~Abschrift SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. Az.: 1 LB 7/12 6 A 258/10 -2-



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Transkript:

~Abschrift SCHLESWIG-HOLSTEINISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT Az.: 1 LB 7/12 6 A 258/10 verkündet am 4. April 2013 Vogt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle In der Verwaltungsrechtssache der' IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Klägerin und Berufungsklägerin, Proz.-Bev.: Rechtsanwälte Kannieß und andere, Marschstraße 30 a (im CAT), 25704 Meldorf, - 253/09JK 01 - gegen da!1 Beigeladen: Gemeinde C Beklagter und Berufungsbeklagter, Proz.-Bev.: 1 Streitgegenstand: Immissionsschutzgenehmigungen für Windanlagen -2-

- 2 - hat der 1. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2013 durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Schmalz, den Richter am Oberverwaltungsgericht Wilke, die Richterin am Verwaltungsgericht Krüger, den ehrenamtlichen Richter Jensen und die ehrenamtliche Richterin Herrmann für Recht erkannt: Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 08. März 2012 - Einzelrichter der 6. Kammer - geändert Die Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 07./16. Dezember 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 29. September 201 O verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 11. Juni 2009 auf Erteilung immfssionsschutzrechtlicher Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 in der Gemarkung Flur, Flurstück, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben das beklagte Landesamt zu 1/4 und die Beigeladene zu 3/4 zu tragen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt das Landesamt; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind dort nicht erstattungsfähig. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem jeweiligen Kostenschuldner wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. -3-

. - 3 - Tatbestand: 1 Die Klägerin begehrt immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für zwei Windenergieanlagen im Gemeindegebiet der Beigeladenen. 2 Sie beabsichtigt die Errichtung und den Betrieb von zwei Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82. (Nabenhöhe 78 m, Rotordurchmesser 82 m, Nennleistung 2 MW) auf dem Grundstück Flurstück, Flur :, Gemarkung :, welches im Eigentum eines Gesellschafters der Klägerin steht. Derzeit wird die im Außenbereich gelegene Fläche als intensives.grünland bewirtschaftet. Der Siedlungsbereich der beigeladenen Gemeinde befindet sich ca. 1,5 km südlich. 3 Der Standort befindet sich innerhalb eines Eignungsgebietes für Windenergienutzung, ausgewiesen durch die Teilfortschreibung des Regionalplans 2012 für den Planungsraum V (Kreisfreie Stadt Flensburg, Kreise Schleswig-Flensburg und Nordfriesland) vom 06. November 2012 (Amtsbl. S.-H. 2012, S. 1344). Die aktuelle Fassung des Regionalplans basiert auf dem am 13. Juli 2010 in Kraft getreten Landesentwicklungsplan (LEP) Schleswig-Holstein 2010 (Amtsbl. S.-H. 2010, S. 719). Die Teilfortschreibung 2012 ersetzt die Neufassung 2002 des Regionalplans vom 11. Oktober 2002 (Amtsbl. S.-H 2002, S. 747), welche wiederum die Teilfortschreibung 1996 des Regionalplans für den Planungsraum V zur Festlegung von Eignungsräumen für die Windenergienutzung betreffend den Kreis Nordfriesland vom 13. März 1997 (Amtsbl. S.-H. 1997, S. 146), ergänzt durch die Teilfortschreibung 1997 betreffend den Kreis Schleswig-Flensburg und die Stadt Flensburg vom 30. Oktober 1997 (Amtsbl. S.-H. 1997, S. 545), ergänzt durch die Teilfortschreibung 1998 betreffend den Kreis Nordfriesland vom 09. Juli 1999 (Amtsbl. S.-H. 1999, S. 438) ersetzt. Grundlage dieser Teilfortschreibungen ist der Landesraumordnungsplan (LROPI) vom 04. Juni 1998 (Amtsbl. S.-H. 1998, S. 493). Das Eignungsgebiet selbst hat eine - unveränderte - Größe von ca. 130 ha. 4 Die im nördlichen Gemeindegebiet der Beigeladenen belegene Fläche liegt innerhalb des derzeit in Kraft befindlichen Flächennutzungsplanes in der Fassung der 3. Änderung vom 25. August 1998. Er umfasst eine Flächengröße von ca. 222 ha. Darin ist das streitgegenständliche Grundstück als Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen. Er weist zudem in räumlicher Nähe in westlicher bzw. nordöstlicher Richtung zu den streitbefangenen Stan- -4-

-4- dorten drei Windeignungsflächen mit einer Größe von insgesamt ca. 12,3 ha aus. Diese sind jeweils mit zwei Windkraftanlagen bebaut. Darüber hinaus ist ebenfalls in der Nähe im Nord-Osten des Plangebietes eine weitere Windkraftanlage als privilegierte Nebenanlage zu einem landwirtschaftlichen Betrieb genehmigt und errichtet worden. Weitere Windenergieanlagen befinden sich in den nördlich bzw. nordöstlich angrenzenden Gemeindegebieten Uelvesbüll und Simonsberg sowie entlang des Küstenstreifens. 5 Zur Begründung des Flächennutzungsplanes 1998 führte die Beigeladene in dem Erläuterungsbericht aus, dass Investitionsvorhaben für insgesamt 6 Windkraftanlagen mit jeweils 1.500 kw vorlägen. Dafür sei ein Standort für einen Windpark südlich des 1 vorgesehen. Der Windpark solle eine 1. Baustufe eines zukünftigen Energieparkprojekts >ein, der in seiner 2. Baustufe die Verarbeitung von Biomasse vorsehe (Ziffer 0., Planungsanlass). Weiter heißt es im Verfahrensteil (Ziffer 1.), dass die Gemeinde beabsichtige, mit der Planung eines Standortes für Windkraftanlagen 1\ ' die Errichtung von Windkraftanlagen an anderer Stelle im Gemeindegebiet auszuschließen. 6 Eine 5.. Änderung dieses Flächennutzungsplanes ist durch einen Aufstellungsbeschluss der Gemeindevertretung eingeleitet worden. Parallel dazu ist die Aufstellung eines Bebauungsplanes Nr. 7 beschlossen worden (Beschlüsse vom 26. Oktober 2010). Als Planungsziel wurde hierin angeführt, dass die im Regionalplan ausgewiesene Eignungsfläche - soweit sie sich im Gemeindegebiet befindet - zur maximalen Kapazitätsausnutzung über die drei bisherigen Korridore hinaus in Gänze als Fläche für die Errichtung von Windkraftanlagen dargestellt werden solle. Es sei die Errichtung eines 11 Bürgerwindparks" zum Gemeinwohl der Bürger beabsichtigt. Der ursprüngliche Aufstellungsbeschluss des B-Planes Nr. 7 sah diesen noch explizit in Form einer" '3mbH & Co KG" vor; in einer 1. Änderung vom 11. Dezember 2012 wurde die Gesellschaftsform herausgenommen. 7 Ebenfalls am 26. Oktober 201 O wurde eine Veränderungssperre über das Gebiet als Satzung beschlossen. Die Beschlüsse wurden am 25. November 2010 öffentlich bekannt gemacht; eine Öffentfichkeitsbeteiligung hat noch nicht stattgefunden. Die Veränderungssperre wurde mit Beschluss vom 09. November 2012 um ein Jahr verlängert (öffentlich bekannt gemacht am 13. November 2012). -5-

