Verkehrsfonds im Kanton Bern? Bericht des Regierungsrates zu den Postulaten Kaufmann 035/03 und Käser/Grunder 067/03



Ähnliche Dokumente
AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

Was sind Jahres- und Zielvereinbarungsgespräche?

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

AHVplus D E L E G I E R T E N V E R S A M M L U N G V OM 1 1. M A I Die AHVplus-Varianten. Antrag: Abstimmung.

Häufig gestellte Fragen zum Thema Migration

FRAGE 39. Gründe, aus denen die Rechte von Patentinhabern beschränkt werden können

Ist Fernsehen schädlich für die eigene Meinung oder fördert es unabhängig zu denken?

Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten nutzen

2) Unterstützen Sie grundsätzlich die Schaffung eines Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds

Pädagogik. Melanie Schewtschenko. Eingewöhnung und Übergang in die Kinderkrippe. Warum ist die Beteiligung der Eltern so wichtig?

Urheberrecht in der Schule Was Lehrer, Eltern, Schüler, Medienzentren und Schulbehörden vom Urheberrecht wissen sollten

DAS NEUE GESETZ ÜBER FACTORING ( Amtsblatt der RS, Nr.62/2013)

Meinungen zum Sterben Emnid-Umfrage 2001

Anmerkungen einer Haushaltspolitikerin

Gesetz über die Aktiengesellschaft Berner Lehrmittel- und Medienverlag (BLMVG) vom (Stand )

Umgang mit Schaubildern am Beispiel Deutschland surft

100 Mikrokredite und Abschluss der Pilotphase. Ruedi Winkler, Präsident Verein GO! Ziel selbstständig

Mobile Intranet in Unternehmen

Familienrecht Vorlesung 6. Familienrecht

3.13. Landessynode (ordentliche) Tagung der 15. Westfälischen Landessynode vom 14. bis 17. November Pfarrdienstrecht

Deutschland-Check Nr. 34

Familienunternehmer-Umfrage: Note 4 für Energiepolitik der Bundesregierung 47 Prozent der Unternehmer sehen Energiewende als Chance

Alle Schlüssel-Karten (blaue Rückseite) werden den Schlüssel-Farben nach sortiert und in vier getrennte Stapel mit der Bildseite nach oben gelegt.

DNotI. Fax - Abfrage. GrEStG 1 Abs. 3 Anteilsvereinigung bei Treuhandverhältnissen. I. Sachverhalt:

Vorlage für die Sitzung der staatlichen Deputation für Soziales, Kinder und Jugend am

EÜR contra Bilanzierung

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

Vorratsgesellschaften Der schnelle Weg zum eigenen Unternehmen interna

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

16.2 Schenkungen, Vermächtnisse und Erbschaften mit Zweckbindung

Statuten in leichter Sprache

Wichtige Forderungen für ein Bundes-Teilhabe-Gesetz von der Bundesvereinigung Lebenshilfe. in Leichter Sprache

Grundsätzlich ist der Staatsrat mit einer Erhöhung der Pauschalabzüge, welche den Durchschnittsprämien im Wallis entsprechen, einverstanden.

Rentensicherheit. Rente? Aber sicher!

Menschen und Natur verbinden

SHG INVEST DAS SOLLTEN SIE UNBEDINGT. lesen, bevor Sie selbst verkaufen...

Die SPD und die Grünen machen im Niedersächsischen Landtag. Alle Menschen sollen in der Politik mitmachen können.

Hautkrebsscreening. 49 Prozent meinen, Hautkrebs sei kein Thema, das sie besorgt. Thema Hautkrebs. Ist Hautkrebs für Sie ein Thema, das Sie besorgt?

