Bundesarbeitstagung 13. und 14. Juni 2007. Congress Centrum Würzburg



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Transkript:

Bundesarbeitstagung 13. und 14. Juni 2007 Congress Centrum Würzburg Workshop Nr. 12 Referent: Dipl.- Rechtspfleger Andreas Lang Forderungspfändung I. Zusammenrechnung mehrer Einkommen II. Konkurrenz mit einem Unterhaltsgläubiger III. Kollision Mietpfändung und Grundstücksbeschlagnahme IV. Pfändungsschutz für Bankkonten hier: Aktuelles zum Pfändungsschutzkonto Fachverband der Kommunalkassenverwalter e. V.

I. Zusammenrechnung mehrerer Einkommen ( 850e Nr. 2 ZPO) Hat der Schuldner mehrere Arbeits- oder Dienstverhältnisse bei verschiedenen Arbeitgebern, so bleiben diese Arbeitseinkommen für die Feststellung der unpfändbaren bzw. pfändbaren Einkommensteile selbständig. Denkbar ist also z.b., dass die Summe seiner Arbeitseinkünfte bei zwei verschiedenen Arbeitgebern zwar über dem unpfändbaren Betrag liegt. Isoliert betrachtet darf jedoch der einzelne Arbeitgeber einen Lohnabzug nicht vornehmen, weil das einzelne Arbeitseinkommen unter dem unpfändbaren Betrag liegt. In einem solchen Fall, ist auf Antrag des Gläubigers die Zusammenrechnung der mehreren Arbeitseinkommen durch das Vollstreckungsgericht anzuordnen. Gleiches gilt auch für die Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und laufenden Leistungen nach SGB (Rente) oder auch für die Zusammenrechnung von Renten, die von verschiedenen Rententrägern gezahlt werden. Dabei ist der unpfändbare Grundbetrag stets dem Arbeitseinkommen zu entnehmen, das die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Schuldners bildet bzw. bei der Zusammenrechnung mit Renten in erster Linie der laufenden Geldleistung nach dem Sozialgesetzbuch. Der Antrag kann bereits mit dem Pfändungsgesuch oder nach Wirksamwerden der Pfändung gestellt werden. Angeordnet wird die Zusammenrechnung durch Aufnahme der Bestimmung in den Pfändungsbeschluss oder nachträglich durch besonderen Beschluss. Lang 2007 2

Zusammenrechnungsanordnung in Hessen Die Drittschuldner dürfen sich über eine Zusammenrechnung nicht selbst verständigen. Sie haben sich erst nach einer entsprechenden gerichtlichen/vollstreckungsbehördlichen Anordnung miteinander über die Abführung des pfändbaren Betrages ins Benehmen zu setzen. Z. B. verweist 55 HessVwVG hinsichtlich der Beschränkungen und Verbote auf die ZPO und erklärt die 850 bis 852 ZPO für anwendbar. Hierdurch sollte hinsichtlich der Pfändungsschutzbestimmungen eine Gleichbehandlung der Schuldner im Vollstreckungsverfahren nach der ZPO und im Verwaltungsvollstreckungsverfahren erreicht werden. Insbesondere sollte eine Schlechterstellung des Pflichtigen im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung vermieden, jedoch keinesfalls seine Begünstigung geregelt werden. Trotz des Wortlauts kann die Verweisungsvorschrift 55 HessVwVG nicht auf Beschränkungen und Verbote reduziert werden, da dies dem Normzweck zuwiderlaufen würde. Die Zusammenrechnung der verschiedenen Einkünfte kann daher auch durch die Vollstreckungsbehörde angeordnet werden. Lang 2007 3

Der Schuldner ist verheiratet und hat 2 minderjährige Kinder. Er bezieht ein Haupteinkommen in Höhe von 1930,-- EUR monatlich und ein Nebeneinkommen in Höhe von 950,-- EUR monatlich. Ein gewöhnlicher Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung. Fall 1: Der Gläubiger vollstreckt in beide Einkünfte. Welcher Betrag wird ohne Zusammenrechnung an den Gläubiger abgeführt? Haupteinkommen: 48,29 EUR Nebeneinkommen: nichts Lang 2007 4