-5-8 Am 11. Juni 2009 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Erteilung immissionsschutzrechtiicher Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb zweier Windenergieanlagen des Typs ENERCON E-82 auf dem Grundstück Flurstück 21, Flur 37, Gemarkung O!denswort. 9 Es fand sodann eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles nach dem UVPG (sog. Screening) statt, mit dem Ergebnis, aus fachlicher Sicht von einer UVP abzusehen. Am 23. September 2009 erfolgte die öffentliche Bekanntmachung über diese Einzelfallentscheidung. 1 O Auf die Aufforderung des Beklagten. zur Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens nach 36 Abs. 1 BauGB versagte die Beigeladene dieses mit Stellungnahme vom 29: September 2009 mit der Begründung, dass die vorgesehene Nutzung dem Flächennutzungsplan widerspreche. 11 Nachfolgend ergingen zwei gleichlautende ablehnende Bescheide betreffend jeweils eine Windkraftanlage (Bescheide vom 07. Dezember 2009, in der korrigierten Fassung vom 16. Dezember 2009). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Standorte der beantragten Windenergieanlagen nicht innerhalb der Windeignungsflächen im Rahmen der 3. Änderung des Flächennutzungsplanes 1998 lägen. Damit stünden öffentliche Belange im Sinne von 35 Abs. 3 BauGB dem Vorhabßn entgegen. Zudem habe die Gemeinde ihr Einvernehmen versagt. 12 Hiergegen legte die Klägerin am 10./16. Dezember 2009 Widerspruch ein. Hierzu führte sie aus, dass die Flächennutzungsplanung der Beigeladenen dem Gebot der Anpassung der Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung nach 1 Abs. 4 BauGB nicht genüge; hier sei eine unzulässige Verhinderungsplanung vorgenommen worden. Die Konzentrationszone des Flächennutzungsplanes schöpfe weniger als 1/5 der potentiell geeigneten Flächen für die Windenergienutzung aus. Es fehle an einem schlüssigen planerischen Gesamtkonzept für den Außenbereich. Dieses gelte umso mehr, als die Gemeinde seit dem Jahr 2009 ihrerseits beabsichtige, die im Regionalplan ausgewiesenen Windeignungsflächen vollständig im Wege eines Bürgerwindparks auszunutzen. Damit sei zugleich die Regelvermutung des 35 Abs. 3 S. 3 BauGB wiederlegt, zumal die geplanten Windenergieanlagen exakt mittig innerhalb des bereits bestehenden Windparks errichtet werden sollen. - 6 -

- 6-13 Zudem beantragte sie unter dem 22. Januar 201 O bei der Kommunalaufsicht die Ersetzung des versagten gemeindlichen Einvernehmens. Mit Schreiben von 22. März 2010 lehnte die Kommunalaufsicht die Einvernehmensersetzung ab. 14 Mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2010 wies der Beklagte beide Widersprüche mit der Begründung zurück, dass die Konzentrationszonenausweisung für Windkraftanlagen im Flächennutzungsplan den beantragten Vorhaben gern. 35 Abs. 3 S. 3 BauGB entgegen stehe. Die Flächennutzungsplanung sei wirksam, es handele sich insbesondere nicht um eine Verhinderungsplanung. 15 Die Klägerin erhob am 02. November 2010 Klage vor dem Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht. Zur Klagebegründung wiederholte und vertiefte sie ihre bisherigen Ausführungen. Darüber hinaus würde auch die ursprüngliche Konzeptplanung, wie sie im Erläuterungsbericht zur 3. Flächennutzungsplanänderung zum Ausdruck komme, durch das streitbefangene Projekt nicht berührt oder gar in Frage gestellt, weil die geplanten Windenergieanlagen von anderen zulässigerweise errichteten Windenergieanlagen quasi umzingelt seien. 16 Mit Urteil vom 08. März 2012 wies das Verwaltungsgericht die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass der Genehmigungserteilung bereits die Einvernehmensversagung entgegen stehe und die Beklagte insoweit keine Ersetzungsbefugnis habe. Das Vorhaben sei gemäß 35 Abs. 3 BauGB unzulässig, da der Flächennutzungsplan 1998 andernorts Flächenkorridore mit Konzentrationswirkung im Sinne des 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ausweise. Die Konzentrationszonenplanung von 1998 sei rechtmäßig, ihr liege ein schlüssiges Konzept zugrunde, welches erkennb.ar sei. Dieses liege in der gleichmäßigen linienförmigen Anordnung der Windkraftanlagen. Es liege keine Verhinderungsplanung vor und die Windkraft sei mit anderen Belangen abgewogen worden. Der Flächennutzungsplan 1998 sei unverändert wirksam, da eine neue Planung noch nicht in Kraft sei. Er sei auch nicht durch eine geänderte politische Willensbildung funktionslos. Die Verletzung der Anpassungspflicht aus 1 Abs. 4 BauGB begründe kein subjektives Recht. Der Flächen-nutzungsplan 1998 genüge zudem dem Anpassungsgebot an den damaligen Regionalplan. Das laufende Verfahren über die Teilfortschreibung des Regionalplans sei zu dem Zeitpunkt noch nicht wirksam gewesen. Der LEP weise keine hinreichend bestimmten Anpassungspflichten aus. Es bestehe kein Anspruch auf Zulassung - 7 -

-7- von Windenergieanlagen außerhalb der Konzentrationszonen, und ein Ausnahmefall im Sinne einer atypischen" Sondersituation sei nicht erkennbar. Der Hinweis auf jetzt veränderte Planungsabsichten der Beigeladenen begründe keine Sondersituation. 17 Am 13. Juni 2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Zulassung der Berufung. 18 Mit Beschluss vom 23. August 2012 ließ der Senat die Berufung wegen der besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache zu. 19 Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, dass.die Veränderungssperre unwirksam sei, weil sie ein unzulässiges Planungsziel nbürgerwindpark" sichere. Es sei eine Ausnahme vom Regelprinzip des 35 Abs. 3 S. 3 BaUGB gegeben, weil die beiden streitbefangenen Windenergiestandorte von sieben weiteren Windenergieanlagen umzingelt seien, darunter auch den bereits genannten sechs Windenergieanlagen in den drei Konzentrationszonen des Flächennutzungsplanes. Die Planungskonzeption der Gemeinde werde nicht grundsätzlich in Frage gestellt. So betreibe die Beigeladene mit Nachdruck die Erschließung auch der hier streitbefangenen Standorte für die Nutzung durch Windenergieanlagen, allerdings aus sachfremden Erwägungen für eigene Zwecke. Der Planungskonzeption der Gemeinde werde gerade durch die Abweichung von der Regelvermutung Rechnung getragen. Zudem könne ein solcher Ausnahmefall dann angenommen werden, wenn der Landschaftsraum - wie hier - durch bereits in zulässiger Weise errichtete Windenergieanlagen vorbelastet sei. Die grundsätzliche topographische Eignung des Landschaftsraumes sei auch bereits Gegenstand der Abwägung der Landesplanung bei der Ausweisung der Windeignungsflächen gewesen, innerhalb derer die beiden beantragten Standorte lägen. 20 Die Klägerin beantragt, 21 das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 6. Kammer- vom 08. März 2012 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihr unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide vom 07./16. Dezember 2009 und des Widerspruchsbescheides vom 29. September 201 O die beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für die Errichtung und den Betrieb von zwei WEA de.s Typs ENERCON E-82 in der Gemarkung, Flur Flurstück zu erteilen. -8-