Outlook. sysplus.ch outlook - mail-grundlagen Seite 1/8. Mail-Grundlagen. Posteingang

Verjährungsfalle Gewährleistungsbürgschaft. -Unterschiedliche Verjährungsfristen für Mängelansprüche und Ansprüche aus der Gewährleistungsbürgschaft

1. Einführung. 2. Alternativen zu eigenen Auswertungen. 3. Erstellen eigener Tabellen-Auswertungen

Nachhaltigkeits-Check

Alternative Stiftungs- Vortrag Dipl.-Kfm. Dirk Bach, Wirtschaftsprüfer ATAX Treuhand GmbH, Neunkirchen

Lehrer: Einschreibemethoden

Finanzierung der beruflichen Grundbildung für Erwachsene

Von der Planung zur Umsetzung. Erfolge und Hürden am Beispiel des Agglomerationsprogramms Winterthur und Umgebung

Pflegeversicherung von AXA: Langfristige Erhaltung der Lebensqualität als zentrale Herausforderung

Fragebogen zur Erfassung der qualitativen Umsetzung des Unterrichtsprogramms Lions - Quest Erwachsen werden (LQ/Ew) (im Schuljahr 2008/09)

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/ Wahlperiode

Vorsorge in der Schweiz Die Sicht der Lebensversicherer. Andreas Zingg Vorsitzender der Kommission für Soziale Fragen des SVV

BEVÖLKERUNGS- UND UNTERNEHMERBEFRAGUNG»VERMÖGENSTEUER UND EIGENTUM«

Währungssituation Überblick über die Möglichkeiten für KMU im Personalbereich. Martina Wüthrich, Rechtsanwältin Muri Rechtsanwälte AG, Weinfelden

Die 7 wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Einführung von Zielvereinbarungen und deren Ergebnissicherung

ZIELVEREINBARUNG über die Internationale Gartenbauausstellung 2017 am Bodensee. 26. Januar 2007 in Meersburg

Psychologie im Arbeitsschutz

Lernaufgabe Industriekauffrau/Industriekaufmann Angebot und Auftrag: Arbeitsblatt I Auftragsbeschreibung

SONNIGE AUSSICHTEN: SOLARPARK III

Zulassung nach MID (Measurement Instruments Directive)

Vorab per . Oberste Finanzbehörden der Länder

mobifleet Beschreibung 1. Terminverwaltung in der Zentrale

Stand 15. Oktober Fragen und Antworten

DAS PARETO PRINZIP DER SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG

Die Post hat eine Umfrage gemacht

Verband der TÜV e. V. STUDIE ZUM IMAGE DER MPU

Widerrufsbelehrung der Free-Linked GmbH. Stand: Juni 2014

Bürgerhilfe Florstadt

Anleitung für die Online-Bewerbung über LSF auf Lehrveranstaltungen aller Lehramtsstudiengänge

Was ist das Budget für Arbeit?

A 20: ROI-Analyse und Shareholder Value-Management (2)

Energieeffizienz. Ergebnisse einer repräsentativen Telefonbefragung bei 400 B2B-Finanzentscheidern

Strom in unserem Alltag

Die Fakten & der Ausgangspunkt: Deshalb:

Nicht kopieren. Der neue Report von: Stefan Ploberger. 1. Ausgabe 2003

Erfolg im Verkauf durch Persönlichkeit! Potenzialanalyse, Training & Entwicklung für Vertriebsmitarbeiter!

Haus und Grundstück im Erbrecht 7: Kündigung und Schönheitsreparaturen bei der Mietwohnung im Erbe

Ein neues System für die Allokation von Spenderlungen. LAS Information für Patienten in Deutschland

Tag des Datenschutzes

Herzlich Willkommen zum Vortrag: Mitarbeiterführung und Ausbildung. für UNITEIS e.v. Andrea Mills M.A.

Wege zur Patientensicherheit - Fragebogen zum Lernzielkatalog für Kompetenzen in der Patientensicherheit

Tagesordnung. 1 Beschlussfähigkeit der MV. 6 Entlastung des Vorstands. 2 Tagesordnung und Protokollarisches

Wir schenken Freiheit - das Späterzahlungsmodell der praxishochschule. Der Umgekehrte Generationenvertrag - Erst studieren. Später zahlen.

Rentenreform ab 1. Januar Am 16. November 2000 hat der Deutsche. Bundestag die Streichung der bisherigen Berufsund

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Wir machen neue Politik für Baden-Württemberg

Müllgebühren Steiermark

Zwischenablage (Bilder, Texte,...)

