Kapitel 3 Ein adäquater Kalkül der Prädikatenlogik Teil 2 Deduktionstheorem und Rückführung des Vollständigkeitssatzes auf das Erfüllbarkeitslemma Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 1/31
Struktur des Beweises des Vollständigkeitssatzes Zum Beweis des Vollständigkeitssatzes für den Shoenfield-Kalküls S der Prädikatenlogik gehen wir ähnlich wie beim Beweis des Vollständigkeitssatzes in der Aussagenlogik vor. Wichtige Vorarbeiten waren dort: 1 Bereitstellung zulässiger Axiome und Regeln 2 Deduktionstheorem 3 Rückführung des Vollständigkeitssatzes auf das Erfüllbarkeitslemma mit Hilfe der Analyse der Zusammenhänge zwischen Beweisbarkeit und Konsistenz (syntaktische Ebene) bzw. zwischen Folgerungsbegriff und Erfüllbarkeit (semantische Ebene). Den ersten Schritt haben wir für PL bereits im ersten Teil des Kapitels ausgeführt. Im zweiten Teil des Kapitels führen wir nun Schritt 2 und 3 aus und betrachten als weiteres Hilfsmittel Erweiterungen von Sprachen und Theorien. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 2/31
Übersicht 3.4 Das Deduktionstheorem 3.5 Rein sprachliche Erweiterungen von Theorien 3.6 Konsistenz und Beweisbarkeit: Vollständigkeitssatz vs. Erfüllbarkeitslemma Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 3/31
3.4 Das Deduktionstheorem Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 4/31
Das Deduktionstheorem SATZ (DEDUKTIONSTHEOREM). Sei Φ eine Menge von Formeln, ψ eine Formel und σ ein Satz. Dann gilt: ( ) Φ σ ψ Φ {σ} ψ BEMERKUNG. Die triviale Richtung gilt auch für eine beliebige Formel ϕ anstelle des Satzes σ: AusderAnnahmeΦ ϕ ψ erhält man die Beweisbarkeit von ψ aus Φ {ϕ} wie folgt: 1 ϕ ψ Annahme 2 ϕ da ϕ Φ {ϕ} 3 ψ AL: 1,2 Die Rückrichtung gilt dagegen für beliebiges ϕ anstelle des Satzes σ i.a. nicht. GEGENBEISPIEL: Φ :=, ϕ : x = y und ψ : x y(x = y) ϕ ψ folgt aus der zulässigen Allabschlussregel ( 3 1 ). ϕ ψ folgt mit dem Korrektheitssatz aus ϕ ψ (NB: ϕ ψ gilt nur in Strukturen mit 1-elementigem Universum). Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 5/31
Das Deduktionstheorem: Beweis Die nichttriviale Richtung in ( ) Φ σ ψ Φ {σ} ψ zeigt man durch Herleitungsinduktion. Annahme: Φ {σ} ψ Zu zeigen: Φ σ ψ 1. ψ Axiom oder ψ Φ 1 ψ Fallannahme 2 σ ψ AL: 1 2. ψ σ 1 σ σ AL σ ψ 3. ψ sei aus ψ i (i =1bzw.i =1, 2) mit Hilfe der Regel R erschlossen. Hier unterscheiden wir, ob R eine aussagenlogische Regel oder die -Einführungsregel ist ( nächste Folie). Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 6/31
Das Deduktionstheorem: Beweis (Fortsetzung) 3. ψ sei aus ψ i (i =1bzw.i =1, 2) mit Hilfe der Regel R erschlossen. Nach I.V. gilt dann: Φ σ ψ i (für i =1bzw.i =1, 2) Zu zeigen: Φ σ ψ 3.1 R ist aussagenlogische Regel Für i = 2 erhält man dann (i = 1 analog): 1 σ ψ 1 I.V. 2 σ ψ 2 I.V. 3 σ ψ AL: 1,2 3.2 R ist die -Einführungsregel ( 1), d.h. ψ 1 γ δ ψ xγ δ (wobei x FV (δ) (=VB)) 1 σ (γ δ) I.V. 2 γ (σ δ) AL: 1 3 xγ (σ δ) 1: 2 VB erfüllt, da x FV (δ) =FV (σ δ) 4 σ ( xγ δ) σ ψ AL:3 Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 7/31
