Delphi-Roundtable Talent Management 2020: HR-Abteilungen auf dem Weg zum strategischen Player Name: Christian Foerg Funktion/Bereich: VP Customer Value Programmes Organisation: Saba Software GmbH Liebe Leserinnen und liebe Leser, Personalabteilungen sind als interner Dienstleister mitverantwortlich für Rekrutierung, Betreuung und Entwicklung von Mitarbeitern. Doch genügt es, in diesem Sinne Partner der Führungsmannschaft zu sein? Nein, lautet die Botschaft des Talent Management Gipfels 2012. HR muss Player werden, so die Quintessenz vieler Beiträge des Tages. Als solcher muss das Personalwesen maßgeblich dazu beitragen, einen organisationalen Rahmen zu schaffen, in dem von allen Mitarbeitern Eigenverantwortung und Selbstorganisation gelebt werden kann. Organisationsgestaltung gewinnt so gegenüber Personalentwicklung an Gewicht. Talent Management ist auch in diesem Szenario eine strategische und ganzheitliche Aufgabe, die über Erfolg und Misserfolg von Unternehmen entscheidet. Doch wer treibt das? Wie? Und in welchen Strukturen? Wir freuen uns, dass wir in diesem Roundtable die Zukunftsperspektiven mit den führenden Köpfen jener Branchen diskutieren können, die mit ihrer Expertise das Talent Management von Unternehmen gestalten helfen. Fachlich begleitet wird dieser Roundtable von Randolf Jessl, Chefredakteur des Personalmagazins und einer der wichtigsten und engagiertesten Vordenker der Branche. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen Ihr Competence Site-Team www.competence-site.de Seite 1
Sehr geehrter Herr Foerg, Frage 1: HR-Abteilungen der Zukunft Wie sind sie aufgestellt? Personalabteilungen als Partner in der Personalentwicklung und als Player in der Organisationsgestaltung: Wie sinnvoll ist diese Vision? Und wie realistisch? Welche Vision setzen Sie ggf. diesem Zukunftsbild entgegen? Wie werden Ihrer Meinung nach die Personalabteilungen im Jahr 2020 aufgestellt sein? Wie sind sie in das Unternehmen eingebunden? Wie gut eine HR-Abteilung aufgestellt ist, um den Herausforderungen der Vision 2020 zu begegnen, hängt von drei Hauptfaktoren ab: Erstens davon, wie sie innerhalb der Führungsmannschaft der Organisation positioniert ist; zweitens von ihrem Schwerpunkt einerseits bei den operationalen HR- Aktivitäten wie Rekrutierung, Onboarding, Vergütung und andererseits bei den strategischen HR-Aktivitäten wie Entwicklung von Talenten und Führungskräften sowie der Mitarbeiterproduktivität; und drittens von ihrem Verständnis der Systeme und Prozesse, die eingerichtet werden müssen, um diese Aktivitäten zu verwalten und zu implementieren. Aufgrund der technologischen Fortschritte bei Social und Real-Time Collaboration, mobilem Zugriff sowie bei der Personalplanung haben Personalabteilungen heute bessere Möglichkeiten denn je, eine führende Rolle zu übernehmen, wenn es darum geht, Organisationen durch die Einführung neuer Arbeits- und Entwicklungsansätze bei der Reaktion und Vorbereitung auf Veränderungen zu unterstützen. Ihrem Beitrag steht jedoch häufig im Weg, dass es in diesem Bereich an Wissen darüber mangelt, was erreicht werden kann und wie. Dieses Hindernis wird noch größer, wenn die Personalabteilung zudem außerhalb der Führungsmannschaft positioniert ist und sich zu sehr auf operationale Alltagsaufgaben konzentriert, die ihr nur allzu oft zugeschoben werden. Wer, wenn nicht HR, sollte mehr Verantwortung für die Schaffung eines idealen Umfeldes für die Personalentwicklung im weitesten Sinne und für die Organisationsgestaltung übernehmen? Daher obliegt es der Personalabteilung, ihre Bemühungen neu auszurichten und dort zu konzentrieren, wo sie einen größeren strategischen Wert für die Organisation schaffen kann. Sie muss erkennen, was Technologie bewirken kann, und dies in die Organisation einbringen. www.competence-site.de Seite 2