8. Berechnung der kalkulatorischen Zinsen

Herrn Dr. Theodor Windhorst Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe Gartenstraße Münster

Parlamentssitzung 10. Dezember 2012 Traktandum 7

Reglement über die wirkungsorientierte Steuerung der Stadtverwaltung (NPM-Reglement)

Anlage U für Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten zum Lohnsteuer-Ermäßigungsantrag

Produktionsplanung und steuerung (SS 2011)

Deutschland-Check Nr. 35

Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung: EFRE im Bundes-Land Brandenburg vom Jahr 2014 bis für das Jahr 2020 in Leichter Sprache

Risikomanagement bei PPP Projekten: Erfahrungen aus Deutschland

Auswertung des Jahresabschlusses Bilanzanalyse 2

Webalizer HOWTO. Stand:

Berechnung der Erhöhung der Durchschnittsprämien

Staatssekretär Dr. Günther Horzetzky

Transkript:

Verkehrsfonds im Kanton Bern? Bericht des Regierungsrates zu den Postulaten Kaufmann 035/03 und Käser/Grunder 067/03 Teil 1: Kurzfassung 25. Februar 2005

Impressum Empfohlene Zitierweise Autor: Regierungsrat des Kantons Bern Titel: Verkehrsfonds im Kanton Bern? Untertitel: Bericht zu den Postulaten Kaufmann und Käser/Grunder; Teil 1: Kurzfassung Ort: Bern Jahr: 2005 Begleitgruppe Jürg Hefti, GS BVE, Leitung Walter Dinkel, Vorsteher TBA Jürg von Känel, Vorsteher A Jean-Philippe Kohl, GS FIN Peter Sieber, POM, Chef Verkehr Peter Rytz, AGR, Kantonsplaner Externe Unterstützung: ECOPLAN Forschung und Beratung in Wirtschaft und Politik www.ecoplan.ch Felix Walter (Projektleitung) Urs Springer René Neuenschwander Stefan Suter in Zusammenarbeit mit: Rudolf Muggli, Ad!vocate, Bern

Inhaltsverzeichnis 1 Worum es geht: Abklärungen zu zwei Postulaten...i 2 Grundlagen: Was ist ein Fonds?...i 3 Die heutige Verkehrsfinanzierung: Keine Zweckentfremdung...ii 4 Breite Palette möglicher Verkehrsfonds-Modelle...iii 5 Rechtliche Verankerung...iv 6 Bewertung der Modelle durch den Regierungsrat...v 7 Kein Fonds, aber koordinierte Rahmenkredite...vi

