Synthese Seminar Regional Governance



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Transkript:

Synthese Seminar Regional Governance Der Weg vom Gärtlidenken zur Zusammenarbeit der Sektoralpolitiken und gemeinsamer Steuerungsstrategie auf Regionsebene Peter Niederer 13. Juni 2012 Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) Groupement suisse pour les régions de montagne (SAB) Gruppo svizzero per le regioni di montagna (SAB) Gruppa svizra per las regiuns da muntogna (SAB) 3001 Bern / Seilerstrasse 4 / Postfach 7836 / Tel. 031/382 10 10 / Fax 031/382 10 16

Vorwort Das Seminar vom 27. April 2012 wurde durch die Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete und ihrer Arbeitsgruppe, der Konferenz der Regionen (KdR) organisiert. Der Entwicklungsraum Thun (ERT), das Institut für systemisches Management und Governance der Universität St.Gallen, das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) sowie das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) traten als Partner auf. Der folgende Text ist eine synthetische Zusammenfassung der Vorträge von Roland Scherer, Direktor Forschungszentrum Regionalwissenschaft, Universität St.Gallen; Martin Stokar, Leiter Wissenssystem Neue Regionalpolitik, SECO; Maurus Stöckli, UNESCO Biosphärenreservat Entlebuch; Melchior Buchs, Geschäftsführer Entwicklungsraum Thun, Daniel Koller, Stv. Direktor, Tourismus Engadin Scuol Samnaun Val Müstair AG (TESSVM). Die Präsentationen sowie das vorliegende Dokument können unter http://www.sab.ch/publikationen.745.0.html und http://www.regionench.ch/dokumente.1005.0.html heruntergeladen werden. 1 Regional Governance was heisst das? In den Schweizer Regionen sind verschiedene Akteure wie zum Beispiel Regionalmanagements, Pärke, 93.1c Projekte, Energieregionen, Tourismusdestinationen, Projekte die durch Landschaftsqualitätsbeiträge unterstützt werden mit zum Teil gleichen oder ähnlichen Perimetern aktiv. Wie spielen diese zusammen, wer kooperiert mit wem, wer koordiniert wen und was? Bei diesen Fragen wird dem Konzept der Regional Governance grosse Bedeutung zugemessen. Regional Governance beinhaltet eine systemübergreifende Zusammenarbeit von Akteuren aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zum Zwecke einer gesunden regionalen Entwicklung. Dies bedingt vertikal, horizontal und lateral verflochtene Netzwerke. Zudem meint Regional Governance nicht nur Zusammenarbeit sondern ein gemeinsam, von verschiedenen Akteuren ausgehandeltes Steuerungsmodell für eine Region. Der Begriff Regional Governance wurde in den letzten 10 Jahren fast schon inflationär verwendet. Es gibt letztendlich keine Lehrbuchdefinition für Regional Governance sondern vielmehr ganz unterschiedliche Begriffsverständnisse. Wichtig ist aber, dass heute der Begriff bewusst als Abgrenzung eines neuen Steuerungssystems zum klassischen System der Hierarchie verwendet wird (Scherer 2012). 2 Zunehmende Regionalisierung in der Schweiz Die Tagung vom 27. April 2012 in Thun hatte das Ziel abzuklären, inwiefern Regional Governance in der Schweiz wirklich umgesetzt wird. Was sind Erfolge? Welches sind Herausforderungen, die sich bei der Umsetzung stellen? An welchem Punkt steht die aktuelle Debatte und kann Regional Governance die hohen gestellten Erwartungen in Sachen Innovationsfähigkeit, Bürgerbeteiligung und sektorübergreifender Zusammenarbeit in den Regionen erfüllen? In der Schweiz hat in den letzten Jahren die Bedeutung der Zusammenarbeit in Regionen stark zugenommen. Hierfür sind gemäss Roland Scherer v.a zwei Treiber verantwortlich: a) eine bottom-up-entwicklung: Städte und Gemeinden verlagern Aufgaben auf eine übergeordnete Ebene, um einerseits Deckungsgleichheit des Problem- und Handlungsraums zu erreichen und um andererseits Pro-

