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Transkript:

AUSGABE 2/2014 Newsletter Arbeitsrecht Liebe Leserin, lieber Leser, jüngst durften wir Folgendes lernen: Streikbegleitende Flashmob-Aktionen haben keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung, Syndikusanwälte sind keine Rechtsanwälte und Der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub geht mit dessen Tod nicht unter. Man traut sich kaum zu sagen, von wem diese Sätze stammen. Es sind unsere obersten Gerichte: Das BVerfG, das BSG und last but not least der EuGH. Lange wurde der Entscheidung des BVerfG im Flashmob-Fall entgegengefiebert. Karlsruhe sollte die gezielte Einkaufsaktion in einem Supermarkt als streikbegleitende Maßnahme auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz überprüfen. Rechtsklarheit hatte man sich erhofft. Pustekuchen! Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde des Arbeitgeberverbands u. a. mangels grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung nicht zur Entscheidung angenommen. Entscheidungsfreudiger war da das BSG: Es hat Syndikusanwälten kurzerhand die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht versagt. Begründung: Anwälte in einem festen Dienstverhältnis seien aufgrund ihrer Weisungsgebundenheit keine Rechtsanwälte im berufsrechtlichen Sinne. Die Entscheidung spaltet die Anwaltschaft. Bei der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK), dem Bundesverband der Unternehmensjuristen (BUJ) und dem Deutschen Anwaltverein (DAV) stößt sie auf Kritik und Widerstand. Aller guten Dinge sind aber bekanntlich drei: Wieder einmal hat sich der EuGH bemüßigt gefühlt, neue Maßstäbe im Urlaubsrecht zu setzen. Wer dachte, mit Schultz-Hoff und Co. sei das Ende der Fahnenstange erreicht, irrt. Denn die Phantasie, pardon Rechtsprechung des EuGH kennt keine Grenzen. So soll der Tod eines Arbeitnehmers nach dem jüngsten Urlaubsschlager des EuGH nicht zum Untergang seines bezahlten Urlaubsanspruchs führen. Hiervon muss man sich erst einmal erholen. Am besten mit einer Entscheidung aus der Kategorie Kurioses : So hat das VG Stuttgart (1 K 173/13) zu Jahresbeginn unter Beweis gestellt, dass Arbeitsrecht alles andere als trocken ist: Stürzt eine Lehrerin beim Besuch eines Volksfestes, der zum offiziellen Programm einer Klassenfahrt gehört, von der Festzeltbank im Bierzelt und verletzt sich dabei, ist das ein Dienstunfall. Der pädagogische Gesamtauftrag der Lehrerin und der Gruppenzwang, so das VG, hätten es erfordert, gemeinsam mit den Schülern auf die Bank zu steigen und zu feiern. O zapft is! Nachfolgend informieren wir Sie über diese und andere spannende arbeitsrechtliche Entwicklungen. Viel Freude beim Lesen! Ihr Gleiss Lutz-Team Arbeitsrecht INHALTSVERZEICHNIS I. Aktuelle Entscheidungen 2 1. Zeitlich unbegrenztes Vorbeschäftigungsverbot? 2 2. Flashmob-Aktion im Einzelhandel verfassungsgemäß 2 3. Syndikusanwälte nicht von gesetzlicher Rentenversicherungspflicht befreit 3 4. Beschäftigungsanspruch außerhalb der Nachtschichten 4 5. Betriebsvereinbarung als Erlaubnisnorm isd. BDSG 5 6. Finanzkrise-Folgen bei Betriebsrentenanpassung zu beachten 6 7. Urlaubsanspruch trotz unbezahlten Sonderurlaubs 7 8. Erholungsbeihilfe für Gewerkschaftsmitglieder 8 9. Urlaubsanspruch über den Tod hinaus 9 10. Betriebsrentenberechnung für Arbeitnehmer und Angestellte 10 II. Gesetze(-sänderungen) 10 1. Petition für Syndikusanwälte 10 2. Arbeitsverträge in der Wissenschaft 11 3. Stand beim Mindestlohn 11 4. Referentenentwurf zur Frauenquote 12 5. RV-Leistungsverbesserungsgesetz verkündet 12 III. Aktuelles 13 1. Sachgrundlose Befristung weiterhin möglich 13 2. EU-Arbeitskostenranking 2013 13 3. Gute Erfahrungen mit chinesischen Investoren 13 4. Neue Richter am BAG 13 Seite 1

I. Aktuelle Entscheidungen 1. Zeitlich unbegrenztes Vorbeschäftigungsverbot? LAG Baden-Württemberg vom 21. Februar 2014 7 Sa 64/13, BeckRS 2014, 67567 Die Auffassung des BAG, wonach eine Zuvor-Beschäftigung nicht gegeben sei, wenn das frühere Arbeitsverhältnis mehr als drei Jahre zurückliege, überschreitet die Grenzen verfassungskonformer Auslegung und richterlicher Rechtsfortbildung. Dem Vorbeschäftigungsverbot des 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sind keine zeitlichen Schranken gesetzt. LAG (vom 26. September 2013 6 Sa 28/13) verfahren. Sie hatte die BAG-Rechtsprechung bereits in einem ähnlichen Fall abgelehnt (Az.: 7 AZR 896/13). Das BAG wird seine Dreijahresregelung vermutlich beibehalten und nicht zurück zu alten Ufern kehren. Zwar ist dem LAG zuzugeben, dass das BAG eine Auslegung getätigt hat, die an sich dem Gesetzgeber oblegen hätte. Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht kann die Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbots auf drei Jahre aber nach wie vor nur begrüßt werden. Insbesondere der Zweck des 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, endlose Kettenbefristungen zu verhindern, wird hierdurch ebenso gut erreicht und damit nicht gefährdet. Der Kläger war in der Zeit vom 17. September 2001 bis zum 30. Juni 2005 befristet als Verwaltungsangestellter beim beklagten Land beschäftigt. 