1 Ziele, Aufgaben und Funktionsbereiche des Personalmanagements Lernziele Dieses Kapitel vermittelt, welche personalwirtschaftlichen Ziele eine Unternehmung verfolgen kann, inwiefern sich Konflikte zwischen wirtschaftlichen, ökologischen, sozialen und individuellen Zielen ergeben können und welche Aufgaben sowie Funktionsbereiche das Personalmanagement besitzt. 1.1 Ziele des Personalmanagements Unter Personalmanagement versteht man die Gesamtheit der mitarbeiterbezogenen Gestaltungs- und Verwaltungsaufgaben im Unternehmen. Die erfolgreiche Erfüllung dieser Aufgaben ist oftmals Voraussetzung für die Wertschaffung im Unternehmen, da Produktivität, Kundenorientierung und Innovationsfähigkeit als Werttreiber wichtiger denn je sind (vgl. Coenenberg/Salfeld 2007; Eberl/Puma 2007) und diese beiden Erfolgsparameter i.d.r. sehr stark vom Mitarbeiter bestimmt werden. Konsequenterweise wird der Mitarbeiter oftmals als das wichtigste Kapital eines Unternehmens bezeichnet. In der Dienstleistungsbranche etwa bestimmt er große Teile der Wertschaffung in der Kundenbeziehung alleine (vgl. beispielsweise Meffert/Bruhn 2006, S. 50f.). Das Personalmanagement untersucht, unter welchen Bedingungen Personal in arbeitsteiligen Unternehmungen eingesetzt wird. Dabei gilt es, sowohl den Bedürfnissen des Unternehmens als auch den Interessen der Mitarbeiter nachzukommen. Daraus entwickelt sich ein Zielgeflecht, da ökonomische, ökologische, allgemein akzeptierte soziale Ziele der Unternehmung sowie individuelle Ziele der Mitarbeiter berücksichtigt werden müssen, um die Unternehmensleistungen erfolgreich herstellen und vertreiben zu können. Im Folgenden seien die vier Zielebenen näher erläutert. 1.1.1 Wirtschaftliche Ziele Das ökonomische Ziel betont die Sicht der Kapitalgeber, die an Wirtschaftlichkeit, Rentabilität und Gewinn interessiert sind. Um dies zu erreichen, stre-
2 Ziele, Aufgaben und Funktionsbereiche des Personalmanagements ben Unternehmen in der konkreten Umsetzung in erster Linie nach langfristiger Gewinnmaximierung oder einer Kostenminimierung. Die menschliche Arbeitskraft wird als Produktionsfaktor verstanden. In Kombination mit den übrigen Produktionsfaktoren soll eine möglichst hohe Effizienz beim Einsatz der Humanressourcen erreicht werden. Ob der Einsatz effizient ist, hängt davon ab, ob das für die Leistungserbringung benötigte Personal in richtiger Zahl, mit richtiger Qualifikation, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung steht. Hiermit ist die Planungs- und Umsetzungskompetenz des Unternehmens angesprochen, die benötigten Profile zu erkennen und entsprechend auf dem internen und externen Arbeitsmarkt zu agieren. Effizienz bezieht sich indes auch auf die Steigerung der Arbeitsleistung eines jeden Mitarbeiters für sich genommen. Dabei geht es vor allem um die Bereitschaft des Mitarbeiters, den eigenen Leistungsbeitrag zu optimieren. Jung (2006) fasst die erforderlichen Verhaltensweisen der Mitarbeiter zusammen (vgl. Abb. 1). Abb. 1: Mitarbeiterverhalten zur Erreichung wirtschaftlicher Zielsetzungen Bereitschaft zu: Optimierung des Leistungsbeitrags der Mitarbeiter durch die Sparsamem Verbrauch von Werkstoffen, Hilfsstoffen und Energie Schonung und Pflege betrieblicher Einrichtungen, Anlagen und Geräte Abgabe von Rationalisierungs- und Verbesserungsvorschlägen Einhaltung vorgegebener Termine Kooperation und Hilfsbereitschaft gegenüber Mitarbeitern und Arbeitsgruppen Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit bezüglich übernommener Rechte und Pflichten Weitergabe von Informationen und Know How Loyalität gegenüber Betrieb und Vorgesetzten Weiterbildung auf den neuesten Stand beruflichen Wissens Selbstständiger Bewältigung unvorhersehbarer Schwierigkeiten Quelle: Jung (2006, S. 13). Vermeidung von: Unberechtigten Fehlzeiten Betrieblich unerwünschtem Arbeitsplatzwechsel Gefährdung von Personen und Sachen Leerlauf und Wartezeiten bei Personen und Betriebsmitteln Vergeudung von Arbeitszeit Diebstahl von Gütern und geistigem Eigentum anderer Mitarbeiter Auseinandersetzungen, die den Arbeitsfrieden stören Mangelnder Arbeitsdisziplin und Unpünktlichkeit
