Die Chance zur Umkehr: Anforderungen und Vorschläge der Diakonie für ein Hamburger Landesprogramm Aktive Arbeitsmarktpolitik



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Transkript:

Die Chance zur Umkehr: Anforderungen und Vorschläge der Diakonie für ein Hamburger Landesprogramm Aktive Arbeitsmarktpolitik 54.000 Hamburgerinnen und Hamburger sind im Bereich des SGB II erwerbslos. Und diese SGB II-Arbeitslosigkeit steigt trotz konjunktureller Belebung beständig, allein von Juli 2010 bis Juli 2011 um 6,2%. Die Hoffnung, dass das wirtschaftliche Wachstum immer mehr Arbeitslose aus dem SGB II auf sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze mitnimmt, ist trügerisch, zumal dann, wenn die konjunkturellen Aussichten so trübe sind wie zur Zeit. Der Hamburger Arbeitsmarkt wird ohne staatliche Förderung auch weiterhin nicht in der Lage sein, die vorhandene Nachfrage nach Arbeit zu befriedigen. Vor diesem Hintergrund sind die Signale aus Berlin katastrophal: dramatische Einschnitte im Eingliederungstitel und eine Instrumentenreform, mit der die arbeitsmarktpolitischen Instrumente nicht reformiert, sondern abgebaut und eingeschränkt werden. 1-Euro-Jobs sind nicht die Lösung. Hamburg braucht einen qualitativ guten öffentlich geförderten Arbeitsmarkt, der den Menschen hilft und gerechte Teilhabe ermöglicht. Die Hamburger Monokultur aus 1-Euro-Jobs bietet den allermeisten Erwerbslosen keine Perspektiven. Nicht erst seit der jüngsten IAB-Studie wissen wir: Arbeitsgelegenheiten taugen nicht als Brücke in den ersten Arbeitsmarkt weil sie mit richtiger Arbeit so wenig zu tun haben. Genau das ist es aber, was Erwerbslose brauchen: Arbeit statt einem perspektivlosen Hin- und Her zwischen untauglichen Maßnahmen, kurzfristiger Beschäftigung und erneuter Arbeitslosigkeit. Politik für Erwerbslose heißt im Kern öffentlich geförderte Arbeit. Arbeit, die von anderen gebraucht wird, sozialversicherungspflichtig, mit Arbeitsvertrag und tariflicher Entlohnung und die man sich selber aussuchen kann. Erwerbslose brauchen eine aktive Arbeitsmarktpolitik mit den wesentlichen Bausteinen: Förderung der beruflichen Weiterbildung und Nachqualifizierung Förderung der beruflichen Vorbereitung und Ausbildung junger Menschen Öffentlich geförderte Arbeit: in verschiedenen Formen, passend zu den individuellen Bedarfen und Möglichkeiten der Menschen Die Chance zur Umkehr. Ein Landesprogramm öffentlich geförderte Arbeit für Hamburgs Erwerbslose. Hamburg kann nicht all das kompensieren, was gerade auf Bundesebene zerschlagen wird. Aber Hamburg kann und muss eigenständig Verantwortung übernehmen. Die falsche einseitige Ausrichtung auf Arbeitsgelegenheiten kann korrigiert werden, wenn die Reduzierung der 1-Euro-Jobs durch ein Landesprogramm öffentlich geförderter Arbeit für Hamburg begleitet und aufgefangen wird. Neben der Fort- und Weiterbildung und der Ausbildung/Berufsvorbereitung für junge Menschen, ist aus Sicht der Diakonie, der konsequente Einstieg in öffentlich geförderte, marktnahe und sozialversicherungspflichtige Arbeit, das Kernelement für ein solches Programm. Die geplante Reduzierung der 1-Euro-Jobs auf 4.000 Plätze ist prinzipiell ein Schritt in die richtige Richtung. Doch wenn den Erwerbslosen keine vernünftigen Alternativen angeboten werden, ist die politische Botschaft verheerend. Deswegen muss nicht nur 1