2011 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Vertrag ohne Sachgrund vom 1. September 2011 bis zum 31. August 2013. Dies erfolgte in Kenntnis des BAG-Urteils vom 6. April 2011 (7 AZR 716/09), in dem das Vorbeschäftigungsverbot nach 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG auf drei Jahre begrenzt worden war. Der Kläger erhob Entfristungsklage gegen die Befristung, die vor dem ArbG ohne Erfolg blieb. Dagegen hat das LAG Baden-Württemberg die Befristung für unwirksam erklärt. Es begründet dies damit, dass das Vorbeschäftigungsverbot in 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegen der Ansicht des BAG (a.a.o.; vom 21. September 2011 7 AZR 375/10) zeitlich absolut gelte. Dies folge aus Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Zweck der Regelung, die der vom BAG vorgenommenen einschränkenden Auslegung eindeutig entgegenstünden. Das BAG habe sich mit dem von ihm kreierten Dreijahreszeitraum unzulässiger- und unnötigerweise zum Ersatzgesetzgeber berufen. Sachgrundlose Befristungen seien nur bei Neueinstellungen möglich. Dies verstoße auch nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Eine zeitliche Beschränkung des Vorbeschäftigungsverbots müsse der Gesetzgeber vornehmen. Da die Rechtsprechung des BAG auf erhebliche Kritik gestoßen sei, genieße das beklagte Land auch keinen Vertrauensschutz. Wegen Divergenz hat das LAG die Revision zum BAG zugelassen (Az.: 7 AZR 196/14). Genauso ist die 6. Kammer des Aber Vorsicht: Das Kapitel Anschlussbeschäftigungsverbot ist noch lange nicht abgeschlossen. Sollte das beklagte Land im Revisionsverfahren obsiegen, könnte der Kläger Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des BAG einlegen. Wie das BVerfG die Fragen rund um das Vorbeschäftigungsverbot beurteilen würde, steht wahrhaftig in den Sternen. Indes könnte es schneller als erwartet zu einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung kommen: Denn das ArbG Braunschweig hat das BVerfG am 3. April 2014 (5 Ca 463/13) nach Art. 100 Abs. 1 GG zu der Frage angerufen, ob 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG gegen Art. 12, 2 und 3 GG verstößt. Das ArbG hält die Norm für verfassungswidrig und entsprechend für unanwendbar. Sollte das BVerfG diese Rechtsauffassung teilen, wäre der Gesetzgeber endgültig gefordert. 2. Flashmob-Aktion im Einzelhandel verfassungsgemäß BVerfG vom 26. März 2014, 1 BvR 3185/09, BeckRS 2014, 49789 Der Schutz der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG beschränkt sich nicht auf Streik und Aussperrung als traditionell anerkannte Formen des Arbeitskampfs. Flashmob-Aktionen sind auch unter Beteiligung Dritter nicht von vorneherein unzulässig. Die Koalitionen können die Mittel, die sie zur Erreichung ihrer Zwecke für geeignet halten, grundsätzlich selbst wählen. Seite 2

Gegenstand des arbeitsgerichtlichen Ausgangsverfahrens war das Unterlassungsbegehren eines Einzelhandel-Arbeitgeberverbands gegen die Gewerkschaft ver.di. 2007 hatte diese u. a. auch nicht organisierte Dritte während eines Streiks im Einzelhandel mittels virtuellen Flugblatts eingeladen, an einer Flashmob-Aktion in einer Supermarktfiliale teilzunehmen ( Hast Du Lust, Dich an Flashmob-Aktionen zu beteiligen? ). Ziel der Gewerkschaft war es, in einer bestreikten Filiale, in der Streikbrecher arbeiteten, massenhaft und gezielt einkaufen zu gehen. U. a. sollte der Kassenbereich durch den zeitgleichen Kauf von Pfennig-Artikeln der an der Aktion Beteiligten längerfristig blockiert werden. Zudem sah die Gewerkschaft vor, gleichzeitig viele Einkaufswägen zu befüllen ( bitte keine Frischware!!! ) und anschließend stehen zu lassen. Interessierte bat sie um ihre Handynummer, um sie vor der Aktion per SMS zu informieren. Ende des Jahres führte die Gewerkschaft diese in einer Supermarktfiliale durch. An der nahezu einstündigen Aktion beteiligten sich ca. 40 bis 50 Personen. Die Klage des Arbeitgeberverbands, die darauf abzielte, ver.di den Aufruf zu weiteren derartigen Aktionen zu untersagen, blieb in allen drei Instanzen erfolglos. Daraufhin erhob der Arbeitgeberverband Verfassungsbeschwerde. Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Zur Begründung führt es aus, dass Art. 9 Abs. 3 GG durch die Entscheidung des BAG nicht verletzt werde. Die Koalitionsfreiheit schütze die Tarifvertragsparteien auch in ihren koalitionsspezifischen Betätigungen einschließlich der Wahl der Mittel, die sie zur Erreichung ihrer legitimen koalitionsspezifischen Zwecke für geeignet hielten. Dass das BAG die Flashmob-Aktion am Maßstab der Verhältnismäßigkeit überprüft und für zulässig befunden habe, sei nicht zu beanstanden. Erkennbar gewerkschaftlich getragene (und damit nicht wilde ), auf laufende Tarifverhandlungen bezogene Arbeitskampfmaßnahmen wie der vorliegende Flashmob unterfielen dem Schutzbereich der Koalitionsfreiheit. Auf die Frage, ob strafbare Handlungen vom Schutzbereich ausgenommen seien, komme es nicht an, da das BAG eine strafrechtliche Relevanz der streikbegleitenden Flashmob-Aktion zutreffend verneint habe. Hinreichend berücksichtigt worden sei zudem das gesteigerte Eskalationsrisiko durch die Teilnahme Dritter an der Aktion. Insofern verfüge der Arbeitgeber aber über geeignete Verteidigungsmittel, beispielsweise Hausverbote oder eine vorübergehende Betriebsstilllegung. Darüber hinaus hat das BVerfG die Verfassungsbeschwerde auch mangels grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung abgelehnt. Die Maßstäbe zur Beurteilung von Arbeitskämpfen, die sich aus Art. 9 Abs. 3 GG ergeben, seien, so der 1. Senat, ebenso geklärt wie die Frage nach der Kompetenz des BAG zur Fortentwicklung des Arbeitskampfrechts (!). Viereinhalb Jahre lang wurde mit Spannung ein Machtwort aus Karlsruhe erwartet. Umso enttäuschender fällt das Ergebnis aus. Das BVerfG hat sich inhaltlich kaum mit dem Urteil des BAG (vom 22. September 2009 1 AZR 972/08) und der hiergegen geäußerten Kritik auseinandergesetzt, sondern dessen Aussagen