Das Deduktionstheorem: Folgerungen Das Deduktionstheorem lässt sich wie folgt verallgemeinern: KOROLLAR ZUM DEDUKTIONSTHEOREM. Sei Φ eine Menge von Formeln, ψ eine Formel und σ 1,...σ n Sätze. Dann gilt: ( ) Φ σ 1 σ n ψ Φ {σ 1,...,σ n }ψ BEWEIS: Φ σ 1 σ n ψ Φ σ 1 σ n ψ AL Φ {σ 1 }σ 2 σ n ψ DT... Φ {σ 1,...,σ n 1 }σ n ψ DT Φ {σ 1,...,σ n 1,σ n }ψ DT Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 8/31
3.5 Rein sprachliche Erweiterungen von Theorien Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 9/31
Theorien DEFINITION. Eine (L-)Theorie T ist ein Paar T =(L, Σ), wobei L eine Sprache der Prädikatenlogik und Σ eine Menge von L-Sätzen ist. L heisst die Sprache der Theorie T und Σ die Menge der Axiome von T. Die Theorie T ist endlich, falls die Menge Σ ihrer Axiome endlich ist. Die Sprache der Theorie T =(L, Σ) bezeichnen wir auch mit L(T ). Istdieseaus dem Kontext bekannt, so identifizieren wir die Theorie T auch mit deren Axiomenmenge Σ (identifizieren also Theorien mit Mengen von Sätzen). Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 10 / 31
Modellklasse einer Theorie DEFINITION. Die Modellklasse Mod(T ) einer L-Theorie T =(L, Σ) ist die Menge aller L-Strukturen, die Modell der Axiomenmenge Σ von T sind (d.h. in denen alle Sätze aus Σ gelten): Mod(T )={A : A ist eine L-Struktur und A Σ} Ist A Modell von Σ so nennen wir A auch Modell von T und schreiben anstelle von A ΣentsprechendA T. Entsprechend sagen wir, dass die Theorie T erfüllbar ist, falls deren Axiomenmenge Σ erfüllbar ist, also Mod(T ) = ist. Ähnlich schreiben wir statt Σ ϕ auch T ϕ und sagen, dass ϕ aus T folgt, und - entsprechend auf der syntaktischen Ebene - schreiben wir statt Σ ϕ auch T ϕ und sagen, dass ϕ aus T beweisbar ist. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 11 / 31
Deduktiver Abschluss einer Theorie DEFINITION. Der (syntaktische) deduktive Abschluss von T =(L, Σ) ist C (T )={σ : σ L-Satz & T σ}. NB: Man kann entsprechend den (semantischen) Abschluss von T gegen Folgerungen durch C (T )={σ : T σ} definieren. Aus dem Adäquatheitssatz wird C (T )=C (T ) unmittelbar folgen. Bis zum Beweis des Satzes müssen wir aber zwischen C (T )undc (T ) unterscheiden! DEFINITION. Zwei L-Theorien T =(Σ, L) undt =(Σ, L) sindäquivalent, wenn sie denselben deduktiven Abschluss haben: C (T )=C (T ). Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 12 / 31
Theorien: Beispiele (1) Ist L = L( ) die Sprache der Ordnungen, so ist T =(L, Σ) mit Σ={σ 1,σ 2,σ 3,σ 4 }, wobei σ1 x (x x) σ2 x y z (x y y z x z) σ 3 x y (x y y x x = y) σ 4 x y (x y y x) sind, ein endliche L-Theorie. Diese Theorie ist erfüllbar: Die Sätze σ 1,σ 2,σ 3,σ 4 sind gerade die Axiome der linearen (=totalen) Ordnungen. Die Modelklasse von T ist also gerade die Klasse der linearen Ordnungen: Mod(T )={A : A ist eine lineare Ordnung} In dem deduktiven Abschluss C (T ) von T liegen genau die Sätze, die sich aus den Axiomen der linearen Ordnungen beweisen lassen. Mit dem Adäquatheitssatz wird folgen, dass dies genau die Sätze sind, die in allen linearen Ordnungen wahr sind. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 13 / 31
