NÖ begabt 5-7 Bewertung von bildnersichen Produkten als Indikator für bildnerische Krea:vität/Begabung Gregor Kremser, März 2015
AUSGANGSPUNKT und FORSCHUNGSGEGENSTAND Insgesamt werden longitudinal in ganz NÖ etwa 130 Kinder in KIGAs und dann in VS untersucht. Dabei spiegelt sich der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund in ganz Niederösterreich in der Stichprobe an 16 Standorten wider. Die Kinder bekommen immer zwei bildnerische Aufgaben, von denen eine immer gleich ist (Collage). Das Setting und die Bedingungen vor Ort werden stabil gehalten Die Kinder werden zu ihren Arbeiten befragt, der Prozess wird gefilmt, ebenso die Interviews mit den Kindern Fragebögen für Eltern und PädagogInnen liegen vor Ziel ist es, Hinweise auf besondere Bildnerische Kreativität zu finden und zu beschreiben, um letztlich auch Fördermaßnahmen ableiten zu können (Ein 2. Forschungsteam beschäftigt sich mit Mathematik!)
GRUNDSÄTZLICH: Bildnerische KreaIvität/Begabung Es ist davon auszugehen, dass Begabung zwar auf einer Persönlichkeitsdisposition beruht, sich aber nur durch stark fokussiertes Interesse, durch anhaltende Übung und Ausdauer entwickeln kann. (Miller 2013: 28) Wenn man über Begabung in der Kunst spricht, werden häufig die Begriffe Begabung und Kreativität synonym gebraucht, weil Kreativität als Grundbedingung für Begabung angesehen wird. (Miller 2013: 343) bildnerische Begabung Wir unterscheiden zwischen der zeichnerischen, malerischen und der plastischen Begabung. (Miller 2013: 40) Constance Milbrath: Kreativität als Persönlichkeitsmerkmal wird als Indikator für Begabung genannt also dient erkennbare Kreativität zur Identifizierung von Begabung. (Miller 2013: 350) Psychologin Winner: Bildnerische Begabung und Kreativität bei Kindern auf einer Stufe
Forschungsfragen / 1 Inwiefern unterscheiden sich die bildnerischen Arbeiten der Kinder innerhalb der untersuchten Bezugsgruppe? Kann anhand der Produkte, der Interviews mit den Kindern und unter Einbeziehung der Aussagen von Pädagog/innen und Eltern sowie unter Berücksichtigung entwicklungsbedingter Faktoren (z.b.: Entwicklungsschritte in Bezug auf Ausdrucksmöglichkeiten) mit Hilfe von speziell dafür erstellten Kriterien auf besondere bildnerische Kreativität von Kindern geschlossen werden? Besondere bildnerische Kreativität: Liegt bei diesen Kindern die Fähigkeit vor, im bildnerischen Bereich Produkte außerhalb der Norm (in Bezug auf die untersuchte Gruppe von Kindern) zu entwickeln?
Forschungsfragen / 2 Wird diese besondere Bildnerische Kreativität durch ExpertInnen, die unabhängig voneinander die Produkte bewerten, bestätigt? Kann von so erhobener besonderer bildnerischer Kreativität auf allgemeine schöpferische Begabung, welche durch das TSD-Z Verfahren ermittelt werden, geschlossen werden? Oder anders gefragt, bestehen Korrelationen zwischen besonderer bildnerischer Kreativität und schöpferischer Begabung? Ist dieses Prozedere einer von einem bestimmen kreativen Produkt ausgehenden Feststellung bzw. Vermutung von bildnerischer Kreativität auch mit beliebigen Produkten - etwa Collagen oder Zeichnungen - umsetzbar? Lässt sich diese Annahme auch für über den bildnerischen Bereich hinausgehende Faktoren (etwa sprachliche Kreativität) treffen?