lediglich pauschal bestätigt. Dabei sind wesentliche Fragen offen geblieben: Ist die arbeitskampfrechtliche Kehrtwende des BAG, die mit der Entscheidung zum Unterstützungsstreik (vom 19. Juni 2007 1 AZR 396/06) ihren Anfang genommen und die Kampfmittel der Gewerkschaften ganz erheblich erweitert hat, überhaupt mit Art. 9 Abs. 3 GG vereinbar? Verletzen eventuell strafrechtlich relevante Flashmob-Aktionen unter Einschaltung betriebsfremder Dritter das Eigentumsrecht (Art. 14 GG) des Arbeitgebers, der diesen quasi wehrlos ausgeliefert ist? Und hat das BAG mit seiner Neuausrichtung des Arbeitskampfrechts die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung (Art. 20 Abs. 2 und 3 GG) überschritten? Auf einem Terrain, das der Gesetzgeber seit Jahrzehnten meidet wie der Teufel das Weihwasser, hätte es einer Antwort des BVerfG dringend bedurft. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Karlsruhe mit allen Mitteln nach einem Weg gesucht hat, um die Thematik nur an der Oberfläche anzukratzen. Das spielt allein den Gewerkschaften in die Hände auf Kosten der Kampfparität zwischen den Tarifparteien und des Eigentumsrechts der Arbeitgeber. 3. Syndikusanwälte nicht von gesetzlicher Rentenversicherungspflicht befreit BSG vom 3. April 2014 B 5 RE 13/14 R, B 5 RE 9/14 R, B 5 RE 3/14 R, PM 9/14 Syndikusanwälte haben keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. In ihrer Eigenschaft als abhängig Beschäftigte werden sie nach dem Tätigkeitsbild der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) nicht als Rechtsanwälte tätig. Seite 3

Die Klagen dreier Syndikusanwälte richteten sich gegen Bescheide der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund, mit denen diese eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung mangels Ausübung einer anwaltlichen Tätigkeit versagt hatte. In den drei Verfahren vertraten die Landessozialgerichte Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg unterschiedliche Ansichten zur Befreiungsfähigkeit von Syndikusanwälten. Das BSG hat nunmehr in allen drei Fällen ein Befreiungsrecht verneint. Die Klägerin und die Kläger seien abhängig Beschäftigte und als solche in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Zugleich seien sie aufgrund der bestandskräftigen Verwaltungsakte über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft sowohl in der zuständigen Rechtsanwaltskammer als auch im jeweiligen berufsständischen Versorgungswerk Pflichtmitglieder. Dagegen beruhe die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin und der Kläger in der Rechtsanwaltskammer und im Versorgungswerk nicht auf einer Beschäftigung als Rechtsanwalt/-anwältin bei ihren jeweiligen Arbeitgebern. Denn wer als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienstoder Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber stehe (Syndikus), werde in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig. Damit folge die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und im berufsständischen Versorgungswerk nicht aus ein- und derselben Beschäftigung. Dies sei aber gerade Voraussetzung für eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht. Personen, die bereits einen begünstigenden Befreiungsbescheid erhalten haben, hat das BSG in seinen bislang nur als Pressemitteilung vorliegenden Beschlüssen Vertrauensschutz zuerkannt. Die Entscheidung des BSG ruft nicht nur innerhalb der Anwaltschaft, sondern auch bei Verbänden und Unternehmen große(s) Unsicherheit und Unverständnis hervor. Der BUJ und der DAV warnen vor einer Spaltung der Anwaltschaft. Am 13. Mai 2014 wurde bereits eine Petition für die Aufrechterhaltung der Befreiungsmöglichkeit beim Deutschen Bundestag eingereicht (vgl. Gesetze(-sänderungen), Ziffer 1). Darüber hinaus wird eine Verfassungsbeschwerde gegen die BSG-Beschlüsse erwogen. Völlig zu Recht! Die Auffassung des BSG, wonach der Syndikus nur in seiner freiberuflichen, versicherungsfreien Tätigkeit außerhalb eines Dienstverhältnisses Rechtsanwalt sei (sog. Doppel-/Zweiberufe-Theorie ), geht erstens an der Realität vorbei; denn auch angestellte Rechtsanwälte sind im Rahmen ihrer beratenden Tätigkeit weisungsfrei. Zweitens beeinträchtigt sie die Berufswahlfreiheit der Rechtsanwälte gemäß Art. 12 Abs. 1 GG. Künftig werden sich Anwälte den Wechsel in ein anderes anwaltliches Tätigkeitsfeld aus sozialversicherungs- und versorgungsrechtlicher Sicht sehr genau überlegen müssen. Ein begünstigender Befreiungsbescheid hilft hierbei nicht, weil er nur die bisherige Beschäftigung erfasst. Endet die Attraktivität von Tätigkeitswechseln, so schadet das allen den betroffenen Anwälten selbst, dem Anwaltsstand und nicht zuletzt den Unternehmen, die Schwierigkeiten haben werden, neue Anwälte für sich zu gewinnen. Deshalb ist der Gesetzgeber hier dringend gefordert. 4. Beschäftigungsanspruch außerhalb der Nachtschichten BAG vom 9. April 2014 10 AZR 637/13, BeckRS 2014, 68129 Kann eine Krankenschwester aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten im Krankenhaus mehr leisten, liegt deshalb keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vor. Die Krankenschwester hat Anspruch auf Beschäftigung außerhalb der Nachtschichten. Die Klägerin ist seit 1983 als Krankenschwester im Schichtdienst bei der Beklagten tätig. Diese betreibt ein Krankenhaus der sog. Vollversorgung mit etwa 2.000 Mitarbeitern. Laut Arbeitsvertrag ist die Klägerin im Rahmen begründeter betrieblicher Notwendigkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht- und Schichtarbeit verpflichtet. Eine Betriebsvereinbarung sieht eine möglichst gleichmäßige Planung bezüglich der Schichtfolgen der Beschäftigten vor. Das Pflegepersonal der Beklagten arbeitet im Schichtdienst mit Nachtschichten von 21.45 bis 6.15 Uhr. Da die Klägerin medikamentös behandelt wird, ist sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zur Ableistung der Nachtdienste in der Lage. Der Pflegedirektor der Beklagten schickte die Klägerin am 12. Juni 2012 nach einer betriebsärztlichen Untersuchung Seite 4