Theorien: Beispiele (2) Die L-Theorie T =(L, Σ) mit Σ = {σ} wobei σ x (x = x) istnicht erfüllbar, also Mod(T )=. Für jede L-Struktur A, ist Th(A) =(L, Σ) mit Σ = {σ : A σ} eine (unendliche) erfüllbare Theorie. Die Struktur A ist ein Modell von Th(A), d.h. A Mod(Th(A)). Es gibt aber neben A weitere Modelle von Th(A) (z.b.allezua isomorphen L-Strukturen - aber möglicherweise auch weitere Strukturen). Die Beziehungen zwischen Strukturen und Theorien werden in der Modelltheorie untersucht. In Kapitel 4 werden wir auf einzelne Aspekte dieser Theorie eingehen. (Insbesondere werden wir dort auf die Modellklassen Mod(Th(A)) der Theorien Th(A) von Strukturen A zurückkommen.) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 14 / 31
Erweiterungen von Sprachen und Strukturen: Definitionen Eine Sprache L ist eine Erweiterung der Sprache L (L L ), falls jedes nichtlogische Symbol von L ein Symbol von L ist (d.h. genauer: jedes Relations- und Funktionszeichen und jede Konstante von L ein Relationsund Funktionszeichen (der entsprechenden Stelligkeit) bzw. eine Konstante von L ist). Ist L L, A eine L-Struktur und A eine L -Struktur, so heisst A eine Erweiterung von A oder A die Einschränkung von A auf L (A = A L), falls A = A und für alle nichtlogischen Symbole S von L gilt: S A = S A. BEISPIEL. Ist K =(K, +,, 0, 1) ein Körper, so ist die zugrundeliegende Gruppe (K, +, 0) die Einschränkung von K auf die Sprache L = L(+, 0): (K, +, 0) = K L(+, 0) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 15 / 31
Erweiterungen von Theorien: Definitionen Eine L -Theorie T =(L, Σ )isteineerweiterung der L-Theorie T =(L, Σ) (T T ), falls (i) L eine Erweiterung von L ist und (ii) für jeden L-Satz σ gilt: T σ T σ (d.h. C (T ) C (T )). Gilt in (ii) sogar die Äquivalenz, d.h. (ii ) für jeden L-Satz σ gilt: T σ T σ (d.h. C (T )=C (T ) S(L), wobei S(L) die Menge der L-Sätze ist) so heisst T konservative Erweiterung von T. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 16 / 31
Erweiterungen von Theorien: Bemerkungen Der Begriff der Erweiterung T einer Theorie T ist syntaktisch definiert, d.h. basiert auf dem (syntaktischen) Beweisbarkeitsbegriff (), nicht auf dem (semantischen) Folgerungsbegriff (). In der Definition der Erweiterung von Theorien können wir (in den Klauseln (ii) und (ii ) Sätze σ durch beliebige Formeln ϕ ersetzen. Dies folgt aus der Zulässigkeit der Regeln ( 3 1 )und( 3 2 ) aus denen folgt, dass eine Formel ϕ aus einer Theorie genau dann herleitbar ist, wenn deren Allabschluss ϕ herleitbar ist. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 17 / 31
