19. Robert-Koch-Tagung 6. September 2012 Die neue NMedHygVO aus Sicht der Ärztekammer Niedersachsen Dr. jur. Karsten Scholz Justiziar der Ärztekammer Niedersachsen Lehrbeauftragter an der Leibniz-Universität Hannover und der Georg-August-Universität Göttingen
Was erwartet Sie? Bewertung der ÄKN Regelungen, soweit mit der WBO ÄKN verzahnt Wieso keine curriculare Fortbildung in Niedersachsen? Umsetzung Haftungsrechtliche Anmerkungen
Einschätzung der ÄKN 23 Abs. 8 InfSG und NMedHygVO als Beitrag zur Patientensicherheit Kritik der NKG bereits zur Novelle des Nds. KHG sowie des Inkrafttretens der NMedHygVO nicht nachvollziehbar Vorrang für die Selbstverwaltung WBO ÄKN Investitionsbedarf in Personal(qualifizierung) rechnet sich auf Sicht sowohl betriebs- als auch volkswirtschaftlich Es ist absehbar, dass es immer wieder Zeiten geben wird, in denen man Infektionskrankheiten (vorübergehend) nicht so gut im Griff haben wird
Einschätzung der ÄKN 1 Abs. 3 im Umsetzung von 23 Abs. 5 S. 2 InfSG: Anforderungen an die Infektionsprävention in... Arztpraxen und Praxen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe, in denen invasive Eingriffe vorgenommen werden MVZ? (auf die Zirkumzision oder das Ohrlochstechen beschränkte) HPG- Erlaubnis
Entstehung der NMedHygVO Frühe Gespräche mit MS und NLGA Feststellung: wenig Weiterbildungsstätten Stufenplan (notgedrungen) erforderlich Laufender Austausch über Detailfragen Offizielle Anhörung Inkrafttreten der Ergänzung der WBO zum 1.2.2012 Kursangebot I/2013
Stufenqualifikation nach NMedHygVO Bis 31.12.2006: Personen mit den erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten, 3 Abs. 3 (Problem: unbestimmt) Qualifikation als hygienebeauftragter Arzt bzw. Krankenhaushygieniker unter von ÄKN festgelegten Bedingungen erwerbbar Sechsmonatige Praxiszeit bis 31.12.2016 nachholbar
Hygienebeauftragter Arzt, 5 Berechtigung, eine Gebietsbezeichnung (Facharztkompetenz) zu führen Im Fachgebiet weisungsbefugt (Nachweis?) Erfolgreiche Teilnahme an einer von der ÄKN [andere LÄKen?] anerkannten Fortbildung von mind. 40 Stunden [Maßstab FBO ÄKN]
Krankenhaushygieniker, 4 fachliche Eignung definiert Gebietbezeichnung Hygiene und Umweltmedizin [P: FA f. Hygiene] oder Mikrobiologie [, Virologie] und Infektionsepidemiologie [Übergangsbestimmungen WBO 2005] oder
Krankenhaushygieniker, 4 rechtmäßig als Arzt tätig [Approbation, Berufserlaubnis, EU-Dientsleistungserbringer] Berechtigt, eine Gebietsbezeichnung zu führen Berechtigt, eine Zusatzbezeichnung [Begrifflichkeit der WBO] auf dem Gebiet der Krankenhaushygiene zu führen Sechsmonatige Praxiszeit, sofern nicht bereits im Rahmen der Weiterbildung abgeleistet unter Anleitung eines Weiterbildungsermächtigten oder einer seit zwei Jahren hauptberuflich als Krankenhaushygieniker tätigen Person
Wieso keine curriculare Fortbildung? OVG Sachsen-Anhalt vom 19.7.2012 1 K 75/11: Das KGHB-LSA gibt der Zahnärztekammer Sachsen- Anhalt nicht die erforderliche gesetzliche Grundlage für den Erlass einer Satzung, welche die Vergabe von Zertifikaten über die erfolgreiche Absolvierung einer Fortbildung von Zahnärzten und die Berechtigung zum Führen dieser Zertifikate im werbenden Verkehr nach außen zum Gegenstand hat. Das KGHB-LSA enthält zwar in den 22 ff. allgemeine Regelungen zur Weiterbildung von kammergehörigen Zahnärzten, es unterscheidet allerdings zwischen den Regelungen über die Weiterbildung und denjenigen über die Fortbildung.
Wieso keine curriculare Fortbildung? OVG Sachsen-Anhalt vom 19.7.2012 1 K 75/11: Fortbildung beinhaltet den Erhalt einer einmal erworbenen beruflichen Qualifikation, indem das einmal erworbene Wissen auf der Höhe des fachlichen Fortschritts gehalten wird.... Wenn sich der Zahnarzt demgegenüber weiterbildet, so erwirbt er hiermit eine zusätzliche berufliche Qualifikation auf einem speziellen Fachgebiet. Wie bereits ausgeführt unterscheidet das KHBG-LSA klar zwischen den Regelungen über die Weiterbildung und solchen über die Fortbildung. Im Gegensatz hierzu ermächtigt das KGHB-LSA die Antragsgegnerin nicht dazu, ihren Mitgliedern im werbenden Verkehr nach außen die Mitteilung über eine (strukturierte) Fortbildung zu erlauben.