nach Hause, da sie aufgrund ihrer Nachtdienstuntauglichkeit arbeitsunfähig krank sei. Hierauf bot die Klägerin ihre Arbeitsleistung mit Ausnahme der Nachtdienste ausdrücklich an. Die Beklagte beschäftigte sie bis zur Entscheidung des ArbG im November 2012 nicht. Zunächst erhielt die Klägerin Entgeltfortzahlung; sodann bezog sie Arbeitslosengeld. Ihre auf Beschäftigung und Vergütungszahlung für die Zeit der Nichtbeschäftigung gerichtete Klage war vor dem ArbG und dem LAG erfolgreich. Das BAG hat die Urteile der Vorinstanzen im Revisionsverfahren bestätigt. Nach Auffassung des 10. Senats ist die Klägerin weder arbeitsunfähig krank noch wurde ihr die Arbeitsleistung unmöglich. Sie könne alle vertraglich geschuldeten Tätigkeiten einer Krankenschwester erbringen. Die Beklagte sei verpflichtet, das gesundheitliche Defizit der Klägerin bei der Schichteinteilung zu berücksichtigen. Die Klägerin habe unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs Anspruch auf ihre Vergütung, da die Leistung nach ordnungsgemäßem Arbeitsangebot von der Beklagten abgelehnt worden sei. Die Entscheidung des BAG ist nachvollziehbar und verdient Zustimmung. Sie zeigt, welchen Anforderungen die Ausübung billigen Ermessens gemäß 106 Satz 1 GewO durch den Arbeitgeber unterliegt. Hierzu bedarf es einer Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalles und einer angemessenen Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen. Dass die Klägerin vorliegend keine Nachtschichten mehr leisten kann, führt nicht zur Unmöglichkeit der Erbringung ihrer vertraglich geschuldeten Tätigkeit als Krankenschwester. Vielmehr musste die Beklagte diese Einschränkung bei der Ausübung ihres Weisungsrechts in Form der Schichtplanerstellung berücksichtigen. Hierfür spricht auch die o. g. Betriebsvereinbarung, die vorbehaltlich entgegenstehender betrieblicher Erfordernisse oder berechtigter Belange anderer Beschäftigter ausdrücklich eine Beachtung individueller Wünsche bei der Dienstplangestaltung vorsieht. Nach richtiger Auffassung des BAG kann eine Arbeitsunfähigkeit nicht abstrakt, sondern nur in Bezug auf die konkret geschuldete Arbeitsleistung angenommen werden. Krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist ein Arbeitnehmer dann, wenn er seine individuelle Arbeitspflicht nicht mehr erfüllen kann ( 3 Abs. 1 EFZG). Bricht sich ein Arbeitnehmer ein Bein, dürfte seine Arbeitsunfähigkeit in Abhängigkeit davon, ob er Tänzer oder Buchhalter ist, unterschiedlich zu bewerten sein. Ob diese Differenzierung aber auch immer Eingang in ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen findet? Man wird dem mit Skepsis begegnen müssen. 5. Betriebsvereinbarung als Erlaubnisnorm isd. BDSG BAG vom 15. April 2014 1 ABR 2/13, BeckRS 2014, 68694 Eine Betriebsvereinbarung, die unter Wahrung des Persönlichkeitsrechts der Arbeitnehmer Taschenkontrollen beim Verlassen des Betriebsgeländes anordnet, ist eine Rechtsvorschrift isd. 4 Abs. 1 BDSG, die die (nicht) automatisierte Erhebung, Nutzung oder Verarbeitung personenbezogener Arbeitnehmerdaten gestattet. Gegenstand des Rechtsstreits ist u. a. die materielle Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung. Die antragstellenden Arbeitgeberinnen betreiben ein Distributionscenter zwecks Vertriebs von Kosmetika und Parfums. Antragsgegner ist der örtliche Betriebsrat. Bei Inventuren wurde festgestellt, dass in den Jahren 2009 und 2010 nahezu 2000 Stück Parfum entwendet worden waren. Der Gesamtschaden lag bei ca. EUR 250.000,00. Um dem entgegenzuwirken, wurde 2009 die BV-Torkontrolle (BV) abgeschlossen. Diese sieht die Durchführung von Personenkontrollen an den Werkstoren via Zufallsgenerator vor. Dabei erfolgt die Kontrolle gestaffelt, an nicht einsehbarer Stelle und abhängig von konkreten Verdachtsmomenten: Zunächst werden die mitgeführten Behältnisse gesichtet (Stufe 1). In begründeten Verdachtsfällen können sämtliche Kleidertaschen geleert werden (Stufe 2). Bei Weigerung des (Leih-)Arbeitnehmers wird die Polizei hinzugezogen (Stufe 3). Im Falle konkreter Verdachtsmomente sind auch weitergehende Kontrollmaßnahmen außerhalb der Zufallskontrolle zulässig (Stufe 4). Über jede Kontrolle wird ein Protokoll angefertigt. Pro Jahr kontrollieren die Antragstellerinnen an 30 Tagen ca. 90 Personen. 2010 kündigte der Betriebsrat die BV außerordentlich und hilfsweise ordentlich. Er beruft sich darauf, dass über die BV kein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss gefasst worden sei und dass sie gegen 75 Abs. 2 BetrVG verstoße. Während der Betriebsrat vor dem ArbG unterlag, gab das LAG seinem Hauptantrag statt. Seite 5

