MANFRED STOHR Arzte Heiler Scharlatane Schulmedizin und alternative Heilverfahren auf dem Priifstand
ARZ E HEl ER SCHARLATANE MANFRED STÖHR Schulmedizin und alternative Heilverfahren auf dem Prüfstand Herrn Prof. Dr. HANNS KAISER zum 80. Geburtstag gewidmet
Prof. Dr. med. MANFRED SrÖHR Zentralklinikum Augsburg Krankenhauszweckverband Augsburg Neurologische Klinik Stenglinstraße 2, 86156 Augsburg ISBN 978-3-7985-1305-1 ISBN 978-3-642-57632-4 (ebook) DOI 10.1007/978-3-642-57632-4 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. http://www.steinkopff.springer.de Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2002 Ursprünglich erschienen bei Steinkopff Verlag Darmstadt 2002 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Umschlaggestaltung: Christine Ball, Heidelberg Herstellung: Klemens Schwind Satz: K+V Fotosatz GmbH, Beerfelden SPIN 10887747 85/7231-5432 1 - Gedruckt auf säurefreiem Papier
Vorwort.e Schulmedizin befindet sich trotz ihrer spektakularen Erfolge in einer Vertrauenskrise, die eingebettet ist in ein weit verbreitetes Unbehagen an der naturwissenschaftlichtechnischen Zivilisation. Parallel dazu besteht eine Hochkonjunktur alternativer Ausrichtungen, die weltanschauliche Orientierungen, Erziehung, Ernahrung, und in besonders ausgepragter Weise das Gesundheitswesen umfassen. Die konventionelle ("orthodoxe") Medizin wird uberrollt und in Frage gestellt von AuBenseitermethoden mit gro Ber Akzeptanz in der Bevolkerung. Die Tabuierung dieser unkonventionellen Heilweisen durch die Schulmedizin war solange akzeptabel, als diese nur von einzelnen Patienten in Anspruch genommen wurden. Seitdem kranke Menschen in Scharen zu den Alternativen uberlaufen, kann die Schulmedizin die Augen nicht mehr davor verschlieben, sondern muss nach Grunden fur diese Abwanderungstendenz suchen und selbstkritisch nach eigenen Mangeln fahnden. Die negativen Aspekte der Schulmedizin werden - nach einem kurzen geschichtlichen Ruckblick - im ersten Tei! des Buches naher analysiert, wobei das naturwissenschaftliche Selbstverstandnis der Ante, die Oberbewertung der apparativen Diagnostik, die Tendenz zu aggressiven Diagnostik- und Therapieverfahren, die Vernachlassigung psychosozialer Faktoren an der Krankheitsentstehung und -chronifizierung, eine Medizin ohne AugenmaB bei unheilbar Kranken und die mangelhafte Gesprachsbereitschaft der Arzte die Hauptrolle spielen. Das Aufbluhen alternativer Heilverfahren korrespondiert mit den erwahnten negativen Entwicklungen in der Schulmedizin und wird begunstigt durch eine neoromantische Naturideologie, die "New-Age-Bewegung", sowie eine im Krankheitsfall oft stattfindende Regression auf vor-
VI Vorwort rationale Bewusstseinsstufen. Auf dieser Basis wurden jahrtausendealte, naturphilosophisch orientierte Heilweisen - z. T. in modifizierter Form - reaktiviert, aber auch exotische Gesundheitssysteme wie Ayurveda, traditionelle chinesische Medizin oder Schamanismus importiert. Selbsternannte Hobby-Heiler entwickelten "Heilverfahren" auf der Basis abstruser Vorstellungen, und alternative Krebstherapien schieben wie Pilze aus dem Boden. Der Begriff "alternative Heilverfahren" umfasst somit ein recht heterogenes Bundel verschiedenster Gesundheitssysteme und Heilmethoden, die teilweise eine Bereicherung der Schulmedizin bilden konnen, teilweise aber auch dem Gebiet der Scharlatanerie zuzuordnen sind. Mit dieser Thematik befasst sich der zweite Teil des Buches, urn durch die Darstellung der wichtigsten alternativen Diagnostik- und Therapiemethoden A.rzten und interessierten Laien eine Orientierung in deren kaum noch uberschaubarer Vielfalt zu ermoglichen. Zwar existiert eine Fiille von Publikationen zu dieser Thematik, bei denen es sich aber fast ausschlieblich urn Selbstbeweihraucherungen der Protagonisten dieser Methoden und nicht urn objektive Darstellungen handelt. Grunde fur die Wahl alternativer Heilverfahren umfassen die Unzufriedenheit mit der Schulmedizin, eine alternative weltanschauliche Orientierung, der Wunsch nach ganzheitlicher Behandlung unter eigenverantwortlicher Mitbeteiligung, die Ablehnung von "Chemie" und Bevorzugung von Naturheilmitteln. Schulmedizin und alternative Heilverfahren stehen sich bis heute als feindliche Lager gegenuber, wobei rationale Argumente nur eine untergeordnete Rolle spielen und unterschiedliche Weltanschauungen, Gesundheitsvorstellungen, aber auch Machtanspruche und finanzielle Interessen dominieren. Jedes dieser Gesundheitssysteme, einschlieblich der Schulmedizin, ist in unterschiedlicher Weise unvollstandig und daher erganzungsbedurftig. Eine ganzheitliche Medizin, die diesen Namen verdient, lasst sich nur dann etablieren, wenn die gegenwartige Konfrontationshaltung uberwunden wird und einem Dialog Platz macht.
