Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie 30.06.2014 des Landes Schleswig-Holstein Eckpunkte für das Kompetenznetzwerk Fachkräftesicherung und Weiterbildung 1. Hintergrund Der demografische Wandel und der sich damit abzeichnende Fachkräftemangel sind die größten Herausforderungen für den Arbeitsmarkt. Für Schleswig-Holstein ist insgesamt bis zum Jahr 2030 zwar nur von einem geringen Bevölkerungsrückgang auszugehen, allerdings wird es eine deutliche Altersverschiebung geben, die unter den Annahmen heutiger Erwerbstätigkeitsquoten zu einer deutlichen Abnahme der Erwerbspersonenzahl führen dürfte. Zu diesem Ergebnis kommt die zur Analyse der Ausgangslage in Schleswig-Holstein in Auftrag gegebene Studie Arbeitskräfteprojektion 2030 in den Kreisen in Schleswig-Holstein des Instituts für quantitative Marktforschung & statistische Datenanalyse analytix. Die geburtenstarken Jahrgänge sind 2010 in einem mittleren Erwerbsalter, werden aber 2030 bereits zu einem hohen Anteil in den Ruhestand gegangen sein. Dies kann durch nachfolgende Jahrgänge nur unzureichend ausgeglichen werden, so dass die Bevölkerungszahl im Erwerbsalter zwischen 2010 und 2030 sinken wird. Aufgrund der deutlichen Verschiebung der Altersstruktur ist zu erwarten, dass die Anzahl erwerbstätiger Personen (ab 15 Jahren) in Schleswig-Holstein sinkt. Insgesamt werden im Jahr 2030 gegenüber dem Jahr 2010 nach der Projektion rund 181.000 weniger erwerbstätige Personen leben. Die Fachkräftelücke an Hochqualifizierten wird, wenn keine gegenläufigen Maßnahmen ergriffen werden, bis 2030 eine Größe von 12.000 Personen betragen. Im Bereich der mittleren Qualifikation, also Menschen, die über eine berufliche Ausbildung verfügen, werden es sogar um die 85.000 Personen sein. Die gewaltige Fachkräftelücke im Bereich der Hoch- und Mittelqualifizierten wird sich trotz unterschiedlicher Bedarfssituationen in allen Wirtschaftszweigen niederschlagen. Für die Regionen bzw. Kreise Schleswig-Holsteins zeichnet sich ein eher heterogenes Bild ab, diese werden in unterschiedlicher Weise betroffen sein. Darum hat das Land Schleswig-Holstein gemeinsam mit den Kammern, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften, der Landesrektorenkonferenz, der Bundesagentur für Arbeit und den Kommunalen Spitzenverbänden im Oktober 2012 die Fachkräfteinitiative Zukunft im Norden gestartet. Um den Herausforderungen, die an die regionale Wirtschaft gestellt werden, in optimaler Weise begegnen zu können, bedarf es innovativer Lösungen, die Unternehmen dazu befähigen, ihre strategische Ausrichtung z.b. im Personalwesen an die neuen Anforderungen flexibel anzupassen. Grundlage für gelingende Innovationsprozesse ist eine gute Information über die Kontextbedingungen und eine fundierte Beratung, die Unternehmern Denkanstöße zur Weiterentwicklung anbieten kann. Mit Hilfe der Strukturfonds der Europäischen Union soll eine dreistufige Förderarchitektur im Themenfeld Fachkräftesicherung geschaffen werden. Die Teile dieser Förderarchitektur bilden das Kompetenznetzwerk Fachkräftesicherung und Weiterbil- Seite 1 von 5
dung, die Beratungsnetzwerke Fachkräftesicherung und Weiterbildungsberatung sowie das Bundesprogramm unternehmenswert Mensch. Mit der Beendigung des Zukunftsprogramms Wirtschaft und dem Auslaufen der EFRE-Förderung für die Weiterbildungsverbünde verändert sich die Weiterbildungslandschaft in Schleswig-Holstein. Die Landesregierung hat einen breit aufgestellten, offenen Gutachten- und Dialogprozess Weiterbildung initiiert, der die Notwendigkeit einer Neustrukturierung der Weiterbildungsinfrastruktur bestätigt hat. 2. Kompetenznetzwerk Fachkräftesicherung und Weiterbildung Vor