Der Schuldner ist verheiratet und hat 2 minderjährige Kinder. Er bezieht ein Haupteinkommen in Höhe von 1930,-- EUR monatlich und ein Nebeneinkommen in Höhe von 950,-- EUR monatlich. Ein gewöhnlicher Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung. Fall 2: Der Gläubiger vollstreckt in beide Einkünfte und stellt einen Antrag nach 850 e Nr. 2 ZPO. Das Amtsgericht / die Vollstreckungsbehörde ordnet im Pfändungsbeschluss / in der Pfändungsverfügung (oder auch nachträglich) an: 1. Die Einkommen werden zusammengerechnet. 2. Der unpfändbare Grund- und Mehrbetrag ist in erster Linie dem Haupteinkommen zu entnehmen. Lang 2007 5

Der Schuldner ist verheiratet und hat 2 minderjährige Kinder. Er bezieht ein Haupteinkommen in Höhe von 1930,-- EUR monatlich und ein Nebeneinkommen in Höhe von 950,-- EUR monatlich. Ein gewöhnlicher Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung. Welcher Betrag ist nach Zusammenrechnung pfändbar? Welchen Betrag führt welcher Drittschuldner nach Zusammenrechnung an den Gläubiger ab? Unpfändbaren Grundbetrag und unpfändbaren Mehrbetrag differenzieren! 1. Einkommen addieren: 1930,--EUR + 950,--EUR 2880,-- EUR 2. nach Tabelle pfändbar: 333,29 EUR unpfändbarer Grundbetrag: unpfändbarer Mehrbetrag: 985,15 EUR + 370,76 EUR + 206,56 EUR + 206,56 EUR 1769,03 EUR 2880,--EUR - 1769,03 EUR 1110,97 EUR 1110,97 EUR x 7/10 = 777,68 EUR unpfändbar insgesamt 1769,03 EUR + 777,68 EUR 2546,71 EUR 3. Abführen: aus Haupteinkommen: nichts, da die unpfändbare Beträge > Haupteinkommen aus Nebeneinkommen: 333,29 EUR Lang 2007 6

Der Schuldner ist verheiratet und hat 2 minderjährige Kinder. Er bezieht ein Haupteinkommen in Höhe von 1930,-- EUR monatlich und ein Nebeneinkommen in Höhe von 950,-- EUR monatlich. Ein gewöhnlicher Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung. Fall 3: Der Gläubiger vollstreckt nur in das Nebeneinkommen und stellt einen Antrag nach 850e Nr.2 ZPO. Das Amtsgericht / die Vollstreckungsbehörde ordnet an: 1. Die Einkommen werden zusammengerechnet. 2. Der unpfändbare Grund- und Mehrbetrag ist in erster Linie dem Haupteinkommen zu entnehmen. Welchen Betrag führt wer nach Zusammenrechnung an den Gläubiger ab? Zusammenrechnung ist auch möglich, wenn nur ein Einkommen gepfändet ist. Pfändbare Beträge dürfen aber nur aus dem gepfändeten Einkommen abgeführt werden. Das nicht gepfändete Einkommen dient lediglich als Rechnungsposten! Ergebnis wie bei Fall 2. Lang 2007 7

Der Schuldner ist verheiratet und hat 2 minderjährige Kinder. Er bezieht ein Haupteinkommen in Höhe von 1930,-- EUR monatlich und ein Nebeneinkommen in Höhe von 950,-- EUR monatlich. Ein gewöhnlicher Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung. Fall 4: Der Gläubiger vollstreckt nur in das Haupteinkommen und stellt einen Antrag nach 850 e Nr.2 ZPO. Das Amtsgericht / die Vollstreckungsbehörde ordnet an: 1. Die Einkommen werden zusammengerechnet. 2. Der unpfändbare Grund- und Mehrbetrag ist in erster Linie dem Haupteinkommen zu entnehmen. Welchen Betrag führt wer nach Zusammenrechnung an den Gläubiger ab? nur aus dem Haupteinkommen dürfen Beträge abgeführt werden, da das Nebeneinkommen nicht gepfändet ist. nach Zusammenrechnung: nichts vor Zusammenrechnung: 48,29 EUR Lang 2007 8

