Nachfragemacht im Handel



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38. FIW-Seminar, Köln Aktuelle Schwerpunkte des Katellrechts 24.-25.11.2010 Nachfragemacht im Handel Prof. Dr. Christian Wey Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Lehrstuhl für Wettbewerbs- und Regulierungsökonomie 1

Überblick I. Käufermacht im Wettbewerbsrecht II. III. IV. Strukturelle Änderungen im Handel Ursachen von Käufermacht/Konzentration Wirkungen von Käufermacht V. Schlussfolgerungen 2

I. Käufermacht im Wettbewerbsrecht Nachfragemacht erscheint mehrfach in den Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse: - Abschnitt IV (wettbewerbswidrige Wirkungen) - Abschnitt V (Nachfragemacht der Abnehmer) - Abschnitt VII (Effizienzvorteile) 3

Gegenmacht durch mächtige Käufer ( countervailing power ) Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse (2004) Gegenmacht durch mächtige Käufer ( countervailing power ) 64. ( ) Unternehmen mit hohen Marktanteilen kann es nach einem Zusammenschluss unmöglich sein, einen wirksamen Wettbewerb spürbar zu behindern ( ), wenn diese Nachfragemacht ausüben können. Nachfragemacht ist hier als die Verhandlungsmacht anzusehen, die ein Käufer gegenüber seinem Lieferanten angesichts seiner Größe, seiner wirtschaftlichen Bedeutung für den Verkäufer und seiner Fähigkeit ausspielen kann, zu anderen Lieferanten überzuwechseln. NB: 1) Nachfragemacht kann positive Gegenmachteffekte entfalten, wenn sie als Verhandlungsmacht in Erscheinung tritt. 2) Die Definition von Nachfragemacht orientiert sich an den Ursachen von Verhandlungsmacht. 3) Fokus liegt auf der Substituierbarkeit der Lieferanten. 4

Feststellung von Nachfragemacht Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse (2004) 65. Eine Form der Nachfragemacht bestünde darin, dass ein Kunde glaubwürdig androhen könnte, innerhalb eines nicht zu langen Zeitraums zu einer anderen Lieferquelle überzuwechseln, falls sein Lieferant beschließen sollte, die Preise zu erhöhen oder die Qualität oder die Bedingungen seiner Lieferungen zu verschlechtern. Dies wäre der Fall, wenn der Käufer unverzüglich zu anderen Anbietern überwechseln könnte, glaubwürdig androhen könnte, sich in den vorgelagerten Markt vertikal zu integrieren oder Wachstum bzw. einen Marktzutritt im vorgelagerten Markt zu fördern, indem er z. B. einen potenziellen Marktzugänger durch Großbestellungen bei diesem Unternehmen davon überzeugt, in den Markt einzutreten. Es ist eher anzunehmen, dass Großabnehmer eine solche Gegenmacht ausüben können, als kleine Unternehmen in einem fragmentierten Wirtschaftszweig. 5

Marktmacht in vorgelagerten Märkten Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse (2004) 61. Die Kommission untersucht auch, in welchem Maße ein fusioniertes Unternehmen seine Kaufkraft in vorgelagerten Märkten verstärken kann. Einerseits kann eine Fusion einen wirksamen Wettbewerb insbesondere durch die Entstehung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung erheblich behindern, wenn sie die Marktmacht eines Käufers begründet oder verstärkt. Das fusionierte Unternehmen könnte nämlich in der Lage sein, durch die Kürzung ihrer Bezüge von Einsatzmitteln niedrigere Preise zu erzielen. Sie könnte sich dann veranlasst sehen, ihre Produktion im Markt der Endprodukte ihrerseits zu senken und dadurch dem Wohlergehen der Verbraucher zu schaden. Derartige Wirkungen können insbesondere entstehen, wenn die vorgelagerten Anbieter relativ fragmentiert sind. Es könnte auch der Wettbewerb in den nachgeordneten Märkten beeinträchtigt werden, wenn die fusionierte Einheit ihre Nachfragemacht gegenüber ihren Lieferanten ausübt, um Mitbewerber abzuschotten.. 6