1 Worum es geht: Abklärungen zu zwei Postulaten Der Grosse Rat hat im August 2003 zwei Motionen als Postulate überwiesen, welche auf eine Anpassung der Verkehrsfinanzierung abzielen: Die Motion Kaufmann 1 regt die Schaffung eines Gesamtverkehrsfonds an, der eine integrierte Verkehrsplanung und -finanzierung ermöglichen soll. Die Motion Käser/Grunder 2 verfolgt das Ziel, die Mittel für den Bau und Unterhalt der Strassen zu erhöhen, sowie die Gemeinden an den Strasseneinnahmen zu beteiligen. Der Regierungsrat hat in der Debatte erklärt, er werde die aufgeworfenen Fragen gründlich klären und den Grossen Rat über die Ergebnisse orientieren. Der entsprechende Bericht wird hiermit vorgelegt. 2 Grundlagen: Was ist ein Fonds? Die Frage der Verkehrsfinanzierung und eines möglichen Verkehrsfonds ist vielschichtig. Es stellen sich drei Grundfragen: 1. Mittelfluss: Zweckbindung bestimmter Einnahmen? Sollen bestimmte Einnahmen, z.b. die Motorfahrzeugsteuern, zweckgebunden für bestimmte Aufgaben eingesetzt werden? Wenn ja: Welche Einnahmen und in welchem Ausmass? Wenn ja: für welche Zwecke resp. Ausgaben (Kantonsstrassen, Gemeindestrassen, öffentlicher Verkehr usw.)? 2. Rechtliche Form: Spezialfinanzierung? Soll für Verkehrszwecke ein Fonds geschaffen werden, d.h. ein Sondervermögen in der Form einer Spezialfinanzierung oder eines autonomen Fonds, dessen Mittel ausschliesslich für den bestimmten Zweck verwendet werden? 3. Wie werden die Ausgaben gesteuert: Wie heute über verschiedene Objektkredite oder z.b. über einen Rahmenkredit für alle Verkehrsinvestitionen? Die Zweckbindung von bestimmten Einnahmen und die rechtliche Sicherung in Form eines Fonds (Spezialfinanzierung) kommen zwar häufig kombiniert vor, sie bedingen sich aber nicht unbedingt: Die Zweckbindung von einzelnen Steuern (z.b. Motorfahrzeugsteuern) kann im Gesetz vorgesehen werden, ohne dass sie mit der Rechtsform eines Fonds verankert wird; sie 1 2 035/03 Motion Kaufmann, Bern Gesamtverkehrsfonds und Gesamtverkehrskonzept; Tagblatt des Grossen Rates 2003, S. 812 ff. 067/03 Motion Käser, Langenthal / Grunder, Hasle-Rüegsau Zweckgerichteter Einsatz der Strassengelder; Tagblatt des Grossen Rates 2003, S. 818 ff. i

kann wie z.b. heute im Kanton Bern bloss durch eine Statistik (Strassenrechnung) belegt werden. Ein Fonds ist ein Sondervermögen für bestimmte Zwecke, bezeichnet also die finanzrechtliche Form (meist wird die finanzrechtliche Form einer "Spezialfinanzierung" gewählt). Ein Fonds wird zwar häufig durch bestimmte zweckgebundene Einnahmen gespeist (z.b. Abwasser-Abgabe für den Abwasser-Fonds), kann aber auch durch variable Einlagen aus allgemeinen Haushaltsmitteln gespeist werden. Verschiedene andere Kantone kennen eine meist offen formulierte Zweckbindung der Strasseneinnahmen, einige auch in der Form einer Spezialfinanzierung. Beispielsweise sieht der Kanton Aargau vor, dass aus der Spezialfinanzierung (genannt Strassenrechnung) auch Beiträge zur Vermeidung von Folgekosten des Strassenverkehrs (inklusive ) geleistet werden können. Einen Gesamtverkehrsfonds kennt bisher kein Kanton. 3 Die heutige Verkehrsfinanzierung: Keine Zweckentfremdung Die heutige Verkehrsfinanzierung ist komplex und wird im Hauptbericht im Detail ausgeführt. Nach der heutigen gesetzlichen Regelung darf die Motorfahrzeugsteuer nicht nur für Strassenzwecke, sondern auch für Umweltschutzmassnahmen sowie zur Förderung des umweltgerechten Verkehrs verwendet werden. Es besteht also eine lockere Zweckbindung. Diese ist nicht durch einen Fonds (Spezialfinanzierung) finanzrechtlich gesichert. Abbildung 1: Heutige Verkehrsfinanzierung (grobschematisch) Bund Kanton Gemeinden (Werk-) Beiträge Strasse MinÖl- St. LSVA Beiträge MfZ- Steuern Gde- Rechnung Staatsrechnung Kanton Strassen Gemeinden ii

