Insolvenzrecht EBC*L Stufe A Modul 4



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Transkript:

Insolvenzrecht EBC*L Stufe A Modul 4 Abbildung 6: Insolvenzursachen 2009 (Quelle: KSV 1870) Mag. Habison, Mag. a Merstallinger 86 ikon VerlagsGesmbH

EBC*L Stufe A Modul 4 Insolvenzrecht B 6.3. Insolvenzverfahren Die neue Insolvenzordnung ersetzt die bis zum 30. Juni 2010 gültige Ausgleichs- und Konkursordnung und kennt fortan zwei Arten von Insolvenzverfahren: 1. Sanierungsverfahren (mit/ohne Eigenverwaltung) 2. Konkursverfahren Ausdrücklich hervorzuheben ist, dass das Gesetz zwar die entsprechenden Grundlagen bietet, es allerdings alleine Sache des betroffenen Unternehmers ist, diese Verfahrensmöglichkeiten rechtzeitig zu ergreifen. Gründe für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sind allgemein: Zahlungsunfähigkeit bei Kapitalgesellschaften: Überschuldung Eine rein rechnerische Überschuldung (Schulden höher als Vermögenswerte) reicht aber noch nicht aus. Es muss noch eine sog. negative Fortbestehensprognose hinzutreten, die erwarten lässt, dass das Unternehmen seinen zukünftigen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen wird können. Sanierungsverfahren Prinzipiell werden hier das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung (vormals Zwangsausgleich) und das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung (vormals Ausgleich) unterschieden. ikon VerlagsGesmbH 87 Mag. Habison, Mag. a Merstallinger

Insolvenzrecht EBC*L Stufe A Modul 4 Für das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung gelten folgende Bestimmungen: Die Antragstellung erfolgt ausschließlich durch den Schuldner. Der Antrag muss binnen 60 Tagen ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw. bei juristischen Personen bei Überschuldung gestellt werden. Voraussetzung für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist das Vorhandensein von kostendeckendem Vermögen oder die Leistung eines Kostenvorschusses von bis maximal EUR 4.000,-. Den Gläubigern muss eine Quote von zumindest 20 % zahlbar in längsten zwei Jahren angeboten werden. Wenn kein kostendeckendes Vermögen vorhanden ist oder kein Kostenvorschuss erlegt wird, kommt es zu einer Abweisung des Insolvenzantrags mangels kostendeckenden Vermögens ( mangels Masse ) durch Gerichtsbeschluss und in der Folge zur Entziehung der Gewerbeberechtigung durch die Gewerbebehörde (dies gilt drei Jahre als Gewerbeausschlussgrund). Gleichzeitig wird die juristische Person aus dem Firmenbuch gelöscht. Wenn kostendeckendes Vermögen vorhanden ist oder ein Kostenvorschuss erlegt wird, kommt es zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens und es treten die damit verbundenen Wirkungen ein: Die Verfügungsgewalt über die Insolvenzmasse (Unternehmen, Vermögen) geht vom Schuldner auf den vom Gericht bestellten Insolvenzverwalter (früher Masseverwalter) über. Es kommt zur Exekutions- und Prozesssperre. Das Insolvenzedikt wird in der Insolvenzdatei unter www.edikte.justiz.at veröffentlicht. Die Gläubiger werden unter Fristsetzung aufgefordert, ihre Forderungen anzumelden. Mag. Habison, Mag. a Merstallinger 88 ikon VerlagsGesmbH

