VERBAND DER FILMVERLEIHER E.V.



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Transkript:

VERBAND DER FILMVERLEIHER E.V. Stellungnahme zur nationalen Filmförderung Der Kinoverleiher hat in der Regel eine doppelte Funktion: Er ist (Co-)Financier und Auswerter des Kinofilmes. Sehr häufig erwirbt der Kinofilmverleiher nicht nur die Auswertungsrechte für das Kino, sondern auch für die nachgelagerten Auswertungsstufen. Dies gilt sowohl für deutsche als auch für internationale Filme. Der Verleiher ist Mittler zwischen den Kinofilmproduzenten und den Kinotheaterunternehmen. Er ist verantwortlich für die Herausbringung und das Marketing des Kinofilms, also für den Kontakt mit dem Endverbraucher. Als häufiger Lizenzinhaber von Video-, Video on Demand- und TV-Rechten ist er außerdem unmittelbar von den strukturellen Änderungen des audiovisuellen Marktes betroffen. Diese enge Verknüpfung des Kinoverleihs mit den anderen Sparten der Kinowirtschaft und seine Einbindung in den gesamten audiovisuellen Markt bildet den Hintergrund für unsere Stellungnahme zur nationalen Filmförderung. Sie ist das Ergebnis innerverbandlicher Diskussionen, Gesprächen im Rahmen des Bündnisses für den Film sowie Erörterungen mit den Fachreferenten des BKM und des Staatsministers Nida-Rümelin. 1. Allgemeine Bemerkungen 1.1. Vermachtete TV-Strukturen Die gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Fernsehsender haben die Strukturen der Kinobranche und das Sehverhalten der Bundesbürger massiv verändert. Spätestens seit Mitte der 70er Jahre bestimmen die TV-Sender die Refinanzierungsbedingungen und die Herstellungsbedingungen der deutschen Kinofilme. Bund und Länder haben im Gegensatz zu anderen Staaten niemals den ernsthaften Versuch unternommen, dieses massive Ungleichgewicht durch gesetzliche Schutzbestimmungen auszugleichen. Es ist wenig verwunderlich, daß die privaten TV-Sender in den 80er- und in den 90er Jahren diese für sie günstigen Konditionen übernommen haben. Die angebliche Programmvielfalt im deutschen Fernsehen ist gekennzeichnet durch ein Oligopol der Gruppen ARD, ZDF, Bertelsmann und Kirch (?). Zwar gibt es mehr als 20 Free-TV-Sender in Deutschland, die Produktions- und Einkaufsentscheidungen fallen aber nur an wenigen Stellen. Erschwerend kommt hinzu, daß im Gegensatz zu anderen Ländern ein Pay-TV-Monopol entstanden ist, das für Refinanzierungen unabhängiger Produktionen in der Regel ausfällt. Andere Refinanzierungsmöglichkeiten wie die gesonderte Vermarktung an Kabelnetzbetreiber bestehen nicht. Politisch abgesichert wird dieses TV-Oligopol durch ein von Bund und Ländern getragenes Netz aus Landesmedienanstalten, regionalen Filmförderern sowie starken Länderregierungen. Diese Machtkonzentration führt aus Sicht der Kinofilmwirtschaft zu vier nachteiligen Konsequenzen: Der Marktzutritt neuer TV-Anbieter wird verhindert, die Terms of Trade bei der Produktion und beim Filmeinkauf werden einseitig von den Sendern festgelegt, es findet kein bzw. nur geringer Wettbewerb zwischen den TV-Sendern statt, die finanziellen Beiträge der TV-Sender an die FFA werden in der Höhe und in den Bedingungen stark eingeschränkt. Europaweit ist außerdem eine zunehmende Kaufzurückhaltung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens bei hochwertigen aktuellen europäischen Kinofilmen festzustellen. Ohne eine Änderung dieser Einkaufspolitik wird mittelfristig die Programmvielfalt im Kino stark abnehmen, da nur durch TV-Verkäufe die hohen Herausbringungskosten im Kino refinanziert werden können. 1

