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Transkript:

F I N A N Z G E R I C H T B E R L I N - B R A N D E N B U R G IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 14 K 14040/13 In dem Rechtsstreit der des bevollmächtigt: gegen das Frau A, Herrn B, Finanzamt, Kläger, Beklagter, wegen Einkommensteuer 2010 hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg - 14. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 20. Januar 2016 durch die Vorsitzende Richterin am Finanzgericht die Richterin am Finanzgericht die Richterin sowie die ehrenamtlichen Richter, und Frau und Herr für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt. - 2 -

- 2 - Tatbestand: Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Beide erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Kapitalvermögen, der Kläger zudem solche aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger war im Streitjahr 2010 mit 48,15% wesentlich an der Firma C GmbH, D (nachfolgend nur: GmbH) beteiligt. An dieser GmbH waren bis zum 31.12.2009 die E AG und die F GmbH, die ebenfalls Anteilseigner an der GmbH waren, auch noch als typisch stille Gesellschafter beteiligt. Zum Zeitpunkt der Beendigung der typisch stillen Beteiligungen war die GmbH nicht in der Lage die geleisteten Einlagen nebst Zinsen an die beiden ehemaligen stillen Gesellschafter auszuzahlen. Zum 31.12.2009 wies die GmbH einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 1.477.819,07 auf. Mit notariellen Verträgen vom 04.06.2010 und 26.03.2010 haben die ehemals stillen Beteiligten ihre Forderungen gegenüber der GmbH abgetreten, wobei der Kläger Anteile an diesen Forderungen zu einem Nennwert von 801.768,78 erwarb. Der Kaufpreis betrug 364.154,60, wovon ein Teilbetrag von 145.000 sofort zu entrichten und der Restbetrag über zehn Jahre, abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung der GmbH, gestundet war. Laut Notarvertrag war die Rückführung der zum 31.12.2009 fällig gewordenen stillen Beteiligung in Gänze oder in Tranchen für die GmbH nicht darstellbar. Die Zinsforderungen zum 31.12.2009 beliefen sich auf insgesamt 188.570,12. Zur Finanzierung des sofort fälligen Kaufpreisanteils hat der Kläger bei der G Bank ein Darlehen in Höhe von 80.000 aufgenommen. Hinsichtlich der abgetretenen Forderungen hat der Kläger zum 08.07.2010 einen Darlehensvertrag mit der GmbH über 801.768 zu einer Verzinsung von 7% p.a. abgeschlossen. Der Zinsanspruch sollte erst mit Beginn des Tages, der auf den folgt, an dem in der Bilanz der GmbH erstmals die Bilanzposition nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag nicht mehr mit einem Positivbestand ausgewiesen werden müsse. Die Laufzeit war bis zum 31.12.2015 vereinbart. Über einen Teilbetrag in Höhe von 275.000 wurde dabei ein Darlehensverzicht und eine Zuführung zur Kapitalrücklage der GmbH beschlossen. Ein Rangrücktritt wurde insoweit nicht vereinbart. In der Bilanz der GmbH zum 31.12.2010 sind für den Kläger insgesamt Gesellschafterdarlehen von 519.483 bilanziert, die mit 7% zu verzinsen sind. In ihrer Einkommensteuererklärung 2010 machten die Kläger bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung Werbungskosten in Form von Aufwendungen für - 3 -

