Absatzchancen Quelle: Arntz, Gregory, Matthes, Lehmer, Zierahn (2017)
Ausblick: Wirkungen auf Betriebe und Beschäftigte Weitere geplante Untersuchungsdimensionen Qualifikationsanforderungen Kompetenzanforderungen Tätigkeitsanforderungen Arbeitgeberseite IAB-ZEW Arbeitswelt 4.0 Betriebsbefragung Weiterbildungsaktivitäten Grad der Autonomie bzw. Fremdbestimmung Über- und Unterforderung am Arbeitsplatz Physische und Physische Gesundheit Individuelle Weiterbildungsaktivitäten Arbeitnehmerseite - BIBB-IAB-ZEW- Arbeitnehmerbefragung - Integrierte Erwerbsbiographien (IEB) Arbeitergeber- Arbeitnehmer Arbeitswelt 4.0 Datensatz
Ausblick: Wirkungen auf Betriebe und Beschäftigte Weitere geplante Untersuchungsdimensionen Qualifikationsanforderungen Kompetenzanforderungen Tätigkeitsanforderungen Arbeitgeberseite IAB-ZEW Arbeitswelt 4.0 Betriebsbefragung Weiterbildungsaktivitäten Grad der Autonomie bzw. Fremdbestimmung Über- und Unterforderung am Arbeitsplatz Physische und Psychische Belastung Individuelle Weiterbildungsaktivitäten Arbeitnehmerseite BIBB-IAB-ZEW- Beschäftigtenbefragung Arbeitergeber- Arbeitnehmer Arbeitswelt 4.0 Datensatz Ausweitung der Datenbasis Ende 2017
Ausblick: Wirkungen auf Betriebe und Beschäftigte Weitere geplante Untersuchungsdimensionen Qualifikationsanforderungen Kompetenzanforderungen Tätigkeitsanforderungen Arbeitgeberseite IAB-ZEW Arbeitswelt 4.0 Betriebsbefragung Weiterbildungsaktivitäten Grad der Autonomie bzw. Fremdbestimmung Über- und Unterforderung am Arbeitsplatz Physische und Psychische Belastung Individuelle Weiterbildungsaktivitäten Arbeitnehmerseite BIBB-IAB-ZEW- Beschäftigtenbefragung Arbeitergeber- Arbeitnehmer Arbeitswelt 4.0 Datensatz Ausweitung der Datenbasis Ende 2017
Fazit: Kein Ende der Arbeit, aber Veränderungen! Automatisierungsrisiken werden überschätzt jeder 10. anstatt jeder 2. Arbeitsplatz automatisierbar Automatisierungsrisiken nicht gleich Beschäftigungseffekte Positiver Nettoeffekt der Digitalisierung Empirische Evidenz: jobschaffende Effekte > jobzerstörende Effekte Laufende Forschung am IAB/ZEW Erschließung neuer Daten zur Analyse der Arbeitswelt 4.0 Erste Ergebnisse voraussichtlich Ende des Jahres
Kontakt Dr. Terry Gregory Senior Researcher Arbeitsmärkte, Personalmanagement und Soziale Sicherung Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) L7, 1 68161 Mannheim Deutschland Tel.: +49 621 1235-306 E-Mail: gregory@zew.de Internet: http://www.zew.de/team/tgr/
Referenzen Arntz, Gregory und Zierahn (2017), Revisiting the Risk of Automation, Economics Letters, forthcoming. Arntz, Gregory, Jansen und Zierahn (2016), Tätigkeitswandel und Weiterbildungsbedarf in der digitalen Transformation, IAB, ZEW, acatech. Arntz, Gregory, Lehmer, Matthes und Zierahn (2017), Technology and Jobs in the Fourth Industrial Revolution, unveröffentlicht. Frey und Osborne (2017). The Future of Employment: How Susceptible are Jobs to Computerization? Technological Forecasting and Social Change, 114, 254-28 Gregory, Salomons und Zierahn (2016). Racing With or Against the Machine? Evidence from Europe, ZEW Discussion Paper, No. 16-053. Spitz Oener, A. (2006). Technical change, job tasks, and rising educational demands: looking outside the wage structure. Journal of labor economics, 24(2), 235-270.