Transduktion mittels viraler Vektoren

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Transkript:

45 Walter Bodemer 1 wird seit kurzem als eine Möglichkeit betrachtet, sportliche Höchstleistungen auf eine Weise zu erzielen, die wir bisher nicht kannten. Leider wird der Ausdruck Gen- Doping oft missverständlich gebraucht. Im Gensatz zum gängigen Doping mit einzelnen ausgewählten Substanzen oder Genprodukten, wie beispielsweise rekombinant hergestelltem Erythropoietin, beinhaltet mehr. Denkbar ist die Applikation des Genes, das für einen zum Doping geeigneten Wirkstoff kodiert. Die Synthese vor Ort und dessen Identidät mit dem authentisch menschlichen gestaltet einen Nachweis äußerst schwierig. Ebenfalls gibt es Denkansätze, die Substanzen, die eine Doping verursachende Genexpression induzieren, lokal anzuwenden. Hier wäre der Nachweis eines Doping-Versuches durch Modulation der zellulären Genexpression schwieriger, weil die momentane Verstärkung der Genexpression in kurzer Zeit wieder verschwindet. Der erhöhte Spiegel eines solchen wirtseigenen, zum Doping geeigneten Genproduktes müsste definiert und von einem Normalwert abgegrenzt werden. Was als normal gilt, ist wahrscheinlich schwer zu ermitteln. Eine größere Gruppe von Menschen müsste untersucht werden, um damit natürliche Schwankungen der Genexpression zu erfassen und daraus einen Referenzwert abzuleiten. Ausgehend von diesen Überlegungen könnte man von sprechen, wenn an Stelle eines Genproduktes, das kodierende Gen oder dessen kodierende mrna eingesetzt wird. Ebenfalls denkbar ist, dass die Aktivierung des Doping-Gens selbst oder eines dazu gehörigen Regulator-Gens im Sportler vollzogen wird. Im Gegensatz zur Aufnahme von herkömmlichen Dopingmitteln käme beim ein Gentransfer in Frage, wenn das Doping-Gen lokal, beispielsweise im Muskelgewebe, deponiert werden soll. Als geeignete Transfermethoden könnten die direkte Applikation von kodierender DNA oder die Vermittlung durch Genfähren in Betracht gezogen werden. Konzepte und experimentelle Vorschriften wurden hierzu bei der Entwicklung der somatischen Gentherapie und neuer Impfstoffmethoden erarbeitet. Meine Ausführungen beziehen sich auf eine kritische Bewertung viraler Vektoren, die für die Gentherapie (noch keine durchschlagenden Erfolge) und zur Immunisierung (mit weit größerem Erfolg) entwickelt worden sind und sich zum eignen könnten.

46 2 Der virale Vektor Allen viralen Vektoren liegt ein gemeinsamer Bauplan zugrunde. Dieser kann abhängig von der Zielsetzung in vielfältiger Weise abgeändert werden. Entscheidend ist der Insertionsort im viralen Genom, da für jedes Virus der Wahl nur einzelne ausgewählte Abschnitte in der viralen Erbsubstanz in Frage kommen.wird dies nicht beachtet, kann der virale Vektor nicht hergestellt werden. Durch die Aufnahme eines Gens von Interesse entstehen defekte Viren, die in den entsprechenden Wirtszellen hergestellt werden können. Zu einer Vermehrung im Organismus kommt es nicht mehr, was in der Regel erwünscht ist. Der prinzipielle Aufbau eines viralen Vektors ist wie folgt: AUFBAU Insertionsstelle Promotor Transkriptionsstop Die Kassette zur Expression des Gens von Interesse ist begrenzt durch eine Promotor- Sequenz, die für die Ablesung der Gensequenz und Bildung der mrna verantwortlich ist; ein Stopsignal sorgt für den Abbruch der Transkription. Der zur Genexpression notwendige Promotor kann viruseigen sein und die Expressionkassette wird stromabwärts positioniert. Abhängig vom viralen Vektor können kodierende Sequenzen unterschiedlicher Grösse eingebaut werden. Je nach Anspruch an den Vektor wurde das Gen von Interesse unter die Kontrolle eines fremden, nicht viralen Promotors gestellt, was beispielsweise eine konditionale, d.h. zeitlich begrenzte Aktivierung der mrna Bildung zuließ. Die Herstellung viraler Vektoren zur Gentherapie und mit steigender Tendenz zur Immunisierung gegen infektiöse Erreger führte zu einer Palette an Genfähren mit variablen Anwendungsbereichen. 3 Steckbriefe viraler Vektoren Wie erwähnt stehen uns verschiedene virale Genfähren zur Verfügung. Meist werden Retroviren eingesetzt, die durch ihre Fähigkeit, sich in Chromosomen einzubauen, für eine monatelange stabile Genexpression sorgen. Retroviren kennen wir von Tier und Mensch. Insbesondere Retroviren der Maus und von Vögeln bildeten die Grundlage für retrovirale