Per Saldo werden zwar kantonale Einnahmen aus dem Strassenverkehr für andere Zwecke als für kantonale Strassenausgaben verwendet, dies kann jedoch weder rechtlich noch sachlich als Zweckentfremdung bezeichnet werden, und zwar aus folgenden Gründen: Die Kosten für die Verkehrssicherheit (Kantonspolizei, Rettungswesen, etc.) werden in den Kostenübersichten häufig vernachlässigt, sind aber zum grossen Teil auch dem Strassenverkehr anzurechnen. Die Gemeinden bestreiten den grössten Teil ihrer Strassenausgaben aus Steuermitteln (rund 170-250 Mio. CHF pro Jahr), so dass die Strassenrechnung mit Einbezug der Gemeinden eine massive Unterdeckung aufweist. Bei der Allgemeinheit und teilweise auch bei der öffentlichen Hand fallen bedeutende ungedeckte Unfall- und Umweltkosten an (externe Kosten), die nicht vom Strassenverkehr gedeckt werden. Im Kanton Bern liegen diese Kosten in der Grössenordnung von 500 Mio. CHF pro Jahr. Die Zweckbestimmung im Gesetz lässt die heutige Verwendung zu, denn die Einnahmen aus der Motorfahrzeugsteuer können unter anderem für die "Vornahme von Umwelt-, Landschafts- und Ortsbildschutzmassnahmen im Zusammenhang mit Strassenverkehrsanlagen" sowie zur "Förderung des umweltgerechten Verkehrs" eingesetzt werden. Falls der Wunsch besteht, mehr Mittel für den Strassenverkehr einzusetzen, liegt dies grundsätzlich in der Kompetenz des Grossen Rates, ist aber in der aktuellen Finanzlage nur möglich: durch Einsparungen bei anderen Ausgaben, oder durch Beiträge an die Gemeinden für ihre Strassenausgaben, was bei anderen Aufgaben oder im Lastenausgleich kompensiert werden müsste. Beide Optionen sind nach Ansicht des Regierungsrates nicht zweckmässig und in der gegenwärtigen Finanzlage nicht realistisch. 4 Breite Palette möglicher Verkehrsfonds-Modelle Sechs Grundmodelle Es wurden 6 Grundmodelle mit unterschiedlicher Mittelherkunft und -verwendung geprüft, welche mit zwei verschiedenen Rechtsformen kombiniert werden können. Der Kantonsstrassenfonds enthält eine strikte Zweckbindung. Die Einnahmen des Kantons aus Strassenabgaben und -subventionen müssen für kantonale Ausgaben im Strassenverkehrsbereich eingesetzt werden. Der Fonds wird ausschliesslich aus bestehenden strassenverkehrsbezogenen Quellen (Bundesbeiträge, Kantonsanteile an Bundeseinnahmen, Motorfahrzeugsteuer, werkgebundene Gemeindebeiträge) gespeist. Um ein Gleichgewicht von Einnahmen und Ausgaben zu erreichen, müssten die Ausgaben für Haupt- und Kantonsstrassen mehr als verdoppelt werden. Diese Ausgaben müssten andernorts eingespart werden. Der Fonds hat einen Umfang von rund 580 Mio. CHF. iii