duktivitätsgewinne zu erzielen. Oftmals handelt es sich dabei um intermediäre Organisationen unter Einbezug wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Akteure. b) top-down-entwicklung: Bund und Kantone delegieren zunehmend die Umsetzung politischer Programme auf untergeordnete Ebenen. Dabei wird explizit, wie zum Beispiel bei der Förderung der Agglomerationsprogramme durch den Bund, die Gründung neuer regionaler Institutionen gefordert und es werden eine Reihe von Qualitätsanforderungen an diese gestellt. Es entstehen neue regionale Strukturen in denen Politik und Verwaltung gemeinsam mit Akteuren aus Wirtschaft und Gesellschaft an der Lösung von konkreten Problemen arbeiten. Zielsetzung ist dabei eine effiziente und effektive Erfüllung öffentlicher Aufgaben in den Regionen. Die bundesstaatliche Ebene fördert gerade in der Schweiz mit unterschiedlichen Förderprogrammen und Massnahmen stark das Entstehen neuer regionaler Institutionen wie zum Beispiel über das Bundesgesetz zur Neuen Regionalpolitik und die Pärkepolitik des Bundes. Regionen stellen heute einen wichtigen Bestandteil des gesamten föderalen Staatssystems in der Schweiz dar und sie sind zwingend notwendig, um mit den heutigen (politischen) Anforderungen umzugehen, die nicht mehr nur einzelne Gemeingebiete oder gar Kantonsgebiete betreffen sondern meist grenzüberschreitend sind. Bei den Regionen handelt es sich nicht um eine vierte Staatsebene, die es in der Schweiz bislang nicht als legitimierte Ebene gibt. Die aktuelle Entwicklung der regionalen Institutionalisierung in der Schweiz führt aber nicht zu klareren Strukturen, sondern oftmals zu einer neuen Unübersichtlichkeit. Martin Stokar (SECO) sieht es ähnlich: Es muss eine konsequente Ausrichtung auf die Projektlogik bzw. auf den Nutzen für die Zielgruppen verfolgt werden. Institutionen dürfen nicht einfach nur zum Selbstzweck geschaffen und erhalten werden. Regional Governance bedeutet nicht vollkommene Autonomie der Region. Der Selbststeuerung sind vertikal und horizontal Grenzen gesetzt, die Region bleibt Teil eines übergeordneten Ganzen. 3 Umsetzungsstand von Regional Governance in der Schweiz In der Neuen Regionalpolitik ortet Martin Stokar (SECO) folgende Elemente von Regional Governance: a) Verlagerung von top-down-regulierung zu bottom-up-initiativen b) Regionalpolitik ist Gemeinschaftsaufgabe Bund / Kantone; Bund konzentriert sich auf strategische Steuerung, Kantone auf die Umsetzung mit äquivalenter Finanzierung c) Mehrjahresprogramm, Umsetzungsprogramme und Programmvereinbarungen sind Resultat von Verhandlungen bei denen sich die Kantone mit den Regionen abstimmen d) Handeln in funktional-räumlichen Zusammenhängen ( place based policy ) e) variable Geometrie d.h es gibt ein Spektrum von regionaler bis grenzüberschreitender Kooperation f) Unterstützung der Regionalorganisationen als wichtigen Netzwerkorganisationen. Dabei muss festgehalten werden, dass eine integrative Politik für die Ländlichen Räume Sache des Ensembles der raumrelevanten Sektoralpolitiken sein soll. Die NRP ist keine gesamtheitliche Politik, sondern wirtschaftliche Strukturpolitik. Deshalb ist gemäss Stokar nicht die thematische Ausweitung der NRP der richtige Weg, sondern die Arbeitsteilung und Abstimmung der raumrelevanten Sektoralpolitiken mittels geeigneter Regional Governance. Auch die Seminarteilnehmenden beurteilen die Möglichkeiten des variablen Perimeter in der NRP als positiv und sie sehen grosses Potenzial in der Zusammenarbeit der Sektoralpolitiken. Es wird auch der Wille zur Förderung auf Bundesebene moniert. Engpässe personeller und finanzieller Art bestehen aber ziemlich häufig auf kantonaler Ebene. NRP Projekte sind