Ziele des Personalmanagements 3 Die Ausschöpfung des eigenen Leistungsbeitrags hängt oft vom guten Willen des Arbeitnehmers ab, da ein Teil der Leistungsbeiträge keine geschuldeten Arbeitspflichten darstellen (z.b. Einreichung von Verbesserungsvorschlägen), sich andere Leistungsineffizienzen kaum nachweisen lassen (z.b. Vergeudung bezahlter Arbeitszeit) und der Einsatz für zu leistende Beiträge Bandbreiten (z.b. Materialverbrauch) aufweisen kann. 1.1.2 Ökologische Ziele Ökologische Ziele der Unternehmung umfassen die Umweltverträglichkeit der Produkte, d.h. Herstellung, Vertrieb und Entsorgung erfolgen nach ökologischen Maßstäben. Im Mittelpunkt steht die effiziente und Ressourcen schonende Nutzung von Energie und Rohstoffen (Sustainable Development) (vgl. Baland 2007). Ökologische Ziele zu verfolgen erbringt für die Unternehmen nachweislich Vorteile, beispielsweise was ihren Unternehmenswert angeht (vgl. Balík/Frühwald 2006). Ein Zielkonflikt zwischen ökonomischen und ökologischen Zielen kann im personalwirtschaftlichen Kontext etwa daraus erwachsen, dass ökologische Zielbeiträge für die Entstehung vergleichsweise hoher Produktionskosten verantwortlich zeichnen können. Dies kann wiederum bedeuten, dass die Reduzierung der Personalkosten die einzige signifikante Möglichkeit bietet, die Rentabilität des betrachteten Unternehmens aufrecht zu erhalten. Eine Maßnahme könnte darin bestehen, dass die Mitarbeiter zu Gehaltsverzicht bereit sein müssen. 1.1.3 Soziale Ziele Soziale Ziele umfassen die Erreichung bestmöglicher Arbeitsumstände für die Mitarbeiter (vgl. Jung 2006, S. 14). Dabei lassen sich mittelbare und unmittelbare Faktoren unterscheiden. Mittelbar werden die Arbeitsumstände eines Mitarbeiters dadurch verbessert, dass sein Arbeitsplatz sicher ist, er leistungsgerecht bezahlt wird oder etwa Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgleich angeboten werden. Unmittelbar lassen sich dagegen die Arbeitsumstände beeinflussen, indem Arbeitsplatz und Arbeitsumfeld mitarbeitergerecht (z.b. familienfreundlich) gestaltet, Arbeitsinhalte und -organisation optimiert, soziale Kontaktmöglichkeiten im Kollegenkreis erweitert werden oder sich auch nur die wahrgenommene Qualität der Kantine verbessert. In welchem Ausmaß ein Mitarbeiter eher die mittelbare oder unmittelbare Zielebene fokussiert, ist von vornherein nicht eindeutig zu beantworten. Betrachtet man die Situation eines Berufsanfängers, so treten oftmals Arbeitsplatzsicherheit oder ein hohes Gehalt zu Gunsten Arbeitsinhalt und -umfeld in
4 Ziele, Aufgaben und Funktionsbereiche des Personalmanagements den Hintergrund. Hingegen wird es bei einem Mitarbeiter, auf dessen Verdienst es für das familiäre Wohlergehen ankommt, weit mehr um leistungsgerechte Bezahlung und die Sicherheit des Arbeitsplatzes gehen. Auch sind Bedeutung und Ausprägung sozialer Ziele des Mitarbeiters ein Reflex auf die gewandelten Einstellungen in der Gesellschaft. Die Balance zwischen Arbeiten und Leben hat sich dahin verschoben, dass verstärkt den Aktivitäten außerhalb der beruflichen Tätigkeit Bedeutung geschenkt wird. Dies heißt indes nicht, dass die Arbeitsumstände unwichtig werden, ganz im Gegenteil: Sowohl Freizeit als auch Arbeitszeit sollen inhaltlich und sozial erfüllt sein (vgl. hierzu näher Kapitel 2.2). Wirtschaftliche Ziele und auch ökologische Ziele stehen sozialen Zielen teilweise konträr gegenüber. Eine ökologisch sinnvolle Einschränkung des Braunkohleabbaus etwa kann zu ökonomischen Schwierigkeiten bei den betroffenen Unternehmen und zu abnehmender Arbeitsplatzsicherheit bzw. Arbeitsplatzabbau führen. 