Bericht Hörner-Umfrage St.Gallen, im September 2014

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Transkript:

für Kuh, Schwein, Huhn & Co. Bericht Hörner-Umfrage St.Gallen, im September 2014 1. Einleitung: www.kagfreiland.ch In der Schweiz werden die meisten Kälber im Verlauf der ersten drei Lebenswochen enthornt, der Grossteil der Schweizer Milchkühe trägt heute keine Hörner mehr. Über die Häufigkeit des Enthornens wird allerdings keine offizielle Statistik geführt. Fachpersonen von Zuchtverbänden und vom Schweizer Bauernverband gingen bislang davon aus, dass rund 90 % der in der Schweiz gehaltenen Milchkühe enthornt werden. Dabei handelte es sich allerdings um eine Schätzung. Um diese Zahlen auf eine aktuelle, fundierte Basis zu stellen, hat KAGfreiland nun eine repräsentative Umfrage unter Milchproduzenten durchgeführt. 2. Methode: Die Umfrage erfolgte in Zusammenarbeit mit der TSM Treuhand GmbH in Bern, welche die Daten der Schweizer Milchviehbetriebe verwaltet. Aus den ca. 30 000 erfassten Betrieben wurden 5 000 Adressen nach folgenden Kriterien selektiert: Vorhandensein einer Emailadresse kein Sömmerungsbetrieb aktive Milchviehbetriebe, d.h. mind. 2 Milchlieferungen innerhalb der 3 Monate vor Beginn der Umfrage Anteilmässige Verteilung der 5 000 Betriebe auf die Kantone gemäss schweizerischer Gesamtverteilung innerhalb der Kantone dann zufällige Auswahl Die ausgewählten Betreibe wurden per Email über den Verteiler der TSM Treuhand GmbH angeschrieben. Die Umfrage erfolgte online und verlief auf Wunsch anonym. Erhoben wurden die Anzahl Milchkühe und die Anzahl behornter Tiere im Betrieb, sowie Angaben zu den Rassen, der Haltungsform, zu eventuellen Stallbauten und zur Einstellung gegenüber möglichen Tierwohlbeiträgen für horntragende Kühe. Der vollständige Fragebogen ist im Anhang abgebildet. 1233 Umfragebögen wurden ausgefüllt, die Rücklaufquote lag damit bei guten 25 %. KAGfreiland Engelgasse 12A 9001 St.Gallen Tel 071 222 18 18 Fax 071 223 13 37 info@kagfreiland.ch PC 80-20500-5

3. Resultate: Insgesamt entsprachen 22 278 Betriebe den Selektionskriterien «aktiver Betrieb» und «kein Sömmerungsbetrieb», 15 899 davon haben eine Emailadresse angegeben. Es wurde vorausgesetzt, dass die Bereitschaft, an der Umfrage teilzunehmen, von der Betriebsgrösse unabhängig war. Hingegen wurde angenommen, dass kleine, weniger professionalisierte Betriebe häufiger keine Email-Adresse haben. Entsprechend blieben Kleinbauern in der Umfrage unterrepräsentiert. Um eine Verfälschung der Resultate zu verhindern, wurde deshalb die Anzahl Milchkühe in jeder Betriebsklasse gemäss der schweizweiten Häufigkeit der Klasse korrigiert. 3a. Anteil behornter Milchkühe nach Betriebsgrösse: In der gesamten Schweiz beträgt der Anteil hornloser Milchkühe 73 %. Der Anteil nimmt allerdings mit zunehmender Betriebsgrösse stark ab (Abbildung 1). Bei kleinen Betrieben mit weniger als 20 Tieren sind noch 42 % oder mehr behornt. Bei mehr als 50 Kühen im Bestand sind es hingegen nur noch 4 %. Abbildung 1: Anteil behornter Milchkühe, aufgeteilt nach Betriebsgrösse, d.h. nach Anzahl Milchkühen auf dem Betrieb in Prozent

3b. Anteil behornter Milchkühe nach Haltungssystem: Die Aufteilung nach Haltungssystemen offenbart deutliche Unterschiede zwischen der Haltung in Anbindeställen und Laufställen (Abbildung 2). Während bei reinen Anbindeställen durchschnittlich 34 % der Milchkühe behornt bleiben, sind es bei reinen Laufställen nur noch 7 %. Betriebe mit beiden Haltungsformen liegen mit 14 % behornter Tiere dazwischen. 15 % der befragten Produzenten gaben zudem an, in den nächsten 5 Jahren einen Stallumbau zu realisieren, bei weiteren 15 % besteht zumindest die Möglichkeit dazu. Bei den restlichen 70 % ist kein Umbau geplant. Abbildung 2: Anteil behornter Milchkühe in Betrieben mit Anbindehaltung (661 Betriebe), mit Laufstallhaltung (504 Betriebe) und in gemischter Haltung (68 Betriebe) in Prozent