Der Schuldner ist verheiratet und hat 2 minderjährige Kinder. Er bezieht ein Haupteinkommen in Höhe von 1930,-- EUR monatlich und ein Nebeneinkommen in Höhe von 950,-- EUR monatlich. Ein gewöhnlicher Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung. Fall 5: Der Gläubiger vollstreckt in beide Einkünfte und stellt einen Antrag nach 850e Nr. 2 ZPO. Das Amtsgericht / die Vollstreckungsbehörde ordnet an: 1. Die Einkommen werden zusammengerechnet. 2. Der unpfändbare Grundbetrag ist in erster Linie dem Haupteinkommen zu entnehmen, der unpfändbare Mehrbetrag ist in erster Linie dem Nebeneinkommen zu entnehmen. Welchen Betrag führt welcher Drittschuldner nach Zusammenrechnung an den Gläubiger ab? 1. unpfändbarer Grundbetrag: 1769,03 EUR 1930,-- EUR - 1769,03 EUR = 160,97 EUR 2. unpfändbarer Mehrbetrag: 777,68 EUR 950,-- EUR - 777,68 EUR = 172,32 EUR 3. insgesamt: DS Haupteinkommen (160,97 EUR) + DS Nebeneinkommen (172,32 EUR)= 333,29 EUR Lang 2007 9

Der Schuldner ist verheiratet und hat 2 minderjährige Kinder. Er bezieht ein Haupteinkommen in Höhe von 1930,-- EUR monatlich und ein Nebeneinkommen in Höhe von 950,-- EUR monatlich. Ein gewöhnlicher Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung. Fall 6: Der Gläubiger vollstreckt nur in das Haupteinkommen und stellt einen Antrag nach 850 e Nr. 2 ZPO. Das Amtsgericht / die Vollstreckungsbehörde ordnet an: 1. Die Einkommen werden zusammengerechnet. 2. Der unpfändbare Grundbetrag ist in erster Linie dem Haupteinkommen zu entnehmen, der unpfändbare Mehrbetrag ist in erster Linie dem Nebeneinkommen zu entnehmen. Welchen Betrag führt wer nach Zusammenrechnung an den Gläubiger ab? abzuführen aus Haupteinkommen (wie Fall 5): abzuführen aus Nebeneinkommen: 160,97 EUR nichts, da nicht gepfändet vgl.: ohne Anordnung der Zusammenrechnung wären nur 48,29 EUR pfändbar gewesen. Lang 2007 10

Der Schuldner ist verheiratet und hat 2 minderjährige Kinder. Er bezieht ein Haupteinkommen in Höhe von 1930,-- EUR monatlich und ein Nebeneinkommen in Höhe von 950,-- EUR monatlich. Ein gewöhnlicher Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung. Fall 7: Der Gläubiger vollstreckt nur in das Nebeneinkommen und stellt einen Antrag nach 850 e Nr. 2 ZPO. Das Amtsgericht / die Vollstreckungsbehörde ordnet an: 1. Die Einkommen werden zusammengerechnet. 2. Der unpfändbare Grundbetrag ist in erster Linie dem Haupteinkommen zu entnehmen, der unpfändbare Mehrbetrag ist in erster Linie dem Nebeneinkommen zu entnehmen Welchen Betrag führt wer nach Zusammenrechnung an den Gläubiger ab? abzuführen aus Haupteinkommen: nichts, da nicht gepfändet abzuführen aus Nebeneinkommen: 172,32 EUR pfändbar (wie Fall 5) vgl.: ohne Anordnung wäre nichts pfändbar gewesen jedoch: Anordnung wie in Fall 3 wäre besser gewesen, da wären die vollen 333,29 EUR aus dem Nebeneinkommen abzuführen gewesen. Lang 2007 11

II. Konkurrenz mit einem Unterhaltsgläubiger Zusammentreffen mehrerer Pfändungen 1. absolut unpfändbar: (Selbstbehalt für den S und seine Angehörigen) Teil, der dem Schuldner bei Pfändung einer bevorzugten Unterhaltspfändung nach 850 d ZPO bzw. bei 850 f II und III ZPO als notwendiger Unterhalt für sich selbst und seine Angehörigen bleiben muss, sofern dieser Betrag den unpfändbaren Betrag nach 850 c ZPO nicht übersteigt. 2. nur bevorrechtigt pfändbar gem. 850 d, f II und III ZPO: (Vorrechtsbereich) Teil, der nur dem Zugriff der nach 850 d ZPO bevorrechtigten Unterhaltsgläubiger bzw. anderen Gläubigern nach 850 f II und III ZPO offen steht. 3. für alle Gläubiger pfändbarer Einkommensteil: (Normalpfändungsbereich) Teil, der nach 850 c ZPO immer pfändbar ist, also der Teil, der jedem Gläubiger offen steht. Lang 2007 12