tendenziell zu studienlastig und Innovationen sind selten, hier könnte mehr Regional Governance Abhilfe schaffen. Ferner stellen die Seminarteilnehmenden fest, dass leider Regionalmanager nicht in allen Fällen gute Projektiniitiatoren sind. 3.1 Biosphäre Entlebuch Das Biosphärenreservat Entlebuch zeigt auf, dass Partizipation und Kooperation auf regionaler Ebene, einen Schlüsselfaktor für nachhaltige Entwicklung darstellt. Die nachhaltige Entwicklung wird angestrebt, indem regionale Strukturen geschaffen und Kooperationen innerhalb der Branchen, zwischen den Branchen sowie mit anderen Regionen aufgebaut werden (s. Abbildung 1). Abb. 1 Kooperationsmodell Unesco Biosphäre Entlebuch (Quelle UBE) Damit werden die regionalen Stoffkreisläufe verbessert und die Wertschöpfung erhöht. Das langfristige Wachstum soll demnach durch die Ressourceneffizienz und das Innovationspotential in den Netzwerken sichergestellt werden. Das Regionalmanagement ist als professionelle Drehscheibe für Moderation, Koordination, Controlling und Marketing zuständig. Gemäss den Seminarteilnehmenden hat es das Entlebuch geschafft einen gemeinsamen Marketingpool aufzubauen, jedoch scheint der Fokus als zu lokal angesetzt und es wird eine mangelnde Zusammenarbeit mit der Region Luzern West konstatiert. Hier stellt sich auch die Frage nach der optimalen Grösse einer regionalen Einheit.

3.2 Entwicklungsraum Thun Im Vergleich zur Biosphäre hat der Entwicklungsraum Thun zwar weniger branchenübergreifende Kontakte, dafür aber mehr Kompetenzen in der Raumplanung. Die Koordination mit dem Naturpark Diemtigtal ist eher schwach ausgebildet. Der Entwicklungsraum Thun hat als Region folgende gesetzliche Kompetenzen (Art. 97 / 98, Baugesetz des Kantons Bern): - Bestimmen im Rahmen des Gesetzes, wie sich sein Gebiet räumlich entwickeln soll - Erlassen der für die regionale Raumentwicklung bedeutsamen Pläne in den Bereichen regionale Entwicklung, Umwelt, Landschaft, Siedlung, Verkehr sowie Versorgung und Entsorgung (Gesamt- oder Teilrichtpläne) Diese Richtpläne haben für die Gemeinden und den Kantone behördenverbindliche Wirkung - Erarbeitung des Regionalen Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept (RGSK) und deren Verabschiedung als regionaler Teilrichtplan Das Regionale Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept Thun-Oberland West (RGSK) ist aus folgenden Gründen ein gutes Beispiel für regionale Gouvernanz (s. Abbildung 2): 1) Ganzheitliche Zielsetzung in einer definierten Region - Siedlung: Erhalten und steigern der Attraktivität der Region Thun-Oberland West für das Wohnen, Arbeiten und Tourismus sowie eine konzentrierte Siedlungsentwicklung in den Zentren - Landschaft: Die Landschaft als Naturraum, Kulturland und Lebensraum entwickeln - Nachhaltiges Gesamtverkehrssystem: Sicherstellen eines effizienten und funktionsfähigen Gesamtverkehrssystems innerhalb und für die gesamte Region Thun-Oberland West. 2) Partizipative Einbindung und Aushandlungsprozesse - Einbezug verschiedener Bezugsgruppen bei Erarbeitung bestimmter Fragen (z.b. Bergbahnen, Tourismusdestinationen, Gewerbe, Umweltorganisationen) - Breite Mitwirkung zum Entwurf RGSK bei Gemeinden und interessierten Bezugsgruppen) - Verschiedene Informationsveranstaltungen vor und nach Mitwirkung - Verabschiedung definitive Fassung RGSK durch Delegiertenversammlung ERT (Gemeinden)