Beim Strassenverkehrsfonds sind Mittelherkunft und Volumen gleich wie beim Kantonsstrassenfonds. Die Mittel werden ebenfalls nur für das Strassenwesen verwendet, aber nicht nur für Kantonsstrassen, sondern auch für Gemeindestrassen. In den Agglomerationsfonds fliessen Mittel, über deren Verwendung im Rahmen der Agglomerationsprogramme entschieden wird. Mögliche Finanzierungsquellen sind Bundesbeiträge oder die Einnahmen aus einem allfälligen Road Pricing. Der Umfang des Agglomerationsfonds ist deutlich geringer als derjenige der Strassenfonds (ca. 30 bis 50 Mio. CHF pro Jahr). Der segmentierte Gesamtverkehrsfonds wird aus Strassenabgaben, Bundesbeiträgen, Steuergeldern und allfälligen weiteren Quellen (z.b. Road Pricing) gespeist. Die Mittel werden für Investitionen und Abgeltungen im Strassen und -/Schienenverkehr eingesetzt, wobei die Quersubventionierung von der Strasse zum begrenzt ist: Es gibt verschiedene Segmente, nämlich eine Teilkasse Strasse und eine Teilkasse Schiene/, die je einen Mindestanteil an den Einnahmen erhalten, während ein kleiner Teil frei zuteilbar ist. Der Umfang des Fonds beträgt rund 0.9 bis 1 Milliarde CHF. Der offene Gesamtverkehrsfonds: Diese Variante unterscheidet sich vom segmentierten Gesamtverkehrsfonds einzig dadurch, dass es keine Teilkassen und entsprechend auch keine Vorgaben über die Mittelverwendung gibt. Wird auf einen Fonds verzichtet, aber dennoch die verkehrsträgerübergreifende Steuerung verstärkt, könnten zwei inhaltlich und zeitlich koordinierte Rahmenkredite die Finanzierung von Strasse, und Langsamverkehr regeln. Die Mittel stammen aus den gleichen Quellen wie heute. Eine Zweckbindung der Einnahmen ist nicht vorgesehen. 5 Rechtliche Verankerung Die oben gezeigten Modelle können unterschiedlich umgesetzt werden. Konkret stehen zwei Arten der rechtlichen Verankerung (für die ersten fünf Modelle) zur Diskussion: Autonomer Fonds: Ein solcher Fonds wird, z.b. als unselbständige Anstalt, ausserhalb der Staatsrechnung geführt (wie die "Stadtbauten Bern", eine selbständige, autonome öffentlich-rechtliche Anstalt). Der Einfluss des Parlamentes wird stark eingeschränkt. Spezialfinanzierung: Diese ist Bestandteil der Staatsrechnung. Beispiele sind der Strassenfonds des Kantons Zürich oder der Abwasserfonds des Kantons Bern. In der Regel kann das Parlament ähnlich Einfluss nehmen wie bei anderen Ausgaben. Die Ausgabenbeschlüsse können (mit oder ohne Spezialfinanzierung) in Form von Rahmenkrediten, Objektkrediten oder Budgetkrediten gefällt werden. Heute gibt es für -Investitionen einen vierjährigen Rahmenkredit, die -Abgeltungen werden mit dem Budget beschlossen. Die Investitionen im Bereich Strasse werden im Strassenbauprogramm beschrieben, die Ausgabenbeschlüsse erfolgen für jedes Projekt einzeln in Form von Objektkrediten. Die Kosten für den betrieblichen Unterhalt und die Erneuerung der Strassen werden mit dem Budget (Tiefbauamt) genehmigt. iv

6 Bewertung der Modelle durch den Regierungsrat Zur rechtlichen Verankerung: kein autonomer Fonds, Rahmenkredit für die Strasse Autonome Fonds sind grundsätzlich skeptisch zu beurteilen. Die Gründung einer Unternehmung ist dann sinnvoll, wenn diese einen bestimmten und genau abgegrenzten Zweck (z.b. Forschung oder Ausbildung) zu erfüllen hat. Wenn politische Entscheide und Abstimmung nötig sind (wie bei der Strassen- und -Finanzierung), weist eine Unternehmung als Entscheidungsträger gegenüber dem Parlament nur Nachteile auf (geringe demokratische Legitimation, Kontrolle und Aufsicht problematisch). In jedem Fall und in jedem Modell (mit oder ohne Fonds) sollte zur Verstetigung der Ausgaben auch für den Strassenbau ein Investitions-Rahmenkredit angestrebt werden, analog wie heute im. Abbildung 2: Grundmodelle und rechtliche Verankerung: Überblick Mittelfluss 2 Rahmenkredite Agglomerationsfonds Strassenverkehrsfonds Kantonsstrassenfonds Segmentierter Gesamt-VF Offener Gesamt-VF Rechtliche Verankerung Autonomer Fonds Spezialfinanzierung 2 Kein Fonds 1 Fonds-Modelle Theoretisch denkbare, aber praktisch wenig sinnvolle Varianten Mögliche Varianten Hauptvarianten [1. Wahl (1), 2. Wahl (2)] v

