Kerncurriculum Klassische Archäologie Das Kerncurriculum Klassische Archäologie beschreibt die im Studium der Klassischen Archäologie zu vermittelnden und zu erwerbenden Fachkompetenzen. Die Fachkompetenzen beinhalten Wissen und Fertigkeiten, die im Laufe des Studiums parallel erworben werden. Neben diesen werden auch wichtige nicht fachspezifische Kompetenzen erworben. Dies geschieht in zwei konsekutiven Lernphasen, nämlich Bachelor und Master, für die das Kerncurriculum realistische Qualifikationsziele definiert. Das Kerncurriculum orientiert sich an den Lernzielen und Lerninhalten der Studiengänge, in denen das Fach Klassische Archäologie als Schwerpunkt gewählt werden kann. Es muss dabei stets den aktuellen Wissenstand abbilden und bei Bedarf überarbeitet bzw. weiterentwickelt werden. Dieses Curriculum wurde gleichzeitig mit der Charta der exzellenten Lehre (www.stifterverband.de/charta-guter-lehre) erarbeitet, an deren Erstellung das PONS-Projekt in der Arbeitsgruppe Curricula beteiligt war. Fachkompetenz Die Fachkompetenzen umfassen das Fachwissen in seiner Tiefe und Breite sowie die fachimmanenten Fertigkeiten. Die Fachkompetenz befähigt die Studierenden Aufgaben- und Problemstellungen eigenständig, fachlich und methodisch richtig zu begegnen. Gleichzeitig erlauben Wissen und Fertigkeiten wissenschaftliche Erkenntnisse und Ergebnisse zu beurteilen. Das Studium der Klassischen Archäologie vermittelt als Fachkompetenzen Wissen und Fertigkeiten im Umgang mit den materiellen Hinterlassenschaften der Antike im Mittelmeerraum und seinen unmittelbaren Kontaktzonen zwischen der Bronzezeit (2. Jhtsd. v. Chr.) und dem Ende der Spätantike. Im Mittelpunkt steht dabei die Fähigkeit, sich mit diesen Hinterlassenschaften in einer wissenschaftlichen Perspektive und im Hinblick auf Vorgänge und Bedeutungen menschlichen Handelns als zentrale Bestandteile einer vergangenen historischen Kultur fundiert auseinanderzusetzen. Das Studium soll die Studierenden auf berufliche Tätigkeiten innerhalb und außerhalb des Faches vorbereiten. Es vermittelt ihnen die erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden, die sie zum wissenschaftlichen Arbeiten und zur selbständigen Analyse, Darstellung und Interpretation kultureller Phänomene benötigen. Dazu zählen auch Eigenverantwortlichkeit, Teamfähigkeit, visuelle Kompetenz und Medienkompetenz. Damit werden die Grundlagen für berufliche Entwicklungsmöglichkeiten und für die Fähigkeit zur eigenverantwortlichen Weiterbildung geschaffen. 1. Wissen Um das im Fach zu vermittelnde Wissen möglichst treffend zu umreißen, wurden die bestehenden curricularen Vorlagen wie Modulhandbücher oder Studienordnungen der einzelnen Institute sowie die gängigen Einführungen in die Klassische Archäologie 1 untersucht. Hierbei konnten folgende Themenkreise als zentrale Elemente herausgearbeitet werden: 1.1. Visuelle Zeugnisse und künstlerische Phänomene Bilder und Objekte 1 F. Lang, Klassische Archäologie (Tübingen 2002); J. Bergemann, Orientierung Archäologie (Reinbek bei Hamburg 2000); T. Hölscher, Klassische Archäologie (Darmstadt 2002). 1