1.2. Förderinstrumente und regionale Filmförderung Die Geschichte des FFG's ist auch eine Geschichte der Modifikation von Referenz- und Projektfilmförderung. Die Entscheidung, zusätzlich zu der Referenzfilmförderung auch eine Projektfilmförderung im FFG zu installieren, geschah vor dem Hintergrund, daß der Anspruch auf Referenzförderung Anfang der 70er Jahre im wesentlichen von speziellen Filmreihen generiert wurde. Diese Referenzgelder wurden im Anschluß wieder in neue ähnliche Filme investiert. Der Marktzutritt für Newcomer war sehr schwierig. Die Erfahrung mit der Projektfilmförderung zeigte dann aber im Laufe der Zeit auch, daß häufig Filme produziert wurden, die nicht in den Kinos ausgewertet werden konnten, weil kein Verleih bereit war, in die Herausbringungskosten für diese Filme zu investieren. Deshalb wurde im FFG die Bedingung verankert, daß die Projektförderung in der Regel nur in solchen Fällen erfolgen kann, in denen der Produzent einen Verleihvertrag vorlegt. Dieses Denken in Verwertungskreisläufen findet sich nur selten bei den einzelnen Förderungsarten. Im Laufe des FFG's wurden immer neue Schwachpunkte gefunden, die zu einer gesonderten Förderungsmöglichkeit führten. Beispielhaft sei hier auf die Drehbuchförderung verwiesen, die laut Aussage der FFA nur in seltenen Ausnahmefällen zu realisierten Filmwerken führt. Erst allmählich nimmt die Vorstellung Gestalt an, daß eine isolierte Förderung ohne Berücksichtigung späterer Vermarktungsprozesse kaum erfolgreich sein kann. Im Laufe der 90er Jahre kam es aber auch zur Gründung ökonomisch starker regionaler Filmförderungsinstitutionen, vor allem begünstigt durch den Erfolg des Privat-TV. Bekanntlich ist Rundfunkrecht Länderrecht, so daß sich für diejenigen Bundesländer mit starken TV-Sendern die ideale Möglichkeit ergab, rundfunkrechtliche Aufsichtrechte mit länderspezifischen Strukturinteressen zu verknüpfen. Die Interessen der TV-Sender korrespondierte mit den Länderinteressen. Die finanzielle Beteiligung an den regionalen Filmförderern hatte mindestens folgende Vorteile: Wohlwollen und Unterstützung durch die Politik, Absicherung von Frequenzen und Kanalbelegungen, Subventionierung von TV-Programmen, preisgünstiger Rechtezugriff auf Kinoproduktionen, Deckelung der FFA-Zahlungen. Gleichwohl leisten die regionalen Filmförderer in vielen Bereichen wertvolle Unterstützung bei der Produktion, Vermarktung und beim Abspiel von deutschen Kinofilmen. Die Kooperation der TV-Sender mit den regionalen Filmförderern determiniert jedoch die Kooperation im Rahmen des FFG. 1.3. Fördertheoretische Überlegungen Der im FFG festgeschriebene Förderungszweck macht Sinn: Die deutsche Kinofilmproduktion und -verbreitung soll unterstützt werden. Dies gilt ebenso für Strukturverbesserungen in den Bereichen der Filmwirtschaft, die den Kinofilm nutzen. Als Förderungsfinancier sollen all die Nutzer herangezogen werden, die den deutschen Kinofilm in verschiedenen Verwertungsstufen nutzen. 1.3.1. Angemessenheit Aus Sicht der Kinofilmwirtschaft ist eine Angemessenheit der Finanzierungsbeiträge der einzelnen Nutzer anzustreben. Als mögliche Kriterien kommen z. B. in Frage: Die Einnahmen durch die Nutzung deutscher bzw. aller Kinofilme, die Intensität der Nutzung von deutschen bzw. allen Kinofilmen, die Umsätze der verschiedenen Verwertungsstufen. Unabhängig davon, welches Kriterium man heranzieht, wird man im Endergebnis immer zu dem Schluß kommen, daß der TV-Sektor die höchsten Finanzierungsbeiträge leisten müßte. Die Realität sieht anders aus. Im letzten Jahr erzielte die Kinoabgabe ca. 20 Mio., der Anteil von öffentlich-rechtlichem und privatem Fernsehen lag hingegen bei nur 11 Mio.. In diesem Zusammenhang verweisen die Vertreter der TV-Branche auf ihre ökonomischen Leistungen bei den regionalen Filmförderern. Wir haben oben darauf hingewiesen, daß diese ökonomischen Leistungen nur in begrenztem Umfang als Abgabeleistung zu qualifizieren sind. 2