Effizienzvorteile durch Nachfragemacht (purchasing efficiencies) Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse (2004) 62. Andererseits kann eine erhöhte Nachfragemacht für den Wettbewerb von Vorteil sein. Wenn die Kosten für die Einsatzmittel gesenkt werden, ohne den Wettbewerb auf den nachgelagerten Märkten oder den Gesamtabsatz einzuschränken, ist es wahrscheinlich, dass ein Teil dieser Kostensenkungen an die Verbraucher in Form niedriger Preise weitergegeben werden. 63. Um zu ermitteln, ob eine Fusion durch die Begründung oder Verstärkung von Nachfragemacht den wirksamen Wettbewerb spürbar behindert, ist eine Untersuchung der Wettbewerbsbedingungen in den vorgelagerten Märkten und eine Bewertung der vorstehend beschriebenen positiven und negativen Wirkungen erforderlich. NB: Wettbewerbseinschätzung basiert auf Preis-/Mengen- und Abschottungswirkungen sowie den Wirkungen für Verbraucher. 7

Zwischenfazit Nachfragemacht senkt immer die Einkaufspreise. Nachfragemacht kann die Einkaufsmengen verringern oder erhöhen. Nachfragemacht kann Wettbewerber ausschließen von niedrigeren Einkaufspreisen. Nachfragemacht ist wahrscheinlicher, je größer der Käufer. Nachfragemacht in Verhandlungen basiert auf der Möglichkeit, Lieferanten durch andere Quellen zu substituieren (1-Wechsel zu anderen Lieferanten, 2-vertikale Integration, 3-Förderung von Marktzutritt). 8

Zwischenfazit Nachfragemacht ist potentiell wettbewerbsfördernd, wenn niedrigere Einkaufpreise erzielt werden, ohne die Einkaufsmenge zu reduzieren, die Wettbewerber des Käufers nicht ausgeschlossen werden, die Verbraucher von niedrigeren Preisen profitieren Nachfragemacht ist wettbewerbswidrig, wenn niedrigere Einkaufspreise durch geringere Einkaufsmengen realisiert werden, Druck auf Lieferanten ausgeübt werden kann, um andere Käufer auszuschließen. 9

II. Strukturelle Veränderungen des Handels Nachfragemacht des Handels steigt Zunehmende Konzentration Internationalisierung des Handels (internationale Fusionen, Kooperationen) Neue, große Verkaufsformate (Hypermarkets) Präferenzen für One-stop-Shopping Verbesserungen in Einkauf, Lagerung und Logistik Liberalisierung (Öffnungszeiten) Untersuchungen durch Wettbewerbsbehörden Competition Commission (UK): Supermarket inquiries, Safeway inquiry; OECD 1999, EC 1999, FTC 2001, etc. 10

II. Strukturelle Veränderungen des Handels Zunehmende Bedeutung von Discountern und Eigenmarken (Gfk-Daten) Marktanteil der Discounter 2000: 32,1 % 2008: 44,0 % Umsatzanteile Handelsmarken (incl. Aldi) 1999: 21,8 % 2008: 36,7 % NB: Regalfläche für Nicht-Handelsmarken wird tendenziell knapper. 11

III. Ursachen für Nachfragemacht 1. Größe der Händler und Konzentration 2. Angebotsseitige Kapazitätsbeschränkungen 3. Erschließung neuer Lieferanten 4. Eigenmarken 5. Türstehermacht 6. Verhandlungstechnologie 7. Formatdifferenzierung des Handels 8. One-stop-Shopping Präferenzen 9. Händler als Qualitätsgarant 12

III. Zwischenfazit Unterschiedliche Ursachen für Nachfragemacht Unterschiedliche Modellierungen Kapazitätsbeschränkungen und Größe Zugriff der Händler auf inframarginale Renten Differenzierung und Gatekeeper-Macht Absatzmarktmonopolisierung (geschwächte Outside Optionen der Lieferanten) Größenvorteile gestärkte Outside Optionen der Händler Verhandlungstechnologie Nash-Verhandlungsmacht NB: Unterschiedliche Ursachen bedeutet unterschiedliche Wirkungen 13

IV. Wirkungen von Käufermacht: Ökonomische Analyse 1. Das Monopson 2. Bilaterale Verhandlungen 3. Ausschaltung von Intra-brand Wettbewerb 4. Wasserbetteffekte 5. Verdrängungseffekte 6. Spiraleffekte 7. Dynamische Effekte 8. Abhängige Lieferanten und pivotale Käufer 9. Koordinierte Effekte 14