Forschungsfrage / 3 und Conclusio Inwiefern verändert sich die Fähigkeit Produkte, die im bildnerischen Bereich außerhalb der Norm liegen, zu entwickeln longitudinal innerhalb des Untersuchungszeitraums und im speziellen am Übergang vom Kindergarten zur Volksschule? Welche Schlüsse können aus diesen Veränderungen falls vorhanden gezogen werden? Hypothese: Diejenigen Produkte, die im Rahmen der quantitativen Bewertung mittels ExpertInnenrating als besonders bildnerisch kreativ angesehen werden, deuten auch auf bildnerische Begabung hin. Es besteht somit eine hohe Korrelation zwischen bildnerischer Kreativität und bildnerischer Begabung. Oder: Bildnerische Kreativität ist ein Indikator für bildnerische Begabung
Ausgangspunkt: PRODUKT In diesem Sinne liefert die bildnerische Arbeit einen Hinweis auf die kreativen Fähigkeiten, Eigenschaften und Merkmale einer Person. (Berner 2013: 55) Bildnerisch bezieht sich dabei sowohl auf das Gestalten in der Fläche (z.b. Zeichnen, Malen, Drucken etc.) als auch das Gestalten im Raum (z.b. plastisches Gestalten, Bauen, etc.) (Berner 2013: 29). Kreativität wird letztlich an einem erzeugten Produkt gemessen Kreativität bedeutet somit Erlebtes in Struktur und Ordnung zu bringen, Widerstände und Grenzen aufzuspüren und diesem Erlebten etwa durch bildnerische Mittel Ausdruck zu verleihen. (Peez, Kirchner 2009:23/25/26)
PRODUKT: AussagekraT Aufgrund des starken Einflusses von Kontextfaktoren auf kreatives Verhalten sowie der Interaktion kognitiver und personaler Komponenten der kreativen Person ist anzunehmen, dass die bildnerische Arbeit nicht die kreative Kompetenz einer Person abbildet, sondern lediglich als die gezeigte kreative Leistung und damit als Hinweis für bildnerische Kreativität interpretiert werden kann. (Berner 2013, S. 90) Annahme: Werden bei Kindern, welche im Rahmen von NÖ begabt 5-7 longitudinal untersucht werden, wiederholt kreative Leistungen festgestellt, so kann mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auf bildnerische Kreativität geschlossen werden.
PRODUKT Aufgabenstellungen: PlasIk
PRODUKT Aufgabenstellungen: Collage
Thema neu SoSe: standardisierter Test zusätzlich WOZU? Vergleich des selber entwickelten Auswertungsbogens mit einem bereits erprobten Verfahren, für das Kriterien vorliegen! Welcher Test? Test zum schöpferischen Denken Zeichnerisch (TSD-Z) von Hans G. Jellen und Klaus Urban. Bei diesem Testverfahren sollen grafische Fragmente erweitert, vervollständigt bzw. umgebaut werden. Insgesamt 14 Auswertungskategorien eröffnen ein umfassendes Analysespektrum für die Identifizierung von (bildnerischer) Kreativität. Lt. Kirchner und Peez stimmen diese Kategorien großteils mit den bereits erwähnten sieben Merkmalen einer kreativen Person (nach Preiser) überein.
TSD- Z / Testdesign
1. Erhebung 2. QuanItaIv 3. QualitaIv PRODUKTE 1.Forschungsteam SCHNITT 4P- U Methode 2.ExpertInnen Longitudinal: Insgesamt 4 Erhebungen in 3 Jahren Auswertung nach 6 Kriterien weitere Indikatoren genaue Beschreibung ZIEL: Ermi^lung Bildnerische KreaIvität als Hinweis auf bildnerische Begabung
Auswertung Vorgangsweise TEIL 1 Kombination aus quantitativen und qualitativen Ansätzen 1. Quantitativ a. Expertinnen bewerten nach Kriterienkatalog (Ansatz von T. Amabile) b. Forschungsteam bewertet nach Kriterienkatalog Ziel: Ermittlung bildnerischer Kreativität von den Produkten ausgehend!
KRITERIEN Folgende Kriterien sollen von den Ratern mit Trifft zu / Trifft eher zu / Trifft eher nicht zu / Trifft nicht zu bewertet werden: 1. Das Produkt ist neu und ungewöhnlich. Definition: Das Produkt ist ungewöhnlich und ausgefallen in Bezug auf die individuelle Umsetzung durch das Kind und im Vergleich mit den übrigen Produkten der untersuchten Bezugsgruppe. Stereotype Darstellungen werden vermieden, es liegt eine eigene Bildlösung vor. (Anmerkung: Erhoben wird die Fähigkeit, inwiefern das Kind durch Fantasie und Originalität zu einer individuellen bildnerischen Umsetzung gelangt, die verglichen mit der Altergruppe neu und damit untypisch ist.)