1.3.2. Gleichbehandlung Die Förderungsfinanciers haben einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Deshalb können sie vom Gesetzgeber verlangen, daß die Modalitäten der Abgabeerhebung auf der gleichen rechtlichen Grundlage stattfinden. Das FFG verstößt gegen dieses Gebot, da auf der einen Seite die Kino- und Videobranche mit einer parafiskalischen Abgabe belastet und auf der anderen Seite den TV-Sendern eine freiwillige Vereinbarung mit der FFA gestattet wird. 1.3.3. Gründe für eine Bevorzugung der Kinobranche Bekanntlich sollen die Förderungsinstrumente des FFG's auch zu Strukturverbesserungen in den Bereichen der Filmwirtschaft beitragen, die dem Kinofilm nutzen. Drei Gründe sprechen allerdings dafür, die Kinobranche insgesamt stark zu bevorzugen: Kino ist Lokomotive Der Erfolg im Kino führt zu nachfolgendem Erfolg auf den anderen Verwertungsstufen. Kino ist teuer Das finanzielle Engagement bei der Kinofilmvermarktung ist um den Faktor 8 bis 10 höher als bei der Herausbringung auf Video. Der Bau und der Betrieb eines Kinos ist um ein Vielfaches teurer als der einer Videothek. Der Kinobranchenförderung nutzt allen Kinofilmverwertern Je später die Förderung eingreift, um so kleiner ist der Kreis, der von dieser Förderung profitieren kann. 2. Perspektiven einer neuen Förderpolitik Berlin als Bundeshauptstadt bietet die Möglichkeit für einen engeren Schulterschluß zwischen Politik und Kinobranche. Wir unterstützen die Maßnahmen des BKM, den deutschen Filmpreis und die Berlinale mit neuem Leben zu erfüllen. Ganz wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Schaffung der Position des Bundesbeauftragten für Kultur und Medien durch die rot-grüne Koalition. Der Staatsminister kann in idealer Weise die Interessen der deutschen Filmwirtschaft auch nach außen vertreten, so daß erstmals bei der Außenvertretung das protokollarische Wirrwarr gelöst werden konnte. Nach innen erhoffen wir uns vom BKM eine stärkere Fokussierung der filmwirtschaftlichen Interessen gerade auch im Zusammenhang mit urheberrechtlichen Fragestellungen (Vgl. hierzu auch rechtliche Rahmenbedingungen). Eine grundlegende Verbesserung der Situation des deutschen Kinofilms und der deutschen Kinowirtschaft ist aber nur zu erreichen, wenn der politische Mut besteht, die oben beschriebenen verfestigten TV-Strukturen aufzubrechen. Ohne den politischen Willen, die bestehenden "Terms of Trades" zwischen Filmproduzenten/Filmverleihern und TV-Sendern zu Gunsten der Filmproduzenten/Filmverleiher zu verändern, ist eine grundsätzliche ökonomische Verbesserung des deutschen Kinofilms nicht möglich. 2.1. Rechtliche Rahmenbedingungen Aus Sicht der Filmwirtschaft sind einige Gesetzgebungsvorhaben von überragender Bedeutung. Die Umsetzung der EU-Copyrightrichtlinie in deutsches Urheberrecht legt die Fundamente für die Auswertungsstruktur der Filmindustrie in den nächsten Jahren. Mit dem vorgelegten Referentenentwurf des BMJ wurden nur einige wenige Forderungen der Filmwirtschaft übernommen. Die Stellungnahmen von VdF und SPIO liegen vor. Der Medienerlaß erschwert ohne Not internationale Koproduktionen für deutsche Filmhersteller. Die Vorschläge der Filmwirtschaft liegen vor und müssen umgesetzt werden. 3

Darüber hinaus hat der deutsche Gesetzgeber in diesem Jahr das Urhebervertragsrecht verabschiedet. Obwohl der Kinofilmsektor im Vergleich zu allen anderen Werkgattungen völlig anders strukturiert ist, (Vielzahl von Urhebern und Schauspielern, umfangreiche Auswertungskaskaden), wird der Kinofilm wie andere Werkgattungen rechtlich gleichbehandelt. Dies führt zu einem erhöhten finanziellen Risiko für den Filmproduzenten und die Filmverwerter. Statt einer rechtlichen Stärkung des Produzenten wurde mit dieser Novellierung die unsichere Rechtsposition des Kinofilmproduzenten und der Filmverwerter weiter verschlechtert. Wenig Verständnis haben wir auch für das Bestreben der EU-Kommission, die nationalen Filmförderungssysteme der Mitgliedsstaaten in Hinsicht auf wettbewerbsbeschränkende Vorschriften zu überprüfen. Auch unter Zugrundelegung wettbewerbsrechtlicher Kriterien ist schwer nachvollziehbar, warum deutschen Kinofilmproduzenten beispielsweise unter einer starken Subventionierung französischer Kinofilmproduzenten Nachteile erwachsen sollten. Ganz im Gegenteil sollte die EU-Kommission die Mitgliedsländer motivieren, möglichst starke nationale Fördersysteme aufzubauen. 