- 8-22 Der Beklagte beantragt, 23 die Berufung zurückzuweisen. 24 Zur Begründung führt er aus, dass die Veränderungssperre zur Zeit seiner Entscheidung noch nicht beschlossen und daher nicht Gegenstand seiner Prüfung gewesen sei. Im Übrigen habe sie aufgrund des bereits zuvor von der beigeladenen Gemeinde - für ihn bindend - versagten Einvernehmens keine Relevanz gehabt. 25 Dem Vorhaben stehe der Flächennutzungsplan entgegen, welchem ein schlüssiges Konzept zugrunde liege, nämlich in einer ersten Baustufe den Windpark zu errichten und in einer zweiten Baustufe die Verarbeitung von Biomasse zu realisieren. Hierfür seien sechs Windkraftanlagen mit jeweils 1.500 kw ausgewählt und drei Flächen abgegrenzt worden. Damit sei es nicht vereinbar, wenn in diesem Gebiet weitere Windkraftanlagen errichtet würden. 26 Die Planung der Gemeinde sei auch keine Verhinderungsplanung. Im Windpark bestünden bereits sieben Windkraftanlagen, so dass die Gemeinde offenbar eine ehrliche und korrekte Planung durchgeführt habe. Außerhalb der Konzentrationsflächen gebühre dem Freihalteinteresse des Außenbereichs grundsätzlich der Vorrang. Eine Abweichung sei nur im Einzelfall möglich. Bei der Entscheidung über die Ausweisung von Windeignungsgebieten im Flächennutzungsplan habe ~lie Gemeinde eine Abwägung vorgenommen zwischen dem Interesse der Ausnutzung der Regionalplanung und dem Schutz des Landschaftsbildes. Eine Zulassung der beantragten Anlagen würde die planerische Konzeption der Gemeinde in Frage stellen. Ob die Gemeinde zukünftig eine andere Nutzung der bisherigen Freifläche anstrebe, sei nicht entscheidungserheblich. Dies bleibe einem Anderungsplanverfahren vorbehalten.. 27 Die Beigeladene beantragt, 28 die Berufung zurückzuweisen. 29 Hierzu führt sie aus, dass die gültige Veränderungssperre (1. Verlängerung) dem Vorhaben entgegenstehe. Diese sei nicht unwirksam, da dem hiermit zu sichernden Bebauungsplan Nr. 7 ein zulässiges Planungskonzept zugrunde liege. Dieser leide zudem nicht an in späteren Verfahrensstadien nicht mehr behebbaren Mängeln. 30 Sie habe ihr Einvernehmen zu dem beantragten Vorhaben nicht erteilen dürfen, da es sich nicht um eine Ermessensentscheidung handele und das Vorhaben materiell gemäß 35 Abs. 3 BauGB unzulässig sei. -9-

-9-31 Es liege ein planungsrechtliches Konzept dergestalt vor, dass für die Festlegung der Konzentrationsflächen gemäß Erläuterungsbericht der Windpark Standorte für sechs Windenergieanlage11 enthalten solle. Diese sollten in einer geordneten Verteilung auf den Flächen erfolgen. Durch die Anordnung der Anlagen sollten sogenannte Windkorridore geschaffen werden. Die lineare Anordnung der Windenergieanlagen so!le das L~ndschaftsbild möglichst gering beeinträchtigen. Hierdurch werde auch eine geordnete Verteilung der Anlagen sicher gestellt. Die nördlich angrenzende Gemeinde.. verfahre ebenso. Damit entstehe ein einheitliches Bild bei der Errichtung von Windenergieanlagen, das auch über die gemeindlichen Grenzen hinaus Geschlossenheit vermittle. Eine bauplanungsrechtlich unzulässige Verhinderungsplanung liege somit gerade nicht vor. 32 Eine Abweichung von de~ Regel des 35 Abs. 3 S. 3 BauGß sei nicht zulässig, wenn dadurch die planerische Konzeption der Gemeinde (wie hier) konterkariert würde. Die Tatsache, dass in unmittelbarer Umgebung zu dem geplanten Vorhaben weitere Windenergieanlagen vorhanden seien, begründe damit gerade keinen atypischen Sonderfall. Das 5. Änderungsverfahren zum Flächennutzungsplan und das Aufstellungsverfahren zum 8-Plan Nr. 7 befänden sich in einem sehr frühen, noch nicht hinreichend konkretisierten Planungszustand und seien somit im vorliegenden Verfahren nicht zu berücksichtigen. 33 Es liege auch kein Verstoß gegen das Anpassungsgebot des 1 Abs. 4 BauGB, welches schon kein subjektives öffentliches Recht sei, vor. Der Flächennutzungsplan sch.ränke die im Raumordnungsplan ausgewiesenen Gebiete für Windenergieanlagen in zulässiger Weise ein. Dass diese Flächen nicht das gesamte vom Raumordnungsplan ausgewiese.,. ne Gebiet in Anspruch nehmen würden, widerspreche nicht den Zielen der Raumordnung, sondern stelle gerade eine zulässige Konkretisierung dieser Ziele dar. Die Gemeinden seien lediglich verpflichtet, generell die Möglichkeit für entsprechende Projekte auf ihrem Gebiet zu schaffen. Dies sei auch in angemessenem Umfang geschehen. Eine verbindliche Vorgabe, in welcher Größenordnung Flächen zur Förderung der Windenergie ausgewiesen werden müssten, gebe es nicht. Es liege vielmehr im Aufgabenbereich der Gemeinde, entsprechend ihrer städtebaulichen Entwicklung Flächen für solche Projekte festzulegen. 34 Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Deren Inhalt ist - soweit erforderlich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. -10-

- 10- Entscheidungsgründe: 35 Die Berufung ist zulässig und zum überwiegenden Teil begründet. Denn die - ebenfalls zulässige - Klage ist aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die ablehnenden Bescheide vom 07./16. Dezember 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2010 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten ( 113 Abs. 5 S. 1 VwGO). Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass der Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung de_s Senates erneut über ihren Antrag vom 11. Juni 2009 entscheidet ( 113 Abs. 5 S. 2 VwGO). 36 1. Errichtung und Betrieb der von der Klägerin beantragten Windenergieanlagen sind nach 4 Abs. 1 S. 1 BlmSchG, 1 Abs. 1 S. 1 4. BlmSchV und Nr. 1.6 Spalte 2 des Anhangs zur 4. fümschv immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig, da sie mit jeweils 120 Metern eine größere Gesamthöhe als 50 Meter aufweisen. Die Genehmigung schließt dabei andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen, z.b. die Baugenehmigung, mit ein ( 13 BlmSchG). 37 Die Errichtung und der Betrieb der beantragten Windenergieanlagen sind genehmigungsfähig, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus 5 BlmSchG und einer auf Grund des 7 BlmSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden ( 6 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen ( 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG). Da der Beklagte die Ablehnung des Antrags allein auf 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG i.v.m. den Vorschriften des Bauplanungsrechts gestützt hat und eine abschließende Beurteilung zu den Voraussetzungen des 6 Abs. 1 Nr. 1 BlmSchG im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht möglich und auch nicht Aufgabe des Gerichts ist, konnte die Klage nur mit dem Bescheidungstenor Erfolg haben. Denn die Versagung der Genehmigung ist mit den vom Beklagten angeführten bauplanungsrechtlichen Gründen rechts~idrig und die verbleibenden Genehmigungsvoraussetzungen sind abschließend vom Beklagten und den Fachstellen und Fachbehörden, gegebenenfalls im Rahmen von Nebenbestimmungen, zu beurteilen. 38 Bei den beiden Windenergieanlagen (WEA) handelt es sich um bauplanungsrechtlich relevante bauliche Anlagen i.s.v. 29 Abs. 1 BauGB, die im Außenbereich errichtet werden - 11 -