Gattungen und Medien (z.b. Architektur, Keramik, Malerei, Mosaik, Skulptur und weitere Artefakte) 1.2. Historische Kulturräume und kulturelle Praktiken Kontexte z.b. Naturraumgestaltung und Ressourcennutzung; Siedlungen (öffentliche und private Räume, Gräber, Heiligtümer); gesellschaftliche Rituale; Kulturkontakte und Kulturaustausch 1.3. Methoden und Theoriebildung z.b. Chronologie- und Klassifizierungssysteme; qualitative und quantitative Analyse (u.a. Formanalyse, Ikonographie, Typologie, Stratigraphie); Vergleich; Rekontextualisierung und Kontextanalyse; Text-Bild-Relationen; Digitale Archäologie, Archäometrie, Wissenschaftsgeschichte Lokale Vertiefungsbereiche und Schwerpunkte Die beteiligten Institute decken im Bachelor- und im Masterstudiengang die gesamte Breite des Faches ab. Darüber hinaus gibt es in den einzelnen Instituten unterschiedliche Schwerpunkte, die auf den jeweiligen Homepages zu erfahren sind. 2. Fertigkeiten Als Fertigkeiten sind die Fähigkeiten zu verstehen, die es erlauben, das erworbene Wissen anzuwenden, um die Aufgaben auszuführen und Probleme zu lösen. 2.1. Kognitive Fertigkeiten Erfassung, Beschreibung und Interpretation von Objekten, Bildern und Räumen, z. B. vergleichendes Sehen; Strukturieren komplexer Sachverhalte; Kontextualisierung isolierter Fakten/ Gegebenheiten; Umgang mit Interkulturalität und Fremdheit; Kreativität und Abstraktionsvermögen 2.2. Praktische Fertigkeiten Visuelle, schriftliche und mündliche Präsentation von Sachverhalten und Zusammenhängen; schriftliche und mündliche Argumentationsfähigkeit; Komplexitätsreduktion in der Vermittlung von Wissen und Sachverhalten; Dokumentationstechniken; Umgang mit Objekten (Feldarchäologie, Museum) 3. Konsekutive Lernphasen In diesem Zusammenhang sind verschiedene Wissensniveaus zu unterscheiden, die sich nach dem Fortschritt des Studierenden in seinem Studienverlauf richten. 3.1. B.A.-Studiengang (Stufe 1) Nach Abschluss des B.A.-Studiengangs verfügen die Studierenden über ein breites und integriertes Wissen über die wissenschaftlichen Grundlagen und grundlegende Fertigkeiten in der kritischen Anwendung wissenschaftlicher Methoden und Theorien des Faches sowie Einblicke in einen Spezialbereich der Klassischen Archäologie. Über das Fach hinaus ist ein Wissen über die Schnittstellen zu anderen Bereichen erstrebenswert. 2
Die Studierenden sollen mit dem B.A.-Abschluss ein breites Spektrum von Fertigkeiten erworben haben, die eine selbständige Aufgabenbearbeitung und Problemlösung sowie die Beurteilung von komplexen Arbeitsergebnissen und prozessen unter Einbeziehung von Handlungsalternativen und Wechselwirkungen mit benachbarten Bereichen ermöglichen. Als wichtige Fertigkeiten werden u.a. die folgenden angesehen: - Fähigkeit zur Anwendung von Grundlagenwissen der archäologischen und historischen Disziplinen - Basiskompetenzen für die historische Einordnung und Interpretation archäologischer Funde und Befunde sowie die Verfahrensweisen im Umgang mit materiellen und schriftlichen Quellen - Kompetenzen für reflektierendes Beschreiben, Deuten und historisches Kontextualisieren archäologischer Funde und Befunde - Erschließung von Funden und Befunden, beispielsweise durch archäologische Prospektion, Survey und Ausgrabung, ihre systematische Dokumentation, Ordnung (Typologisierung und Katalogisierung), Beschreibung und inhaltliche Charakterisierung (Form- und Stilanalyse, Ikonographie) - Methodisch korrekter Umgang mit der antiken Bilderwelt unter Berücksichtigung aktueller bildwissenschaftlicher Forschungsansätze - Fähigkeit, auf der Grundlage von Primärquellen und Sekundärliteratur wissenschaftliche Fragestellungen nachzuvollziehen und zu formulieren, Lösungsansätze kritisch zu bewerten, ggf. eigene Modelle zu entwerfen und das Resultat in einem multimedialen Vortrag, d.h. gestützt auf Bildmaterial, zu präsentieren sowie schriftlich zu resümieren - Das Museum wird als Stätte der öffentlichkeitswirksamen Vermittlung von Archäologie, aber auch der fachwissenschaftlichen Recherche erfahren; Studierende werden an die mediengerechte und öffentlichkeitswirksame Darstellung wissenschaftlicher Erkenntnisse herangeführt und lernen für ein interessiertes Laienpublikum verfasste Texte zu beurteilen und selbst zu verfassen 3.2. M.A.