Das BAG hat zugunsten der Antragstellerinnen entschieden und die Wirksamkeit der BV sowohl formell als auch inhaltlich bejaht. Es setzt sich zunächst mit den Anforderungen an die Heilung eines Verfahrensmangels im Rahmen der Beschlussfassung durch den Betriebsrat auseinander. Über die neue Linie des 1. und 7. Senats zu 29 Abs. 2 Satz 3 BetrVG, wonach eine bei Ladung nicht mitgeteilte oder unvollständige Tagesordnung durch einstimmigen Beschluss der beschlussfähig erschienenen Betriebsratsmitglieder erstellt oder ergänzt werden könne, wenn die Ladung im Übrigen ordnungsgemäß und rechtzeitig erfolgt sei, haben wir bereits in unserer letzten Ausgabe (1/2014; dort zu BAG vom 22. Januar 2014 7 AS 6/13) berichtet. Der vorliegende Beschluss ist aber auch aus materiell-rechtlicher Sicht interessant: Das BAG führt aus, dass der mit der BV zum Schutz des Eigentumsrechts der Arbeitgeberinnen bewirkte Eingriff in die Privatsphäre der betroffenen (Leih-)Arbeitnehmer mit 75 Abs. 2 BetrVG vereinbar sei. Dem stehe nicht entgegen, dass die Kontrolle ohne Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds erfolge. Bei der BV handle es sich um eine Erlaubnisnorm isd. 4 Abs. 1 BDSG, die den Umgang mit den aus der Taschenkontrolle resultierenden Daten gestatte. Ob daneben die datenschutzrechtlichen Erlaubnisnormen ( 32, 28 BDSG) anwendbar und erfüllt seien, bedürfe keiner Entscheidung. Der Beschluss des BAG ist zu begrüßen, da er in zweierlei Hinsicht zu mehr Rechtssicherheit beiträgt: Zum einen zeigt er auf, dass und welche Kontrollmöglichkeiten dem Arbeitgeber zustehen, um sein Eigentumsrecht zu schützen und (weitere) Eigentumsdelikte zu verhindern, ohne das Persönlichkeitsrecht seiner Mitarbeiter zu stark zu beeinträchtigen. Zum anderen bestätigt er, dass Betriebsvereinbarungen nach wie vor als andere Rechtsvorschrift isd. 4 Abs. 1 BDSG anzusehen sind, die in den Schranken des 75 Abs. 2 BetrVG eine Erweiterung der Arbeitgeberrechte nach dem BDSG zu Lasten der Arbeitnehmer erlauben (vgl. BAG vom 27. Mai 1986 1 ABR 48/84). Dies gehört(e) zu einer der meist umstrittenen Fragen im Datenschutzrecht (vgl. Thüsing/Granetzny, Beschäftigtendatenschutz und Compliance, 2. Aufl. 2014, 4 Rn. 5 f.). Auch auf europäischer Ebene stehen die Zeichen gut: Zuletzt hat das Europäische Parlament am 12. März 2014 in erster Lesung über den Entwurf einer Datenschutz-Grundverordnung beraten und für die Positionierung des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres gestimmt. Danach soll die Verarbeitung personenbezogener Daten im Beschäftigungskontext auch durch eine Kollektivvereinbarung zwischen den Betriebsparteien geregelt werden können, wenn nationale Vorschriften eine entsprechende gesetzliche Grundlage enthalten (P7_TA(2014)0212, Erwägung 124). Die Bundesregierung möchte die Verhandlungen auf EU-Ebene vorantreiben. Am 24. April 2014 hat sie angekündigt, zunächst eine nationale Regelung zum Beschäftigtendatenschutz schaffen zu wollen, falls die EU nicht in angemessener Zeit zu einem Ergebnis kommen sollte (BT-Drs. 18/1122). Der Beschäftigtendatenschutz bleibt folglich spannend! 6. Finanzkrise-Folgen bei Betriebsrentenanpassung zu beachten BAG vom 15. April 2014 3 AZR 51/12, PM 18/14 Eine Bank, die vor dem Anpassungsstichtag wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten Mittel aus dem Finanzmarktstabilisierungsfonds bezogen hat, durfte davon ausgehen, im Anpassungszeitraum keine ausreichenden Erträge für eine Betriebsrentenanpassung zu erwirtschaften. Bei der Anpassungsprüfung nach 16 BetrAVG sind das Vermögen eines Contractual Trust Arrangements ( CTA ) und dessen Erträge nicht zu berücksichtigen. Der Kläger war langjährig bei der Dresdner Bank beschäftigt. Seit dem 1. Januar 1998 erhielt er eine Betriebsrente, welche die Bank alle drei Jahre, zuletzt zum 1. Januar 2007, an den Kaufkraftverlust anpasste. Im Mai 2009 wurde die Dresdner Bank auf die beklagte Commerzbank AG verschmolzen. Infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise erwirtschaftete die Beklagte 2008 und 2009 erhebliche Verluste und war auf Mittel aus dem Finanzmarktstabilisierungsfonds angewiesen. Zum Anpassungsstichtag 1. Januar 2010 lehnte sie eine Erhöhung der Betriebsrente mit dem Argument ab, dass in den Jahren 2010 bis 2012 nicht mit ausreichenden Gewinnen zu rechnen sei, um eine Betriebsrentenanpassung zu finanzieren. Dem hielt der Kläger u. a. entgegen, dass die Pensionen über ein CTA abgedeckt seien, das erhebliche Erträge erwirtschafte. Seite 6

Die Klage blieb auch vor dem BAG erfolglos. Nach Ansicht des 3. Senats, dessen Entscheidung bislang nur als Pressemitteilung vorliegt, wahrt die Entscheidung der Beklagten billiges Ermessen isd. 16 Abs. 1 BetrAVG. Die Beklagte musste die Betriebsrente des Klägers nicht anpassen; vielmehr durfte sie aufgrund der erwirtschafteten Verluste in den Jahren vor dem Anpassungsstichtag davon ausgehen, dass es ihr in den kommenden drei Jahren nach der Anpassungsprüfung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit unmöglich sein werde, den Teuerungsausgleich aus den Unternehmenserträgen aufzubringen. Dass die Beklagte erhebliche Mittel aus dem Finanzmarktstabilisierungsfonds erhalten hatte, musste hierbei (auch wegen ihrer partiellen Rückzahlungsverpflichtung) nicht berücksichtigt werden. Entsprechendes gilt nach Auffassung des BAG für das Vermögen aus dem CTA und dessen Erträge. 