- 3 - ein häusliches Arbeitszimmer geltend, die der Beklagte im Einkommensteuerbescheid vom 27.03.2012 aber nicht in Ansatz brachte. Die bei den Kapitaleinkünften geltend gemachten Verluste aus der Bearbeitungsgebühr und den Zinsen für das Finanzierungsdarlehen des Klägers bei der G Bank, berücksichtigte der Beklagte zunächst nur teilweise. Im Rahmen des hiergegen fristgerecht erhobenen Einspruchs wurde laut Bericht über die Betriebsnahe Veranlagung -BNV- vom 13.12.2012 bei der Sachverhaltsaufklärung die Feststellung getroffen, dass die zu den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemachten Werbungskosten wie erklärt zu berücksichtigen seien. Das Darlehen diene der Refinanzierung des hingegebenen Gesellschafterdarlehens und gemäß 32d Abs. 2 Nr. 1b Einkommensteuergesetz -EStG- finde die tarifliche Steuer Anwendung. Der Kläger erziele aus dem Gesellschafterdarlehen Zinserträge i.s.d. 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG von der GmbH. Daraufhin erging zunächst hinsichtlich der Verluste aus Kapitalvermögen am 28.12.2012 ein Änderungsbescheid und am 22.01.2013 eine Einspruchsentscheidung, mit der der Einspruch bezüglich der Aufwendungen für das Arbeitszimmer als unbegründet abgewiesen wurde. Mit ihrer Klage machten die Kläger zunächst geltend, dass das Arbeitszimmer eigentlich für berufliche Zwecke der Klägerin genutzt werde, woraufhin der Beklagte am 20.11.2013 einen Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2010 erließ und nunmehr bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 in Ansatz brachte. Gegen den Änderungsbescheid machen die Kläger erstmals im Klageverfahren geltend, dass ein Betrag in Höhe von 119.625 nach 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1b EStG als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sei. Der Kläger habe in dieser Höhe durch seinen Forderungsverzicht gegenüber der GmbH einen Veräußerungsverlust erlitten, der mit den tarifbesteuerten Einkünften zu verrechnen sei. Als Veräußerung gelte nach 20 Abs. 2 Satz 2 EStG auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft. Ein Darlehensausfall werde zwar von der Finanzverwaltung nicht als Veräußerung anerkannt (BMF-Schreiben vom 22.12.2009 IV C 1-S 2252/08/10004, BStBl I 2010, Seite 94 Rz. 60). Auch bei einer verdeckten Einlage der wertgeminderten Forderung durch Forderungsverzicht gegenüber der Schuldner-Kapitalgesellschaft erkenne die Finanzverwaltung keinen Einlageverlust an, da nur der werthaltige Teil der Forderung verdeckt eingelegt werde und somit der restliche Teil der Forderung steuerunwirksam ausfalle (BMF vom 22.12.2009 aao Rz. 61). Diese Auffassung sei jedoch fehlerhaft, da durch den Forderungsverzicht dem Grunde nach die gesamte Forderung in die Schuldner-Kapitalgesellschaft eingelegt werde. Als - 4 -

- 4 - Veräußerungspreis gelte gemäß 20 Abs. 4 Satz 2 EStG der gemeine Wert der gesamten Forderung. Die verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft werde gemäß 20 Abs. 2 Satz 2 EStG der Veräußerung gleichgestellt. Davon unabhängig sei aber die Frage der Bewertung zu sehen. Auf Klägerseite gehe die Forderung vollständig verloren, so dass der Forderungsverlust nach 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG gleichermaßen vollständig zu berücksichtigen sei. Die vom Kläger im Wege der Abtretung erworbenen Darlehen seien zu 43,5% entgeltlich erworben worden. Bei einem Darlehensverzicht im Nennbetrag von 275.000 beliefen sich die Anschaffungskosten der Forderung daher auf 119.625, die als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen seien. Die GmbH sei weder zum 31.12.2009 noch zum 31.12.2010 und damit auch nicht zum Zeitpunkt des Forderungsverzichts insolvent i. S. d. Insolvenzordnung gewesen. Insoweit sei auch von einer Werthaltigkeit der Forderungen auszugehen, da letztlich zudem entscheidend sei, welchen Preis der Käufer aufgewendet habe. 17 EStG sei entgegen der Auffassung des Beklagten nicht einschlägig. Der Bundesfinanzhof -BFH- habe mit Urteil vom 04.03.2008 (IX R 80/06, BStBl II 2008, 577) entschieden, dass nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung zu verneinen seien, sofern die betreffenden Aufwendungen als Werbungskosten im Rahmen des 20 EStG berücksichtigt werden könnten. Die Kläger beantragen, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 22.01.2013 den Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2010 vom 28.12.2012 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers weitere Werbungskosten in Höhe von 119.625 in Ansatz gebracht werden. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte führt aus, dass er hinsichtlich der steuerlichen Beurteilung von Darlehensausfällen i. S. d. 20 Abs. 2 Satz 2 EStG an das BMF-Schreiben vom 09.10.2012 IV C 1-S 2252/10/10013, 2011/0948384 (Rz. 61) gebunden sei und eine steuerliche Berücksichtigung daher allenfalls über 17 EStG erfolgen könne. - 5 -