2.2. Kooperation mit den TV-Sendern Jenseits der förderpolitischen Grabenkämpfe gibt es eine Fülle von Kooperationen zwischen Verleihfirmen und TV-Sendern. Diese Kooperationen basieren auf der übereinstimmenden Überzeugung, daß eine erfolgreiche Kinofilmauswertung zu hohen Zuschauerquoten bei der TV-Ausstrahlung führen. Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben, daß es gelingen kann, gemeinsame Kooperationen zwischen TV-Sendern und der Kinofilmwirtschaft aufzubauen. Hierzu gehören insbesondere Sendeformate, wie sie in anderen europäischen Ländern schon länger erfolgreich praktiziert werden. So könnten beispielsweise 15-30 minütige wöchentliche Sendefenster, ausgestrahlt zu attraktiven Sendezeiten, einen erheblichen positiven Impuls für den Kinobesuch erzeugen. Auch Freischaltung aktueller Kino-TV-Trailer könnten einen positiven Effekt für die gesamte Kinobranche haben. Weitere gemeinsame Aktionen wie Filmclubs u.ä.m. sind denkbar. Die großen TV-Sender in Deutschland haben eine Verantwortung für den deutschen und europäischen Kinofilm. Die Revitalisierung des europäischen und deutschen Kinofilms nutzt auch der späteren TV-Ausstrahlung. Warum sollte dieses vorhandene Potential nicht gemeinsam besser genutzt werden können? 2.3. Genrevielfalt des deutschen Kinofilms Der deutsche Kinofilm hat in den letzten Jahren mit Genrevielfalt überrascht. Bis auf ganz wenige Ausnahmen werden die deutschen Kinofilme mit Herstellungskosten bis zu 3-4 Mio. realisiert. Im internationalen Vergleich sind diese Beträge nahezu lächerlich. Nur wenn der politische Wille vorhanden ist, diese Genrevielfalt beizubehalten und auszubauen und damit auch die Voraussetzung zu schaffen, Filme mit erheblich höheren Herstellungskosten zu produzieren, wird der deutsche Film in der Lage sein, stärker national und international zu reüssieren. Dies setzt allerdings voraus, daß im FFG ein Mechanismus gefunden wird, der die Produktionsfördermittel stark anhebt. Im Vergleich zu den Fördermitteln der regionalen Filmförderer sind Förderungen durch die FFA weder mit Rechten noch mit Regionaleffekten verbunden. Ein erheblicher Anstieg dieser Fördermittel ist aber nur zu erreichen, wenn mehr TV-Mittel zur Finanzierung zur Verfügung stehen. 4

2.4. Programmvielfalt im Kino Es ist davon auszugehen, daß der Neubauboom in bundesdeutschen Filmtheatern vorüber ist. Auf der anderen Seite fehlt es an gut ausgestatteten Arthouse-Filmtheatern. Der Filmkunstmarkt repräsentiert derzeit cirka 10% der Besucher, in Ländern wie in Frankreich und der Schweiz liegt dieser Anteil bei cirka 20 Prozent. Ähnliche Anteile sind auch für Deutschland erreichbar. Als einen Baustein zur Erreichung dieses Zieles schlagen wir im neuen FFG besondere Fördermechanismen für Arthouse-Filmtheater vor (Bürgschaftsfonds, erleichterte Darlehens- oder Zuschussförderung, Referenzförderung für BKM ausgezeichnete Filmtheater). 2.5. Neue Aufgaben: Pirateriebekämpfung und Gemeinschaftskampagnen Die Internetpiraterie ist eine reale Gefahr für die gesamte Filmwirtschaft. Mit wachsendem Erfolg des deutschen Films wächst auch die Gefährdung durch Internetpiraterie für deutsche Filme. Bereits heute kursieren im Internet Raubkopien von aktuellen deutschen Kinofilmen, die erst in den nächsten Monaten starten werden. Zur Bekämpfung dieser Piraterie wird es zukünftig notwendig sein, das Internet laufend auf illegale Angebote hin zu durchforsten. Es ist deshalb erforderlich, im neuen FFG den Aufgabenkatalog der FFA inklusive entsprechender Mittelreservierung zu erweitern. Die Kinowirtschaft hat in den letzten Jahren verschiedene erfolgreiche Gemeinschaftskampagnen wie "Kino ist das Größte", den "Super Kinodienstag" und das "Kinofest 2001 bzw. 2002" durchgeführt. Die Notwendigkeit solcher Gemeinschaftskampagnen ist unbestritten. Im neuen FFG sollte deshalb gezielt für diese Maßnahmen ein bestimmter Anteil des Etats reserviert werden. 