16 BetrAVG gehört zu den umstrittensten Materien im Betriebsrentenrecht. Die Entscheidung des BAG trägt zur weiteren Klärung bei und ist auch inhaltlich zu begrüßen, insbesondere mit Blick auf die Ausführungen zum CTA. Dieses ist typischerweise als Doppeltreuhand konzipiert und erlangt für die betriebliche Altersversorgung der Arbeitnehmer nur im Falle einer Insolvenz Bedeutung. Vor der Insolvenz bestehen keine Ansprüche der Arbeitnehmer gegen den Trust. Es ist deshalb folgerichtig, das CTA bei der Anpassungsprüfung außen vor zu lassen. Denn auch bei anderen Durchführungswegen (z. B. Unterstützungskasse) spielt das gebildete Deckungskapital eines externen Versorgungsträgers keine Rolle. Im Übrigen zeigt das Urteil erneut, wie wichtig eine vollständige Dokumentation der Gründe für eine (teilweise) Verweigerung der Rentenanpassung durch den Arbeitgeber ist. Der Grundsatz der nachholenden Anpassung führt nämlich dazu, dass die Frage der Billigkeit früherer Anpassungsentscheidungen oft erst Jahre später vor Gericht ausgefochten wird. 7. Urlaubsanspruch trotz unbezahlten Sonderurlaubs BAG vom 6. Mai 2014 9 AZR 678/12, PM 22/14 Ruht das Arbeitsverhältnis aufgrund eines vereinbarten unbezahlten Sonderurlaubs, hindert das die Entstehung des gesetzlichen Mindesturlaubs nach 1 BUrlG nicht. Die Klägerin war seit August 2002 als Krankenschwester bei der beklagten Universitätsklinik beschäftigt. Im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. September 2011 gewährte ihr die Beklagte unbezahlten Sonderurlaub. Danach forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Abgeltung von 15 Urlaubstagen aus dem Jahr 2011 auf. Das LAG gab der Klage im Unterschied zum ArbG statt. Die Revision der Beklagten gegen die zweitinstanzliche Entscheidung blieb vor dem BAG erfolglos. Der von den Parteien vereinbarte Sonderurlaub so das BAG hindere die Entstehung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs zu Beginn des Kalenderjahres 2011 nicht; ebenso wenig berechtige er die Beklagte zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs. Jeder Arbeitnehmer habe in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub nach 1 BUrlG. Diese Vorschrift sei zwingend ( 13 Abs. 1 Satz 1 und 3 BUrlG). Neben dem rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses setzte die Entstehung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nur die einmalige Erfüllung der sechsmonatigen Wartezeit voraus. Dagegen sei der Urlaubsanspruch weder an die Erfüllung der gegenseitigen arbeitsvertraglichen Hauptleistungspflichten geknüpft noch sehe das BUrlG dessen Kürzung im Falle eines ruhenden Arbeitsverhältnisses vor. Auch beim Ruhen des Arbeitsverhältnisses während einer Pflegezeit ( 3, 4 PflegeZG) finde sich keine Kürzungsregelung; dagegen sei die Möglichkeit des Arbeitgebers zur Kürzung des Urlaubs in spezialgesetzlichen Regelungen wie 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG (Elternzeit) oder 4 Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG (Wehrdienst) enthalten. Mangels entsprechender Regelung im BUrlG bleibe der Urlaubsanspruch der Klägerin für das Jahr 2011 ohne Kürzungsrecht der Beklagten bestehen. Rein dogmatisch betrachtet ist die Entscheidung, die bislang nur als Pressemitteilung vorliegt, korrekt. Für die Entstehung des vollen Anspruchs auf gesetzlichen Mindesturlaub nach dem BUrlG kommt es allein auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses und die Erfüllung der Wartezeit gemäß 4 BUrlG an. Dieser Anspruch ist zudem unabdingbar ( 13 BUrlG). Ob das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Sonderurlaubsvereinbarung ruht, kann folglich für den bestandsabhängigen Mindesturlaubsanspruch keine Rolle spielen. Seite 7

Ferner stimmt die Entscheidung mit der Rechtsprechung des EuGH (vom 20. Januar 2009 C-350/06 und C-520/06, Schultz-Hoff ) überein, wonach der Mindesturlaubsanspruch der RL 2003/88/EG unabhängig davon entsteht, ob der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitet oder nicht. Auch das BAG (vom 15. Dezember 2009 9 AZR 795/08; vom 7. August 2012 9 AZR 353/10) hat bereits mehrfach klargestellt, dass ein gesetzlich oder tarifvertraglich angeordnetes Ruhen des Arbeitsverhältnisses infolge der Teilnahme an Wehrübungen oder des Bezugs einer befristeten Erwerbsminderungsrente nicht zu einem zeitanteiligen Wegfall des jeweiligen Jahresurlaubsanspruchs führe. Insofern ist die jüngste Entscheidung nur konsequent. Sie überzeugt dennoch nicht. Sonderurlaubsvereinbarungen dürften regelmäßig auf Initiative des Arbeitnehmers zustande kommen. Darin liegt der Unterschied zu einem arbeitgeberseitig oder krankheitsbedingt herbeigeführten Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Während eines solchen Sonderurlaubs wollen die Arbeitsvertragsparteien die vertraglichen Rechte und Pflichten gerade einfrieren. Dass der gesetzliche Urlaubsanspruch hiervon völlig unbeeinflusst bleiben soll, leuchtet nicht ein. Was soll der Arbeitgeber tun dem Arbeitnehmer den Sonderurlaub verwehren oder ihm einen Aufhebungsvertrag nebst Wiedereinstellungszusage nach Ablauf des Sonderurlaubs anbieten? Beide Varianten dürften dem Arbeitnehmer missfallen. Auch aus Arbeitnehmersicht ist die Entscheidung deshalb nur auf den ersten Blick von Vorteil. 8. Erholungsbeihilfe für Gewerkschaftsmitglieder BAG vom 21. Mai 2014 4 AZR 50/13, 4 AZR 120/13, PM 24/14 Der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht anwendbar, wenn ein Arbeitgeber im Rahmen von Tarifverhandlungen mit einer Gewerkschaft vereinbart, für deren Mitglieder bestimmte Zusatzleistungen zu erbringen. Die Klägerinnen und Kläger (Nicht-IG Metall-Mitglieder) forderten von ihrem Arbeitgeber, der beklagten Adam Opel AG, eine sog. Erholungsbeihilfe in Höhe von EUR 200,00. Opel und der zuständige Arbeitgeberverband sowie die Gewerkschaft IG Metall hatten 2010 im Rahmen von Sanierungsvereinbarungen u. a. entgeltabsenkende Tarifverträge abgeschlossen. Bedingung der IG Metall für die Erteilung der Zustimmung hierzu war eine Besserstellung ihrer Mitglieder. Um diese Bedingung zu erfüllen, trat Opel einem Verein bei, der satzungsgemäß Erholungsbeihilfen an IG Metall- Mitglieder leistet. Opel hatte dem