1.1.4 Individuelle Ziele Individuelle Ziele gewichten auf der Basis eines jeden einzelnen Mitarbeiters die sozialen Ziele neu bzw. greifen Aspekte auf, die nicht zum sozialen Zielgeflecht gehören. Manche Mitarbeiter streben etwa in Verstärkung der sozialen Ziele in ihrem sozialen Arbeitsumfeld nach großer Harmonie. Ihr individuelles Ziel besteht darin, mit möglichst vielen Mitarbeitern gut auszukommen, da Konflikte die Arbeitszufriedenheit in extremer Weise einschränken (vgl. Wegge/Dick 2006, S. 27ff.). Ein Beispiel für ein individuelles Ziel, welches nicht zum sozialen Zielgeflecht gehört, besteht darin, im eigenen Arbeitsumfeld immer Meinungsführer sein zu wollen. Dieses individuelle Ziel kann in einer konfliktären Beziehung zu den sozialen Zielen (Verschlechterung des Arbeitsumfeldes für die Kollegen) und auch zu den ökonomischen Zielen (Verringerung der Motivation und damit der Produktivität der Kollegen) stehen. Deshalb müssen Unternehmen Maßnahmen entwickeln, solches opportunistisches bzw. von Eigeninteresse geleitetes Verhalten zu erkennen und diesem Verhalten wirksam zu begegnen. Je nachdem, welche Protagonisten bzw. Träger des Personalmanagements man betrachtet, sind die eigenen Bedürfnisse unterschiedlich ausgeprägt und werden teils divergente Ziele verfolgt (vgl. Holtbrügge 2005, S. 33ff.): Geschäftsleitung: Die Geschäftsleitung trifft grundlegende Entscheidungen über personalpolitische Ziele und integriert sie in das Zielsystem des gesamten Unternehmens. Ihre Ziele sind primär wirtschaftlicher Natur. Es würde aber zu kurz greifen, der Geschäftsleitung zu unterstellen, rein ökonomische Ziele zu verfolgen, zumal die Erfüllung eines Mindestmaßes an
Aufgaben und Funktionsbereiche des Personalmanagements 5 ökologischen und sozialen Zielen oft Grundvoraussetzung dafür ist, ambitionierte ökonomische Ziele erreichen zu können. Vorgesetzte: Vorgesetzte haben sowohl die Aufgabe, die wirtschaftlichen und ökologischen Ziele zu berücksichtigen, verfolgen aber auch gleichzeitig soziale Ziele für ihre Mitarbeiter und individuelle Ziele für sich selbst. Sie haben das Problem, in ihren unterschiedlichen Rollen u.u. mit unterschiedlichen Zielsystemen operieren zu müssen. Betriebsrat: Über die Instrumentarien der Mitbestimmung setzt sich der Betriebsrat für die sozialen Ziele der Mitarbeiter ein. Dennoch ist auch der Betriebsrat an einer stabilen, ökonomischen Situation interessiert, die Grundvoraussetzung dafür ist, dass das Unternehmen soziale Ziele verfolgen und fördern kann. Personalabteilung: Die Personalabteilung ist für die Planung und Verwaltung personalwirtschaftlicher Fragen zuständig und folglich beteiligt an der Umsetzung wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer und teils auch individueller Ziele. 1.2 Aufgaben und Funktionsbereiche des Personalmanagements Die Aufgaben des Personalmanagements sind vielfältig. Der Aufbau dieses Lehrbuches orientiert sich in seiner Gliederung an dessen Aufgaben und Funktionsbereichen, die im Folgenden kurz charakterisiert werden sollen. In Kapitel 2 werden vorausschickend Entwicklungstendenzen in der Personalpolitik besprochen, die für die Funktionsbereiche und deren Aktivitäten von Bedeutung sind. Personalbedarfsplanung (Kapitel 3) Die Personalbedarfsplanung beschäftigt sich damit, wie viele Mitarbeiter dem Unternehmen mit welcher Qualifikation bereitstehen sollen. Zur Ermittlung des Personalbedarfs stehen dem Unternehmen unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Personalbeschaffung (Kapitel 4) Falls die Personalplanung einen Arbeitskräftebedarf signalisiert, muss Personal rekrutiert werden. Ein gutes Personalmarketing, welches das Unternehmen bzw. die zur Verfügung stehenden Stellen für potenzielle Bewerber in einem positiven Licht erscheinen lassen, begünstigt die erfolgreiche Beschaffung von neuen Mitarbeitern.