Das Monopson Monopson ist das Spiegelbild des Monopols Elemente: Preissetzungsmacht beim Käufer einheitlicher Marktpreis steigende Marktangebotskurve Effekte: Der Monopsonist reduziert seine Nachfragemenge, um einen niedrigeren Einkaufspreis zu realisieren. Allokative Ineffizienz und Rentenaneignung Verbraucher stellen sich nicht unbedingt besser: Monopsonist reduziert Einkaufs- und Verkaufsmenge relativ zum vollständigen Wettbewerb; aber relativ zum Angebotsmonopol Verbesserung der allokativen Effizienz möglich. NB: perfekte Diskriminierung eliminiert allokative Effizienz aber verschärft die Rentenverschiebung 15

Bilaterale Verhandlungen Keine Marktseite ist Preisnehmer Elemente: Verhandlungen über Liefermengen und Preise Komplexe Verträge (Rabatte, Rücknahmeverpflichtungen, Regalmieten etc.) Effekte: Verhandlungen implizieren die Möglichkeit zur gemeinsamen Gewinnmaximierung (Analogie zur vertikalen Integration) Ineffizienz des doppelten Aufschlags kann aufgelöst werden Verhandlungen führen daher zu nicht-linearen Preisstrukturen mit entsprechenden Steigerungen der Einkaufsmengen Bilaterale Verhandlungen sind auf vorgelagerten Märkten grundsätzlich effizienzsteigernd Effekte auf Endverbrauchermärkten hängen vom Wettbewerb ab NB: Mengeneffekte (allokative Effizienz) hängt von der Komplexität der Verträge ab (lineare/nicht-lineare Verträge). 16

Bilaterale Verhandlungen Verhandlungen erlauben es, zwei Ziele zu realisieren: Maximierung und Aufteilung der gemeinsamen Rente deswegen sind nicht-lineare Transfersysteme effizient Aufteilung der Rente hängt ab von der Ersetzbarkeit einer Vertragspartei (siehe Ursachen für Verhandlungsmacht) Verschiebungen in der Verhandlungsmacht lassen die Effizienz des Vertrags unberührt Größere Händler erhalten Zugriff auf inframarginale Rente der Hersteller. Größere Händler haben bei zunehmender Konzentration bessere Outside Options, während sich die Outside Options der Lieferanten verschlechtern. NB: 1) Paradigmenwechsel: Marginal- versus Inframarginalanalyse. 2) Die Effizienzeinschätzung von Verhandlungslösungen wird erheblich erschwert bei miteinander verwobenen bilateralen Verhandlungen. 17

Ausschaltung von Intra-brand Wettbewerb Intra-brand Wettbewerb Ein marktmächtiger Anbieter verhandelt bilateral mit mehreren Händlern Jede bilateral Verhandlung konkurriert miteinander Es folgt: der Anbieter kann mit seinen Händlern nicht den gemeinsamen Gewinn maximieren Anreize zur Ausschaltung von Intra-brand Wettbewerb durch Meistbegünstigungsklauseln oder durch Exklusivitätsverträge Es folgt immer einer Preissteigerung für den Verbraucher Große Händler lassen Exklusivitätsstrategien und die Durchsetzung von Meistbegünstigungsklauseln wahrscheinlicher zu machen (wegen der Drohung der Auslistung). NB: Der Wunsch nach Preisbindung der zweiten Hand erlaubt die Ausschaltung von Intra-brand Wettbewerb 18

Wasserbetteffekte Vermutung: Preisnachlässe für große Käufer führen zu Preiserhöhungen für kleinere Käufer Zwei Verhandlungseffekte Anreize zur Preissenkung bei Wettbewerbern, um die Verhandlungsmacht des großen Kunden zu schwächen Anreize zur Preiserhöhung, um der Mengenausweitung durch den nachfragemächtigen Käufer entgegenzuwirken. Bei linearen Verträgen und Marktmacht auf der Lieferantenseite relativ starker Wasserbetteffekt, während bei nicht-linearen Verträgen und Nachfragemacht umgekehrtes Ergebnis möglich. NB: Die Wirkung von steigernder Einkaufsmacht auf die Preise der Wettbewerber hängt von der Art der Macht und der Vertragskomplexität ab. 19

Verdrängungseffekte Verdrängungsvermutung: strategischer Übereinkauf mit dem Ziel der Erhöhung der Einkaufspreise der Wettbewerber Schwer festzustellen, weil Händler Verkaufspreis über Kosten halten kann Strategischer Übereinkauf in Verbindung mit Kampfpreisen kann sehr probates Mittel der Monopolisierung sein Aber: sehr teuer 20

Spiraleffekte Positive Rückkopplungen zwischen Konzentration der Nachfrage und des Angebots Dynamische Wettbewerbspolitik: vorausschauend wird heute ein restriktiverer Standard angesetzt. NB: Theoretische und praktische Zweifel. 21