Verein nach der Beitrittsvereinbarung einen Betrag von EUR Mio. 8,5 zu zahlen. Der Verein gewährleistete die Auszahlung der Erholungsbeihilfen an die bei Opel beschäftigten IG Metall-Mitglieder und die nach dem EStG vorgesehene Pauschalversteuerung. Im Gegensatz zu den IG Metall-Mitgliedern wurde den Klägerinnen und Klägern keine Erholungsbeihilfe gezahlt. Deshalb stützten diese ihre Klage auf eine Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Der vierte Senat des BAG hat die Klage laut Pressemitteilung ebenso wie die Vorinstanz mit der Begründung abgewiesen, dass der Anwendungsbereich des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht eröffnet sei. Bei der Beitrittsvereinbarung handle es sich um einen Teil des Sanierungspakets der Tarifvertragsparteien. Solche Vereinbarungen seien nicht anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu überprüfen, da die Angemessenheitsvermutung von Verträgen tariffähiger Vereinigungen gelte. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Leistungen für die Gewerkschaftsmitglieder in einem Tarifvertrag oder einer sonstigen schuldrechtlichen Koalitionsvereinbarung geregelt worden seien. Mit dem Urteil führt das BAG seine Rechtsprechung zur Zulässigkeit einfacher tarifvertraglicher Differenzierungsklauseln fort (vom 23. März 2011 4 AZR 366/09; vom 18. März 2009 4 AZR 64/08). Neu ist die vorbehaltlose und damit weitreichende Aussage, dass die Tarifvertragsparteien insofern nicht auf den Abschluss von Tarifverträgen beschränkt seien, sondern alle anderen erdenklichen Gestaltungsformen nutzen könnten. Im Jahr 2011 hatte das BAG noch wesentlich restriktiver ausgeführt, dass Differenzierungsklauseln allenfalls als schuldrechtliche Vereinbarungen in Betracht kämen. Ein kleiner, aber doch feiner Unterschied! Die Ansicht des BAG, dass die Vereinbarung zur Besserstellung der IG Metall-Mitglieder via Erholungsbeihilfe die Wirkung einer einfachen Differenzierungsklausel habe, überzeugt im Übrigen nicht. Fakt ist, dass die IG Metall ihre Abschluss- Seite 8

bereitschaft in den Tarifverhandlungen von einer dauerhaften finanziellen Bevorteilung ihrer Mitglieder abhängig gemacht hatte, was rechtlich betrachtet einem an Opel adressierten Verbot gleichkommt, nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer in irgendeiner Form gleichzustellen. Im Zuge des Vereinsbeitritts verpflichtete sich Opel dementsprechend konkludent, die Erholungsbeihilfe ausschließlich IG Metall-Mitgliedern zukommen zu lassen. Diese Verzichtsvereinbarung steht wertungsmäßig einer Spannen- oder Tarifausschlussklausel, die dem Arbeitgeber eine Gleichstellung nicht oder anders organisierter Arbeitnehmer rechtlich-logisch unmöglich macht, gleich (vgl. Bauer/Arnold, NZA 2011, 945, 949). Eine solche Klausel ist auch nach Auffassung des BAG unwirksam (BAG vom 23. März 2011 und vom 18. März 2009, a.a.o.). Fazit: Ein eher unerwarteter Glückstreffer für die IG Metall! 9. Urlaubsanspruch über den Tod hinaus EuGH vom 12. Juni 2014 C-118/13, BeckRS 2014, 80975 ( Bollacke ) Das Unionsrecht steht einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten entgegen, die eine Abgeltung nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs für den Fall des Todes des Arbeitnehmers ausschließen oder diese von einem vorherigen Antrag des Betroffenen abhängig machen. Herr Bollacke war vom 1. August 1998 bis zu seinem Tod am 19. November 2010 bei der Beklagten beschäftigt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er 140,5 Tage offenen Jahresurlaub angesammelt, da er von 2009 bis zu seinem Tod mit Unterbrechungen krankheitsbedingt arbeitsunfähig war. Die Witwe von Herrn Bollacke (Klägerin) verlangte von der Beklagten Abgeltung des von ihrem Ehemann nicht genommenen Jahresurlaubs. Die Beklagte lehnte dies ab, weil sie die Vererbbarkeit der Abgeltung bezweifelte. Das in zweiter Instanz mit dem Rechtsstreit befasste LAG Hamm (Vorlage vom 14. Februar 2013 16 Sa 1511/12) legte dem EuGH unter anderem die Frage vor, ob das Unionsrecht im Falle des Todes eines Arbeitnehmers den Untergang des nicht länger realisierbaren Freistellungsanspruchs und des daraus folgenden Urlaubsabgeltungsanspruchs gestatte. Ferner bat es um Klärung, ob ein etwaiger Abgeltungsanspruch einen vorherigen Urlaubsantrag des Arbeitnehmers voraussetze. Der EuGH hat beide Vorlagefragen zugunsten der Klägerin verneint. Art. 7 der RL 2003/88/EG ( Jahresurlaub ) könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Tod eines Arbeitnehmers die Umwandlung seines Anspruchs auf bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen in einen Anspruch auf finanzielle Vergütung verhindere. Der Urlaubsanspruch sei ein unabdingbarer und besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union. Die RL behandle Ansprüche auf Jahresurlaub und auf Bezahlung während des Urlaubs als zwei Aspekte eines einzigen Anspruchs. Für die Dauer des Jahresurlaubs habe der Arbeitnehmer Anspruch auf sein gewöhnliches Entgelt. Könne er den Urlaubsanspruch wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr realisieren, wandle sich dieser Anspruch in einen Zahlungsanspruch um. Der Genuss des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub müsse dem Arbeitnehmer ggf. in finanzieller Form zukommen. Sein Tod könne als unwägbares und unbeherrschbares Vorkommnis nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen. Zudem erfordere der Abgeltungsanspruch keinen vorherigen Antrag des Arbeitnehmers. Wieder einmal hat der EuGH auf dem Gebiet des Urlaubsrechts zugeschlagen und der Rechtsprechung des BAG (vom 