- 11 - sollen und dort nach 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert sind. Im Außenbereich ist ein privilegiertes Vorhaben zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung - vorliegend unstreitig - gesichert ist. Öffentliche Belange sind insbesondere die in 35 Abs. 3 BauGB angeführten, nicht abschließend genannten Belange. 39 1) Dem Vorhaben steht zunächst nicht 3 Nr. 1 der 1. Verlängerung der Veränderungssperre vom 09. November 2012 entgegen. Danach dürfen im Gebiet der Veränderungssperre Vorhaben im Sinne des 29 BauGB nicht durchgeführt werden (vgl. 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB). Diese 1. Verlängerung der Veränderungssperre, mit der die Geltungsdauer der am 26. Oktober 2010 beschlossenen und am 26. November 2010 in Kraft getretenen Veränderungssperre um ein Jahr verlängert wurde, geht ins leere. Die Verlängerung der Satzung war nicht möglich, weil sie von Anfang an unwirksam war (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15.02.2007-2 A 15.05-, zitiert nach juris). 40 Der parallel zum Aufstellungsbeschluss über den Bebauungsplan Nr. 7 gefasste Satzungsbeschluss vom 26. Oktober 201 O über den Erlass der Veränderungssperre war rechtswidrig, weil die Erlassvoraussetzungen nicht gegeben waren. Nach 14 Abs. 1 BauGB bedarf es nämlich eines Beschlusses über die Aufstellung eines Bebauungsplanes - was vorliegend wie dargestellt zu bejahen ist - und die Veränderungssperre muss zur Sicherung der Planung erforderlich sein. Zwar erfolgt im Hinblick auf das Sicherungsbedürfnis keine (antizipierte) Normenkontrolle der Planung (vgl. Stock, in: Ernst-Zinkahn Bielenberg, Loseblatt-Kommentar, BauGB, Stand: Januar 2011, 14, Rn. 53). Für das Vorliegen der zweiten Voraussetzung ist jedoch darauf abzustellen, ob die beabsichtigte Planung überhaupt auf ein Ziel gerichtet ist, das im konkreten Fall mit den Mitteln der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden kann (vgl. BVerwG, B. v. 21.12.1993-4 NB 40/93 -, zitiert nach juris). Als Sicherungsmittel ungeeignet ist eine Veränderungssperre, wenn sich das aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, der beabsichtigte Bebauungsplan der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, a.a.o., Rn. 56 m.w.n.). 41 Die Veränderungssperre der Beigeladenen ist auf ein Planungsziel gerichtet, das im konkreten Fall nicht mit zulässigen Mitteln der Bauleitplanung erreicht werden kann. Denn der von der Beigeladenen beabsichtigten Planung, wie sie sich hier aus dem maßgeblichen Aufstellungsbeschluss über den 8-Plan Nr. 7 vom 26. Oktober 2010 ergibt, liegt ein städ- - 12 -

- 12- tebaulich und planungsrechtlich unzulässiges Ziel zugrunde, welches auch nicht in zukünftigen Planungsschritten heilbar ist. 42 Die Beigeladene hat in dem Aufstellungsbeschluss folgende Planungsziele benannt: 43 Die Gemeinde strebt unter optimaler Ausnutzung der im Regionalplan ausgewiesenen Windeignungsflächen sowie aleichzeitigem optimalen Gemeinwohlbezug für die Bürger der Gemeinde.. einen Ausbau der Windkraftanlagen innerhalb der im Regionalplan ausgewiesenen Windeignungsflächen an. Den Gemeinwohlbelangen der Bürger soll hierbei dadurch hinreichend Rechnung getragen werden, dass zukünftig in den Windeignungsflächen nur noch solche Windenergieanlagen errichtet werden dürfen, die durch die Bürgerwindpark...1. GmbH.& Co KG" betrieben werden. Dies soll sichergestellt werden, in dem das im Regionalplan ausgewiesene Windeignungsgebiet auf der Grundlage von 11 BauNVO (als Sondergebiet), hilfsweise von 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB (als Fläche für den Gemeinbedarf) sowie äußerst hilfsweise von 9 Abs. 1 Nr. 9 BauGB (als Fläche für einen besonderen Nutzungszweck) für einen durch die Bürgerwindpark.. - - GmbH & Co KG" betriebenen Bürgerwindpark festgesetzt wird." 44 Das so formulierte und beabsichtigte Planungsziel der Beigeladenen ist für die städtebau-, liehe Entwicklung und Ordnung im Sinne von 1 Abs. 3 S. 1 BauGB nicht erforderlich. Zwar sind Darstellungen und Festsetzungen, die den Betrieb oder die Errichtung von Windkraftanlagen als Art der baulichen Nutzung" ermöglichen (z. B. als Sondergebiet für die Windkraft), planungsrechtlich grundsätzlich möglich (vgl. 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, 11 BauNVO); sie können damit auch aus städtebaulichen Gründen erforderlich sein. Vorliegend ist aber nach der beschriebenen Zielsetzung maßgebliches Kriterium für die zusätzliche Ausweisung der Windeignungsflächen die Errichtung und der Betrieb der Windkraftanlagen durch einen Bürgerwindpark, d. h. unter Beteiligung der Gemeinde und von Gemeindemitgliedern. Ausschlaggebend ist hierbei allein die - auch noch einmal von der Beigeladenen schriftsätzlich dargestellte - inhaltliche Absicht, ausschließlich Betreiber im Wege eines echten Bürgerwindpar:ks mit kommunaler Beteiligung zum Zuge kommen zu lassen, insbesondere zur Stärkung der Akzeptanz der Windkraftanlagen in der Bevölkerung der beigeladenen Gemeinde. Danach soll der gemeindliche Bezug des Windparks. langfristig sichergestellt werden, z. B. durch textliche Festsetzungen einer zwingenden Beteiligung der Gemeinde an der Betreibergesellschaft als stimmberechtige Gesellschafterin sowie der Möglichkeit, dass jedes Gemeindemitglied Gesellschafter des Bürgerwindparks werden darf oder alternativ durch die textliche Festsetzung eines Vetorechts der Gemeinde in einer möglichen Bürgerwindparksgesellschaft. Dadurch, dass die Beigeladene nunmehr eine 1. Änderung des Aufstellungsbeschlusses über den Bebauungsplan Nr. 7 am 11. Dezember 2012 beschlossen hat, in der sie die zuvor gewählte Gesell- - 13 -