reduziert, sondern auch umgesteuert werden: durch die Förderung neuer sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse. Dazu schlägt das Diakonische Werk Hamburg folgende konkreten Schritte vor: 500 zusätzliche Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante, so lange das noch möglich ist. Auf diese Weise werden die Arbeitsgelegenheiten in Arbeitsverhältnisse umgewandelt. Die Beschäftigten erhalten Arbeitsverträge und werden entlohnt. 350 zusätzliche Arbeitsverhältnisse im Rahmen des 16e SGB II (Beschäftigungszuschuss). Zukünftig können 5% des Eingliederungstitels für solche sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse eingesetzt werden. Diese Arbeiten wären darüber hinaus sehr marktnah, da die Kriterien der Zusätzlichkeit und der Gemeinnützigkeit entfallen. Die Beschäftigungsträger müssen sich nicht mehr in einer rechtlichen Grauzone bewegen. Das Instrument kann zudem von allen Arbeitgebern genutzt werden. Sollte der 5%-Rahmen im Zuge der Instrumentenreform gelockert werden, ist sogar eine größere Zahl von 16e-Plätzen denkbar. 500 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze im Rahmen eines Modellprojekts Passiv-Aktiv-Transfer. Das so genannte PAT-Modell ist vom Diakonischen Werk auf Bundesebene entwickelt worden und wird inzwischen in den Arbeitsmarktprogrammen der Länder Nordrhein-Westfalen, Bremen und Berlin aufgegriffen. Basisfinanzierung von politisch gewünschten Projekten im Rahmen stadtteilbezogener Quartiersarbeit. Die Subventionierung sozialer Infrastruktur in benachteiligten Stadtteilen und Quartieren ist eine unbestrittene stadtentwicklungspolitische Aufgabe, die stärker als bisher mit dem Gedanken der Arbeitsförderung verknüpft werden muss. Neben arbeitsmarktpolitischen Mitteln müssen dafür Haushaltsmittel der BSU, der BASFI, der BSB, der BWA und der Kulturbehörde gepoolt werden. Aktive Arbeitsmarktpolitik braucht das arbeitsmarktpolitische, sozialpolitische und quartiersbezogene Know-How von erfahrenen Beschäftigungsträgern. Deshalb müssen mit den Trägern transparente und verbindliche Qualitätsstandards und Vergütungsbedingungen vereinbart werden. Eine Deckelung der Fallkostenpauschalen für die verbleibenden AGH MAE auf 150, wie sie bisher in der Instrumentenreform vorgesehen ist, lässt allenfalls die Verwahrung von Erwerbslosen zu und wäre der traurige Endpunkt einer kontinuierlichen Degradierung öffentlich geförderter Arbeit. Ein Hamburger Landesprogramm Arbeitsmarktpolitik ist sicher nicht zum Nulltarif zu haben, aber doch realistisch und solide finanzierbar. Das Diakonische Werk veranschlagt dafür insgesamt ca. 30 Mio Euro, die durch Umschichtungen in bestehenden Haushaltstiteln, durch die Verwendung von Restmitteln sowie durch zusätzliche Mittelbereitstellungen aufgebracht werden können. Unterm Strich führen die Vorschläge der Diakonie zu einer zusätzlichen Belastung des Hamburger Haushalts von lediglich 11 Mio. Euro. Anlage 1: Finanzierungsplan Anlage 2: Zahlen, Daten, Fakten 2