6 Ziele, Aufgaben und Funktionsbereiche des Personalmanagements Wesentlich für die effiziente Beschaffung von Mitarbeitern ist die Gestaltung des Personalauswahlprozesses. Grundvoraussetzung ist eine möglichst genaue Fassung des Anforderungsprofils/der Stellenbeschreibung. Hernach stehen prinzipiell verschiedene Wege der Beschaffung, unterschiedliche Auswertungsprinzipien der Bewerbungsunterlagen und schließlich mehrere Auswahlverfahren zur Disposition, aus denen das Unternehmen den für seine Zwecke besten Rekrutierungsprozess gestalten kann. Personaleinsatz und -verwaltung (Kapitel 5) Personaleinsatz ist die inhaltliche Ableistung einer Tätigkeit an einem bestimmten Ort und unter bestimmten Bedingungen. Die Arbeitsinhalte sollten für den Mitarbeiter möglichst erfüllend sein, gleich ob dies im Inland oder im Ausland geschieht. Die Arbeitsbedingungen sollten ergonomisch günstig sein (z.b. schädigungsfreier Arbeitsplatz), aber auch organisatorische Freiräume bieten (z.b. flexible Arbeitszeiten). Entlohnung und betriebliche Sozialpolitik (Kapitel 6) Auf Basis des Arbeitsvertrages sind die Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung und die Arbeitgeber zur Zahlung des Entgeltes verpflichtet. Wie diese Zahlungen bei gleichzeitiger Beherrschung der daraus resultierenden Personalkosten ausgestaltet werden können, um die Arbeitsleistung der Mitarbeiter zu optimieren, ist Gegenstand der Personalentlohnung. Die betriebliche Sozialpolitik, die teilweise gesetzlich bzw. tariflich vorgegeben ist, umfasst dabei die Zahlungen, denen keine direkte Arbeitsleistung gegenübersteht. Durch diese Sozialentlohnung sollen Lebensrisiken der Arbeitnehmer abgesichert und deren Motivation gesteigert werden. Personalentwicklung (Kapitel 7) Eine zentrale Herausforderung für Unternehmen in Zeiten zunehmenden Arbeitskräftemangels und permanent steigender Arbeitsanforderungen ist die systematische Kompetenzentwicklung der Mitarbeiter. Dies beginnt bereits mit dem Engagement der Unternehmen im Rahmen der beruflichen Erstausbildung und reicht über das Anbieten von Bildungsmaßnahmen bis hin zur ganzheitlichen Nachwuchsplanung und Führungskräfteentwicklung. Personalabbau (Kapitel 8) Im Fokus der Diskussion beim Thema Personalabbau steht zunächst, wie direkte Personalfreisetzung vermieden werden kann. Über Arbeits(zeit)- gestaltung, personelle Maßnahmen, aber auch Personalentwicklung lässt sich die Zahl an Entlassungen bisweilen zumindest reduzieren. Kommt es zu Entlassungen ist auf eine korrekte, arbeitsrechtlich unanfechtbare Auswahl an Mit-
Kontrollfragen 7 arbeitern zu achten, die zudem in ihrem Neuorientierungsprozess vom bisherigen Unternehmen unterstützt werden können. Personalcontrolling (Kapitel 9) Personalcontrolling umfasst die Planung und Kontrolle personalwirtschaftlicher Aktivitäten und Prozesse. Dies kann mit Hilfe von Kennzahlensystemen, aber auch durch Integration des Personalcontrollings in Managementfelder der Unternehmensführung erfolgen. In letzterem Sinne kann Personalcontrolling als Teil eines Qualitäts-, Risiko- oder auch Wertmanagements angesehen werden. 1.3 Kontrollfragen Aufgabe 1.1 (Ziele des Personalmanagements): Welche Ziele verfolgt das Personalmanagement? Aufgabe 1.2 (Ziele des Personalmanagements): Erläutern Sie mögliche Zielharmonien, -indifferenzen und -konflikte zwischen den Zielen des Personalmanagements. Aufgabe 1.3 (Aufgaben und Funktionsbereiche des Personalmanagements): Charakterisieren Sie drei von Ihnen gewählte Aufgaben und Funktionsbereiche des Personalmanagements.
http://www.springer.com/978-3-7908-2013-3