Zusammentreffen von Pfändung wegen nicht privilegierter und privilegierter Ansprüche (Unterhaltsforderungen): Fall: S ist verheiratet, hat drei eheliche minderjährige Kinder und ein Kind, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind. Nettolohn: 3095,--EUR darin enthalten sind: Überstundenvergütung: 100,--EUR Urlaubsgeld: 120,--EUR Geburtsbeihilfe: 120,--EUR Weihnachtsgeld: 700,--EUR 1. Nur die Volksbank pfändet wegen einer nicht privilegierten Forderung in Höhe von 12.000,--EUR den Lohn des S. 2. Es pfändet nur das Kind, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind, den Lohn wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche gem. 850 d ZPO. 3. Es pfändet zunächst die Volksbank, anschließend das Kind wegen der Unterhaltsansprüche gem. 850 d ZPO. 4. Die Pfändung des Lohns durch die Volksbank erfolgt erst nach der Pfändung gem. 850 d ZPO durch das Kind. Lang 2007 13

1. Nur die Volksbank pfändet wegen einer nicht privilegierten Forderung in Höhe von 12.000,--EUR den Lohn des S. Ermittlung des pfändbaren Betrages: Nettolohn: 3095,--EUR abzüglich: Überstundenvergütung 850 a (1) ZPO 50,--EUR Urlaubsgeld 850 a (2) ZPO 120,--EUR Geburtsbeihilfe 850 a (5) ZPO 120,--EUR Weihnachtsgeld 850 a (4) ZPO 500,--EUR verbleiben: 2305,--EUR (es wurden 5 Unterhaltsberechtigte vom Drittschuldner berücksichtigt) nach Tabelle pfändbar: 11,79 EUR 2. Es pfändet nur das Kind, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind, den Lohn wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche gem. 850 d ZPO: Ermittlung des pfändbaren Betrags: Nettolohn: 3095,--EUR abzüglich: Überstundenvergütung 850 a (1), d ZPO 25,--EUR Urlaubsgeld 850 a (2), d ZPO 60,--EUR Geburtsbeihilfe 850 a (5) ZPO 120,--EUR Weihnachtsgeld 850a (4), d ZPO 250,--EUR verbleiben: abzüglich Sockelbetrag für S, z.b. verbleiben: davon sind pfändbar 1/5 2640,--EUR 840,--EUR 1800,--EUR 360,--EUR Lang 2007 14

Inhalt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach 850d ZPO (sog. Blankettbeschluss): Unpfändbar bleibt ein Sockelbetrag für den Schuldner in Höhe von 840,--EUR sowie 4/5 des Nettomehrbetrags. Der dem Schuldner hiernach verbleibende Betrag darf jedoch den Betrag nicht übersteigen, der unter Anwendung der Vorschriften des 850 c ZPO verbleiben würde. Lang 2007 15

3. Es pfändet zunächst die Volksbank, anschließend das Kind wegen der Unterhaltsansprüche gem. 850 d ZPO: Feststellung des Betrags, der den jeweiligen Gläubigern zusteht: 804 III ZPO: Da die Volksbank das frühere Pfandrecht erworben hat, stehen ihr weiterhin die 11,79 EUR zu. Für das Kind würde sich folgender Betrag ergeben: 1/5 pfändbarer Anteil: 360,--EUR abzüglich: 11,79 EUR verbleiben: 348,21 EUR Bei dieser Berechnung wird jedoch das Kind gegenüber den anderen Unterhaltsberechtigten benachteiligt, da der Anspruch der Volksbank nur von seinem Unterhaltsbetrag abgezogen wird. Wegen dieser Ungleichbehandlung wird überwiegend folgende alternative Meinung vertreten: Betrag, der allen Unterhaltsgläubigern zusteht, also pfändbarer Betrag nach 850 a, d ZPO abzüglich Sockelbetrag: abzüglich pfändbarer Betrag der Volksbank: verbleiben: davon pfändbar 1/5 1800,--EUR 11,79 EUR 1788,21 EUR 357,64 EUR Lang 2007 16