Vorschläge zur Refinanzierung eines Landesprogramms öffentlich geförderter Arbeit 1. Nur Teilkürzung der Hamburger AMP-Mittel bzw. Sicherung des Standes von 2010: Hamburg plant in 2011 mit 26,7 Mio Hamburger AMP-Mittel. In 2010 hat Hamburg für die Arbeitsmarktpolitik noch 35,1 Mio ausgegeben: + 3,4 Mio 2. Umschichtungen im ESF: Die Diakonie schlägt vor, die Hamburger ESF-Mittel konsequent zur Förderung von Erwerbslosen einzusetzen und vor allem die indirekte Unternehmensförderung einzuschränken: + 2,3 Mio 3. Teilumwidmung der Freien Förderung: Nach 16f SGB II können Bundesmittel für arbeitsmarktpolitische Modellprojekte im Rahmen einer freien Förderung eingesetzt werden. In Hamburg wird damit nahezu ausschließlich das so genannte Hamburger Modell gefördert, also die Subventionierung des Niedriglohnsektors (23,3 Mio. in 2009). Die Diakonie schlägt eine Teilumwidmung der Freien Förderung um 50% zu Lasten des Hamburger Modells und zu Gunsten arbeitsmarktferner Personen vor: + 11,7 Mio 4. Interbehördlicher Fonds für Quartiersarbeit (BSU, BASFI, BWA, BSB, Kulturbehörde): Bei den Schulküchen und den Pförtnerlogen ist Hamburg bereits den Weg gegangen, sinnvolle und notwendige Arbeiten für die Quartiere nicht (nur) aus Mitteln der Arbeitsmarktpolitik zu finanzieren. Die Diakonie schlägt einen Finanzpool für Projekte der Quartiersarbeit vor, mit dem die soziale und kulturelle Infrastruktur in benachteiligten Quartieren gestärkt und sinnvolle Arbeit für Erwerbslose geschaffen wird: + 7,5 Mio 5. Volle Ausschöpfung der 5% des Eingliederungstitels für Maßnahmen nach 16e neu SGB II: Hierbei handelt es sich um reine Bundesmittel. Ggfs. beinhaltet das eine Umschichtung innerhalb des EGT: + 5 5,5 Mio Gesamtsumme: 29,9-30,4 Mio, davon 10,9 Mio zusätzliche Haushaltsmittel der FHH 6. Als weitere Mittel könnten ggfs. verwendet werden: o Restmittel 2011 des EGT. o Zuweisungen des Bundes zum EGT Hamburg, die über die vorgesehenen 100 Mio EGT für 2012 hinausgehen. o Ko-Fi-Restmittel ESF aus der aktuellen Förderperiode (bisher ca. 10,3 Mio ). 7. Mittelverwendung; zusätzlich zu den momentan geplanten und über den EGT finanzierten AGHs MAE werden die Mittel wie folgt verwendet: 500 Plätze im Rahmen eines Modellprojekts PAT: nach Berechnungen des DW EKD kostet ein PAT-Platz bei einem Stundenlohn von 8,50 ca. 21.000 im Jahr: ca. 10 Mio 500 Plätze AGH in Entgeltvariante: bei einem Stundenlohn von 7,50 ca. 9,5 Mio 1

350 Plätze nach 16e neu: 5-5,5 Mio Die in diesem Ansatz nicht verplanten 5,4 Mio stehen für die Finanzierung von Qualifizierungsmaßnahmen etc. zur Verfügung, können aber natürlich auch für zusätzliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bzw. für die Basisfinanzierung politisch gewollter Stadtteilprojekte oder die Kofinanzierung von 16e-Maßnahmen verwendet werden. 2

Hintergrundinformationen zur Arbeitsmarktsituation in Hamburg Das Vertrauen auf die Konjunktur ist trügerisch: Die Arbeitslosigkeit im SGB II steigt in Hamburg, allein von Juli 2010 bis Juli 2011 um 6,2 %. Derzeit sind 53.776 Arbeitslose im SGB II, darunter: o 34.297 (63,8%) ohne abgeschlossene Berufsausbildung o 3.087 (5,7%) Jugendliche von 15 bis unter 25 Jahre o 2.591 (4,8%) schwerbehindert o 12.982 (24,1%) 50 Jahre und älter o 17.364 (32,3%) langzeitarbeitslos Die offizielle Langzeitarbeitslosigkeit liegt im SGB II bei 32,3 %. Dabei zählen alle, die in Arbeitsfördermaßnahmen waren, nicht mehr als langzeitarbeitslos. Die Unterbeschäftigung im Rechtskreis SGB II liegt bei ca. 77.000 Personen. Hier zählt die BA alle Arbeitslosen im SGB II mit, die auch in Maßnahmen sind. Die Hamburger Orientierung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist nicht nachhaltig: Einer bundesweiten Untersuchung des IAB zufolge werden 45 % der SGB II- Erwerbslosen, die eine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufnehmen, nach 6 Monaten erneut arbeitslos. (IAB-KB 14-2011). 49 % der Beschäftigungsverhältnisse, die SGB II Erwerbslose auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingehen, bringen kein bedarfsdeckendes Einkommen. Die Menschen müssen weiterhin Leistungen des SGB II zur Sicherung des Lebensunterhalts ihres Haushalts beantragen. Arbeit für Erwerbslose muss mit öffentlichen Mitteln finanziert werden: 54.000 registrierten Arbeitslosen im SGB II und 20.000 Arbeitslosen im SGB III stehen 15.372 sozialversicherungspflichtige Stellen gegenüber, die bei der Arbeitsagentur gemeldet sind. Ein Drittel aller SGB II Erwerbslosen sind registrierte Langzeitarbeitslose. Nach den Erkenntnissen des Gutachtens von IAB und ISG übt der Hamburger Arbeitsmarkt auf SGB II Erwerbslose einen starken Lock-out-Effekt aus: Eine hohe Zahl von Erwerbslosen absolvieren mehrmals hintereinander 1-Euro-Jobs. Auch Beschäftigte im Rahmen des 16e haben vorher i.d.r. länger an Arbeitsgelegenheiten teilgenommen. Offenbar sind die Jobcenter nicht in der Lage, diese Erwerbslosen in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu vermitteln. Kürzungen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik in Verbindung mit drastischen Zielvorgaben an die Effektivität der Vermittlung führt zu Creaming-Effekten: Die Förderung konzentriert sich auf eher leicht vermittelbare Erwerbslose. Subventionierung von Arbeit rechnet sich: 1-Euro-Jobs lösen Erwerbslose nicht aus dem Hilfebezug; sie bleiben Leistungsbezieher/-innen. Die Zahl derjenigen, die trotz Arbeit aufstockende Sozialleistungen beziehen, ist seit Einführung des SGB II in Hamburg kontinuierlich auf zur Zeit 32.000 Personen gestiegen. Im Gegensatz dazu hat die Subventionierung öffentlicher Beschäftigung über den 16e in drei Vierteln der Fälle zu einer Beendigung der Hilfebedürftigkeit geführt (IAB-ISG- Gutachten). 1