Frage 2: Die Talent-Organisation der Zukunft Wer macht was? Und wie? Wenn Sie sich eine Organisation wünschen könnten als idealen Rahmen für das Talent Management der Zukunft, wie würde diese Organisation aussehen? Wie wird das das Unternehmen umgebende Ökosystem in das Talent Management einbezogen? Wer übernimmt welche Aufgaben und Verantwortungen im Talent Management? Angesichts der zunehmenden Vielfalt der Mitarbeiter in einer Organisation, die alle unterschiedliche Erwartungen und Arbeitsmethoden haben, kombiniert mit der Notwendigkeit, schnell auf Veränderungen zu reagieren und sich anzupassen, müssen Organisationen überdenken, wie sie ihre Mitarbeiter fördern können und welche Rolle HR dabei spielt. Heutzutage ist es nicht mehr realistisch oder praktikabel, dass eine HR- bzw. Schulungs- und Entwicklungsabteilung die volle Verantwortung für die Entwicklung von Mitarbeitern und ihrer Karriere übernimmt. Das Geschäft unterliegt einem zu raschen Wandel, als dass jemand mit einem von oben gesteuerten Command and Control - Ansatz dabei mithalten könnte, außer natürlich bei Compliance-Vorschriften und gesetzlichen Bestimmungen. Stattdessen sind viel mehr die Mitarbeiter selbst gefragt. Sie können und sollten viel mehr Kontrolle übernehmen über ihre Laufbahn und darüber, wie sie mit ihren Kollegen interagieren, um Aufgaben zu erledigen. Damit das geschieht, müssen die Ziele und die Richtung der Organisation eindeutig und klar sein, sodass jeder Mitarbeiter seine Arbeit und Tätigkeit darauf ausrichten kann, dass diese Ziele erreicht werden. Wenn sie bekannt sind, muss das Management den Mitarbeiter als Einzelperson oder als Mitglied eines Teams dazu anleiten, sich auf bestimmte Ziele zu konzentrieren, die auf die Unternehmensstrategie abgestimmt sind. Danach liegt es an dem Mitarbeiter selbst, sich die nötigen Kollegen, Ressourcen und Fortbildungsmöglichkeiten herauszusuchen, um besser auf diese Ziele hinarbeiten zu können. Dazu muss HR ein Umfeld schaffen und fördern, das Zusammenarbeit, Selbsthilfe und Eigenentwicklung so unterstützt, dass außerdem als Nebenprodukt klare Nachweise der Aktivitäten, Fähigkeiten und Leistungen der Mitarbeiter entstehen, die zum Management und zur Entwicklung künftiger Talente beitragen. So kann die Personalabteilung sich mehr auf das Management nachwachsender Talente konzentrieren und sich dabei auf zuverlässige Daten stützen, die auf den täglichen Aktivitäten der www.competence-site.de Seite 3
Mitarbeiter beruhen, anstatt auf Jahresbeurteilungen zurückzugreifen und HR-Akten zu pflegen. Frage 3: Talent Management Die Folgen für die Unternehmensstrategie? Talent Management ist kein Selbstzweck. Wie wird sie mit der Unternehmensstrategie verknüpft? Und einmal anders herum betrachtet: Welches Gewicht hat die Talentperspektive eigentlich im Prozess der Strategiefindung auf Unternehmensebene und welches wird und soll sie bekommen? Mit welchen unserer heutigen Überzeugungen und Praktiken in der Planung und Umsetzung von Strategien müssen wir brechen, auf welche können wir aufbauen? Keine Talent Management-Strategie sollte unabhängig von der Geschäftsstrategie formuliert werden. Die beiden Bereiche sind in hohem Maße voneinander abhängig. Natürlich muss die Formulierung der Geschäftsstrategie stets Vorrang haben, sie muss jedoch berücksichtigen, wie die Organisation positioniert ist und wie gut sie aufgestellt ist, um diese Strategie umzusetzen. Zu einer guten Aufstellung gehört insbesondere die Verfügbarkeit geeigneter Talente, um die Geschäftsstrategie umzusetzen, sowie die ermittelte Lücke zwischen den Talenten, über die eine Organisation heute verfügt, und dem, was benötigt wird und wann. Wie eine Organisation die Talentlücke schließt, hängt von den Informationen ab, die verfügbar sind, um den Grundstock vorhandener Talente zu ermitteln, sowie von den Prozessen und Methoden, auf die zurückgegriffen werden kann, um die Lücke zu schließen. Die Fähigkeit, die eigene Belegschaft weiterzuentwickeln, um die Anforderungen einer neuen Strategie zu erfüllen, ist in der Regel stets die bevorzugte Methode im Vergleich zu anderen Optionen, die vielleicht Entlassungen, Rekrutierung, Outsourcing, Partnerschaften oder sogar Fusionen und Übernahmen erfordern können. All diese erhöhen die Kosten und das potenzielle Risiko für die Organisation. www.competence-site.de Seite 4