Erweiterungen von Theorien: Beispiele (1) Ist T =(L, Σ) eine L-Theorie und ϕ ϕ(x 1,...,x n )einel-formel (die höchstens die Variablen x 1,...,x n frei enthält), so ist die Theorie T =(L, Σ ) eine konservative Erweiterung von T, wobei L ist die Erweiterung von L um das neue n-st. Relationszeichen R Σ =Σ { (R(x 1,...,x n ) ϕ)}. Ist A eine L -Struktur und A = A L die Einschränkung von A auf L, so gilt für a =(a 1,...,a n ) A n = A n a R A A ϕ[a] D.h. das neue Relationszeichen R wird in A als die n-stellige Relation oder n-dimensionale Menge interpretiert, die von der Formel ϕ in A definiert wird. BEWEIS: Übung! Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 18 / 31
Erweiterungen von Theorien: Beispiele (2) Ähnlich: Für eine L-Theorie T =(L, Σ) und eine L-Formel ϕ(x, y), für die T x!yϕ(x, y) gilt (wobei!yϕ y(ϕ y (ϕ[y /y] y = y)) also! als es gibt genau ein zu lesen ist), ist die Theorie T =(L, Σ ) eine konservative Erweiterung von T, wobei L ist die Erweiterung von L um das neue Funktionszeichen f Σ =Σ { (f (x) =y ϕ)}. Ist nun A eine L -Struktur und A = A L die Einschränkung von A auf L, so wird das neue Funktionszeichen f in A als die n-stellige Funktion interpretiert, deren Graph von der Formel ϕ in A definiert wird. BEWEIS: Übung! Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 19 / 31
Rein sprachliche Erweiterungen von Theorien DEFINITION. Eine Theorie T =(L, Σ )heissteinerein sprachliche Erweiterung der Theorie T =(L, Σ), wenn L L und Σ = Σ gilt. Ist T =(L, Σ) eine rein sprachliche Erweiterung der Theorie T =(L, Σ), so gilt für jede L -Struktur A A T A L T. Hieraus ergibt sich unmittelbar C (T ) S(L) =C (T ). Im folgenden wollen wir zeigen, dass die syntaktische Entsprechung ebenfalls gilt, d.h. dass rein sprachliche Erweiterungen konservative Erweiterungen sind. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 20 / 31
Satz über rein sprachliche Erweiterungen SATZ. Sei T =(L, Σ )einereinsprachlicheerweiterungdertheorie T =(L, Σ), d.h. L L und Σ = Σ.DannistT eine konservative Erweiterung von T,d.h. ( ) Für alle L-Formeln ϕ gilt: T ϕ T ϕ. BEWEIS. Wir ordnen jeder L -Formel ϕ und jeder Variablen y eine L-Formel ϕ y zu, die durch folgende Ersetzungen aus ϕ entsteht: Ist R ein n-stelliges Relationszeichen von L aber nicht von L, soersetze jede Teilformel R(t 1,...,t n ) von ϕ durch y = y. Ist f ein m-stelliges Funktionszeichen von L aber nicht von L, soersetze jeden Term f (t 1,...,t n )inϕ durch die Variable y. Ist c eine Konstante von L aber nicht von L, so ersetze jedes Vorkommen von c in ϕ durch y. NB: Ist ϕ eine L-Formel, so gilt ϕ ϕ y für alle Variablen y. Es genügt daher zu zeigen: ( ) Für jede L -Formel ϕ gilt für fast alle y : T ϕ T ϕ y. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 21 / 31