Passiv-Aktiv-Transfer: Die Diakonie hat schon immer verlässliche Arbeitsperspektiven für die Menschen zur Überwindung von Erwerbslosigkeit gefordert. Zur Umsetzung dieser Forderung hat sie den so genannten Passiv-Aktiv-Transfer entwickelt. Damit soll es haushaltsrechtlich ermöglicht werden, Mittel des ALG II und der KdU zusammen mit den sowieso verausgabten Mitteln wie Trägerpauschalen etc. in einen Lohn zur Finanzierung von sozialversicherungspflichtiger Arbeit zu verwandeln (Differenzierte Berechnungen der Diakonie finden sich unter http://www.diakonie.de/texte-12-2010-teilhabe_an_arbeit.pdf). Auf diese Weise wird eine vernünftige finanzielle Basis für einen sozialen, an Kriterien guter Arbeit orientierten öffentlich geförderten Arbeitsmarkt geschaffen. Inzwischen wird das PAT-Modell von vielen arbeitsmarktpolitischen Fachleuten aus Verbänden und Parteien als vernünftiger Umsetzungsvorschlag gefordert. Verknüpfung von öffentlich geförderter Arbeit und Stadtteilentwicklung bleibt sinnvoll: Stadtteilorientierte Projekte stiften doppelten Nutzen: sinnvolle Arbeit für Erwerbslose und nützliche Arbeit für die Bewohner/-innen. Sie sind stadtentwicklungspolitisch vernünftig, um z.b. in die geringe Kaufkraft in sozial benachteiligten Quartieren zu berücksichtigen und auszugleichen. Mittel aus unterschiedlichen Haushalten können kombiniert werden, wie das Beispiel des Freibads Neugraben zeigt (bezirkliche Zuwendungen, Mittel der integrierten Stadtteilentwicklung, arbeitsmarktpolitische Fördermittel und Erlöse aus Einnahmen). Das IAB-Gutachten widerspricht dem nicht. Es weist lediglich auf Abstimmungsprobleme unter den beteiligten Akteuren hin und hält Interessenbekundungsverfahren und Arbeitsgelegenheiten für untaugliche Instrumente. Qualität ist das Ziel Vereinbarungen statt Interessenbekundung: Fördermaßnahmen sind dann sinnvoll und wirksam, wenn sie möglichst normale Arbeitsbedingungen bieten, qualifizierend sind und zu den Entwicklungs- und Berufsperspektiven von Erwerbslosen passen. Das in Hamburg praktizierte Interessenbekundungsverfahren ist bisher nicht in der Lage gewesen, die Qualität der Maßnahmen in den Vordergrund zu stellen. Vereinbarungen zwischen Verbänden, Trägern und Jobcenter über Ziele, Standards sowie Prüfungsverfahren für Qualität und Wirtschaftlichkeit der Fördermaßnahmen sind eine ebenso praktische wie erfolgversprechende Alternative. Erwerbslose hätten bessere Möglichkeiten, ihr Wunsch- und Wahlrecht zwischen verschiedenen Angeboten zu verwirklichen und Beschäftigungsträger wie Jobcenter hätten verlässlich kalkulierbare und transparente Perspektiven. Die Kompetenzen von Beschäftigungsträgern als arbeitsmarktpolitische Dienstleister können so nachhaltig gesichert werden. 2