3c. Anteil behornter Milchkühe nach Rasse: Bei der Aufteilung nach Rassen konnten nur Betriebe mit einer Rasse berücksichtigt werden, 346 Betriebe mit verschiedenen Rassen innerhalb der Milchviehherde wurden ausgeschlossen. Bei der Auswertung zeigte sich, dass nur gerade 3 % der Holstein Frisian Tiere behornt bleiben. Bei Fleckvieh sind es 17 %, bei Braunvieh 30 % und bei den restlichen, nicht differenziert erfassten Rassen 46 % der Tiere, die Hörner tragen. Abbildung 3: Prozentuale Anteile behornter Milchkühe bei Braunvieh (8317 Tiere), bei Fleckvieh (9203 Tiere), Holstein Frisian (3466 Tiere) und anderen Rassen (2181 Tiere)

3d. Tierwohlbeiträge Bei der Einstellung der Landwirte in Bezug auf mögliche Tierwohlbeiträge für behornte Kühe zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Haltungssystemen. Während Betriebsleiter mit Anbindehaltung zu 40 % die Idee befürworten, werden Unterstützungsbeiträge von Landwirten mit Laufställen zu 81 % abgelehnt. Insgesamt sagen 29 % der Befragten Ja zu einer Hörner-Subvention, 65 % sagen Nein und weitere 6 % sind in dieser Frage unentschlossen. Abbildung 4: Einstellung der Betriebsleiter gegenüber Tierwohlbeiträgen für behornte Tiere in Prozent, aufgeschlüsselt nach Haltungssystem.

4. Fazit: Der Anteil behornter Milchkühe in der Schweiz ist gemäss den Umfrageergebnissen mit 27 % höher als bisher angenommen. Grund zur Entwarnung ist dies jedoch nicht. In den kommenden Jahren muss mit einer weiteren Zunahme der Enthornung bzw. der Selektion auf genetisch hornlose Tiere gerechnet werden. Denn die Schweizer Milchviehwirtschaft entwickelt sich kontinuierlich hin zu grösseren Betrieben mit modernen Laufställen. Beides sind Kriterien, die mit einem niedrigen Anteil behornter Tiere einhergehen. Dass die Haltung im Laufstall dem Kuhhorn nicht förderlich ist, hat tatsächlich Ursachen im eigentlich tierfreundlicheren System. Aufgrund der grösseren Bewegungsfreiheit der Tiere und der zunehmend schwächeren Mensch-Tier-Beziehung, stellen behornte Tiere im Laufstall ein höheres Verletzungsrisiko für Tier und Mensch dar. Ein Verletzungsrisiko allerdings, das mit genügend Platz, durchdachter Gestaltung der Laufwege und mit sorgfältigem Management auf ein Minimum reduziert werden kann. Daraus folgt, dass nicht das Haltungssystem sondern vielmehr die Betriebsgrösse den ausschlaggebenden Faktor darstellt. Denn je grösser der Tierbestand, desto rationeller müssen die Abläufe auf dem Betrieb gestaltet werden. Ohne Hörner benötigt eine Kuh weniger Platz, die Herde weniger Aufmerksamkeit, weniger Zeit. Enthornen ist also in erster Linie der Wirtschaftlichkeit der Milchproduktion geschuldet. Aus Sicht von KAGfreiland sind Förderbeiträge daher das sinnvollste Mittel, der sich abzeichnenden Entwicklung entgegen zu wirken. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die im Moment noch respektable Unterstützung der Idee parallel mit dem Strukturwandel schwinden wird.

Anhang: Fragebogen Name und Vorname (Angabe optional) PLZ 1. Wie viele Milchkühe halten Sie insgesamt auf Ihrem Betrieb? 2. Um welche Rasse(n) handelt es sich dabei? Braunvieh / Brown Swiss Fleckvieh / Red Holstein Holstein andere 3. Wie viele Ihrer Milchkühe sind horntragend? 4. Wie halten Sie Ihre Milchkühe? Anbindestall Laufstall sowohl als auch 5. Planen Sie in den nächsten fünf Jahren eine Um- oder Neubau des Rinderstalles? Ja Nein Weiss ich noch nicht 6. Sollte der zusätzliche Betreuungs- und Investitionsaufwand für behornte Kühe über Tierwohlbeiträge entschädigt werden? Ja Nein Keine Meinung Ihre Anmerkungen Hier ist Platz für Ihre Bemerkungen und Rückmeldungen. Herzlichen Dank!