-13 - schaftsform Bürgerwindpark _. ;3mbH & Co KG" durch Bürgerwindpark" ohne eine bestimmte Form der Gesellschaft ersetzt hat, verändert sich an dem inhaltlichen Gehalt Bürgerwindpark" nichts. 45 Festlegungen mit dieser materiellen Qualität, die also positiv die Art und Weise des Betriebes der Anlage in Form einer subjektiven Beschränkung der potentiellen BetreiberNorhabenträger regeln und damit gleichzeitig eine negative Ausschlusswirkung für alle anderen Betreiber bewirken, sind keine zulässigen Festsetzungen im Sinne vom 9 Abs. 1 BauGB. Der in dieser Vorschrift aufgeführte Katalog über zulässige städtebauliche Festsetzungen (sog. Typenzwang) enthält keine Festsetzungsmöglichkeit der bezweckten Art. Eine solche Festsetzung stellt auch keine zulässige Konkretisierung der Art der baulichen Nutzung" i.s.v. 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dar. Es handelt sich hierbei nämlich nicht um eine Anforderung, die die Bodennutzung rechtlich lenken kann, so dass die erforderliche bodenrechtliche und damit' städtebauliche Relevanz fehlt. Vielmehr soll hier eine individualisierte" Nutzung festgeschrieben werden, nicht jedoch eine zulässige Konkretisierung von bodenrechtlichen Anforderungen durch bauliche Merkmale, wie sie das Bundesverwaltungsgericht fordert (vgl. BVerwG, B. v. 07.09.1984-4 N 3/84 -, zitiert nach juris). Wie aus 1 Abs. 3 BauGB zu ersehen ist, darf sich die Gemeinde des Mittels der Bauleitplanung nur bedienen, soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Hierzu gehört nicht die Wahrung von wirtschaftlichen Interessen oder von Wettbewerbsinteressen. Denn gegenüber solchen Interessen verhält sich das Bauplanungsrecht neutral (vgl. BVerwG, B. v. 26.02.1997-4 NB 5/97 -, zitiert nach juris). 46 Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt standortrelevanter Planungen, auch wenn dort im Einzelfall Interessen eines vorhandenen konkreten Betriebes in die Bauleitplanung mit einbezogen werden können, um z. B. einen bedeutenden Wirtschaftsstandort hervorzuheben, weil Bodenschätze oder gebietsbezogene Bewirtschaftung stattfindet (vgl. zu einem Sondergebiet Mineralbrunnenbetriebe - Fläche für Lager und Vertrieb", VGH Bad.-Würt., B. v. 18.07.1997-8 S 2891/96 -, zitiert nach juris). Auch in jenem Fall war - neben den Produkten, die in den ortsansässigen Verwertungsbetrieben hergestellt wurden - auf 25 % der Gesamtlagerfläche die Lagerung und der Vertrieb für Getränke zulässig, die gerade nicht in den ortsansässigen Betrieben hergestellt wurden. Die beabsichtigte Einschränkung der Art und Weise des Betriebes der Windenergieanlagen ( Bürgerwindpark") knüpft an Aspekte an, die über die erlaubte Konkretisierung von Inhalten eines Bauleitplanes hinausgehen und keine planungsrechtlich zulässige Steuerungsoption darstellen (vgl. Jörg Bringewat, Windenergie aus kommunaler Hand - Erwiderung auf ZUR 2012, 348", ZUR 2013, 82 m. w. N.). - 14 -

- 14-47 Die entgegenstehenden Argumente der Beigeladenen vermögen nicht zu überzeugen. Zwar führt sie zunächst auch die vom Bundesverwaltungsgericht gezogene Grenze für die Konkretisierung der Art der baulichen Nutzung bei einer unzulässigen Individualisierung der Nutzung an. Allerdings verkennt sie sodann, dass allein das Offenlassen" der genauen Form einer Bürgerwindparksgesellschaft noch keine Zugriffsmöglichkeit der Allgemeinheit auf das im Plan versprochene Baurecht gewährleistet, solange - wie von der Beigeladenen beabsichtigt - zumindest eine zwingende kommunale Beteiligung oder Beteiligung von Gemeindemitgliedern vorgesehen ist. Die Bürger einer Gemeinde und die Gemeinde selbst stellen gerade nicht die gesamte Allgemeinheit dar, sondern nur einen Teil davon (vgl.-z. B. die Differenzierung in 1 Abs. 5 S. 1 BauGB einerseits und 1 Abs. 6 Nr. 1, 2 BauGB andererseits). Auch die im Weiteren angeführten Begründungen eines Bürgerwindparks aufgrunq der damit einhergehenden Bürgerakzeptanz für die Windenergie, aus Gedanken des Umweltschutzes ( 1 Abs. 6 Nr. 7 f BauGB) bzw. aus Aspekten der sozialgerechten Bodennutzung ( 1 Abs. 5 BauGB) (vgl. auch Kruse/Legler, Windparks in kommunaler Regie: Ist das rechtlich möglich?", ZUR 2012, 348) können nicht über die beschränkten rechtlich zulässigen Mittel der Bauleitplanung hinweghelfen, wie sie in 9 BauGB abschließend normiert sind. Hiermit befasst sich die Beigeladene in ihrer Argumentation nicht weiter. 48 Aus 12 BauGB über den vorhabenbeiogenen Bebauungsplan (welcher hier unstreitig nicht Gegenstand des Aufstellungsbeschlusses zum 8-Plan Nr. 7 ist) lässt sich nichts anderes ableiten. Diese Vorschrift bezieht den Vorhabenträger" mit ein. Allerdings wird durch den vorhabenbezogenen Bebauungsplan - ebenso wie bei einem sog. Angebotsbebauungsplan - wiederum allein die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmt, weshalb uneingeschränkt 1 Abs. 3 S. 1 BauGB zur Anwendung kommt. Gegen~tand des Vorhabenund Erschließungsplanes ist die Verwirklichung eines bestimmten Vorhabens (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Aufl., 12, Rn. 5, 9). Nachrangig, wenngleich von 12 Abs. 1 BauGB benannt, ist der zur Durchführung der Maßnahme verpflichtete Vorhabenträger. Städtebauliches Ziel bleibt aber weiterhin allein das Vorhaben und nicht der Investor. Dies wird besonders deutlich durch die Regelung in 12 Abs. 5 BauGB, wonach ein Wechsel des Vorhabenträgers möglich ist und die gemeindliche Zustimmung hierzu nur verweigert werden darf, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Durchführung des Vorhaben- und Erschließungsplanes innerhalb der Frist nach Absatz 1 gefährdet ist. - 15 -

- 15 -.,. 49 2) Dem Vorhaben stehen entgegen der Annahme des Beklagten und des Verwaltungsgerichts auch nicht die Konzentrationszonen des Flächennutzungsplanes 1998 entgegen. 50 Nach 35 Abs. 3 S. 3 BauGB stehen öffentliche Belange einem Vorhaben nach Absatz 1 Nr. 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Vorhaben außerhalb ausgewiesener Konzentrationszonen sind in der Regel also unzulässig. Der sog. Planvorbehalt des 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ermöglicht es der Gemeinde damit, Vorhaben, wie etwa die Errichtung von Windl\raftanlagen, durch einen, Flächennutzungsplan auf bestimmte Standorte zu konzentrieren und diese positive Darstellung mit einer Ausschlusswirkung für den übrigen Planungsraum zu kombinieren ( 5 Abs. 2 b BauGB). Für die Anwendung von 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ist dem Wortlaut entsprechend ausschließlich a1.jf in Kraft getretene Ziele der Raumordnung oder Flächennutzungspläne abzustellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.2003-4 C 3/02 -, zitiert nach juris). 51 Der - danach allein maßgebliche - in Kraft befindliche Flächennutzungsplan der Beigeladenen in der Form der 3. Änderung 1998 ist nicht geeignet, die nach dem Gesetz vorgesehene Ausschlusswirkung zu entfalten. Denn er entspricht nicht dem Anpassungsgebot des 1 Abs. 4 BauGB (a) und ist bereits deshalb für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der in Rede stehenden Vorhaben außer Acht zu lassen (b). 52 a) Nach 1 Abs. 4 BauGB sind Bauleitpläne den Zielen der Raumordnung anzupassen. Dies bedeutet, dass die Gemeinden bei der Aufstellung von Bauleitplänen die Ziele der Raumordnung ( 3 Nr. 2 Raumordnungsgesetz - ROG -) unter Berücksichtigung standörtlicher Interessen konkretisieren und ausgestalten, sich aber nicht über sie hinwegsetzen dürfen. Vielmehr sind die örtlichen Planungsträger an die Ziele als verbindliche Vorgaben strikt gebunden und haben Planungen, die einem geltenden Ziel der Raumordnung widersprechen, zu unterlassen (vgl. BVerwG, 8. v. 07.02.2005-4 BN 1/05 -; Urt. v. 20.11.2003-4 CN 6/03 -; OVG RP, Urt. v. 09.04.2008-8 C 11217/07 -, jeweils zitiert nach juris). 53 Der Regelungszweck der Vorschrift liegt in der Gewährleistung umfassender materieller Konkordanz zwischen der übergeordneten Landesplanung und der gemeindlichen Bauleitplanung. Er bezieht sich auf den aufzustellenden Plan, seine Änderung, Ergänzung und Aufhebung. Die Gemeinde ist danach unter dem Vorbehalt der materiell-rechtlichen und zeitlichen Erforderlichkeit im Einzelfall nicht nur zur Anpassung an die Ziele, der Raumordnung verpflichtet, wenn sie Bauleitpläne aus eigenem Entschluss und allein aus städtebaulichen Gründen aufstellt oder ändert, sondern sie muss auch dann planerisch - 16-