diesem Hintergrund bedarf es eines Kompetenznetzwerkes, das zum Fachkräftebedarf und zum damit verknüpften Themenfeld der beruflichen Weiterbildung übergreifende, regionale und branchenspezifische Analysen, wissenschaftliche Expertise zu möglichen Lösungsansätzen sowie zu bestehenden Angeboten zur Förderung für Unternehmen bereitstellt. Zugleich bildet das Kompetenznetzwerk den zentralen Knotenpunkt für die Beraternetzwerke auf der zweiten Stufe und die Schnittstelle zu weiteren Netzwerken. Das Bundesprogramm unternehmenswert Mensch dient mit seinen Beratungschecks als dritte Stufe als Instrument für das Beraternetzwerk. Das Kompetenznetzwerk Fachkräftesicherung und Weiterbildung, die Beratungsnetzwerke Fachkräftesicherung und Weiterbildungsberatung sowie die Beratungsförderung des Bundes sind wechselseitig miteinander verknüpft und bilden ein synergetisches Maßnahmenbündel. Der Bereich Weiterbildung im Kompetenznetzwerk Fachkräftesicherung und Weiterbildung ist auch Ergebnis des Gutachten- und Dialogprozesses Weiterbildung. Das Kompetenznetzwerk ist somit nach dem Auslaufen der EFRE-Förderung für die Weiterbildungsverbünde der zentrale Bestandteil der neuen Weiterbildungsinfrastruktur in Schleswig-Holstein. 2.1. Übergreifende Aufgaben Das Kompetenznetzwerk soll eine Dienstleistungsfunktion für die Partner der Fachkräfteinitiative Zukunft im Norden und die Landesregierung und die sie beratenden Gremien Landesausschuss für berufliche Bildung und Kommission Weiterbildung erfüllen. Es soll dem Plenum der Fachkräfteinitiative durch Beratung und Information auf Basis fachlicher Expertise ermöglichen, fundierte Entscheidungen für die Steuerung der Initiative treffen zu können. Gleichzeitig erfüllt das Kompetenznetzwerk eine Unterstützungsfunktion für die Beratungsstrukturen in den Themenfeldern der Fachkräftesicherung und Weiterbildung und stellt zu diesem Zweck übergreifende Funktionen, wie eine zentrale Koordinierung, Monitoring und Qualitätssicherung sowie Forschung und Analyse bereit. Zugleich dient das Kompetenznetzwerk dem Ziel der Landesregierung, die Weiterbildungsbeteiligung in Schleswig-Holstein zum Nutzen der Teilnehmer, der kleinen und mittleren Unternehmen und der regionalen Weiterbildungsanbieter in Schleswig- Holstein zu steigern. Voraussetzung hierfür sind gut abgestimmte Strukturen, die den Wissenstransfer gewährleisten können. Der Bereich Weiterbildung im Kompetenznetzwerk Fachkräftesicherung ist der zentrale, landesweite Dienstleister für die Anbieter, Nutzer und sonstige Akteure und Inte- Seite 2 von 5
ressenträger der beruflichen Weiterbildung in Schleswig-Holstein. Er übernimmt als Bestandteil der zentralen Aufgabengebiete sowie mit den weiterbildungsspezifischen Aufgabengebieten in der eigenen Abteilung in zentraler Funktion einige Aufgaben, die noch bis 30.06.2014 von den Weiterbildungsverbünden dezentral wahrgenommen werden. Dazu kommen neue Funktionen. Das Kompetenznetzwerk operiert landesweit. Es nimmt eigene Untersuchungen und Analysen zu den Themen demografische Entwicklung, Fachkräftebedarf, zum Ausund Weiterbildungsgeschehen für die Regionen und Branchen Schleswig-Holsteins vor und bereitet vorhandene Daten in diesen Bereichen auf. Die Ergebnisse werden den Partnern der Fachkräfteinitiative, der Weiterbildungsbranche sowie der regionalen Wirtschaft zur Verfügung gestellt. Ausgangspunkt für die Analysen sind Fragen nach der regionalspezifischen Entwicklung der Fachkräfte- und Qualifizierungssituation in kleineren und mittleren Unternehmen und den daraus entstehenden Handlungsnotwendigkeiten. Im Rahmen dieser Aktivitäten führt das Kompetenznetzwerk zum Beispiel Unternehmensbefragungen durch. Ziel