Abb.2 Regionales Gesamtverkehrs- und Siedlungskonzept (RGSK) (Quelle ERT) 3) Verständnis für überkommunale Zusammenarbeit und Steuerung - Verständnis für Zusammenhang Raum-, Verkehrs- und Wirtschaftsentwicklung ist gestiegen - Besseres gegenseitiges Verständnis für Anliegen (regional, thematisch) - Akzeptanz für überkommunale Steuerung steigt - Organisatorische Strukturveränderungen auf regionaler Ebene werden ausgelöst 3.3 Tourismus Engadin Scuol Samnaun Val Müstair Wie kaum eine andere Tourismusdestination hat Tourismus Engadin Scuol Samnaun Val Müstair (TESSVM AG) konsequent einen regionalen Führungsprozess verfolgt. Dieser nimmt in der «Balanced Scorecard» eine herausragende Bedeutung ein und stellt neben den Mitarbeitern einen der wichtigsten Inputs für das Unternehmen dar. Wie wird nun der regionale Führungsprozess in Leistungsaufträge umgesetzt? Bei der Angebotsentwicklung setzt TEVSSM in einem Netzwerk verschiedener Akteure an (s. Abbildung 3).

Abb. 3 Regionales Netzwerk Tourismus Engadin Scuol Samnaun Val Müstair (TESSVM) Denn erst ein wirklich funktionierendes Angebotsnetzwerk unter Einbezug aller relevanter Akteure (Pro Engiadina Bassa, Parc Naziunal Svizzer etc.) kann auch erfolgreich im Markt positioniert und verkauft werden. Ohne das klare Committment vom regionalen Netzwerk zum Angebot kann TEVSSM weder erfolgreich vermarkten noch gemachte Versprechen einlösen. Der Einbezug verschiedener Akteure durch die TEVSSM wird von den Seminarteilnehmenden als beispielhaft bezeichnet. Die Tourismusdestinationen seien sonst erfahrungsgemäss eher als Einzelkämpfer bekannt. 3.4 Regionale Naturpärke und Progetto San Gottardo Im Seminar wurden weitere Regional-Governance-Ansätze wie die Region San Gottardo oder die Pärke Chasseral und Adula genannt. Bei San Gottardo wird das hohe Commitment seitens der Gemeinden gelobt, allerdings stellen die Seminarteilnehmenden eine knappe Ausstattung mit Ressourcen und eine fehlende Abstimmung mit dem Regionalmanagement fest. Beim Park Chasseral arbeiten die verschiedenen Kommissionen vorbildlich zusammen und der Park Adula fällt durch klare und einfach Strukturen auf. Ob dies aber bereits gelungene Governance Beispiele sind ist gerade hinsichtlich der fehlenden Entscheidungskompetenzen der Pärke, fraglich. Die Seminarteilnehmenden beurteilen die Bündelung verschiedener Funktionen in einer Region, wie dies im regionalen Naturpark Thal oder eben auch in der Unesco Biosphäre Entlebuch geschieht, als vorteilhaft für die Regionale Gouvernanz. Die Seminarteilnehmenden fänden es wichtig nach Mitteln und Wegen zu suchen, damit die Gemeinden besser überkommunal zusammenarbeiten. Dabei sollte aber auch jeder bei sich selbst anfangen in grösseren Einheiten zu denken, und versuchen, den Gartenzaun im eigenen Kopf zu überspringen.