EBC*L Stufe A Modul 4 Insolvenzrecht Es kommt zur Einberufung der ersten Gläubigerversammlung und Bestellung eines Gläubigerausschusses (meist gemeinsam mit der Sanierungsplan- und Prüfungstagsatzung). Hierin erfolgt die Glaubhaftmachung der Forderungen durch die Gläubiger. In der Sanierungsplan- und Prüfungstagsatzung (innerhalb von 90 Tagen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens) kommt es zur Entscheidung über die Fortführung/Schließung des Unternehmens. Der Antrag auf Annahme des Sanierungsplans bedarf der Zustimmung der Mehrheit der Insolvenzgläubiger, die bei der Sanierungsplantagsatzung anwesend und stimmberechtigt sind (sog. Kopfmehrheit). Diese zustimmende Kopfmehrheit muss darüber hinaus mehr als die Hälfte der Gesamtsumme der Forderungen repräsentieren, welche insgesamt alle anwesenden stimmberechtigten Insolvenzgläubiger innehaben (sog. Kapitalmehrheit). Wird der Sanierungsplan angenommen, kommt es zu einer Bestätigung durch das Insolvenzgericht und zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Der Schuldner erlangt seine Verfügungsfähigkeit über sein Unternehmen zurück. Mit Erfüllung erlöschen die Restschulden und werden zur sog. Naturalobligation. 1 Scheitert der Sanierungsplanantrag, wird das Konkursverfahren eingeleitet (siehe ebendort). 1 Naturalobligation: Schuld und Haftung treten nicht immer gemeinsam auf. Es gibt Fälle, in denen etwas zwar geschuldet, nicht jedoch dafür gehaftet wird; Fälle von Schuld ohne Haftung. Die Naturalobligationen oder unvollkommene/natürliche Verbindlichkeiten sind ein solcher Fall. Das Gesetz lässt zwar die Erfüllung des Geschuldeten durch den Schuldner zu, weil dieser die Leistung nach wie vor schuldet, versagt dem Gläubiger aber die gerichtliche Durchsetzung seiner Forderung. Naturalobligationen sind zwar zahlbar, aber nicht mehr (ein)klagbar und daher auch nicht mittels Exekution durchsetzbar. ikon VerlagsGesmbH 89 Mag. Habison, Mag. a Merstallinger

Insolvenzrecht EBC*L Stufe A Modul 4 Für das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung gelten ähnliche Bestimmungen, folgende Abweichungen sind zu erwähnen: Im Sanierungsplan muss den Gläubigern eine Quote von zumindest 30 % zahlbar in längsten zwei Jahren angeboten werden. Dem Antrag beizufügen sind überdies ein Vermögensverzeichnis, eine aktuelle und vollständige Übersicht über den Vermögens- und Schuldenstand sowie ein Finanzplan. Der Schuldner ist befugt, sein Unternehmen selbst weiterzuführen. Mit Erfüllung der Quote erlöschen die Restschulden. Ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung endet wie das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung durch gerichtliche Bestätigung des von den Gläubigern angenommenen Sanierungsplans. Auch hier sind mit Rechtskraft dieser Bestätigung gleichzeitig das Sanierungsverfahren (und damit das Insolvenzverfahren) aufgehoben. Mit Erfüllung der Quote erlöschen die Restschulden und werden zur Naturalobligation. Konkursverfahren Erst wenn der Schuldner keinen Sanierungsplan vorlegt, hat der Insolvenzverwalter die Verwertung des Unternehmens in Angriff zu nehmen. Da ein lebendes Unternehmen bessere Verwertungserlöse erzielt, sollte das Unternehmen möglichst als Ganzes oder zumindest als teilweise funktionierendes Unternehmen verkauft werden. Das Konkursverfahren ist den oben besprochenen Sanierungsverfahren im Ablauf sehr ähnlich. Unterschiede ergeben sich hinsichtlich folgender Punkte: Mag. Habison, Mag. a Merstallinger 90 ikon VerlagsGesmbH