- 5 - Entscheidungsgründe: Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Änderungsbescheid zur Einkommensteuer 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten ( 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Der vertraglich vereinbarte Verzicht auf die Darlehensforderung ist nicht als Veräußerungsverlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Gemäß 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des Absatzes 1 Nummer 7. Gem. 20 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt dabei als Veräußerung im Sinne des Satzes 1 auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft. Der Totalausfall einer Kapitalforderung infolge einer Insolvenz des Darlehensnehmers oder ein Forderungsverzicht, soweit hierdurch keine verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft vorliegt, erfüllen keinen dieser Tatbestände. Insbesondere ist ein Forderungsausfall bzw. -verzicht (ohne verdeckte Einlage) keine Veräußerung i. S. 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG (so VV DEU BMF 2012-10-09 IV C 1-S 2252/10/10013 BStBl. I 2012, 953 Rdz. 60 und 61). Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH zu 20 i. d. F. vor dem Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 steht ein Verlust des Darlehenskapitals nicht in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart des 20 EStG. Bei der Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung wird nicht das Kapital selbst, sondern seine Nutzungsmöglichkeit eingesetzt. Nur in diesem Rahmen besteht bei Aufwendungen auch ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Zinserträgen. Das gilt auch bei risikobehafteten Darlehen, denn selbst ein im Hinblick darauf erhöhter Zins lässt den Darlehensverlust nicht als Aufwendungen erscheinen, die zur Erwerbung dieses Zinses gemacht werden. Aufwendungen, die das Kapital selbst betreffen, wie Anschaffungskosten, Tilgungszahlungen oder Verlust des Kapitals berühren die Einkunftsart des 20 EStG nicht (vgl. BFH Urteil vom 16.4.1991 VIII R 100/87, BFHE 165, 31, BStBl. II 1992, 234 [BB 1991, 2063 m. Anm. Hoffmann, BB 1991, 2262]; zuletzt Urteil vom 10.4.2014 VI R 57/13 BFHE 245, 330, BStBl. II 2014, 850). Demgegenüber wird seit der Einführung der Abgeltungssteuer zum 01.01.2009 die Auffassung vertreten, dass der Ausfall einer Kapitalforderung die zum Wegfall der Vermögenssubstanz führt, einer Veräußerung i. S. d. 20 Abs. 4 Satz 1 EStG gleichzustellen sei. Dies wird mit einer nach Sinn und Zweck des Gesetzes gebotenen erweiternden Aus- - 6 -

- 6 - legung des Begriffs der Veräußerung i. S. v. 20 Abs. 2 Nr. 7 und Abs. 4 Satz 1 EStG begründet (vgl. Blümich/Ratschow EStG 20 Rn. 247A m. w. N.; vgl. auch von Beckerath in Kirchhoff 20 EStG Rdz. 144; a.a. Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 11.03.2015 7 K 3661/14 E, Betriebsberater 2015, 1639 nicht rechtskräftig, BFH VIII R 13/15). Eine derartige Auslegung über den klaren und eindeutigen Wortlaut hinaus scheidet nach Auffassung des Senats bereits deshalb aus, weil eine planwidrige und auslegungsbedürfte Regelungslücke erkennbar nicht vorliegt. Aus 20 Abs. 4 Satz 1 2. Halbsatz EStG, wonach Währungsschwankungen bei der Ermittlung des Gewinns zu berücksichtigen sind, ergibt sich, dass dem Gesetzgeber das Problem von Wertänderungen beim Kapital bewusst war und auch eine verfassungskonforme Analogie (vgl. FG Düsseldorf, Urteil vom 11.03.2015 aao; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23.10.2013 EFG 2014, 136 nicht rechtskräftig, BFH IX R 57/13) ausscheidet. Es fehlt an Anhaltspunkten dafür, dass der Gesetzgeber die Vermögenssphäre umfassend berücksichtigen wollte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Verlustberücksichtigung nur auf die im Gesetz ausdrücklich genannten Tatbestände eingeschränkt sein sollte. Vorliegend kann der Senat es letztlich dahinstehen lassen, ob durch die Darlehensgewährung der Anwendungsbereich des 20 EStG eröffnet ist, oder ob insoweit, wegen der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung allenfalls eine Anwendung des 17 EStG in Frage käme. Denn selbst wenn man der Auffassung des Klägers folgen würde, wäre der Forderungsverzicht des Klägers nicht im Rahmen der Kapitaleinkünfte zu erfassen, denn der konkrete Forderungsverzicht lässt sich nicht unter das Tatbestandsmerkmal der verdeckten Einlage subsumieren. Der Forderungsverzicht eines Gesellschafters führt zwar zu einer verdeckten Einlage und zum Zufluss der Darlehensvaluta. Dies gilt aber nur für den im Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltigen Teil der Forderung (BFH-Beschluss vom 09.06.1997, BStBl II 1998, 307). Nur der werthaltige Teil der Forderung gilt damit gemäß 20 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Satz 1 Nr. 7 EStG als Veräußerung (verdeckte Einlage). In Höhe des nicht werthaltigen Teils hat ein vorangegangener schlichter Forderungsausfall stattgefunden bzw. im Falle des Klägers eine unentgeltliche Übernahme einer wertlosen Forderung. Der Senat vermag schon nicht zu erkennen, dass der Kläger über den von ihm gezahlten Kaufpreis hinaus in Höhe des Nennwerts Forderungen erworben hat. Denn aus den Notarverträgen hierzu ist erkennbar, dass die Veräußerer ihre Forderungen gegenüber der GmbH nicht mehr als in vollem Umfang werthaltig eingestuft haben. Die Vertragsparteien haben als fremde Dritte einen Wert hinsichtlich der Forderungen vereinbart und dabei der wirtschaftlichen Situation der Schuldner-GmbH Rechnung getragen. Ausweislich - 7 -