47 Vektoren. Bekannt sind Retroviren wegen ihrer unangehmen Eigenschaften, nämlich krebserzeugend zu sein oder AIDS zu verursachen. Durch gentechnologische Manipulation verlieren sie diese negativen Eigenchaften und werden zu Helfern. Die Aufnahme von Fremdgen-Sequenzen ist meist auf wenige 1000 Basenpaare beschränkt. Der Vorteil, sich in Erbsubstanz einzubauen, hat aber auch Nachteile. Nicht immer wird das in der Genfähre verankerte fremde Gen in ausreichender Menge gebildet. Ursache ist der Einbau des Vektors in einen Bereich der Erbsubstanz, in dem eine Genexpression gedrosselt oder vollkommen ausgeschaltet ist. Um dies zu umgehen, wurde nach Alternativen zu retroviralen Vektoren gesucht. Äußerst vielversprechend ist das Adeno-Assoziierte-Virus (AAV), das als Hoffnungsträger der Gentherapie gehandelt wird. Im Gegensatz zu Retroviren, die planlos ins Wirtsgenom eingebaut werden, integriert sich das AAV in zwei genau in der Erbsubstanz des Wirtes festgelegten Bereichen. Dadurch ist eine Genexpression gewährleistet und durch den Einbau bedingte Nachteile treten nicht auf. Leider besitzt das AAV eine geringe Aufnahmekapazität an fremder DNA. Kleine kodierende Sequenzen, wie die des Blutfaktors IX, können gerade noch aufgenommen werden, längere Sequenzen passen nicht mehr in das Viruspartikel hinein. Ein weiterer vielversprechender Kandidat ist das Adenovirus. Es ist für den Menschen ungefährlich und dient als vielseitiger Vektor. Mit seiner Hilfe lassen sich fremde Gene sogar in das Nervengewebe transportieren. Zur Behebung von Gendefekten in neuronalen Zellen wird auch an das Herpes Simplex Virus Typ 1 (HSV-1) gedacht. Das AAV und das HSV-1 besitzen DNA als Erbsubstanz und unterliegen einer geringen Mutationshäufigkeit, was bei längerfristigen Therapien wichtig ist. Viren mit RNA als Erbsubstanz werden vermehrt zu Genfähren entwickelt, die sich zur Immunisierung eignen. Sie dienen dem Transport und der Freisetzung von Antigenen, mit denen eine Immunantwort induziert werden soll. Mit diesen Beispielen ist das Gebiet umrissen und eröffnet einen Einblick in bestehende experimentelle Möglichkeiten. Bleibt nur noch zu sagen, dass jeder Gentransfer mit einem viralen Vektor als Transduktion bezeichnet wird. 4 Eigenschaften viraler Vektoren Viren sind durch ihre Vermehrungsmechanismen charakterisierbar. Ein Einbau in das Genom des Menschen, seine Chromosomen, ist typisch für Retroviren und AAV. Dies bedeutet, dass erst mit dem Verlust transduzierter Zellen diese Viren inklusive ihres Fremdgens aus dem Organismus, zumindest aber an ihrem Zielort, eliminiert werden. Wenn Integration nicht erwünscht ist, werden extrachromosomal persistierende Vektoren herangezogen. Prototyp dieser Viren ist das Epstein-Barr-Virus (EBV), das zur Gruppe der Herpesviren gehört. Solche Genfähren können sich über einen längeren Zeitraum in Zellen aufhalten. Sie gehen dem Organismus verloren, weil sie nicht gleichmäßig an Tochterzellen weitergegeben werden. Auf RNA-Viren basierende Vektoren, wie das Semliki- Forest-Virus, wird zurückgegriffen, wenn Integration unerwünscht ist und kurzzeitig ein fremdes Gen exprimiert und dessen Genprodukt gebildet werden soll. Wesentlich für die

