Betriebliche Suchtprävention im bremischen öffentlichen Dienst gestern, heute, morgen



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Transkript:

Vortrag Die Senatorin für Finanzen Betriebliche Suchtprävention im bremischen öffentlichen Dienst gestern, heute, morgen Bundeskonferenz Gesund und arbeitsfähig in öffentlichen Verwaltungen 29. Januar 2015, Berlin

Der bremische öffentliche Dienst Insgesamt Kernverwaltung Sonderhaushalte Eigenbetriebe Beteiligungen Anzahl Beschäftigte 46.754 18.840 4.521 3.105 18.955 Kernverwaltung, gliedert sich in: 9 Ressorts (Ministerien) mit ca. 80 nachgeordneten Dienststellen Sonderhaushalte und Eigenbetriebe: ca. 20 Betriebe

Referat ressortübergreifende Personalentwicklung sie : Personalmanagement und Personalhaushalt bei der Senatorin für Finanzen verortet (in Flächenstaaten meist beim Innenministerium) Aufgaben des Referats reichen von A wie Ausbildung bis Z wie zuständige Stelle für Prüfungsangelegenheiten, weitere Felder: Fortbildungsprogramm, Schwerbehindertenangelegenheiten, Personalauswahl und Stellenausschreibungen, Nachwuchspool etc. Mein Handlungsfeld: Betriebliches Gesundheitsmanagement, inklusive Betriebliches Eingliederungsmanagement und Koordination der Suchtprävention, sowie Schnittstelle zum Arbeitsschutz

Agenda 1. Blick zurück 2. Standortbestimmung nach fast 20 Jahren 3. Neuausrichtung neue Dienstvereinbarung in 2012 4. Was hat sich bewährt über die Zeit? Suchtarbeit als Mannschaftssport 5. Erfolgsaussichten für die Zukunft

Blick zurück Erste Initiativen Mitte der 80er Jahr Abschluss einer Dienstvereinbarung in 1989 Säulen: Hilfsangebot, Stufenplan, AK Sucht, Schulungen für Vorgesetzte Besonderheit: betriebliche Selbsthilfegruppen Inhaltliche Prägung Aus der Selbsthilfebewegung, auf Initiative der Interessenvertretung Vor dem Hintergrund der Alkoholkultur in den Betrieben/Dienststellen der 70er und 80er Jahre Ergebnis: Gut gemeint, aber auch gut gemacht? Inkonsistenz des Stufenplans Haltung gegenüber Betroffenen: Wir wissen, was für dich gut ist Einzige Voraussetzung für Suchtkrankenhelfer/-innen selbst betroffen

Standortbestimmung nach ca. 20 Jahren Lähmungserscheinungen der betrieblichen Suchtprävention und Hilfe fehlende Strukturen in den Dienststellen, AK Sucht oft nur auf dem Papier Suchtkrankenhelfer/-innen in den Dienststellen oft nur formal bestellt = fehlendes eigenes Selbstverständnis und fehlende Unterstützung in der Dienststelle Betriebliche Suchtkrankenhilfe vom Aussterben bedroht Problem der Nachwuchsgewinnung Einige Suchtkrankenhelfer/-innen mehr oder weniger Karteileichen, ohne aktive Arbeit in der Dienststelle Erste Maßnahme: Befragung der Dienststellen zum Stand der betrieblichen Suchtprävention und hilfe

Ergebnisse der Befragung in 2008 I Elemente der betrieblichen Suchtprävention - ausgewiesen in Prozent - 90 80 79 70 60 50 40 56 45 36 43 55 61 Betriebl. Suchtkrankenhelfer/in Arbeitskreis Sucht betriebliche Selbsthilfegruppe 30 Schulungen für Vorgesetzte 20 10 0 12 1 0 3 3 "ja" "nein" "weiß nicht"

Ergebnisse der Befragung II Elemente der betrieblichen Suchtprävention nach Größe der Dienststellen ausgewiesen in % bis 50 Beschäftigte (29 Dienststellen) 120 100 80 60 40 20 0 17 71 100 100 100 92 Betriebl. Suchtkrankenhelfer/in 3 58 Arbeitskreis Sucht betriebliche Selbsthilfegruppen (Ausw ertung nicht aussagekräftig, zurzeit 4 Betriebliche Selbsthilfegruppen) 11 42 67 Schulungen für Vorgesetzte 80 50 bis 300 Beschäftigte (25 Dienststellen) 300 bis 1000 Beschäftigte (12 Dienststellen) ab 1000 Beschäftigte (5 Dienststellen)

Ergebnisse der Befragung III Anwendung der Interventionskette gem. 7-11 der Dienstvereinbarung Angabe in % 50 45 43 40 35 30 25 22 bisher nicht ja, aber selten ja, meistens 20 15 10 5 4 16 13 ja, immer mir nicht bekannt 0