dieser Untersuchungen sollte zum Beispiel die Analyse möglicher Ursachen für Mangelsituationen oder die Definition konkreter Bedarfe an Weiterbildungsangeboten sein. Die Untersuchungen dienen dabei nicht in erster Linie der Produktion wissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern sollen vor allem anwendungsbezogene Ergebnisse bereitstellen. Eine optimale Gestaltung des Wissenstransfers in diesem Bereich erhöht die Wertschöpfungspotenziale von KMU. Das Kompetenznetzwerk soll zu diesem Zweck einen wesentlichen Beitrag zur Vernetzung der relevanten Akteure im Land leisten und vorhandene Netzwerkstrukturen im Sinne einer fachlich-inhaltlichen Koordinierung der zentralen Beratungsangebote zusammenbringen. Die fachliche Koordinierung in den Abteilungen Fachkräftesicherung und Weiterbildung dient dazu, die zielgerichtete inhaltliche Arbeit in den Beratungsstrukturen zu unterstützen und durch einen integrativen Ansatz bestmöglich Synergien der unterschiedlich ausgerichteten Angebote herzustellen und zu nutzen. 2.2. Aufgaben Abteilung Fachkräftesicherung Die Abteilung Fachkräftesicherung ist die zentrale Netzwerk- und Expertisebasis für die Aktivitäten zur Fachkräftesicherung in Schleswig-Holstein. Sie nimmt die fachlichinhaltliche Koordinierung des Beratungsnetzwerks Fachkräftesicherung vor, betreibt Forschung und Drittmittelakquise und begleitet die Umsetzung der Fachkräfteinitiative Zukunft im Norden. Die Forschungsarbeit dieser Abteilung dient neben der Analyse vorhandener Studien zur Fachkräftesituation der Generierung von Erkenntnissen zu Ursachen spezifischer Bedarfssituationen durch eigene Untersuchungen und der Entwicklung von Empfehlungen. Für spezielle Fragestellungen in diesem Bereich kann das Kompetenznetzwerk auch externe fachliche Expertise heranziehen. Die so gewonnenen Ergebnisse werden in praxisnahen Handlungsempfehlungen für kleine und mittlere Unternehmen aufbereitet. Seite 3 von 5
Ein Fokus der Aktivitäten soll dabei insbesondere die Entwicklung von Handlungsoptionen im Bereich der Personalarbeit sein. Der Personalentwicklung kommt bei der Fähigkeit von Unternehmen, auf sich verändernde Umstände zu reagieren und die Wirtschaftskraft erhalten zu können, eine besondere strategische Bedeutung zu. Ein Ziel der Fachkräfteinitiative ist, in einem dynamischen, langfristig angelegten Prozess die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Entwicklung in Schleswig- Holstein mittels einer wissensbasierten Handlungssteuerung zu verbessern. Dazu trägt das Kompetenznetzwerk Fachkräftesicherung in entscheidender Weise bei. Die Abteilung Fachkräftesicherung übernimmt das Monitoring der Maßnahmen, die im Rahmen der Fachkräfteinitiative Zukunft im Norden ergriffen werden. Es trägt dazu bei, eine geeignete Indikatorik zu entwickeln, die eine Beurteilung hinsichtlich der Wirksamkeit und Nachhaltigkeit der Maßnahmen zulässt. Damit wird das Kompetenznetzwerk auf Grundlage der Monitoringdaten dem Plenum wichtige Entscheidungshilfen zu Steuerung der Fachkräfteinitiative bereitstellen. 2.3. Aufgaben Abteilung Weiterbildung Die Abteilung Weiterbildung wirkt als Vernetzer, Innovator und Think-Tank für die Weiterbildungsbranche in Schleswig-Holstein und insbesondere für die nach dem EFRE definierten innovativen Branchen und nimmt die folgenden näher beschriebenen Funktionen wahr: Die regionale und überregionale sowie branchenspezifische Vernetzung, Information inkl. der Koordination des Kursportals und laufender Informationen (Infonetz Weiterbildung) für Anbieter und Nutzer, Marketing auch und insbesondere des Themas Lebenslanges Lernen, die Koordination des Servicetelefons Bund und der dazu einzubindenden