4. Die Pfändung des Lohns durch die Volksbank erfolgt erst nach der Pfändung gemäß 850d ZPO durch das Kind Wegen der späteren Pfändung hat die Volksbank Rang nach dem erstpfändenden Unterhaltsberechtigten ( 804 III ZPO). Da der Pfändungsumfang für den nichtprivilegierten Gläubiger geringer ist als für den Unterhaltsgläubiger, kann, solange die Pfändung für das Kind läuft, grds. an die Volksbank keine Zahlung geleistet werden. Ist aber z.b. der rückständige Unterhalt durch die Pfändung getilgt und der laufende Unterhalt betragsmäßig geringer als der zur Verfügung stehende pfändbare Betrag, dann erhält der nachrangige Gläubiger den Rest des im Rahmen seiner Pfändung pfändbaren Betrags. Lang 2007 17

III. Kollision Mietpfändung und Grundstücksbeschlagnahme Der Anspruch eines Schuldners als Vermieter einer Sache gegen den Mieter auf Zahlung der vereinbarten (Netto-)Miete unterliegt als Geldforderung der Pfändung. Das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters wird als Nebenrecht von einer Mietpfändung erfasst und kann also auch vom Pfändungsgläubiger geltend gemacht werden. Forderungen aus Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks unterliegen der sog. Hypothekenhaftung ( 1123 BGB) und können daher grundsätzlich nur Vollstreckungsgegenstand der Immobiliarvollstreckung sein ( 865 ZPO). In Betracht kommt nur eine Beschlagnahme im Wege der Zwangsverwaltung. (Eine Beschlagnahme im Wege der Zwangsversteigung erfasst gemäß 21 ZVG Miete und Pacht nämlich nicht). Solange diese Forderungen jedoch nicht im Wege der Zwangsverwaltung beschlagnahmt sind, können sie als Geldforderungen auch von einem persönlichen Gläubigern des Vermieters/Schuldners gepfändet werden ( 865 Abs. 2 ZPO) Eine die Mietpfändung ausschließende Immobiliarbeschlagnahme wird somit nur durch Anordnung einer Zwangsverwaltung bewirkt! Lang 2007 18

Achtung: Die Zwangsversteigerung hat natürlich auch Einfluss auf die Mietpfändung, da durch die Zuschlagserteilung ein Eigentümerwechsel eintritt. Vom Zuschlag an steht die Miete dem Ersteher zu ( 56 ZVG); damit verliert die Mietpfändung mit Wirksamwerden des Zuschlags ( = Verkündung des Zuschlagsbeschlusses) ihre Wirkung, sofern der Zuschlagsbeschluss rechtskräftig wird. Rechtliche Folgen für persönliche Gläubiger: Jede weitere Mietpfändung nach Anordnung der Zwangsverwaltung ist unzulässig; gleichwohl ausgebrachte Pfändungen sind wirkungslos und nichtig. Von der hypothekarischen Haftung freigestellt sind lediglich die länger als ein Jahr seit der Beschlagnahme fälligen Mietrückstände. Eine vor der Immobiliarvollstreckung ausgebrachte Mietpfändung hat nur Wirkung bis zur Beschlagnahme (= der zur Zeit der Beschlagnahme laufende Monat, bei Beschlagnahme nach dem 15. des Monats auch noch der folgende Kalendermonat). Miete für eine spätere Zeit wird nach der Immobiliarbeschlagnahme von der Forderungspfändung frei, sie steht dem Zwangsverwalter zu. Die Mietpfändung ruht für die Dauer der Zwangsverwaltung und wird mit Wegfall der Beschlagnahme wieder voll wirksam. Lang 2007 19