KRITERIEN 2. Das Produkt ist detailliert ausgearbeitet. Definition: Das Produkt ist im Sinne des vorgegebenen Materials also der Nutzung, Verwendung und Verarbeitung desselben detailliert und differenziert ausgestaltet bzw. ausgearbeitet. Die bildnerischen Mittel wurden in diesem Sinne zielführend eingesetzt. (Anmerkung: Hier wird der zielgerichtete Einsatz bildnerischer Mittel in Bezug auf die Verwendung von Materialien erhoben. Die Umsetzung im technischen Sinne wird thematisiert.) 3. Es liegt eine Komposition vor. Definition: Das Produkt wirkt als kompositorisches Ganzes. Die einzelnen Elemente des Produkts wurden im Sinne einer ansprechenden Gesamtlösung zusammengefügt. Gelungene kompositorische Lösungen können Elemente von Spannung, Dynamik, Rhythmus oder Kontrastsetzungen (etwa Farb- und Formkontraste) enthalten. (Anmerkung: Hier wird der zielgerichtete Einsatz bildnerischer Mittel bzw. deren Zusammenspiel im Endergebnis - also dem Produkt - erhoben.)
KRITERIEN 4. Die dem Produkt zugrunde liegende Idee ist im Motiv erkennbar. Definition: Die Idee des Kindes wird durch das fertige Produkt vermittelt. Die bildnerische Lösung ist in diesem Sinne angemessen, weil sie auch ohne Kenntnisse des Interviews mit dem Kind nachvollziehbar ist. (Anmerkung: Dieses Kriterium bezieht sich auf die Bildnerische Kommunikation. Untersucht wird, inwiefern das Produkt die Intentionen bzw. die Idee des Kindes vermitteln kann. Ist es dem Kind also gelungen, seine Idee durch bildnerische Mittel zu kommunizieren?) 5. Das Produkt ist mehrschichtig und komplex Definition: Das Produkt wirkt so, als wären unterschiedliche Bedeutungen und Intentionen, die nicht unbedingt naheliegend sind, miteinander verbunden und bildnerisch augedrückt worden. Naheliegend und weniger kompex sind somit einfach wirkende Inhalte, die auch simpel umgesetzt wurden und keine weiteren Assoziationen bei den BetrachterInnen hervorrufen. (Anmerkung: Erfasst wird der Komplexitätsgehalt der Produkte. Durch Verdichtung und Reduktion wird das Wesentliche ausgedrückt. Die Bedeutung des Produkts kann dennoch vielschichtig sein und findet in der Kombination inhaltlicher und formaler Aspekte wie der Komposition ihren Ausdruck.)
KRITERIEN 6. Das Produkt ist generell kreativ. Definition: Das Produkt ist ansprechend und überrascht. Im Vergleich mit den übrigen Arbeiten ist es ausgefallen und originell, unkonventionell und beeindruckend. (Anmerkung: Im Prinzip handelt es sich hierbei um eine Zusammenfassung aller Faktoren, die kreative Produkte ausmachen. Besonders die Ausdruckskraft und die ästhetische Gesamtwirkung stehen im Vordergrund. Die subjektive Einschätzung von Kreativität durch die RaterInnen ist erwünscht, Kreativität wird in diesem Sinne nicht verbindlich definiert.)
Auswertung Vorgangsweise TEIL 2 2. Qualitativ Auswertung der Schnittmenge, welche sich aus a./b. ergibt, anhand des 4P-U-Modells, innerhalb dessen davon ausgegangen wird, dass Kreativität unter vier Aspekten, die natürlich zusammenhängen, betrachtet werden kann: Dem Problem, der Person, welche kreativ ist, dem kreativen Prozess und den Umweltbedingungen, die wiederum differenziert werden können. (Urban 2004) Ziel: Ermittlung bildnerischer Kreativität in Kombination bzw. in Korrelation mit bildnerischer Begabung.
4. Bildgestaltung: Motiv bzw. Thema - Realismus: Ist rein formal ein bestimmtes Motiv/Thema erkennbar? - Abstraktion: ist rein formal kein bestimmtes Motiv/Thema erkennbar (Anmerkung: ev. Einbeziehung des Interviews, Übernahme von Ideen)