ZB Krankenhaushygiene Keine zusätzliche Weiterbildung sondern gebietsunabhängige Zusatzbezeichnung Integraler Bestandteil der beiden höherrangigen Gebietsbezeichnungen 24 Monate Weiterbildung in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung 40 Stunden Grundkurs (hygienebeauftragter Arzt) anschließend 160 Stunden Aufbaukurs Vorherige Kursanerkennung Ggf. abweichender Weiterbildungsgang Prüfung bei der Ärztekammer Ggf. 2017 Weiterentwicklung des Weiterbildungsganges
Umsetzung Kurse Nächste Termin zur bundesweiten Feinabstimmung aller Module: am 18.09.2012 in HH Bis dahin müssen noch einige Module nachgearbeitet werden. Start der einzelnen Module im Ersten Quartal 2013 vorgesehen. Nach der Freigabe der Module Terminabsprache mit den Kursleitern Anmeldungen zentral über die Akademie in Westfahlen-Lippe Infoschreiben der ÄK Niedersachsen an Betroffene Start für Ärzte bei betroffenen Krankenhäusern (> 400 Betten)
Betriebsschließungsversicherung Koch RDG 2012, 198: Betriebsschließungsversicherung Infektionen und ihre Folgen InfSG baut auf Eigenvorsorge und eigenverantwortliches Handeln; Betriebsschließung als ultima ratio Traditionell erfasst die Versicherung nur behördliche Schließungen oder Tätigkeitsverbote für Betriebsangehörige Absprachen kein Versicherungsfall bzw. Schadenereignis isd Versicherungsbedingungen
Aktuelle Rechtsprechung OLG Köln v. 5.8.2011 (5 U 69/08) Streptokokkeninfektion Grds. hat Patient Hygienemängel darzulegen und zu beweisen Umkehr der Darlegungs- und Beweislast für Kausalität Hygienemangel Infektion sowie für Verschulden hins. Hygienemangel bei Infektion aus einem hygienisch beherrschbaren Bereich. Im OPbereich gibt es keine absolute Keimfreiheit Vortrag, die Behandlung ohne eine Infektion angetreten zu haben, reicht nicht aus Darlegung von Anhaltspunkten für einen Hygienemangel im hygienisch beherrschbaren Bereich, der vom Ansatz her die eingetretene Infektion hätte verursachen können
Aktuelle Rechtsprechung OLG Köln v. 17.1.2011 5 U 88/10: Der Eintritt mehrerer Infektionen, insbes. von Pneumonien, einer Endokarditis und Augenentzündung weisen für sich genommen nicht auf mangelnde Hygiene hin, weil es sich, zumal im Fall einer schweren Grunderkrankung, um kein beherrschbares Risiko handelt OLG München v. 25.3.2011 1 U 4594/08: Krankenhausträger genügt Darlegungslast, wenn er vorträgt, alle an der Operation Beteiligten seien HCVnegativ und es habe im Krankenhaus auch keine weitere Hepatitis-C-Infektion gegeben. Vorliegend hatte der Patient während der Inkubationszeit ambulant eine Koloskopie und einen interventionelle radiologische Untersuchung durchführen lassen
Juristische Bewertung RA Teichner GuP 2012, 79: Beweis vermeidbarer Infektion nur in absoluten Ausnahmefällen; Patient muss konkrete Infektionsquelle ausfindig machen Auf eine Infektikonsquelle in einem Krankenhaus muss durch Information der Chefärzte, eine Krisensitzung der Hygienekommission mit einem Krankenhaushygieniker reagiert werden (OLG Oldenburg v. 3.12.2002 5 U 100/00)
Weiterer Fall OLG Koblenz v. 22.6.2006 5 U 1711/05: Spritzenabszess in einer Arztpraxis bei Fehlen klarer Hygienepläne und längerfristig nicht erteilten mdl. Hygieneanweisungen, umgefüllten Desinfektionsmitteln und Verwendung von Durchstechflaschen mit Injektionssubstanzen über mehrere Tage hinweg pp.
Wie geht s weiter? Permanentes Bewusstseinmachen des Problems Laufende Fortbildung auch auf der Ebene unterhalb des Krankenhaushygienikers / hygienebeauftragten Arztes Nach theoretischem Wissen Erlernen von Implementierungsstrategien Mehr Weiterbildungsstätten, kollegiale Bereitschaft, Kollegen zu qualifizieren und dann mehr Stellen und Facharztanerkennungen für Hygiene und Umweltmedizin!
www. aekn.de