2.6. Visuelle Alphabetisierung In Frankreich und Großbritannien gibt es schon seit vielen Jahren Kooperation zwischen der Filmwirtschaft auf der einen Seite und den Bildungsministerien auf der anderen Seite. Das Kino als Schule des Sehens wird dort ernst genommen. Im März 2002 hat in Deutschland erstmals mit Unterstützung der Filmwirtschaft und verschiedenen Filmförderern eine Schulfilmwoche in Nordrhein-Westfalen stattgefunden, die mit fast 100.000 teilnehmenden Schülern zu einem großen Erfolg geworden ist und auf große Zustimmung bei Schülern und Lehrern gestoßen ist. Fünf weitere Bundesländer haben bereits ihre Bereitschaft für eine ähnliche Veranstaltung in ihren Bundesländern signalisiert. Neben der finanziellen Unterstützung durch die jeweiligen Ministerien in den Bundesländern sollte auch die FFA und das BKM diesen Ansatz großzügig unterstützen. 3. Filmabsatzförderung im FFG Die Verleihsparte ist diejenige Sparte im gesamten Verwertungskreislauf, die den höchsten Anteil an Risikokapital zur Finanzierung deutscher Kinofilme zur Verfügung stellt. Mit durchschnittlichen Herausbringungskosten für deutsche Filme von ca. 1 Mio. pro Film muß sie außerdem erhebliche Mittel vorfinanzieren, um die Filme im Kino erfolgreich auszuwerten. Die Kinofilmherausbringung ist um den Faktor 8-10 höher als die Videofilmvermarktung. Trotz dieses hohen Investments werden leider nur wenige deutsche Filme wirklich erfolgreich ausgewertet, sehr viele Filme erreichen noch nicht einmal den break even point. Um hier eine Angleichung zur starken Wettbewerbsposition des amerikanischen Films zu erreichen, ist eine Aufstockung der Absatzförderungsmittel dringend notwendig. Da die Kosten der Kinofilmvermarktung auch der späteren Video- und TV-Verwertung zugute kommen, ist es angemessen, auch bei den Mitteln der Video- und TV-Wirtschaft einen bestimmten Anteil für die Kinofilmvermarktung vorzusehen. Im einzelnen schlagen wir folgende Maßnahmen vor: 5

1. Referenzmittel der Absatzförderung sollten wie bei der Produktionsförderung als Zuschüsse vergeben werden. 2. Wir fordern eine wesentliche Erhöhung der Absatzförderungsmittel durch eine stärkere Berücksichtigung bei der Kino- und Videoabgabe und eine neue Berücksichtigung bei den Mitteln der TV Sender. 3. Die im FFG vorgesehene hälftige Teilung der Absatzfördermittel zwischen Verleihprojektund Verleihreferenzförderung sollte beibehalten werden. 4. Die im FFG vorgesehenen oberen und unteren Grenzen für die Verleihreferenzförderung orientieren sich an den Bestimmungen der Media Verleihförderung. Die Beibehaltung dieser Grenzen ist sinnvoll. 5. Bei der letzten Novellierung hatten wir bereits gefordert, daß die Referenzmittel aus Absatzförderung auch in Garantien, wie beim Media Programm, investiert werden könnten. Diese Erweiterung erleichtert die Finanzierung deutscher Kinofilme. 6. Der Vorschlag einer kriterienbasierten Referenzfilmförderung ist interessant. Insbesondere finden sich Parallelen zur Referenzförderung im Media Programm, wo ja bekanntlich bei der automatischen Förderung Filme aus kleineren Ländern höhere Euro- Beträge je Besucher generieren. Wir schlagen vor, daß bei bestimmten Genres wie Kinderfilm und Dokumentarfilm und/oder bei Erstlingsfilmen (Produktion, Regie) ein Aufschlag auf die Besucherzahlen von 50 % erfolgt. Beispiel: Ein deutscher Dokumentarfilm erzielt 100.000 Besucher, durch einen Aufschlag von 50 % werden bei der Referenzförderung insgesamt 150.000 Besucher berücksichtigt. Dieses Rechenverfahren sollte sowohl für die Produktions- als auch für die Verleihförderung angewendet werden. Darüber hinaus sollte ein Hauptpreis auf einem A- Festival mit einem Betrag von bis zu 125.000 gefördert werden. Diese Beträge sind aus der Referenzproduktionsförderung vorabzuziehen, danach errechnet sich der Euro-Preis je Besucher. 7. Im Vergleich zu den Sparten Produktion und Filmtheater ist der VdF im Verwaltungsrat der FFA unterrepräsentiert. Wir fordern deshalb eine Gleichstellung mit den beiden Sparten. Wiesbaden, im Juni 2002 Verband der Filmverleiher e.v. 6