Frage 4: Prozesse im Talent Management Wohin geht die Reise? Social Media, Generation Y, demographischer Wandel: Die Spielregeln praktischer Personalarbeit werden neu geschrieben. Wie wirkt sich das auf einzelne Prozesse aus: Recruiting, Personalentwicklung, Führung oder andere? Welche Rolle spielt hierbei künftig Technologie? Wie kann und muss Software diese Prozesse unterstützen? Welche Expertise und welche Prozesse benötigt man im Unternehmen, welche bezieht man künftig von externen Spezialisten? Der Umgang mit Technologie im privaten Umfeld ist in den meisten Fällen deutlich fortgeschrittener als bei der Arbeit. Daher herrscht inzwischen ein zunehmender Erwartungsdruck, dass das Arbeitsumfeld aufholen und einige der neu aufkommenden Methoden einführen muss, damit die Arbeit durch offenere, kollaborative Prozesse erledigt werden kann. Dies ist nicht nur wichtig, um die Produktivität und Innovation zu steigern, sondern auch, um das richtige Talentprofil für die Zukunft anzuwerben, weiterzuentwickeln und zu ermitteln. Das Personalwesen hat derzeit die einzigartige, potenziell ausschlaggebende Möglichkeit, Unternehmen dabei zu helfen, sich diese neue Technologie zu erschließen und zu neuen Arbeitsweisen überzugehen, die eher dem Profil der Mitarbeiter entsprechen, die ins Arbeitsleben eintreten. Vieles wurde bereits über den Wert von Social und Real-Time Collaboration geschrieben, doch wenn man diese isoliert von den übrigen wesentlichen HR-Prozessen betrachtet, erfasst man nicht alle potenziellen Chancen. Das Personalwesen ist traditionell für Fortbildung, Performance und Talent Management zuständig, wobei Technologie die Automatisierung eines Großteils dieser Tätigkeiten ermöglicht. Die Einführung von Social und Real-Time Collaboration in Kombination mit diesen traditionellen HR- Prozessen schafft ein einzigartiges symbiotisches Umfeld, das über einfache Automatisierung hinausgeht. Dieses Umfeld ermöglicht Mitarbeitern, effektiver zu arbeiten, während es gleichzeitig die Anforderungen an Fortbildung, Performance Management, Nachfolgeplanung und Entwicklung von Führungskräften mitbestimmt. Deshalb obliegt es dem Personalwesen, eine stärkere Führungsrolle bei der Einführung dieser neuen Technologie in Unternehmen zu übernehmen. Dazu muss man zunächst einmal verstehen, was überhaupt möglich ist, und dann geeignete Kandidaten im jeweiligen Unternehmen ermitteln, um den Pilotprozess zu testen, www.competence-site.de Seite 5
bevor durch die Einführung der Technologie ein grundlegender kultureller Wandel herbeigeführt wird. Bisher hat das Personalwesen stets versucht, einen Großteil seiner Prozesse wie Rekrutierung, Lohnbuchhaltung usw. auszulagern. Diese Praxis sollte zwar fortgeführt werden, doch die potenziellen Chancen, die sich durch die Einführung neuer Technologien und Arbeitsweisen ergeben, lassen sich intern besser erschließen. Frage 5: Kompetenz 2020 Wie den Wandel unterstützen? Um den Stellenwert des Talent Managements in Theorie und Praxis zu erhöhen, planen wir im Rahmen unserer Initiative 2020, dieses Thema mit anderen Partnern (Medien, Messen, Verbänden) in die Öffentlichkeit zu tragen. Was sollte eine Meta- Initiative Ihrer Meinung nach thematisieren? Was sollte sie bieten (Fachinformationen, Testimonials, Online-Roundtables, Vernetzung mit Messen)? Was können und würden Sie dazu beitragen? Folgende Diskussionsbereiche bieten sich an: 1) Die Rolle und Position der Personalabteilung im modernen Unternehmen. 2) Möglichkeiten der Stärkung der technologischen Kompetenzen im Personalwesen. 3) Wie Social und Real-Time Collaboration-Prozesse eingeführt und von den Mitarbeitern angenommen werden. 4) Wie traditionelle HR-Prozesse mit neuer Technologie verbunden werden können. Saba könnte Technologie, Fallstudien und Redner beitragen, um zu verdeutlichen, wie neue Technologie von Unternehmen eingesetzt werden kann, um neue Arbeitsmethoden einzuführen. Vielen Dank für das Interview! www.competence-site.de Seite 6