Der Beschlagnahme im Wege der Zwangsverwaltung mit den beschriebenen Rechtsfolgen für die Mietpfändung eines persönlichen Gläubigers stehen gleich: die Mietpfändung durch einen Grundpfandrechtsgläubiger auf Grund eines dinglichen Titels die Mietpfändung der Kommune wegen ihres dinglichen Anspruchs auf Entrichtung einer öffentlichen Grundstückslast nach 10 Abs. 1 Ziffer 3. ZVG Der dingliche Gläubiger erlangt also einen besseren Pfändungsrang im Verhältnis zu einem persönlichen Gläubiger. Einer bereits vorliegenden Mietpfändung eines persönlichen Gläubigers kann also durch eine solche Mietzinspfändung wg. dinglicher Ansprüche erfolgreich begegnet werden! Bei mehreren dinglich vollstreckenden Gläubigern bestimmt sich deren Rang nicht nach dem Zeitpunkt der Beschlagnahme, sondern nach dem unter ihnen bestehenden Rangverhältnis ( 879 BGB). Das Rangverhältnis ergibt sich aus 10 ZVG, bei Gläubigern der Rangklasse 4 des 10 ZVG aus dem Rangverhältnis im Grundbuch. Gesetz über die Pfändung von Miet- und Pachtforderungen wegen Ansprüchen aus öffentlichen Lasten vom 9. März 1934 (RGBl I, 181) Lang 2007 20

Pfändungsschutz für den Schuldner bietet 851 b ZPO. Danach ist die Pfändung insoweit aufzuheben, als die Mieteinkünfte für den Schuldner zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks, zur Vornahme notwendiger Instandsetzungsarbeiten und zur Befriedigung von Ansprüchen unentbehrlich sind, die dem Anspruch des Pfändungsgläubigers bei einer Immobiliarvollstreckung nach 10 ZVG vorgehen würden. Zur laufenden Unterhaltung des Grundstücks zählen z.b. Feuerversicherung, Wassergeld, Fahrstuhlunterhaltung, Anliegerbeiträge, Pförtnerlöhne, Sammelheizung. Zu den Ansprüchen nach 10 ZVG zählen (neben den Grundsteuern) auch die Ansprüche aus im Grundbuch eingetragenen Grundstücksrechten. Benötigt der Schuldner also seine Mieteinnahmen nachweislich zur Zahlung seiner Grundschuldzinsen wird ein Antrag nach 851 b ZPO gegen die Pfändung eines persönlichen Gläubigers erfolgreich sein. Lang 2007 21

IV. Reform des Kontopfändungsschutzes Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform des Kontopfändungsschutzes (Stand: 19. Januar 2007). Es handelt sich um ein sog. Artikelgesetz, dass das Recht des Kontopfändungsschutzes umfassend und grundlegend neu regelt. Ziele: Grundsätzlich soll das Bankkonto als Objekt für den Zugriff von Gläubigern erhalten bleiben. Der Schuldnerschutz im Rahmen der Kontopfändung soll effektiver werden. Die zum Lebensunterhalt benötigten Geldmittel sollen dem Schuldner auch bei Überweisung auf sein Girokonto pfandfrei belassen werden. Das Verfahren soll möglichst unkompliziert ausgestaltet werden. Sicherung der Schuldnerinteressen auf Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr. Regelung eines Kontopfändungsschutzes für die Einkünfte von selbstständig tätigen Personen. Lang 2007 22

Verbesserter Pfändungsschutz nur für Guthaben auf dem sog. Pfändungsschutzkonto Ein Pfändungsschutzkonto wird auf Grund einer vertraglichen Abrede zwischen dem Kreditinstitut und dem Kunden eingerichtet. Bei bestehenden Girokonten kann der Kunde jederzeit die Umwandlung in ein Pfändungsschutzkonto verlangen. Es wird ein automatischer Pfändungsschutz bei der Pfändung des Guthabens auf dem Pfändungsschutzkonto gewährt (Freibetrag für einen alleinstehenden Schuldner derzeit 985,15 ). Auf die Art der Einkünfte (vgl. 850 k ZPO, 55 SGB I, 76a EStG) kommt es nicht mehr an. Der Pfändungsschutz wird grundsätzlich für die Dauer des Kalendermonats gewährt. Auf die mitunter höchst unterschiedlichen Zahlungstermine kommt es nicht mehr an. Allgemein wurde der zeitliche Umfang bei der Pfändung von Kontoguthaben eingeschränkt Die Pfändung umfasst nach Zugang des Pfändungsbeschlusses / der Pfändungsverfügung kraft Gesetzes nur noch die künftigen Tagesguthaben der folgenden 180 Bankgeschäftstage (bei Pfändungsschutzkonten der folgenden 90 Bankgeschäftstage). Lang 2007 23