48 Anwendung eines viralen Vektors ist dessen Tropismus. Darunter versteht man die Präferenz eines Vektors, bestimmte Zellen im Organismus zu transduzieren. So bevorzugen Retroviren die Zellen des lymphatischen System; Adenoviren und Herpesviren u.a. die Nervenzellen. Zell- und Gewebespezifität sind zum Leidwesen der Gentherapeuthen meist nicht sehr ausgeprägt und stellen deshalb ein intensiv bearbeitetes Gebiet der Gentherapie dar. Hohe Spezifität ist Voraussetzung, wenn Defekte in Genen gezielt, wie z.b. in der Leber, korrigiert werden sollen. 5 Somatische Gentherapie Mit den genannten Vektoren wurde die somatische Gentherapie erschlossen. Im Menschen kommt die therapeutische Anwendung verzögert zum Einsatz, weil sie nicht ausgereift ist. Die Molekularbiologie bzw. die molekulare Medizin musste eingestehen, dass trotz eleganter, ausgefeilter Konzepte keine durchschlagenden Erfolge erzielt werden konnten. Unter diesem Gesichtspunkt wurden andere Strategien entwickelt. Virus-Like-Particles (VLP) könnten als Genfähren dienen. Sie besitzen keinerlei Ersubstanz außer der transduzierenden, also des Gens von Interesse. Nachteile durch Einbau in das Genom des Wirtes entstehen dadurch nicht. Allerdings sind therapeutische Maßnahmen nur in einem zeitlich begrenzten Rahmen möglich. Experimentell aussichtsreich scheint der direkte Gentransfer zu sein. Nur die kodierende DNA inklusive regulatorischer Sequenzen wird vor Ort appliziert. Wir wissen, dass diese DNA über Wochen in Zellen persistiert Alternativ könnte RNA appliziert werden, was auf Grund der Instabilität von RNA nur zu einer kurzzeitigen Synthese des erwünschten Proteins führt. Damit eröffnet sich aber eine Möglichkeit, durch Einschleussen kurzlebiger mrna (des Doping-Gens) zu ermöglichen. Das hat als Konsequenz, dass die Spurensuche nach Nukleinsäure extrem schwierig wird. Die direkte Applikation von DNA in Form von Plasmiden, aber auch von RNA, ist mit Hilfe von sogenannten gene guns möglich, die zur spurenlosen Deponierung genetischer Information in Zellen tauglich sind. Eine Diffusion der zu applizierenden Nukleinsäure durch die Haut mittels Pflaster wäre ebenfalls denkbar. Applikation Gleich welche Applikationsart gewählt wird, Viren können sich immer im Organsimus ausbreiten. Die gilt auch, wenn sie gentechnisch so manipuliert worden sind, dass sie bevorzugt eine Zellart oder ein Organ transduzieren sollten. Die Verabbreichung mit einer Nadel in festes Gewebe könnte zu Stichkanälen führen, die die Spurensuche erleichtern. Das Hineinschießen kodierender DNA oder RNA mittels der gene gun ebenso wie die transdermale Applikation hinterlassen keine Spuren.