Neuausrichtung gesellschaftliche Rahmenbedingungen Neue (Medien-) Süchte gewinnen an Bedeutung Komorbidität Häufiges Zusammenspiel von psychischen Erkrankungen und Suchterkrankungen Frage nach Henne oder Ei wissenschaftlich noch ungeklärt Altfälle Bei fortdauernder Personalknappheit lassen sich sogenannte Altfälle nicht einfach aussitzen oder auf bisher übliche Weise entledigen Neues Thema Doping im Betrieb Suchtmittel zur Leistungssteigerung oder als Ausgleichsversuch

Schlussfolgerung: Suchtmittelgefährdung und Suchterkrankungen und damit auch Suchtprävention, werden auch in Zukunft im betrieblichen Kontext Bedeutung haben. Eine Dienstvereinbarung zur Sucht-prävention am Arbeitsplatz ist nach wie vor notwendig und sinnvoll!

Breite Unterstützung für neue DV Arbeit in der ressortübergreifenden Arbeitsgruppe Vertreter/-innen aus fast allen Ressorts (mit Fachverstand und Erfahrung mit der DV) aus dem Gesamtpersonalrat aus der Gesamtschwerbehindertenvertretung aus den Reihen der betrieblichen Suchtkrankenhelfer/-innen aus dem Arbeitsmedizinischen Dienst = sehr breite Beteiligung von Anfang an = erhöhte Aufmerksamkeit in den Dienststellen für das Thema

Was ist neu an der Dienstvereinbarung? Erweiterung des Suchtverständnisses über Alkohol hinaus Stichwort: neue Süchte, stoffungebundene Süchte Zielsetzung: Unterstützung des frühzeitigen Handelns auch bei Unsicherheit Sondierungsgespräch Differenzierung des gestuften Vorgehens U.a. Herausstellen der besonderen Vorgaben, die bei Beamten/- innen zu berücksichtigen sind Kein zeitliches Korsett der Stufengespräche mehr Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte und des Schutzes der persönlichen Daten der Betroffenen

Was ist neu? (2) Aufwertung der Tätigkeit der betrieblichen Suchtkrankenhelfer/-innen Bedeutung von Beratungskompetenzen, fachlicher Weiterentwicklung und Rolle im betrieblichen Kontext (Stichwort Allparteilichkeit) Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten in den Dienststellen bzgl. Vorhandensein von Suchtkrankenhelfern/-innen, Freistellungen, Einsatz von Hauptamtlichen, Aktivitäten des AK Sucht Inhaltliche Aufteilung in Dienstvereinbarungstext und Anlagen

Was hat sich bewährt - Stützpfeiler der betr. Suchtprävention Kollegiale Ansprechpersonen als niedrigschwelliges Angebot vor Ort Monatlicher Erfahrungsaustausch und Supervision der Suchtkrankenhelfer/-innen = Gegentrend zum Einzelkämpfer/innentum, fachlicher Input, Zwang zur Reflexion Eigene Ausbildung der Suchtkrankenhelfer/-innen = Passgenauigkeit und Vernetzung Angebot der Inhouse-Fortbildungen für Führungskräfte gemeinsam mit BSKH Betriebliche Selbsthilfegruppen (3 Sucht, 1 Essstörungen, 1 Trauer)

Zukunftsperspektiven der betrieblichen Suchtprävention im bremischen öffentlichen Dienst Positiv wirken die Schnittmengen zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement und zum Gesundheitsmanagement (in beiden Dienstvereinbarungen ist Suchtprävention erwähnt). Zusammenspiel der Handlungsfelder Suchtprävention, BGM, BEM, Personalentwicklung und Fortbildung in einem Referat und einer Person (Steuerungsmöglichkeiten) Gutes Zusammenwirken mit anderen Beratungsangeboten im bremischen öffentlichen Dienst (five Führungkräfte in Verantwortung; Begleitende Hilfen im Arbeitsleben insbesondere für Suchtkranke nach stat. Therapie).

Leitgedanke der betrieblichen Suchtprävention im bremischen öffentlichen Dienst: Betriebliche Suchtarbeit ist Mannschaftssport, d.h. es erfordert: die permanente Suche nach Mitspielern/-innen (die kommen nicht von allein) und permanente Suche nach guten Gelegenheiten für das Thema Sucht (denn ein gesellschaftliches Tabu-Thema versteckt sich gern)

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Noch Fragen? Kommentare? Susanne Pape Senatorin für Finanzen, Personalentwicklung, Doventorscontrescarpe 172 C, 28195, E-Mail: susanne.pape@finanzen.bremen.de