Reformbestrebungen zum Gläubigerschutz Göttingen 23. Februar 2007 Prof. Dr. Bernhard Pellens Ruhr-Universität Bochum http://www.iur.ruhr-uni-bochum.de
Verordnung für kapitalmarktorientierte Unternehmen Steuerbilanz HGB EA IFRS EA Steuerbilanz Steuerbilanz HGB EA Local GAAP EA IFRS EA IFRS EA IFRS- Konzernabschluss Überleitung auf US- GAAP Steuerbilanz 4. EU- RL IFRS EA Die anstehende EU-Reform der 2. EU-RL (ca. 2009) gibt Anlass einer kritischen Überprüfung der bestehenden Gläubigerschutz- und Rechnungslegungsvorschriften: Wofür benötigen deutsche IFRS-Anwender weiterhin einen HGB-Abschluss?
der handelsrechtliche Jahresabschluss für IFRS-Bilanzierer noch wendig? ufgaben des handelsrechtlichen Einzelabschlusses Dokumentationsfunktion Informationsfunktion und nach h. M. insbesondere Ausschüttungsbemessungsfunktion Anwendung der Ausschüttungsregeln der 2. EU-Kapitalrichtlinie für Aktiengesellschaften Europäisches Kapitalschutzsystem bestehend aus: 1. Mindest(nenn)kapital 2. Bilanzieller Kapitalerhaltung 3. Höchstausschüttung
sen zum Gläubigerschutz durch Mindest(nenn)kapital und nzieller Kapitalerhaltung Gläubigerschutzsysteme sind in vielen marktwirtschaftlichen Ländern gesetzlich reguliert. Insbesondere in US-amerikanischen Bundesstaaten existieren Schutzsysteme ohne Mindestkapital und mit deutlich abweichenden Höchstaus schüttungsregeln. Empirische Untersuchungen signalisieren bisher keine Reihenfolge der Systeme, so dass vor entsprechenden Reformen in der EU die alternativen Gläubigerschutzsysteme einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen werden sollten.
sen zum Gläubigerschutz durch Mindest(nenn)kapital und nzieller Kapitalerhaltung (2) öchstausschüttungsregeln sollen eine unangemessene Erhöhung des Insolvenzrisikos durch Ausschüttung an die Anteilseigner vermeiden. Mögliche Systeme: a) Bilanzielle Kapitalerhaltung mit Höchstausschüttung des frei verfügbaren Eigenkapitals b) Solvenztest de Systeme führen unter idealisierten Bedingungen (vollkommene Märkte, Value-Bilanzierung auf der Aktivseite) zur gleichen Beurteilung von geplante schüttungen. Dann würde gelten: rschuldungsprüfung: W (V MW < FK HK ) venztest: W (negativer CF < Kassenbestand) = e Wahrscheinlichkeitsgrenze (W) für ein Ausschüttungsverbot wäre auch u Idealbedingungen noch zu konkretisieren.
ormdiskussion für das Kapitalschutzsystem in Europa Deregulierung der Kapitalrichtlinie z.b. Wertprüfung von Sacheinlagen erleichtern, Einführung echter nennwertloser Aktien prüfen, Rückkauf eigener Aktien erleichtern, Bezugsrechtsausschluss bei börsennotierten Gesellschaften erleichtern High Level Group EU-Komm. EU-Komm. Rickford- Gruppe Kurzfristige Reform der KapRL, langfristige Entwicklung eines Alternativkonzepts - kurzfristig: SLIM-Plus - langfristig: Schaffung eines Alternativkonzepts: 1. Bilanztest, 2. Liquiditätsprüfung (12 Monate), 3. Solvenzbescheinigung, 4. angemessene Sanktionen (z.b. persönliche Haftu Aktionsplan (kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen) 2003 2005: Änderungsrichtlinie erarbeiten auf Basis von SLIM-Plus 2006 2008: Prüfung des Alternativkonzepts (Machbarkeitsstudie) ab 2009: ggf. Einführung des Alternativkonzepts Richtlinienvorschlag zur Änderung der Kapitalrichtlinie weitestgehend auf Basis von SLIM-Plus Arbeitsgruppe britischer Bilanz- und Gesellschaftsrechtler SLIM-Arbeitsgruppe Lutter- Gruppe IDW Arbeitsgruppe europäischer Juristen und Betriebswirte Arbeitsgruppe von Wirtschaftsprüfern
ormvorschläge zum Kapital in Europa Ausgehend von der kritischen Würdigung des bestehenden EU-Kapitalsyste durch die High Level Group wurden bisher drei Vorschläge erarbeitet: Rickford (2004): Kein Mindestkapital; Höchstausschüttungen anhand eines Solvenztests Lutter (2006): Mindestkapital; bilanzielle Kapitalerhaltung und ggf. Solvenztest IDW (2006): Kein Mindestkapital; bilanzielle Kapitalerhaltung und Solvenztest
ormvorschläge der Rickford-Gruppe Mitglieder: Nationale Bilanz- und Gesellschaftsrechtsexperten, Verbands- und Ministerienvertreter unter dem Vorsitz von Prof. Rickford (GB) Kein Mindestkapital, Höchstausschüttung anhand eines Solvenztests Two part solvency test: Legal Entity muss unmittelbar nach der Ausschüttung (Dividende, Aktienrückkauf) in der Lage bleiben, ihre Schulden zu tilgen, und unter der Prämisse der Unternehmensfortführung wirtschaftlich fähi sein, ihre im folgenden Geschäftsjahr (12 Monate) fällig werdenden Zahlungsverpflichtungen erfüllen zu können. Keine Prüfungspflicht durch den WP und keine Publizität des Solvenztest Solvenzerklärung: Unternehmensleitung hat Einhaltung des Solvenztests schriftlich zu bestätigen. Zivilrechtliche und ggf. strafrechtliche Haftung. Mitgliedstaatenwahlrecht: Beibehaltung des tradierten Systems möglich.