Dynamische Effekte Vermutung: Gewinnaneignung durch Händler reduziert Investitionsanreize auf Produzentenseite Idee: unvollständige Verträge, so dass sich mächtige Nachfrager die Gewinne aus Investitionen aneignen können (opportunistische Nachverhandlungen). Gegenargument Anreize werden durch Zusatzgewinne bestimmt: die können bei nachfragemächtigen Händlern größer sein. Bsp.: Ein großer Händler hat eine bindende Outside-Option. Dann bestimmt diese genau den Einkaufspreis. Zusätzliche Gewinne durch Investitionen verbleiben vollständig beim Lieferanten. Aber: Durch Eigen-/Handelsmarken entsteht die Möglichkeit, dass große Händler den Imitationswettbewerb mit (innovativen) Marken beschleunigen, was schließlich Innovationen schädigen kann. 22

Abhängige Lieferanten und pivotale Käufer Vermutung: Durch Nachfragemacht geraten Lieferanten in Abhängigkeit, was den Wettbewerb schädigt. Kaum ökonomische Theorie zur Abhängigkeit. Abhängigkeit definiert als Lebensfähigkeit eines Lieferanten, die von einem Käufer bestimmt wird. Dann entsteht das Gegenteil, von dem was vermutet wird: der große Händler teilt die inframarginalen Kosten; die kleinen Händler sind dann Freifahrer Aber: der große Händler internalisiert in seiner Verhandlung mit dem abhängigen Lieferanten die Externalitäten auf anderen Händler (über die Outside-Option des Händlers) Letzterer Effekt kann den Absatzmarkt monopolisieren. 23

Koordinierte Effekte Vermutung: Konzentration und Verhandlungen erleichtern Preisabsprachen. Kaum ökonomische Theorie Aber: Handelsmarkenorientierte Händler spielen hier eine wichtige destabilisierende Rolle Erhöhte Transparenz und Regulierung der Verhandlungen erleichtert Koordinierung 24

V. Schlussfolgerungen Theoretische Implikationen Kein einheitlicher Rahmen Monopson ist verfehlt als Bild für Nachfragemacht Mengenreduktion ist nicht die primäre Wirkung von Nachfragemacht Vielmehr komplexe Verträge mit Analogie zur vertikalen Integration Pradigmenwechsel: Marginal versus Inframarginalanalyse Rentenübertragungseffekte und Outside-Optionen Wirkungsanalyse von Verhandlungsmacht muss bei den Ursachen ansetzen (die sehr verschieden sein können) 25

V. Schlussfolgerungen Wettbewerbspolitische Implikationen Wettbewerb auf Endkundenmärkten ist entscheidend (gilt der, so sind bilaterale Verhandlungen grundsätzlich effizienzfördernd; statisch und dynamisch) Besondere Bedeutung der räumliche Marktabgrenzung => Probates Instrument: Veräußerungen, Entflechtungen und Marktzutrittsliberalisierung Kontrolle von Abschottungs- und Verdrängungsstrategien (aber schwer ) Handelsmarken erhöhen Wettbewerb verknappen aber Regalfläche Berechnung der Marktanteile bei Handelsmarken? Messung von Nachfragemacht ist kaum anhand von Konzentrationsmaßen möglich Code of Practice ist kritisch zu sehen: führen zu erhöhter Transparenz und damit erhöhter Koordination Gegenmachtinstrumente für Produzenten sind ebenfalls kontraproduktiv 26

Literatur Inderst, R./Wey, C. (2009), Countervailing Power and Dynamic Efficiency, Journal of the European Economic Association, forthcoming. Inderst, R./Wey, C. (2008), Die Wettbewerbsanalyse von Nachfragemacht aus verhandlungstheoretischer Sicht, Perspektiven der Wirtschaftspolitik, Vol. 9, pp. 465-485. Inderst, R./Wey, C. (2007), Buyer Power and Supplier Incentives, European Economic Review, Vol. 51, pp. 647-667. von Schlippenbach, V./Wey, C. (2006), Liberalisierungspotentiale im deutschen Einzelhandel konsequent nutzen, DIW Wochenbericht, 73. Jg., Nr. 49/2006, pp. 705-708. Baake, P./von Schlippenbach, V./Wey, C. (2006), Geplantes Verbot von Untereinstandspreisen im Einzelhandel dient nicht dem Verbraucher, DIW Wochenbericht, 73. Jg., Nr. 51-52/2006, pp. 739-742. 27