Die Geldpolitik vor schwierigen Entscheidungen

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Transkript:

Die Geldpolitik vor schwierigen Entscheidungen http://www.kunstkopie.de/a/paul_klee.html Referat an der Generalversammlung der FHNW-Alumni-Finance in Zürich vom 23. Juni 2015 von Prof. Dr. Josef Marbacher, FHNW josef.marbacher@fhnw.ch

Die Geldpolitik vor schwierigen Entscheidungen 1. Die Aufgabe des Mindestkurses durch die SNB Ein Rückblick 2. Die EZB und die griechische Tragödie Ein Ausblick 3. Das FED vor dem Exit-Entscheid Eine Einschätzung 2

Der SNB-Schock vom 15. Jan 2015 1.25 CHF/Euro Spot 22/06/15 1.20 1.15 1.10 1.05 1.00 0.95 JAN FEB MAR APR MAY JUN SWISS FRANC TO EURO (WMR) - EXCHANGE RATE Source: Thomson Reuters Datastream 3

Die Geldpolitik vor schwierigen Entscheidungen Titel eines Zeitungsartikels vom 13. Januar 2015 1. Die Aufgabe des Mindestkurses durch die SNB vom 15. Januar 2015 Ein Rückblick

Verlust auf Weltaktienindex in CHF 125 Shares and Bonds global in CHF 22/6/15 120 115 110 105 100 95 J F M A M J J A S O N D J MSCI WORLD U$ - TOT RETURN IND (~SF) CGBI USBIG OVERALL BROAD INV.GRADE - TOT RETURN IND (~SF) Source: Thomson Reuters Datastream 5

Einbruch Schweizer Aktien: 15% 118 Aktien Schweiz 2014-17.1.2015 22/6/15 116 114 112 110 108 106 104 102 100 98 J F M A M J J A S O N D J MSCI SWITZERLAND - TOT RETURN IND (~SF) Source: Thomson Reuters Datastream 6

Der Auslöser am 13. Jan 2015 Forward rate unter 1.20 1.22 CHF/Euro Spot and 1Y Forw ard 22/6/15 1.20 1.18 JUL AUG SEP OCT NOV DEC SWISS FRANC TO EURO (WMR) - EXCHANGE RATE SWISS FR. TO EURO 1Y FWD (WMR) - EXCHANGE RATE Source: Thomson Reuters Datastream 7

2. Die griechische Tragödie EZB auf dem Prüfstand 8

Kredite der Euro-Staaten an Griechenland Sinn, Hans-Werner: Die griechische Tragödie, ifo-sonderausgabe, 29. Mai 2015, S.5 9

Arbeitslosigkeit in Griechenland Sinn, Hans-Werner: Die griechische Tragödie, ifo-sonderausgabe, 29. Mai 2015, S.9 10

Einbruch des griechischen BIP 11

BIP- Prognosen des IMF für Griechenland Sinn, Hans-Werner: Die griechische Tragödie, ifo-sonderausgabe, 29. Mai 2015, S.10 12

Staatlicher und privater Konsum in Relation zum Nettonationaleinkommen D vs Gr Sinn, Hans-Werner: Die griechische Tragödie, ifo-sonderausgabe, 29. Mai 2015, S.12 13

Zinssätze auf 10-jährige Staatsanleihen Sinn, Hans-Werner: Die griechische Tragödie, ifo-sonderausgabe, 29. Mai 2015, S.13 14

Zinsentlastung für Griechenland Sinn, Hans-Werner: Die griechische Tragödie, ifo-sonderausgabe, 29. Mai 2015, S.18 15

Sinn, Hans-Werner: Die griechische Tragödie, ifo-sonderausgabe, 29. Mai 2015, S.23 16

10-Y Zinssätze D vs. Krisenländer 17

Griechische Target-Salden, überproportionale Banknotenausgabe und ELA-Kredite ( Quelle: Sinn, Hans-Werner: Die griechische Tragödie, ifo-sonderausgabe, 29. Mai 2015, S.27 18

Griechische Tragödie Fehleinschätzung der Idee der Währungsunion Sie sieht keine externe Abwertung vor Sondern hilft der Regierung, intern abzuwerten Mit Troika, die Auflagen setzt (Austerität) und Hilfskredite zur Verfügung stellt um den Umstrukturierungsprozess abzuschwächen (Von Syriza als humane Katastrophe bezeichnet) 19