ormvorschläge der Lutter-Gruppe und des IDW (I) Mitglieder Lutter-Gruppe: Europäische Gesellschaftsrechts- und Bilanzexperten unte dem Vorsitz von Prof. Lutter (Deutschland) Mitglieder IDW: Nationale Wirtschaftsprüfer Gem. Vorschlägen der Lutter-Gruppe Kapitalschutz durch Mindestkapital und bilanzielle Kapitalerhaltung und ggf. Solvenztest; Einziger Unterschied der Reformvorschläge des IDW liegt in einer Abschaffung des Mindeskapitals Alternativ zur Kapitalerhaltung anhand der lokalen, auf der 4. EG-Richtlinie basierenden Einzelabschlussdaten können IFRS-Bilanzierer in Europa eine zweistufige Vorgehensweise wählen (Unternehmenswahlrecht): Kapitalerhaltungs- und Höchstausschüttungsregeln werden an den IFRS-Einzelabschluss gebunden und zusätzlich ist bei Ausschüttungen die künftige Zahlungsfähigkeit anhand eines zukunftsorientierten Solvenztests nachzuweisen. Doppelte Sicherung aus IFRS-Abschluss und Solvenztest!
ormvorschläge der Lutter-Gruppe und des IDW (II) Ausgestaltung des Alternativsystems: Entscheidungsregel: Ausschüttung zulässig, wenn im Einzelabschlus frei verfügbares IFRS-Eigenkapital vorhanden und Zahlungsfähigkeit des (Teil-) Konzerns für die künftigen 24 Monate (Lutter-Gruppe) bzw. Zahlungsfähigkeit der Einzelgesellschaft für das aktuelle und kommende Geschäftsjahr (IDW) mit hoher Wahrscheinlichkeit gewährleistet ist. Prüfung durch den Wirtschaftsprüfer aber keine Publizität des Solvenztests, sondern Publizität einer Solvenzerklärung. Solvenzerklärung: Veröffentlichung des Test-Ergebnisses durch gesetzliche Vertreter; Bestätigung einer hinreichenden Liquidität nach Ausschüttung zur Begleichung aller im Prognosezeitraum fällig werdenden Verbindlichkeiten. Vorstand haftet für Richtigkeit der Solvenzerklärung im Rahmen der Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensführung.
ische Betrachtung der Reformvorschläge roblematik des Rickford-Vorschlags: Annahme, dass Solvenztest besser ls bilanzielle Kapitalerhaltung auf Basis eines IFRS-Einzelabschlusses. olange keine eindeutige Aussage in Bezug auf die Vorteilhaftigkeit einzelner nstrumente getroffen werden kann, erscheinen die Empfehlungen der Lutte ruppe und des IDW sachgerecht. ine eindeutige Empfehlung an den EU-Regulierer ist derzeit kaum möglich. ie Frage nach der bilanziellen Kapitalerhaltung mit Hilfe eines IFRSinzelabschlusses und/oder einem Solvenztest sollte erst nach weiteren nalysen abgegeben werden. Es wird zu untersuchen sein, welches der nstrumente die theoretischen Idealbedingungen besser approximiert.
t Ausgehend von der kritischen Würdigung des bestehenden Kapitalsystems durch die High Level Group wurden bisher drei Vorschläge erarbeitet. Rickford (2004): Kein Mindestkapital und keine Kapitalerhaltung, Ausschüttungen auf der Basis eines Solvenztests Lutter (2006): IDW (2006): Mindestkapital und Kapitalerhaltung, Kapitalerhaltung entweder anhand HGB-Einzelabschluss oder IFRS-Einzelabschluss und Solvenztest Kein Mindestkapital; bilanzielle Kapitalerhaltung anhand H Einzelabschluss oder IFRS-Einzelabschluss und Solvenz Alle vorgeschlagenen Systeme sehen einen zukunftsgerichteten Solvenztest vor, d jedoch hinsichtlich seiner Ausgestaltung noch zu konkretisieren ist. Das heißt, dass d Solvenztest in das EU-Gesellschaftsrechtssystem (z.b. Insolvenzrecht) zu integrieren wäre. Kosten-Nutzen-Relationen der vorgeschlagenen Systeme sind bisher noch offen un sollen durch die geplante Machbarkeitsstudie der EU-Kommission analysiert werd EU-Thema und damit auch an den Bedürfnissen der Mitgliedstaaten, die bisher kein historisch gewachsenes Rele-System haben.