Satz über rein sprachliche Erweiterungen: Beweis (Forts.) Beweis von ( ) Für jede L -Formel ϕ gilt für fast alle y : T ϕ T ϕ y durch Induktion nach der Länge der Herleitung von ϕ aus T. 1. ϕ ist Axiom (in der Sprache L!). Dann liegt einer der folgenden Fälle vor: 1.1 ϕ ist ein al. Axiom, d.h. ϕ ψ ψ. Dann ist (für jede Variable y) die Formel ϕ y ψ y ψ y ebenfalls ein al. Axiom. 1.2 ϕ ist ein Substitutionsaxiom ψ[t/x] xψ, wobei t für x in ψ substituierbar ist (SB). Dann ist ϕ y ψ y [t y /x] xψ y für geeignet definiertes t y, wobei V (t y ) V (t) {y} und - für y V (ψ) - GV (ψ y )=GV (ψ) gilt. Für y V (ψ) ist daher t y für x in ψ y substituierbar, also ϕ y ein Substitutionsaxiom. 1.3 ϕ ist ein Gleichheitsaxiom (G1) - (G4). Dann ist (für jede Variable y) ϕ y ebenfalls ein Gleichheitsaxiom desselben Typs oder von der Form ψ y = y (und damit mit AL aus (G1) herleitbar). Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 22 / 31
Satz über rein sprachliche Erweiterungen: Beweis (Forts.) Beweis von ( ) Für jede L -Formel ϕ gilt für fast alle y : T ϕ T ϕ y durch Induktion nach der Länge der Herleitung von ϕ aus T (Fortsetzung). 2. ϕ Σ. Aus Σ = Σ folgt dann, dass T ϕ und ϕ eine L-Formel ist, weshalb ϕ y ϕ für alle Variablen y gilt. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 23 / 31
Satz über rein sprachliche Erweiterungen: Beweis (Forts.) Beweis von ( ) Für jede L -Formel ϕ gilt für fast alle y : T ϕ T ϕ y durch Induktion nach der Länge der Herleitung von ϕ aus T (Fortsetzung). 3. ϕ ist Konklusion einer Regel R mit Prämissen ϕ i (i =1bzw.i =1, 2). Dann gilt nach I.V. für fast alle y: T (ϕ i ) y (für i =1bzw.i =1, 2). 3.1 R ist eine al. Regel. Dann ist (für jede Variable y) dieformelϕ y eine al. Folgerung aus (ϕ i ) y (für i =1bzw.i =1, 2). Wegen der Zulässigkeit al. Schlüsse folgt daher die Behauptung aus der I.V. 3.2 Risteine -Einführungsregel, d.h. i = 1, ϕ 1 γ δ und ϕ xγ δ, wobei x FV (δ) (VB). Dann ist ϕ y xγ y δ y und (ϕ 1 ) y γ y δ y, wobei weiter für y = x die Variable x nicht frei in δ y vorkommt. Für y = x folgt daher ϕ y aus (ϕ 1 ) y mit einer -Einführungsregel. Also T ϕ y für alle y = x, für die T (ϕ i ) y gilt (was nach I.V. für fast alle y der Fall ist). Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 24 / 31
Satz über rein sprachliche Erweiterungen: Folgerungen KOROLLAR 1. Sei T =(L, Σ) eine L-Theorie, L die Erweiterung von L um eine neue Konstante c und T =(L, Σ) die rein sprachliche Erweiterung von T auf L. Dann gilt für jede L-Formel ϕ T ϕ[c/x] T xϕ ( T xϕ ) BEWEIS. Aus T ϕ[c/x] folgt mit dem Beweis des Satzes über rein sprachliche Erweiterungen, dass es eine Variable y V (ϕ) gibt mit T (ϕ[c/x]) y.daϕ eine L-Formel ist, gilt aber (ϕ[c/x]) y ϕ[y/x], also T ϕ[y/x] unddamitmitder Allabschlussregel T yϕ[y/x]. Mit dem zulässigen Axiom U über die Umbenennung gebundener Variablen folgt hieraus (mit AL) T xϕ. Da nach dem Substitutitonssatz xϕ ϕ[c/x] gilt, folgt diese Richtung unmittelbar mit AL. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 25 / 31