7 Kein Fonds, aber koordinierte Rahmenkredite In Anbetracht der Stossrichtungen der Postulate und verschiedener finanzwissenschaftlicher Argumente werden die Verkehrsfonds-Varianten wie folgt beurteilt (siehe Abbildung 2): Mit zwei inhaltlich und zeitlich koordinierten Rahmenkrediten für Strasse und Schiene/ (Abbildung 3) könnten die Ziele des Vorstosses Kaufmann erreicht werden. Der Hauptvorteil des Modells ist, dass es eine verkehrsträgerübergreifende Planung erlaubt und dank Rahmenkrediten eine mittelfristige Finanzierung (z.b. 4 Jahre) sichert. Als Nachteil kann gesehen werden, dass die Zweckbestimmung bestimmter Einnahmen nicht durch einen Fonds (Spezialfinanzierung) rechtlich abgesichert wird, jedoch ermöglicht dies umgekehrt dem Grossen Rat eine grössere Flexibilität in seinen Entscheiden. Abbildung 3: Zwei Rahmenkredite, kein Fonds (grobschematisch) Bund Kanton Gemeinden (Werk-) Beiträge Strasse MinÖl- St. LSVA Beiträge MfZ- Steuern Gde- Rechnung Staatsrechnung Rahmenkredit Strasse Rahmenkredit Kanton Strassen Gemeinden Die Ausgaben für Strasse resp. Schiene/ wurden in der Grafik vereinfachend als Rahmenkredite eingezeichnet, obwohl die Betriebsausgaben resp. die -Abgeltungen evtl. nicht über einen Rahmenkredit, sondern wie bisher im Rahmen des Budgets beschlossen werden. Falls ein Fonds gewünscht wird, wäre der segmentierte Gesamtverkehrsfonds die beste Variante (Abbildung 4). In dieser Variante wird im Sinne von Leitplanken eine finanzielle Minimalausstattung für jeden Verkehrsträger festgelegt (Mindestvolumen pro Segment). Die Variante des offenen Gesamtverkehrsfonds kennt keine Mindestvolumina und kann deshalb die im Vorstoss Käser/Grunder gesetzten Ziele einer Zweckbindung nicht erreichen. Allerdings weist der segmentierte Gesamtverkehrsfonds wie alle Fonds den Nachteil auf, dass die Mittelzuordnung nicht mehr frei auf die Finanzlage und die Bedürfnisse abgestimmt werden kann und damit der Verkehr einen Sonderstatus erhält, der finanzpolitisch nicht erwünscht ist. Der Vorteil ist, dass die Finanzierung im Verkehrsbe- vi

reich verstetigt werden kann. Allerdings ist auch bei einem Fonds das Risiko vorhanden, dass aufgrund von Sparprogrammen (z.b. des Bundes) kurzfristig weniger Mittel zur Verfügung stehen als geplant. Abbildung 4: Segmentierter Gesamtverkehrsfonds (grobschematisch) (Werk-) Beiträge Strasse Bund MinÖl- St. LSVA Beiträge Kanton MfZ- Steuern Gemeinden Gde- Rechnung Strasse frei Kanton Gemeinde Strassen Staatsrechnung Kantonsstrassenfonds und Strassenverkehrsfonds: Diese beiden Modelle entsprechen weitgehend der Zielsetzung der Motion Käser/Grunder. Es resultiert aber eine massive Ausgabensteigerung im Strassenbereich und ein entsprechender Einspar-Bedarf in anderen Bereichen. Bei der heutigen angespannten Finanzlage des Kantons Bern stellen diese Fonds keine sinnvollen Varianten dar. Die Ausgaben für die Strassen sollen sich in der Grössenordnung der bisherigen Budgetentscheide des Grossen Rates bewegen und in ihrer Höhe nicht durch bestimmte Einnahmen fixiert, sondern weiterhin in die Kompetenz des Grossen Rates gelegt werden. Eine starre Zweckbindung durch eine Spezialfinanzierung vermindert die finanzpolitisch notwendige Flexibilität. Der Gedanke einer Eigenwirtschaftlichkeit des Strassenverkehrs wäre nur dann sinnvoll, wenn auch die Ausgaben der Gemeinden sowie die ungedeckten Folgekosten einbezogen werden. Es ist daher weder finanzpolitisch noch konzeptionell gerechtfertigt, die kantonalen Strasseneinnahmen voll für den Strassenverkehr im engeren Sinn zu binden. Der Agglomerationsfonds ist wenig sinnvoll, da es grosse Unklarheiten bezüglich der Entwicklung auf Bundesebene gibt. Zudem ist die räumliche Abgrenzung problematisch, da z.b. Schieneninvestitionen in den Zentren auch den Verbindungen mit dem Umland zu Gute kommen. vii