- 7 - der Formulierungen im Notarvertrag, war für beide Vertragsparteien klar, dass eine Realisierung der Forderung zu 100 % im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht möglich war. Der Kläger hat daher für seinen Kaufpreis in Höhe von 364.154,60 auch nur werthaltige Forderungen gegenüber der GmbH in dieser Höhe erworben. Dadurch, dass der Nennwert der Forderungen über dem Kaufpreis lag, ist für den Kläger allenfalls eine mögliche Option entstanden, ggf. unter wesentlicher Veränderung der wirtschaftlichen Situation der GmbH, eine Darlehensforderung über seinem Kaufpreis zu realisieren und dadurch einen entsprechenden Gewinn zu realisieren. Entsprechende Verluste könnten daher allenfalls bei den Veräußerern realisiert worden sein. Die Kläger gehen daher fehl in der Annahme, dass der Kläger den Teil der Forderung, auf den er unter Zuführung in die Kapitalrücklage vertraglich verzichtet hat, teilentgeltlich erworben hat. Die Bilanz der GmbH, die zum 31.12.2009 und damit vor dem Forderungsverzicht zumindest bilanziell überschuldet war, wurde durch die Kapitalrücklage allenfalls geschönt. Ein realer Wertzuwachs war damit aber nicht verbunden. Der von den Klägern geltend gemachte Forderungsverzicht findet damit weder im Anwendungsbereich des 17 EStG noch des 20 EStG statt, so dass die Klage abzuweisen war. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe gegeben ist und für die Entscheidung insbesondere nicht darauf abzustellen war, ob 20 EStG seit 2010 auch Kapitalverluste in Form von Forderungsverzichten von GmbH Gesellschaftern erfasst. Die Kostenentscheidung beruht auf 135 FGO, soweit die Kläger mit ihrer Klage unterlegen sind. Im Übrigen auf 138 Abs. 2 i. V. m. 137 Satz 1 FGO, denn die Kläger hätten ihr Begehren insgesamt bereits im Einspruchsverfahren geltend machen können und müssen. Rechtsmittelbelehrung Die Revision ist nicht zugelassen worden. Die Nichtzulassung der Revision kann durch B e s c h w e r- de angefochten werden. Die Beschwerde ist innerhalb e i n e s M o n a t s nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine - 8 -

- 8 - Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von z w e i M o n a t e n nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung muss dargelegt werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder, dass die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder dass ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem das Urteil des Finanzgerichts beruhen kann. Bei der Einlegung und Begründung der Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Steuerberater, einen Steuerbevollmächtigten, einen Rechtsanwalt, einen niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, einen Wirtschaftsprüfer oder einen vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Satz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst oder durch entsprechend befähigte Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb e i n e s M o n a t s nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des dritten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen. Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/ 9231-201. Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite www.egvp.de lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist. - -