49 Nachteile Alle viralen Vektoren hinterlassen Spuren. Wie beschrieben wurde, besitzen Vektoren typische Sequenzen und zu einem geringen Anteil die Sequenz der fremden DNA. Daraus eröffnen sich methodische Ansätze, um einem auf die Spur zu kommen. Neben der molekularbiologischen Spurensuche könnte eine serologische in Betracht kommen, da Doping mit viralen Vektoren zur Induktion einer Immunantwort führen kann. Die gebildeten Antikörper wären dann Indiz für ein virusvermitteltes. Nachteilig für den -Sünder ist, dass viele der viralen Genfähren auf eine bestehende Immunabwehr im Wirt treffen. Die meisten Menschen sind seit früher Kindheit mit Adenoviren oder Herpesviren infiziert und verfügen über eine Immunantwort. Diese Tatsache führte bei Gentherapie Strategien mit Adenoviren und Herpesviren zu Komplikationen und einer kritischen Bewertung dieser viralen Vektoren. Im Falle, dass keine signifikante Immunantwort vorherrscht, könnten Vektoren eine sekundäre Immunantwort hervorrufen. Unter diesem Gesichtspunkt würde ein (wiederholtes) nicht zum Erfolg führen. Die Vektoren würden im Organismus neutralisiert, ehe sie Schaden angerichtet hätten. Aus diesen Gründen erscheint eine direkte Applikation von Plasmiden aussichtsreicher zu sein. Die Immunogenität einer lokal applizierten Gensequenz ist gering einzuschätzen. DNA oder RNA hinterlassen keine Spuren, da sie nur geringfügig immunogen sind Direkter Gentransfer In unserm Labor führten wir einen direkten Gen-Transfer in Muskelzellen der Maus durch, um eine Immunisierung gegen das Prionprotein des Menschen zu erhalten. Unser Ziel war es, eine Prionproteinsynthese im Schienbeinmuskel zu Stande zu bringen. Dies entspricht beim der Bildung des für das Doping notwendigen Gen-Produktes. In unserem Falle führte die Bildung des Prionproteins zur Induktion von Antikörpern, was wir als einen eindeutigen Beweis für die Prionproteinsynthese im Muskel werten konnten. Wir lernen aus diesen eigenen Erfahrungen, dass mit einem ausgeklügelten Plasmidvektor und dessen lokaler Applikation möglich ist. Eine Spurensuche wäre nur durch Nachweis der Nukleinsäure und kurzfristig nach der Injektion im Schienbeinmuskel möglich gewesen. Eine Perspektive für den -Sünder? Spurensuche I: Verdächtige Sequenzen Wie erwähnt besitzen virale Vektoren typische Nukleinsäure-Sequenzen. Diese Sequenzen bieten sich zur Spurensuche an. Ferner können regulatorische Sequenzen, die zur Expression des Gens von Interesse notwendig sind, Ziel der Suche sein. Als erstes wären Promotor-Sequenzen zu nennen. Falls die Integration eines retroviralen Vektors in Frage kommen würde, wäre der Nachweis der Vektorsequenz in der chromosomalen DNA des Sportles angebracht. Mit Blot-Hybridisierungen und der PCR ist eine Suche in bioptisch gewonnenem Material möglich. Dabei stellt sich die rechtliche Frage, ob die Entnahme von Gewebematerial in Form von Feinnadel-Biopsien überhaupt erlaubt ist.