-Studiengang (Stufe 2) Im M.A.-Studiengang soll umfangreiches und detailliertes Wissen auf dem neuesten Erkenntnisstand der Wissenschaft erworben werden. Zusätzlich müssen die Anwendung zunehmend komplexer wissenschaftlicher Methoden und Theorien und die schriftliche Darstellung der Ergebnisse erlernt werden. Im M.A.-Studiengang sollen die Absolventen/Absolventinnen zudem über spezialisierte und konzeptionelle Fertigkeiten zur Lösung strategischer Probleme verfügen. Sie sollen in der Lage sein, auch mit unvollständigen Informationen Alternativen abzuwägen. Als wichtige Fertigkeiten werden u.a. die folgenden angesehen: - Fähigkeit, auf Grundlage von Primärquellen und Sekundärliteratur antike Kulturzeugnisse auf ihre konstituierenden Formprinzipien und funktionalen Eigenschaften hin zu befragen und, ausgehend von dieser Analyse, eigene Interpretationsansätze zu entwickeln - vertiefter Einblick in methodische Voraussetzungen der archäologischen Arbeit und in allgemeine Grundlagen wissenschaftlicher Modell- und Theoriebildung 3
- Erstellung eigener Verfahrensweisen bei der Bearbeitung einer konkreten archäologischen Fragestellung - Fähigkeit zur Beurteilung und Klassifizierung archäologischer Denkmäler, die nicht bereits durch Sekundärliteratur umfassend erschlossen und gedeutet sind, sowie zur Bewertung des denkmalpflegerischen Umgangs mit antiker Bausubstanz - Vertiefung von Fertigkeiten der professionellen Klassifizierung und Katalogisierung von Artefakten und Fundstücken - Breite Fähigkeit der Präsentation von archäologischen Funden im Museum und Entwicklung eigener musealer und didaktischer Konzepte 4
Impressum Dieses Kerncurriculum wurde im Rahmen des von der Volkswagenstiftung und der Mercator Stiftung geförderten Projekts PONS Brücke erarbeitet. Beteiligte Institute Institut für Archäologische Wissenschaften, Universität Bochum Institut für Archäologie und Kulturanthropologie, Abteilung Klassische Archäologie, Universität Bonn Institut für Archäologische Wissenschaften, Abt. Klassische Archäologie, Universität Freiburg Archäologisches Seminar und Sammlung der Gipsabgüsse, Universität Göttingen Institut für Klassische Archäologie, Universität Heidelberg Institut für Klassische Archäologie und Antikenmuseum, Universität Leipzig Institut für Klassische Archäologie, Universität Regensburg H SI/ Klassische Archäologie, Universität Rostock Institut für Klassische Archäologie, Universität Tübingen Beteiligte Personen Martin Bentz, Universität Bonn Johannes Bergemann, Universität Göttingen Christian Briesack, Universität Bonn Amelie Bornemann, Universität Regensburg Hans-Ulrich Cain, Universität Leipzig Sarah Herzog, Universität Heidelberg Rebecca Klug, Universität Göttingen Leona Köhler-Wolter, Universität Leipzig Christian Kunze, Universität Regensburg Matthias Lang, jetzt Universität Tübingen Antje-Sophie Menschner, Universität Freiburg Bärbel Morstadt, Universität Bochum Diamantis Panagiotopoulos, Universität Heidelberg Thomas Schäfer, Universität Tübingen Kathleen Schiller, Universität Tübingen Katharina Schlüß, Universität Bochum Martin Tombraegel, Universität Leipzig Ralf von den Hoff, Universität Freiburg Detlef Wannagat, Universität Rostock Rückfragen an: Dr. Rebecca Klug, Projektkoordination PONS-Brücke, Georg-August-Universität Göttingen, Archäologisches Institut und Sammlung der Gipsabgüsse, Nikolausberger Weg 15, 37073 Göttingen rebecca-diana.klug@phil.uni-goettingen.de 5