Der Regierungsrat zieht gestützt auf diese Analysen folgende Schlüsse: Im Vordergrund steht das Modell mit zwei zeitlich abgestimmten Investitions-Rahmenkrediten für Schiene und Strasse. Dieses Modell erlaubt eine verkehrsträgerübergreifende, mittel- bis langfristige Planung sowie eine Finanzierung über einen Rahmenkredit (neu also nicht nur für die -Investitionen, sondern auch für die Strassenprojekte). Zugleich vermeidet er die Nachteile einer fixen Zweckbindung und ermöglicht es, je nach Finanzlage und je nach Bedarf höhere oder tiefere Ausgaben vorzusehen. Wenn entgegen der Meinung des Regierungsrates dennoch ein Fonds gewünscht sein sollte, so wäre ein segmentierter Gesamtverkehrsfonds als bestes Modell zu betrachten. Der Nachteil ist die fixe Zweckbindung mit dem entsprechenden Verlust an finanzpolitischer Flexibilität. Hingegen können eine integrale Verkehrsplanung auch so erreicht werden. Beide Modelle zwei Rahmenkredite und segmentierter Gesamtverkehrsfonds verbessern die verkehrsträgerübergreifende Abstimmung. Beide sind auch voll kompatibel mit allfälligen Reformen, die der Regierungsrat in der Strategie für Agglomerationen und regionale Zusammenarbeit derzeit entwickelt. viii

Die folgende Tabelle zeigt die wichtigsten Vor- und Nachteile der heutigen Lösung sowie der vorgeschlagenen Verkehrsfonds im Überblick: Tabelle 7-1: Optionen: Übersicht Variante Zwei Rahmenkredite (neu auch für Strassen- Investitionen) Segmentierter Gesamtverkehrsfonds Kein Fonds status quo Rechtliche Verankerung Zweckbindung Vorteile Kein Fonds Spezialfinanzierung Strassenrechnung (Statistik, aber kein Fonds) Wie bisher in offener Form (Motorfahrzeugsteuer) Zeitlich und inhaltlich abgestimmte Instrumente für und Strasse Flexibilität in Mittelzuordnung, nach dem Beschluss aber klare Rahmenbedingungen für 4 Jahre Kein Sonderstatus des Verkehrs im Vergleich zu anderen Staatsaufgaben Weiterhin Beitrag der Verkehrsabgaben an Haushaltssanierung Mehr Stetigkeit bei Strassenplanung und -investitionen dank Rahmenkrediten Nachteile Kein Fonds; somit Sicherung der zugewiesenen Mittel nur über Rahmenkredite und nicht in Form der Spezialfinanzierung Formell getrennte Instrumente für und Strasse Gesamturteil Erste Wahl Ja (mit bestimmten Mindestanteilen für Strasse und für sowie einem frei verfügbaren Teil) Integrale Verkehrsplanung und -finanzierung Je nach Ausgestaltung können Mindestanteile für bestimmte Zwecke (Strasse,, Gemeinden) gesichert werden Durch Spezialfinanzierung nimmt Flexibilität in der Mittelzuordnung ab, der Verkehr erhält einen Sonderstatus im Vergleich zu anderen Staatsaufgaben Geringerer Beitrag an Laufende Rechnung (falls sämtliche Verkehrseinnahmen in den Fonds fliessen) Abstimmung /MIV im Planungsprozess ist aufwändig (aber nötig) Falls aus bestimmten Gründen doch ein Fonds gewünscht wird, ist dies die beste Variante Wie bisher in offener Form (Motorfahrzeugsteuer) Flexibilität des Parlaments bleibt erhalten Weiterhin Beitrag der Verkehrsabgaben an Haushaltssanierung Langfristigkeit und Stetigkeit von Verkehrsplanung und -investitionen nicht gesichert Nicht empfohlen ix