EBC*L Stufe A Modul 4 Insolvenzrecht Ein Konkursverfahren kann sowohl vom Unternehmen selbst als auch von einem Gläubiger beantragt werden. Außerdem wird im Konkursverfahren generell ein Insolvenzverwalter tätig. Bezüglich des Vorhandenseins von kostendeckendem Vermögen gilt oben Ausgeführtes. Bezüglich des Ausgangs ist das Konkursverfahren offen. In einer Prüfphase wird entschieden, ob es zu einer Sanierung kommen kann oder ob die Verwertung des Vermögens geboten ist. Hier kann es zu einer Übertragung oder eine endgültige Zerschlagung des Unternehmens kommen. Findet sich kein Käufer, dann hat der Masseverwalter das Unternehmen zu liquidieren. Er verwertet dann alle körperlichen und unkörperlichen Gegenstände und bezahlt daraus vorrangig die Masseforderungen, die zur Gänze zu befriedigen sind. Masseforderungen sind gem. 46 IO die nach Insolvenzeröffnung entstandenen Verbindlichkeiten (z.b. Strom, Gas, Dienstnehmer etc.). Erst wenn alle Masseforderungen zur Gänze bezahlt sind, kann der Insolvenzverwalter Quoten an die Insolvenzgläubiger ausschütten. Im Konkursverfahren gibt es keine vorgeschriebene Mindestquote. Nach Auszahlung der Quote an die Insolvenzgläubiger kommt es zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch Gerichtsbeschluss. Nur im Konkursverfahren kann es zu keinem Sanierungsplan, sondern zu einer abschließenden Verteilung des Verwertungserlöses an die Gläubiger kommen. Der Unternehmensträger wird in diesem Fall nicht saniert. Außergerichtlicher Ausgleich Bei diesem (auch als stiller Ausgleich bezeichneten) Verfahren kommt es zu einzelnen Verträgen mit den jeweiligen Gläubigern. Das Insolvenzgericht ist nicht involviert. ikon VerlagsGesmbH 91 Mag. Habison, Mag. a Merstallinger

Insolvenzrecht EBC*L Stufe A Modul 4 Die einzelnen Verträge stellen inhaltlich eine Änderung des Schuldverhältnisses dar (z.b. Ratenvereinbarung, Stundung, teilweiser Schuldenerlass), wobei das Einverständnis aller Gläubiger unbedingt erforderlich ist. Unterschiedliche Quoten sind zulässig, die Schriftform der Verträge ist nicht vorgeschrieben, wird aber dringend empfohlen. Bei Erfüllung der vereinbarten Quote tritt eine Restschuldbefreiung ein. Schuldenregulierungsverfahren Dieses (rechtlich ungenau) auch als Privatkonkurs bezeichnete Verfahren stellt eine spezielle Form des Insolvenzverfahrens für alle natürlichen Personen (also nicht für Gesellschaften) dar. Sowohl Privatpersonen (dazu zählen auch ehemalige Unternehmer) als auch Einzelunternehmer können in Form eines 1. Sanierungsplans (siehe oben) oder 2. Zahlungsplans oder 3. Abschöpfungsverfahrens ihre finanzielle Sanierung anstreben. Nachfolgende Verfahren setzen ein Misslingen des jeweils vorausgegangenen Verfahrens voraus. Der große Vorteil ist die Möglichkeit einer Schuldenbefreiung auch gegen den Willen der Gläubiger im Abschöpfungsverfahren (was im normalen Insolvenzverfahren nicht möglich ist). Außerdem sind für den Zahlungsplan im Privatkonkurs geringere Quoten erforderlich als für ein Sanierungsverfahren. Details findet man im Bereich Unternehmensrecht unter www.wko.at. Mag. Habison, Mag. a Merstallinger 92 ikon VerlagsGesmbH