- 16 - aktiv werden, wenn geänderte oder neue Ziele der Raumordnung eine Anpassung der Bauleitpläne erfordern. Die gemeindliche Planungspflicht setzt in diesem Fall ein, sobald und soweit dies zur Verwirklichung der Ziele der Raumordnung erforderlich ist, d. h.,. wenn die Verwirklichung der Raumordnungsziele bei Fortschreiten der städtebaulichen Entwicklung auf unüberwindbar~ (tatsächliche oder rechtliche) Hindernisse stoßen oder wesentlich erschwert würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.09.2003-4 C 14.01 -, juris}. 54 Die Anpassungspflicht ist verengt, wenn der Raumordnungsplan Eignungsgebiete für die Windenergienutzung im Sinne der 8 Abs. 7 Nr. 3 ROG und 35 Abs. 3 S. 3 BauGB rechtswirksam ausweist (vgl. OVG RP, Urt. v. 09.04.2008, a.a.o., m.w.n.). Eine solche Planung bedeutet, dass Wihdenergievorhaben grundsätzlich nur in den Eignungsgebieten zulässig und im übrigen Plangebiet ausgeschlossen sind ( 35 Abs. 3 S. 3 BauGB). Ein Ausschluss von Windenergieanlagen ist ni.jr dann gerechtfertigt, wenn und soweit der Windenergie im Übrigen, d.h. in den hierfür festgesetzten Eignungsgebieten in substantieller Weise Raum verschafft wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.03.2003-4 C 3/03 -. zitiert nach juris). Aus dieser Regelungswirkung der raumordnerischen Eignungsflächen folgt, dass der Konkretisierungsspielraum der Gemeinde bei Erlass eines Flächennutzungsplanes deutlich eingeschränkt ist: Die durch die Ausweisung im Raumordnungsplan eingetretene Wirkung verleiht der Windenergienutzung in dem Eignungsgebiet grundsätzlich Vorrang. Dieser Vorrang ist in der Bauleitplanung zu respektieren und erlaubt nur noch eine Feinsteuerung. 55 Die in der 3. Änderung des F-Planes 1998 erfolgte Beschränkung der Windenergienutzung auf nur etwa 10 % des Eignungsgebietes (ca. 12,3 ha von ca. 130 ha) mit der dafür gefundenen Begründung stellt eine erhebliche Reduzierung dar, die im Widerspruch zu der zur Zeit des Erlasses geltenden Teilfortschreibung des Regionalplans 1996 (und auch der nachfolgenden Neufassungen bzw. Teilfortschreibungen) steht. Der Regionalplan in der Teilfortschreibung 1996 enthielt bereits das Ziel, Eignungsgebiete zur Windenergienutzung festzulegen, so dass die Errichtung von WEA in diesen Gebieten mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung übereinstimmt. Sofern und soweit die Windenergienutzung in einem Eignungsraum kleinräumig gesteuert oder darüber hinaus in ihrem flächenmäßigen Umfang einschränkt werden soll, ist ein Flächennutzungsplanverfahren ( 35 Abs. 3 S. 4 BauGB a. F entspricht 35 Abs. 3 S. 3 BauGB n. F.) erforderlich (vgl. Ziffer 7.6.3(2) 3. Absatz der Teilfortschreibung 1996 und Ziffer 7.6.3 LROPI). 56 Die Beigeladene hat ausweislich der Ziffer 0. des Erläuterungsberichtes zum Flächennutzungsplan, 3. Änderung, als Zielsetzung den Ausbau der Windenergie in Schleswig- - 17 -

- 17 - Holstein entsprechend der Fortschreibung der Regionalpläne i~ den fünf Planungsräumen des Landes durch die Landesplanungsbehörde genannt. Damit waren zwar der Regionalplan und seine Ziele Plananlass für die 3. F-Planänderung 1998. Die in der 3. Änderung vorgenommene Anpassung belässt es jedoch nicht bei ~iner (bloßen) kleinräumigen Steuerung und Einschränkung der Zielfestlegung, wie sich aus Folgendem ergibt: 57 In dem Regionalplan ist ein ca. 130 ha großes Eignungsgebiet auf d~r Gemeindefläche der Beigeladenen für die Windenergienutzung ausgewiesen, das komplett innerhalb des ca. 222 ha großen Gebietes des F-Plans 1998 belegen ist (vgl. Ziffer 7.6.3(2) des Regionalplans sowie die beigefügte Karte im Maßstab 1:100.000). Zunächst ist die Ausweisung des Eignungsgebietes auf dem Gemeindegebiet unter Berücksichtigung dessen, dass nach Ziffer 7.6.3(1) des Regionalplans eine vermehrte Nutzung der Windenergie an dafür geeigneten Standorten von ausreichender Windhöffigkeit dem ene rgiepolitischen Ziel des Landes entspricht, bis zum Jahr 201 O den Anteil dieser umwelt- und ressourcenschonenden Energiegewinnungsform von z. Z. über 500 MW auf eine Anschlussleistung von mindestens 1.200 MW zu erhöhen, nicht zu beanstanden. Da nach Ziff. 7.6(1) des - übergeordneten ( 8 Abs. 2 S. 1 ROG) - LROPI die Nutzung der Windenergie unverzichtbarer Bestandteil" der schleswig-holsteinischen Energiepolitik ist und es energiepolitisches Ziel ist, bis zum Jahre 2010 mindestens 25% des gesamten Strombedarfs im lande durch Windenergie abzudecken, ist auch kein Gesichtspunkt erkennbar, der gegen die Ausweisung des Eignungsgebietes an dieser Stelle und in der festgesetzten Größe ab der Teilfortschreibung 1996 sprechen könnte. 58 Die Reduzierung der Windeignungsfläche von ca. 130 ha auf ca. 12,3 ha in dem Flächennutzungsplan ist mit den dargelegten Zielen der Raumordnung nicht vereinbar. Zwar heißt es in Ziffer 7.6.3(2) 3. Absatz des Regionalplans, Teilfortschreibung 1996 (identisch mit Ziffer 5.8(2) der Neufassung 2002 und Ziffer 5.8.1 (4) der Teilfortschreibung 2012), dass das landesplanerische Ziel der Windenergienutzung durch eine angemessen begrenzte Einschränkung der Eignungsräume im Wege der Flächennutzungsplanung der einzelnen Gemeinde nicht in Frage gestellt wird. Inhalte eines Landschaftsplanes, Lärmauswirkungen auf bewohnte Gebiete, die Rücksichtnahme auf die Planung benachbarter Gemeinden sowie weitere städtebauliche, landschaftspflegerische oder sonstige öffentliche und private Belange können im Wege der Abwägung eine Reduzierung der Eignungsräume rechtfertigen. 59 Diese Voraussetzungen haben hier in dem erfolgten Ausmaß jedoch nicht vorgelegen. Die flächenmäßige Einschränkung bzw. Reduzierung des Eignungsgebietes von ca. 130-18 -