50 Spurensuche II: Nachweis erhöhter Mengen an kodierender Nukleinsäure Der Nachweis von Nukleinsäure gelingt mit der PCR für DNA und der RT-PCR für RNA. Die Genamplifikation ist spezifisch und extrem sensitiv. Die Bestimmung von Genkopien ist möglich. Das heißt, dass ein Gen, das mütterlicher und väterlicherseits also in zwei Kopien vorliegt, durch ein in vielfacher Kopienzahl in Zellen des Zielgewebes vorkommt. Diese erhöhte Anzahl von Genkopien kann leicht ermittelt werden. Ähnliches gilt für die Bestimmung der Abundanz von mrna. Diese Abundanz kann aus einer erhöhten mrna-synthese der normalerweise vorliegenden Genkopien in der Zelle resultieren oder sie ist ein Indiz, dass unphysiologisch mehr ablesbare Genkopien diese Erhöhung der Transkripte verursachen. Bei Verdacht können diese Bestimmungen mit Echt-Zeit-Methoden quantifiziert werden. Vorbild für diese Vorgehensweise ist die Bestimmung von viralen Nukleinsäuren des HIV oder des Hepatitis B- bzw. des Hepatitis C-Virus und von Parvoviren im Blut. Ziel aller genannten Methoden ist es, eine Vermehrung kodierender Sequenzen zu beweisen und damit einen -Verdacht zu untermauern. Spurensuche III: Expressionsprofile Transkriptionsprofile (transcriptomics) und Proteinprofile (proteomics) sind derzeit in aller Munde. Zweifellos haben sich beide experimentellen Ansätze in den letzten Jahren technisch weit verbessern lassen. Dadurch wurde es möglich Transkriptionsmuster aufzustellen, die auf einer großen Zahl von Genen beruhen. Vor 20 Jahren gelang es uns nur mit größtem Aufwand, das Transkriptionsmuster des Herpes Simplex Virus Typ 2 aufzuklären. Mit derzeit zur Verfügung stehenden Methoden, wie den array -Hybridisierungen und der aufkeimenden Chip-Technologie wurden unsere ursprünglichen Befunde bestätigt. Zweifellos wurden sie um ein Vielfaches genauer. Das erweckt Hoffnungen, dass solche Methoden bei der Spurensuche eingesetzt werden könnten. Eine vergleichbare Entwicklung nahm und nimmt gerade die proteomics -Technologie. Proteinmuster werden vermehrt als Indikatoren für eine differentielle Genexpression erhoben. Sie dienen als Abbild einer pathologischen Veränderung bei Infektionserkrankungen oder bei Krebs und werden deshalb für die Diagnose und Prognose entwickelt. Wie bei der Erstellung der Transkriptionsprofile wird die Anwendung von Protein-Chips in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Selbst zum Nachweis von Doping im herkömmlichen Sinne könnten diese Methoden hilfreich sein. Wann immer eine Störung im Metabolismus vorkommt, wird sich diese auf das Transkriptions- und Translationsgeschehen niederschlagen. Es erstaunt nicht, dass gerade in der Toxikologie proteomics - Techniken ausgearbeitet wurden. Ein schwerwiegendes Problem bei der Bewertung von Genexpressionsprofilen liegt in der Bestimmung, was physiologisch normal ist und sich von pathologisch verändert ab-

51 grenzen lässt. Das setzt zum einen voraus, dass große Kontrollgruppen von Menschen zur Ermittlung und Definition des Normalmusters herangezogen werden müssen. Zum anderen müssten Sportler vor und nach einem Training oder Wettbewerb bezüglich ihrer Genexpression typisiert werden. Sicherlich kein leichtes Unterfangen. Dennoch eröffnen diese neuen Technologien Wege, -Verursachern zu signalisieren, dass eine Spurensuche möglich ist. Spurensuche IV: Immunologie Der Nachweis einer Immunantwort wäre experimentell wahrscheinlich aufwendiger, da von einem unter Doping-Verdacht stehenden Sportler, Serumproben aus der Vergangenheit zu Verfügung stehen müssten. Vielleicht werden in Zukunft Antigen-Chips entwickelt, womit ein serologisches Immunprofil oder Antikörperprofil aufgenommen werden kann. 6 Bewertung der Die somatische Gentherapie wird zur Behandlung von Muskelerkrankungen weiterentwickelt. In diesem Falle werden virale Vektoren eingesetzt, um lokal einen Defekt des Wachstumsfaktors IGF-1 zu korrigieren oder die Expression des Myostatin-Gens zu inhibieren. Selbst der autologe Transfer patienteigener Zellen nach extrakorporaler Gentherapie wurde mit viralen Vektoren konzipiert. In der medizinischen Anwendung sind das vorteilhafte Strategien. Für ein werden sie sich nicht durchsetzen, da virale Vektoren Spuren hinterlassen. Sie sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Methode der Wahl für ein. Der relativ einfache Nachweis viraler Gensequenzen und die Induktion einer Immunantwort sprechen gegen den viralen -Vektor. Virale Vektoren können auf eine bestehende Immunität stossen, die ein minimieren würde. Der direkte Transfer von Nukleinsäure sei es DNA oder RNA mit dem Ziel, defekte Gene zu korrigieren oder die Genexpression zu modulieren, bietet sich jetzt schon zum Einstieg in ein an.

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