Wie weiter mit Griechenland: 4 Ansätze 1.Weiter wie bisher: unhaltbar, da Solidarität nicht gegeben ist 2. Griechenland wird zu einer Deflation gezwungen (Austerität): Problem: Verschuldung führt zu vielen Konkursen 3. Das nördliche Europa inflationiert: z. B. D +4% über 10 Jahre = 50 höheres Preisniveau 4. Grexit mit Einführung der Drachme und Abwertung 20

Das tragische Ende 1: Austritt aus dem Euro (Grexit) Einführung der Drachme, parallel zum Euro = Grexit Alle Preise, Verträge und Renten werden in Drachme umgeschrieben Abwertung auf 40 50% geschätzt Noten behalten ihren Wert (ca. 50 Mrd. Euro) Beurteilung: Hohe und unwiderrufliche Abschreibung für die Eurostaaten (200-300 Mrd. Euro) Politisch unerwünscht Massiver Einbruch der griechischen Wirtschaft: Konkurse, Importgüter extrem teuer, hohe Inflation: Wettbewerbsfähigkeit nur partiell oder überhaupt nicht gelöst Hilfe der Euro-Staaten unerlässlich: Medizinimporte 21

Tragisches Ende 2: Verbleib im Euro mit Austerität Kurzfrisitig: Freigabe der rund 7 Mrd. Euro des letzten Hilfspaketes werden mit Auflagen freigegeben Mittelfristig: ELA-Kredite werden nur noch moderat oder gar nicht mehr erhöht Konkurs des Staates: Schuldenmanagement à la Zypern Kapitalverkehrskontrollen werden eingeführt Tiefe Rezession mit vielen Konkursen und Arbeitslosen wahrscheinlich Neuwahlen Bereitschaft zu neuen Austeritätsprogrammen steigt Beurteilung: Wahrscheinlichste Lösung 22

2. Die amerikanische Notenbank vor dem Exit aus einem einmaligen geldpolitischen Experiment _ Ausgang ungewiss

400 EUROSYSTEM: BASE MONEY 22/6/15 350 CH 300 250 200 150 100 J US ECB 50 2010 2011 2012 2013 2014 2015 EM EUROSYSTEM: BASE MONEY CURN US MONETARY BASE CURN SW MONETARY BASE(DISC.) CURA JP CENTRAL BANK LIABILITY: MONETARY BASE -TOTAL CURN Source: Thomson Reuters Datastream Kaufprogramm für ABS und CBs angesetzt Bilanz soll mit Kauf von Staatsobligation en von 2 000 auf 3 000 Mrd. Euro erhöht werden 24

Arbeitslosigkeit sinkt auf 5.5% Kapazitätsauslastung nahe Vorkrisenniveau US: Kapazitaetsauslastung und Arbeitslosenrate 90 11 22/6/15 10 85 80 75 Kapazität 9 8 7 6 70 65 A rbeitslose 75 77 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 07 09 11 13 US CAPACITY UTILIZATION RATE - ALL INDUSTRY SADJ US UNEMPLOYMENT RATE SADJ(R.H.SCALE) Source: Thomson Reuters Datastream 25 5 4 3

6 US: Kurz- und langfristiger Zinssatz 22/6/15 5 4 3 2 1 0 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 US BENCHMARK 10 YEAR DS GOVT. INDEX - RED. YIELD US FED FUNDS EFF RATE (D) - MIDDLE RATE Source: Thomson Reuters Datastream 26

Best Case für die USA: Soft landing Zinsen werden so moderat erhöht, dass keine Schocks an den Finanzmärkten entstehen: US-Dollar steigt gegen Euro kontinuierlich an Aktien und Obligationen erleiden nur geringe Kapitalverluste US-Wachstum erreicht 2016/17 Potenzialwachstum Beurteilung: 70% Wahrscheinlichkeit 27

Worst Case im Falle der USA? The FED is behind the Curve : FED fährt rasant in eine Kurve und ist mit einem Bremsweg von 11/2 Jahren konfrontiert D. h.: Investoren rechnen in den 2020er-Jahren eine moderate Inflation Die langfrisigen Zinssätze beginnen bereits heute zu steigen Das FED muss diese Inflationserwartungen brechen Das geht nicht ohne die Bewertungsblasen am Bond-, Immobilien- und Aktienmarkt zum Platzen zu bringen Beurteilung: 30% Wahrscheinlichkeit 28

Die SNB, die EZB und das FED haben sich für einen unkonventionellen Weg entschieden Die Rückkehr auf die Normalspur wird nicht ohne Blessuren abgehen Hoffen wir das Beste! Ich danke Ihnen