Beraternetzwerke, sowie schließlich die Initiierung von innovativen Instrumenten und Kooperationen für die berufliche Weiterbildung, z. B. im stark wachsenden Bereich der Online-Weiterbildung. Ziel ist, die Instrumente und Projekte der beruflichen Weiterbildung für die oben definierten Funktionsbereiche, seien sie öffentlich oder in Kooperation mit privaten Trägern gefördert, über die Abteilung Weiterbildung zu organisieren und zu koordinieren, um der Weiterbildungsbranche und den an Weiterbildung interessierten Akteuren in Schleswig-Holstein ein attraktives Leistungsspektrum aus einer Hand zu bieten. Analog zur Steuerung der Fachkräfteberater in der Abteilung Fachkräftesicherung werden die Weiterbildungsberater durch die Abteilung Weiterbildung koordiniert und unterstützt; die Förderung der Weiterbildungsberater erfolgt direkt durch das MWAVT mit der Maßgabe einer engen Kooperation mit der Abteilung Weiterbildung. Die Weiterbildungsberater sind zugleich mit der Abteilung Weiterbildung und dem dort voraussichtlich angesiedelten bundesfinanzierten Servicetelefon Weiterbildung (Umsetzung liegt beim Bund, voraussichtlich ab Ende 2014), für das Schleswig- Holstein vom BMBF als eine von bundesweit vier Modellregionen vorgesehen ist, zu verknüpfen. Die Abteilung Weiterbildung organisiert in Kooperation mit dem MWAVT die Implementation des Servicetelefons in Schleswig-Hostein und die Vernetzung mit den beratenden Stellen. Seite 4 von 5
3. Zu beachtende Rahmenbedingungen Für das Kompetenznetzwerk Fachkräftesicherung und Weiterbildung wird eine jährlich zu erneuernde Arbeitsplanung entwickelt, die zwischen den Zuwendungsgebern bzw. Trägern des Kompetenznetzwerkes Fachkräftesicherung und Weiterbildung abgestimmt und dem Steuerungskreis der Fachkräfteinitiative vorgelegt wird. Aufgrund der geplanten Finanzierung durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) sind für die konzeptionelle Entwicklung des Kompetenznetzwerks die entsprechenden Vorgaben und Richtlinien des künftigen Operationellen Programms zu berücksichtigen. Die Fördermaßnahme wird unter der Investitionspriorität 1. a) Ausbau der Forschungs- und Innovationsinfrastruktur (FuI) und der Kapazitäten für die Entwicklung von FuI-Spitzenleistungen; Förderung von Kompetenzzentren als Kompetenzzentrum gefördert. Die Richtlinien für die Förderung befinden sich noch in der Erarbeitung. Als Richtschnur für die Entwicklung von Organisationsvorschlägen für das Kompetenznetzwerk Fachkräftesicherung und Weiterbildung dienen zunächst die Eckpunkte zur Definition von Kompetenzzentren. Aus dem Landeshaushalt werden für die Förderung des Kompetenznetzwerkes pro Jahr Mittel in Höhe von 150.000 und aus dem EFRE Mittel in Höhe von 250.000 zur Verfügung gestellt. Weitere 100.000 jährlich sollen als Kofinanzierung durch den oder die künftigen Träger des Kompetenznetzwerkes aufgebracht werden. 4. Verfahren Interessierte Organisationen werden aufgefordert, diesen Eckpunkten sowie den Eckpunkten für die Förderung von Kompetenzzentren entsprechende Organisationsvorschläge beim Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie, Referat 53, Postfach 7128 in 24171 Kiel, bis zum 29. August 2014 einzureichen. Das eigentliche Antragsverfahren startet nach der Durchführung des Wettbewerbs. Die eingereichten Organisationsvorschläge werden nach Ende der Wettbewerbsfrist durch das Referat VII 53 im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie geprüft und der Steuerungsgruppe der Fachkräfteinitiative Zukunft im Norden zur Auswahl vorgelegt. Die Steuerungsgruppe empfiehlt dem Wirtschaftsminister einen Organisationsvorschlag für die Zulassung zum Antragsverfahren. Seite 5 von 5