6. Elaboration: Wurde das Produkt fertig gestellt (wie sieht es mit der Ausarbeitung aus)?
OperaIonalisierung der Kriterien Abgleich z,b.: Indikatoren nach N. E. Berner (2013, S. 210-14) Plastische Arbeiten - Teilstudie Ausdruckskraft Bildnerische Kommunikation Assoziative Kombination verschiedener Inhalte Mehrschichtigkeit der bildnerischen Gestaltung Gestalterische Ausarbeitung Statik Individuelle bildnerische Umsetzung Außerdem: Berücksichtigung der kindlichen Entwicklung (entwicklungspsychologische Sicht am Beispiel Kinderzeichnung, Schuster M., 2010)
Oder... 7 kreativen Fähigkeiten (Preiser, Buchholz 2004, S. 32) Problemsensitivität Einfalls- und Denkflüssigkeit Fluktualität Flexibilität Transfer, Kombination, Qualität der Ideen Originalität unkonventionell, innovativ Durchdringung Komplexität Umstrukturierung Ambiguität/Frustrationstoleranz Ausarbeitung Elaboration
Auswertung: Kriterien - Zeichentest Kriterien des TSD-Z Tests (Urban&Jellen, 2004, S. 140/41) 1. Weiterführung vorgegebener Elemente 2. Ergänzungen oder Ausgestaltungen 3. Neue Elemente 4. Verbindungen, zeichnerisch 5. Verbindungen, thematisch 6. Begrenzungsüberschreitungen, figurabhängig 7. Begrenzungsüberschreitungen, figurunabhängig 8. Perspektive 9. Humor bzw. Affektivität/Emotionalität/Expressive Kraft der Zeichnung 10. Unkonventionalität: Manipulation des Materials 11. Unkonventionalität: fiktionales, abstraktes, surrealistisches Thema 12. Unkonventionalität: Verwendung von Zeichen und/oder Symbolen 13. Unkonventionalität: Nichtverwendung von stereotypischen Figuren 14. Zeitfaktor
Zusammenfassung
Auswertung auf unterschiedlichen Ebenen / 4P- U 1. PRODUKT: Runde 1: Auswertung anhand fixierter Kriterien durch das Projektteam a.) Auswertung der freien Aufgabenstellungen nach einem vom Projektteam entwickelten Kriterienkatalog (angelehnt an standardisierte Testverfahren - sh. Punkt b.- und bereits umgesetzte Studien etwa Nicole Elisabeth Berner 2013) b.) Auswertung der standardisierten Aufgabenstellungen nach den Vorgaben des TSD-Z (unter Berücksichtigung von Erfahrungen anderer Forscher, etwa C. Kirchner und G. Peez 2009) mittels Punktesystem Runde 2: ExpertInnenrunde (PädagogInnen und KünstlerInnen) bewertet die Produkte unabhängig nach demselben Prinzip wie in Runde 1 Zusammenführung der Ergebnisse aus Runde 1 und 2 nach jeder Untersuchung und am Ende des Projekts
Auswertung auf unterschiedlichen Ebenen / 4P- U 2. PROZESS: Der jeweilige Entstehungsprozess wird mittels Videoanalyse (also bei jenen Kindern, bei denen es bei der Bewertung auf unterschiedlichen Ebenen Korrelationen gibt) in die Auswertung integriert 3. PERSON Die Aussagen der Kinder zu ihren Produkten werden berücksichtigt 4. UMFELD Berücksichtigung der PädagogInnenfragebögen und der Elternfragbögen bei der Auswertung Berücksichtigung des Lernumfeldes
ZIEL Rückschlüsse auf ausgeprägte bildnerische Kreativität/Begabung sind bei diesem Projekt aufgrund folgender Faktoren möglich: Unterschiedliche freie Aufgabenstellungen (Anregung durch verschiedene Materialien und Techniken, Freiraum für Fantasie) standardisierte Tests (wissenschaftlich erforschte Vergleichswerte, Nutzung erprobter Instrumente) Berücksichtigung des Umfelds (kreatives Feld entscheidend für die Entstehung kreativer Leistungen vgl. Kirchner/Peez, 2009 S.32) Berücksichtigung des Prozesses (Kreativität läuft in Phasen ab kreativer Prozess ist entscheidend für das Produkt, Kirchner/Peez, 2009 S.18)
Berner, Nicole E. 2013. Bildnerische Kreativität im Grundschulalter plastische Schülerarbeiten empirisch betrachtet. München: kopaed. Kirchner C., Peez G. 2009. Kreativität in der Grundschule erfolgreich fördern. Braunschweig: Westermann Preiser S., Buchholz N. 2004. Kreativität. Heidelberg Urban, Klaus K. 2004. Kreativität Herausforderung für Schule, Wissenschaft und Gesellschaft. Münster: LIT Verlag Miller M. 2013. Zeichnerische Begabung. München: Kopaed