EBC*L Stufe A Modul 4 Insolvenzrecht B 6. Insolvenzrecht_Übungsbeispiel Eine große Reinigungsfirma, ein Geschäftskunde von Feine Weine, Conrad und Valentin GmbH, ist immer öfter Rechnungen über das Zahlungsziel hinaus schuldig geblieben. Weil man den Kunden aber nicht verärgern wollte, wurden diese Zahlungsstockungen von Frau Conrad und Frau Valentin stets sehr großzügig behandelt. Eines Tages legt der Prokurist, Herr Mag. Arukorp, bei einem Geschäftsführer-Meeting den Gesellschafterinnen einen Brief der Reinigungsfirma vor, in dem sie um Zustimmung zu einem stillen Ausgleich bittet. Weder Frau Conrad noch Frau Valentin wissen mit dem Begriff etwas anzufangen. Erklären Sie Frau Conrad und Frau Valentin den Grund, Zweck und Ablauf eines derartigen Verfahrens! Informieren Sie die beiden auch über alternative Möglichkeiten, die Zahlung der fälligen Forderungen zu erwirken! Frau Conrad nimmt diese Erfahrung zum Anlass, über ihr eigenes Unternehmen und dessen Insolvenzgefährdung nachzudenken. Gemeinsam mit Frau Valentin erörtert sie mögliche Ursachen für eine drohende Zahlungsunfähigkeit in ihrer Branche und entwickelt geeignete Maßnahmen, damit Feine Weine, Conrad und Valentin GmbH ein derartiges Schicksal erspart bleibt. Simulieren das Gespräch (in der Gruppe) und lassen Sie einen Schriftführer die wesentlichen Punkte zu Papier bringen! ikon VerlagsGesmbH 93 Mag. Habison, Mag. a Merstallinger

Insolvenzrecht EBC*L Stufe A Modul 4 B 6. Insolvenzrecht_Kontrollfragen 1. Was versteht man unter dem Begriff Insolvenz? 2. Welche Ziele verfolgt das österreichische Insolvenzrecht? 3. Nennen Sie die drei wesentlichen Gründe für Insolvenzen in Österreich! 4. Welche Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sieht die Insolvenzordnung vor? 5. Welche Insolvenzverfahren gibt es im österreichischen Insolvenzrecht? 6. Welche wesentlichen Unterschiede bestehen zwischen den Sanierungsverfahren und einem Konkurs? 7. Wer kann einen Privatkonkurs eröffnen? 8. Was versteht man unter einem außergerichtlichen Ausgleich? Mag. Habison, Mag. a Merstallinger 94 ikon VerlagsGesmbH

EBC*L Stufe A Modul 4 Lösungen_Beispiele C_Lösungen C 1. Lösungen_Beispiele B 1. Lösungen_Rechtsformen Welche Überlegungen könnten Frau D.A. Conrad zur Wahl dieser Rechtsform geführt haben? Begründen Sie Ihre Antwort ausführlich! Frau Conrad wünscht alleine zu entscheiden und ihren erwirtschafteten Gewinn nicht zu teilen. Sie hat zudem genügende finanzielle Ressourcen, um ihr Unternehmen zu gründen. Außerdem ist die Gründung eines Einzelunternehmens eine einfache Angelegenheit, nicht teuer oder besonders aufwändig. Der Betrieb eines kleinen Gastronomielokals in der Form eines Einzelunternehmens liegt hier auf der Hand. Welche Konsequenzen hätte dies für Frau Conrad? Was sollten Frau Conrad und Frau Valentin hier besonders berücksichtigen? Begründen Sie Ihre Antwort ausführlich! Bei der Gründung einer Offenen Gesellschaft ist zu allererst ein Gesellschaftsvertrag aufzusetzen und abzuschließen. Dies kann mündlich oder schriftlich passieren, wobei Frau Conrad und Frau Valentin aus Gründen der Dokumentation und zur Sicherung einer eindeutigen Zuordnung der jeweiligen Rechte und Pflichten die Schriftform wählen sollten. Besonders zu berücksichtigen ist im vorliegenden Fall die Gewinnverteilung. Da Frau Valentin sich mit einem größeren Kapitalanteil an der zu gründenden Gesellschaft beteiligen möchte, würde sie laut Gesetz auch einen Gewinn im Verhältnis ihrer Beteiligung zugewiesen bekommen ( 121 Abs 2 UGB). Vertragliche Abweichungen dieser Regelung sind zulässig und sollten entsprechend den Wünschen der beiden Gesellschafterinnen getroffen werden. ikon VerlagsGesmbH 95 Mag. Habison, Mag. a Merstallinger