Satz über rein sprachliche Erweiterungen: Folgerungen Aus Korollar 1 lässt sich direkt folgern: KOROLLAR 2. Sei Σ eine Menge von L 0 -Sätzen, ϕ eine L 0 -Formel und c eine Konstante von L 0,diewederinΣnochinϕ vorkommt. Dann gilt Σ ϕ[c/x] Σ xϕ Um Korollar 2 auf Korollar 1 zurückzuführen genügt es dort festzusetzen: L = L 0 \{c} und L = L 0 T =(L, Σ) und T =(L, Σ) Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 26 / 31
3.6 Konsistenz und Beweisbarkeit: Vollständigkeitssatz vs. Erfüllbarkeitslemma Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 27 / 31
Konsistenz DEFINITION. Eine Theorie T =(L, Σ) ist konsistent oder widerspruchsfrei, falls es einen L-Satz σ gibt mit T σ. Wie in der Aussagenlogik kann man die Konsistenz alternativ wie folgt charakterisieren (Beweis wie dort). CHARAKTERISIERUNGSLEMMA FÜR DIE KONSISTENZ (LCK). Eine Theorie T =(L, Σ) ist genau dann konsistent, wenn es keinen L-Satz σ mit T σ und T σ gibt. NB Ist T ein Erweiterung von T und konsistent, so ist auch T konsistent. Ist T eine konservative Erweiterung von T,soistT genau dann konsistent, wenn T konsistent ist. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 28 / 31
Konsistenz und Beweisbarkeit Ähnlich wie in der Aussagenlogik lässt sich folgender Zusammenhang zwischen Beweisbarkeit und Konsistenz feststellen: LEMMA ÜBER DEN ZUSAMMENHANG ZWISCHEN BEWEISBARKEIT UND KONSISTENZ (LBK). (i) T ϕ T { ϕ} inkonsistent (ii) T ϕ T { ϕ} konsistent Da für einen Satz σ der Allabschluss σ gerade σ ist, gilt also insbesondere für Sätze T σ T { σ} inkonsistent NB. 1. Das semantische Gegenstück (Lemma über den Zusammenhang zwischen Folgerungs- und Erfüllbarkeitsbegriff) haben wir bereits in Kapitel 2 bewiesen. 2. Da (ii) durch Kontraposition aus (i) folgt, genügt es (i) zu zeigen. Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 29 / 31
Konsistenz und Beweisbarkeit: Beweis des LBK-Lemmas T ϕ T { ϕ} inkonsistent Annahme:T ϕ Da trivialerweise T { ϕ} ϕ gilt, genügt es T { ϕ} ϕ zu zeigen. Dies folgt aber unmittelbar aus der Annahme mit der Zulässigkeit der Allabschlussregel ( 3 1 ). Annahme:T { ϕ} inkonsistent Nach Annahme ist jeder Satz aus T { ϕ} beweisbar, also insbesondere Mit dem Deduktionstheorem folgt T { ϕ} ϕ T ϕ ϕ und hieraus aussagenlogisch T ϕ. Es folgt T ϕ mit der Allabschlussregel ( 3 2 ). Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 30 / 31
Erfüllbarkeitslemma vs. Vollständigkeitssatz Wie in der Aussagenlogik können wir nun zeigen, dass der Vollständigkeitssatz aus dem Erfüllbarkeitslemma folgt. ERFÜLLBARKEITSLEMMA (MODELLEXISTENZSATZ, EL) Jede konsistente Theorie T ist erfüllbar (d.h. besitzt ein Modell). VOLLSTÄNDIGKEITSSATZ (VS) T σ T σ Beweis von VS mit Hilfe von EL: T σ T { σ} nicht erfüllbar Zshg. zw. Folgerungs- und Erfüllbarkeitsbegriff T { σ} inkonsistent Erfüllbarkeitslemma (Kontraposition) T σ LBK Es genügt also zum Beweis des Vollständigkeitssatzes im Folgenden noch das Erfüllbarkeitslemma zu beweisen! Mathematische Logik (WS 2012/13) Kap. 3: Shoenfields Kalkül der PL (Teil 2) 31 / 31