Vorwort VII Das Modell einer integrativen Medizin, wie es im 3. Hauptteil des Buches entwickelt wird, umfasst eine ref ormierte Schulmedizin als unverzichtbare Grundlage, in welche die akzeptablen alternativen Heilverfahren als sinnvolle Erganzung einbezogen werden. Es gilt somit, konventionelle und unkonventionelle Heilweisen in ein Gesamtkonzept zu integrieren, das alle relevanten Aspekte umfasst - den naturwissenschaftlichen, den naturheilkundlichen und den psychosomatischen. Jenseits von schulmedizinischem Dogmatismus und alternativ-medizinischem Sektierertum wird ein umfassenderes Gesundheitssystem entworfen, das den berechtigten Anspruchen der Patienten besser gerecht wird. Innerhalb dieses Systems kann dann eine Hightech-Medizin, mit Einsatz der modernsten diagnostischen und therapeutischen Moglichkeiten bei ernsthaften Erkrankungen erfolgen, wahrend banale Leiden, sowie das Heer der austherapierten chronischen und der psychosomatisch Kranken angemessener und zugleich kostengunstiger naturheilkundlichen bzw. psychotherapeutischen Behandlungen zugefuhrt wird. Daruber hinaus muss die krankheitsorientierte Sichtweise der heutigen Schulmedizin zugunsten des Primats der Pravention und der Gesundheitserziehung der Bevolkerung korrigiert werden. Wir befinden uns in einer tiefgreifenden geistesgeschichtlichen Umbruchphase, die auch das Verstandnis von Gesundheit und Krankheit und damit das Gesundheitswesen verandern wird und eine umfassende Neuorientierung erforderlich macht. Hierbei soli das vorliegende Buch eine Hilfestellung leisten. Bei der Publikation wurde ich dankenswerter Weise unterstutzt von Herrn Prof. Dr. J. DICHGANS (Tubingen) und Frau HElKE Buss (Brussel). Das Manuskript schrieb in gewohnt perfekter Weise Frau FRIEDSAM. Dem Steinkopff Verlag danke ich fur seinen verlegerischen Mut und die verwendete gestalterische Sorgfalt. Augsburg, im Juli 2001 MANFRED STOHR
Inhaltsverzeichnis KAPITEL 1 Einfiihrung........................ 1 KAPITEL 2 Geschichte der Heilkunde 7 KAPITEL 3 Gegenwartige Situation der Schulmedizin... 21 3.1 Aufbau einer wissenschaftlichen Medizin 21 3.2 Erfolge der wissenschaftlichen Medizin... 23 3.3 Schattenseiten der Schulmedizin... 26 KAPITEL 4 Alternative (komplementare) Heilverfahren... 65 4.1 Stellung der alternativen Heilverfahren in der Gegenwartsmedizin... 65 4.2 Naturheilverfahren..................... 92 4.2.1 Klimatherapie und Heliotherapie... 94 4.2.2 Hydrotherapie und Balneotherapie... 96 4.2.3 Physiotherapie und Entspannungsverfahren 99 4.2.4 Ernahrung............................ 103 4.2.5 Phytotherapie (Heilpflanzen)... 112 4.3 Chiropraxis (Manualtherapie) und Osteopathie....................... 121 4.4 Traditionelle chinesische Medizin einschlieblich Akupunktur und Moxibustion... 126 4.5 Neuraltherapie und FuBreflexzonenmassage 136
x Inhaltsverzeichnis 4.6 Traditionelle indische Medizin - Ayurveda und Yoga... 142 4.7 Anthroposophische Heilkunde........... 146 4.8 Alternative (adjuvante) Krebstherapie... 149 4.9 H.. tho omoopa Ie.... 157 4.10 Sonstige alternative Heilverfahren........ 165 4.10.1 Spagyrik... 165 4.10.2 REGENA-Therapie... 167 4.10.3 Bachbluten... 167 4.10.4 "Biochemie" nach Dr. Schussler... 168 4.10.5 Enzymtherapie... 169 4.10.6 Frischzellen- und andere Organtherapien 169 4.10.7 Eigenblut-, Ozon- und hamatogene Oxidationstherapie..................... 170 4.10.8 Eigenurintherapie (Uropothie)... 172 4.10.9 Kolon-Hydrotherapie... 173 4.10.10 Symbioselenkung (mikrobiologische Therapie)... 174 4.10.11 Aromatherapie... 175 4.10.12 Bioresonanztherapie (MORA-Therapie)... 175 4.10.13 Lasertherapie... 177 4.10.14 Musiktherapie......................... 178 4.10.15 Geistheilung... 179 4.11 Unkonventionelle diagnostische Methoden 181 4.11.1 Elektroakupunktur nach Voll (EAV)... 182 4.11.2 Irisdiagnostik... 183 4.11.3 Angewandte Kinesiologie (AK)... 184 4.11.4 Diagnostik von Umweltkrankheiten... 184 KAPITEL 5 Integrative Medizin als Zukunftsmodell 189 5.1 Ausgangssituation..................... 189 5.2 Gesundheit als Spitzenwert unserer Gesellschaft.................... 191 5.3 Ganzheitliche und partikuhire Heilweisen 192 5.4 Integrationswiirdige alternative Heilverfahren... 196
I nha Itsverzeichn is 5.5 Konsequenzen einer integrativen Medizin fur die Aus- und Weiterbildung der A.rzte. 200 5.6 Auswirkungen auf die Gesundheitserziehung... 203 5.7 MaBnahmen gegen die Kostenexplosion im Gesundheitswesen... 204 5.8 Modell einer integrativen Medizin... 207 Literaturverzeichnis... 211 XI