- 18 - ha auf ca. 12,3 ha ist nicht angemessen" bzw. "begrenzt" und auch sachlich nicht gerechtfertigt (vgl. zu vergleichbaren Fällen: OVG Schleswig, Urt. v. 20.01.2005-1 KN 9/93 - [Reduzierung auf 1/10]; OVG RP, Urt. v. 09.04.2008-8 C 11217/07 -, zitiert nach juris [Reduzierung auf 1/3]). 60 Die Beigeladene hat zur Größe des Eignungsraumes (Ziffer 5 des Erläuterungsberichtes zur 3. Änderung des F-Planes 1998) die Berücksichtigung der Vorgaben aus dem Planungserlass Grundsätze zur Planung von Windenergieanlagen" als Richtwerte, die eingehalten werden sollten, angeführt. Desweiteren seien qualitative Aspekte des Landschaftsraumes und des Landschaftsbildes zu berücksichtigen. Diese konkretisierte sie dann dahingehend, dass sich die Abgrenzung der zu ändernden Flächen im F-Plan an den geplanten Standorten für die (sechs) Windenergieanlagen und damit an den topografischen und eigentumsrechtlichen Voraussetzungen sowie an den zu leistenden Ausgleichsmaßnahmen orientierten. Es galt demzufolge einen Abstand ZL als ländliche Siedlung von mind. 650 m, einen Abstand zu Einzelhäusern und Siedlungssplittern am nördlich des Windparks von mind. 450 m und südlich von mind. 400 m und ein Abstand zur nicht klassifizierten Straße von ca. 150 m zu berücksichtigen. Aufgrund der gering bewegten Topografie und der linearen Struktur des Landschaftsraumes sei in diesem Bereich eine geordnete Aufstellung der Windkraftanlagen in Standortstreifen" vorgesehen, um eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes möglichst gering zu halten. Weitere Gesichtspunkte hinsichtlich der Größenbegrenzung hat sie nicht angeführt. Diese Begründung ist für eine angemessene Begrenzung im oben genannten Sinne jedoch nicht ausreichend. 61 Es ist zwar nach der Rechtsprechung im Rahmen der Bauleitplanung zulässig, Pufferzonen und pauschale Abstände zu geschützten Nutzungen festzusetzen und auf eine konkrete Prüfung der Verträglichkeit einer Windenergienutzung an jedem einzelnen Standort zu verzichten (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2002-4 C 15.01 -; OVG Lüneburg, Urt. v. 12.11.2012-12 LB 64/11 -; Urt. v. 28.01.2010-12 KN 65/07 -; VGH München, 8. v. 21.01.2013-22 CS 12.2297 -, jeweils zitiert nach juris; vgl. auch OVG Schleswig, U. v. 20.01.2005-1 KN 9/03 -). Wenn der Planungsgeber jedoch als Ergebnis dieser Untersuchung erkennt, dass er der Windenergie mit der gewählten Methode nicht substantiell Raum gibt, hat er sein Auswahlkonzept zu überprüfen und ggf. abzuändern. 62 Es ist daher zwar vorliegend nichts dagegen zu erinnern, dass die Beigeladene in der der (Landes-)Raumordnung untergeordneten Bauleitplanung als sachliches Kriterium zur Reduzierung des Eignungsgebietes auf die Abstände in Ziffer IV.5. des Gemeinsamen Runderlasses der Ministerin für Natur und Umwelt, des Innenministers, des Ministers für - 19 -

- 19- Finanzen und Energie und der Ministerpräsidentin - Landesplanungsbehörde - Grundsätze zur Planung von Windenergieanlagen" vom 04.07.1995 (Amtsbl. S.-H. 1995, S. 478) zurückgegriffen hat. Dies sahen auch der Regionalplan, Teilfortschreibung 1996, in Ziffer 7.6.3(2) Absatz 4 und die Erläuterungen zu Ziffer 7.6 (Absatz 9) LROPI ausdrücklich vor. In dem zur Zeit der Flächennutzungsplanänderung maßgeblichen Runderlass 1995 galten für WEA mit bis zu 100 Meter Gesamthöhe u. a. folgende - nicht näher begründete - Abstände (Ziffer IV.5.): zu Einzelhäusern und Siedlungssplitter (bis 4 Häuser) 300 m, zu ländlichen Siedlungen 500 m, zu städtischen Siedlungen/Ferienhausgebieten 1.000 m und zu übrigen Bundesstraßen, Landes- und Kreisstraßen ca. 50 m. Wie sich aus dem Zuschnitt des Eignungsgebietes in dem Regionalplan ergibt, wurden dort Abstände zur umliegenden Bebauung bereits berücksichtigt. 63 Die benannte~ Abstände aus dem Runderlass 1995 hat die Beigeladene ihrem F-Plan dann allerdings für die beabsichtigten sechs WEA mit einer Höhe von max. 100 m tatsächlich nicht zugrunde gelegt, sondern diese vergrößert: Für die ländliche Siedlung {nordöstlich der Kreuzung t/ 1 gelegen) legte sie einen Mindestabstand von 650 m anstatt 500 m zugrunde, für die Einzelhäuser und Siedlungssplitter nördlich und südlich des Windparks mindestens 450 m bzw. 400 m anstatt 300 m und zu der nicht klassifizierten Straße. (auch ;'' genannt nach dem vorliegenden Kartenmaterial) ca. 150 m anstatt 50 m. Zunächst fehlt eine sachliche Begründung dazu, weshalb sie über die zitierten Abstände aus dem Runderlass hinaus die dargestellten Zuschläge vorgenommen hat. Die vergrößerten Abstände werden als Mindestabstände von der Beigeladenen begründungslos festgestellt. Darüber hinaus ergibt sich aus einer Vermessung der Abstände der drei ausgewiesenen Konzentrationszonen zur umliegenden Bebauung durch das Gericht mit Hilfe des Feldblockfinders des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein, dass die Beigeladene die von ihr selbst aufgestellten Mindestabstände der Konzentrationszonengrenzen tatsächlich nicht einhält. So ergibt sich von der westlichen Konzentrationsfläche, gemessen von der nordwestlichen Ecke zum Einzelhaus! i' (nordwestlich) lediglich ein Abstand von ca. 350 m (und nicht.mind. 450 m"). Zum nördlichen Einzelhaus am J ergibt sich gemessen von der nordöstlichen Ecke ein Abstand von nur ca. 325 m (und nicht mind. 450 m"). Zu den südlichen Siedlungssplittern am ergeben sich Abstände von ca. 380 m (südwestliche Ecke) und ca. 370 m (südöstliche Ecke), anstatt mind. 400 m". Ähnlich sieht es mit den Abständen der mittleren Konzentrationsfläche zu dem nördlichen Siedlungssplitter am ;, wonach der Abstand von der nordwestlichen Ecke ca. 370 m und von der nordöstlichen Ecke ca. 360 m beträgt (anstatt mind. 450 m"). Der Abstand von der südöstlichen Ecke zum Sied- -20-

- 20 - lungssplitter Mitte r' l beträgt lediglich ca. 265 m und nicht mind. 400 m". Letztlich beträgt auch der Abstand der östlichen Konzentrationsfläche (nordöstliche Ecke) zur ländlichen Siedlung (südlichstes Gebäude jenseits des _ >) nur ca. 470 m (anstatt mind. 650") und zum nur ca. 110 m (anstatt mind. 150 m"). Damit werden sogar nicht nur die eigene.n größeren" Abstände nicht eingehalten, sondern teilweise auch nicht die in dem zugrunde gelegten Runderlass 1995 angeführten Richtabstände. Daraus ergibt sich, dass weder die - nicht näher begründete - Vergrößerung der Abstände zur vorhandenen Bebauung noch die - ebenfalls nicht begründete - tatsächliche Unterschreitung der zugrunde gelegten Richtwerte eine sachliche Rechtfertigung für eine angemessene begrenzte Einschränkung des Eignungsraumes" enthält. Vielmehr kann aus dem Ausschöpfen bzw. teilweisen Unterschreiten der Richtabstände der Schluss gezogen werden, dass eine Vergrößerung nicht als Kriterium dafür herangezogen werden kann, das Gebiet an anderer Stelle "angemessen einzuschränken". Hierzu hätte es konkreter Ausführungen bedurft. Es ergibt sich aus dieser Begründung im Weiteren auch nicht, weshalb auf den verbleibenden (nicht ausgewiesenen) großräumigen Flächen innerhalb des Eignungsraumes des Regionalplans und zwischen den drei Konzentrationszonen im F-Plan die Einhaltung bestimmter Abstände den Ausschluss genau dieser Flächen bedingen. Es ist nicht erkennbar, dass auf diesen Zwischenflächen die zitierten Pufferabstände" zur umliegenden Bebauung nicht eingehalten werden könnten. Es fehlt damit entscheidungserheblich an einer tragfähigen Begründung, weshalb - negativ betrachtet - die verbliebenen anderen Flächen nicht ausgewiesen worden sind, d. h. weshalb allein die Abstandsflächen dazu führten, dass die übrigen ca. 117 ha der raumordnerischen Eigmingsfläche nicht als Konzentrationszonen dargestellt worden sind. 64 Ebenso wenig rechtfertigt das Bestreben, qualitative Aspekte des Landschaftsraumes und des Landschaftsbildes zu berücksichtigen (Ziffer 4 und 5 des Erläuterungsberichts zum Flächennutzungsplan), die Reduzierung des Eignungsraumes auf 10 % der Fläche. In den Darstellungen der Beigeladenen zum Landschaftsraum und Landschaftsbild des gesamten Planungsraumes in dem Erläuterungsbericht. Sie bringt dort anschaulich zum Ausdruck, dass es sich nicht um eine Landschaft handelt, die einen besonderen Schutz beanspruchen könnte oder die sich durch eine solche Verschiedenheit auszeichnet, dass diese eine unterschiedliche Bewertung verschiedener Teilräume zuließe. Das Plangebiet ist durch eine geringe Reliefbewegung gekennzeichnet (Ziffer 3.5). Es ist durch landwirtschaftlich geprägte Biotoptypen, zumeist mit intensiver Nutzung, geprägt, die nur eine geringe Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz in Bezug auf die Pflanzenwelt aufweisen. Dazu zählen Acker, Grasacker, und artenarme Grünlandflächen. Im nordöstlichen - 21 -

- 21 - Randbereich ist artenreicheres Dauergrünland ausgebildet. Wertvolle Strukturelemente sind die Kleinstrukturen wie Gewässer und Gebüsche. Die Tränkekuhlen sind gern. 15 a LNatSchG als gesetzliche Biotope (Ziffer 3.6) geschützt. Das Plangebiet liegt im Naturraum J. Es ist weder als Landschaftschutzgebiet noch als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Das Landschaftsbild ist durch Eindeichungen, Anlagen von Prielen und Gräben und landwirtschaftliche Nutzung geprägt. Kennzeichnend ist der weite Blick über die mehr oder weniger flache Gegend. Es ist eine WKA im Nordosten des F Plangebietes vorhanden und als technische Vorbelastung der Landschaft gelten zahlreiche kv-leitungen inner- und außerhalb des Plangebietes, die aufgrund ihrer Fernwirkung das Landschaftsbild beeinflussen (Ziffer 3.8). Im weiteren Umgebungsbereich finden sich zahlreiche Windkraftanlagen und Windparks, die von vielen Punkten im Plangebiet aus sichtbar sind und im weitesten Sinne auch die Landschaft im Plangebiet beeinträchtigen (~ichtung Nordosten mit ca. 12 Anlagen, Richtung Norden ein Windpark mit ca. 6 Anlagen, entlang der Küstenlinie zahlreiche Windräder, Ziffer 3.8). 65 Aus diesen Umständen ist nicht erkennbar, weshalb auf ca. 117 ha des Plangebietes der Schutz des Landschaftsbildes und -raumes insbesondere bei Berücksichtigung der vorhandenen zahlreichen WEA den Ausschluss weiterer Anlagen erfordert; das Gegenteil ist eher der Fall. Es wird daraus zudem nicht deutlich, weshalb dann gerade (nur) die drei Konzentrationszonen an den vorgesehenen Stellen im Sinne des Landschaftsraumes und -bildes ausgewiesen wurden. Soweit die Beigeladene in dem Erläuterungsbericht (Ziffer 5) hierzu weiter anführt, dass aufgrund der Topographie und der linearen Struktur des Landschaftsraumes in diesem Bereich eine geordnete Aufstellung der WEA in Standortstreifen" vorgesehen sei, um eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes möglichst gering zu halten, begründet auch dies sachlich nicht den Ausschluss von weiteren Flächen, insbesondere nicht hinsichtlich solcher Flächen, die diesem Planungskonzept entsprächen. Es wäre nach der Karte zum Flächennutzungsplan (3. Änderung) auch unter Einhaltung von angemessenen Abständen der WEA untereinander durchaus möglich, weitere lineare Standortstreifen zwischen den ausgewiesenen Konzentrationszonen anzusiedeln. Zumindest durfte die Beigeladene den Gesichtspunkt der Standortstreifen nicht zum Anlass nehmen, den Eignungsraum auf ein Zehntel der im Regionalplan ausgewiesenen Eignungsfläche zu reduzieren. Zum einen ist eine zusätzliche nachteilige Veränderung angesichts der dargestellten Vorbelastungen" des Landschaftsbildes nicht als so schwerwiegend und damit hinnehmbar zu bewerten; dies auch angesichts dessen, dass nach den Planungen der Beigeladenen die Errichtung von sechs Anlagen möglich ist, d.h. sich eine zusätzliche nachteilige Veränderung auch danach nicht gänzlich vermeiden lässt. Zum anderen hat die Beigeladene nicht ausreichend berücksichtigt, dass Windenergieanlagen -22-