12. März 2013 9 AZR 532/11; vom 20. September 2011 9 AZR 416/10) zu Unrecht eine Absage erteilt. Laut BAG muss der Arbeitnehmer bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses noch leben, um einen Urlaubsanspruch zu erwerben. Andernfalls ist die Beendigung nicht kausal dafür, dass der Urlaubsanspruch unerfüllt bleibt. Ohne Urlaubsanspruch kann es auch keinen Abgeltungsanspruch geben. Da ein toter Arbeitnehmer naturgemäß keinen Erholungsbedarf mehr hat, ist das nur logisch. Der EuGH folgt indes seiner eigenen Logik. Dabei übersieht er allerdings einen ganz entscheidenden Punkt. Denn völlig unabhängig von der Frage, ob die Klägerin als Witwe und Erbin von Herrn Bollacke in den Genuss der Urlaubsabgeltung kommen konnte oder nicht (letzteres wäre wohl die richtige Antwort), fällt sie jedenfalls aus dem Anwendungsbereich der Arbeitszeitrichtlinie heraus. Die RL spricht nämlich von Arbeitnehmern und nicht von Erben. Die Klägerin war somit erst gar nicht schutzwürdig, Herr Bollacke zumindest nicht mehr schutzbedürftig. Ausführungen hierzu sucht man im Urteil des EuGH leider vergebens. Seite 9

Trotzdem müssen sich Arbeitgeber künftig auf die neue Eu- GH-Rechtsprechung einstellen: Danach geht der Urlaubsanspruch nicht unter, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet, sondern wandelt sich in einen vererblichen Abgeltungsanspruch um. 10. Betriebsrentenberechnung für Arbeitnehmer und Angestellte BAG vom 17. Juni 2014 3 AZR 757/12, PM 27/14 Bei der Betriebsrentenberechnung im Rahmen einer Gesamtversorgung kann eine Differenzierung zwischen gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten zulässig sein, wenn sich die Vergütungsstrukturen, welche die Berechnungsgrundlagen der betrieblichen Altersversorgung beeinflussen, unterscheiden. Der Kläger war seit 1988 als gewerblicher Arbeitnehmer bei der Beklagten, einer kommunalen Beförderungsgesellschaft in privater Rechtsform, beschäftigt. Für vor dem 1. Januar 2000 eingetretene Mitarbeiter sehen die Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung, die zunächst in einer Betriebsvereinbarung enthalten waren und im Jahr 2000 in einen Tarifvertrag überführt wurden, eine Gesamtversorgung vor. Neben einer prozentualen Brutto- und Nettogesamtversorgungsobergrenze bestimmt die Versorgungsregelung, dass die Betriebsrente den Betrag nicht überschreiten darf, der sich aus der Multiplikation der ruhegeldfähigen Beschäftigungsjahre mit einem Grundbetrag ergibt. Die Grundbeträge für gewerbliche Arbeitnehmer sind niedriger als die für Angestellte derselben Vergütungsgruppe. Der Kläger, dessen Arbeitsvertrag auf die einschlägigen Tarifverträge verweist, begehrte die Zugrundelegung des für Angestellte seiner Vergütungsgruppe vorgesehenen Grundbetrags bei der Berechnung seiner Betriebsrente. Das ArbG gab der Klage statt, das LAG wies sie ab. Das BAG, dessen Entscheidung bislang nur als Pressemitteilung vorliegt, hat das Urteil des LAG bestätigt. Die Differenzierung zwischen gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten hinsichtlich der Grundbeträge sei zulässig. Bei den unterschiedlichen Grundbeträgen handle es sich nur um einen Berechnungsfaktor im Rahmen einer Gesamtversorgung, der nicht isoliert betrachtet werden dürfe. Denn die gewerblichen Arbeitnehmer erhielten wiederum Zulagen und Zuschläge, die den Angestellten derselben Vergütungsgruppe nicht oder in wesentlich geringerem Umfang zustünden. Dies bewirke sowohl ein höheres pensionsfähiges Gehalt als auch einen höheren gesetzlichen Rentenanspruch der gewerblichen Arbeitnehmer gegenüber den Angestellten. Insgesamt sei die Gesamtversorgung der beiden Arbeitnehmergruppen somit annähernd ausgeglichen. Eine sachwidrige Differenzierung lasse sich deshalb weder über den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (reiner Normenvollzug) noch über Art. 3 Abs. 1 GG oder den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz begründen. Die Entscheidungen des BAG und LAG sind soweit bereits jetzt ersichtlich sowohl in der Begründung als auch im Ergebnis überzeugend und richtig. Der Status des Klägers als gewerblicher Arbeitnehmer hat sich auf den Gesamtversorgungsumfang nicht nachteilig ausgewirkt. Zwar wurde im Rahmen der Betriebsrentenberechnung formal zwischen gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten unterschieden; hieraus resultierten für den Kläger aber auch deutliche Berechnungsvorteile. Eine Schlechterstellung des Klägers war deshalb mit Blick auf das allein maßgebliche Gesamtpaket der Berechnungsfaktoren abzulehnen. II. Gesetze(-sänderungen) 1. Petition für Syndikusanwälte Am 13. Mai 2014 ist beim Deutschen Bundestag eine Petition eingegangen, mit der der Gesetzgeber aufgefordert wird, Syndikusanwälten durch Klarstellung in der BRAO nach wie vor die Befreiung von der Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu ermöglichen. Die Petition ist Folge der Entscheidung des BSG, das am 3. April 2014 ein solches Befreiungsrecht für Syndikusanwälte verneint hatte (vgl. Aktuelle Entscheidungen, Ziffer 3). Nach der Petitionsbegründung muss mit Blick auf den Status und die betriebliche Altersversorgung von Syndikusanwälten umgehend Rechtssicherheit geschaffen werden. Der Syndikusanwalt erteile entgegen dem vom BSG unterstellten überholten Berufsbild unabhängigen und weisungsfreien Rechtsrat. Er sei ein zentraler Bestandteil der Rechtsanwaltschaft. Um die Attraktivität des Anwaltsberufs insgesamt sowie eines Wechsels zwischen Seite 10

einzelnen Tätigkeitsfeldern aufrechtzuerhalten, müsse der Anwaltsstatus uneingeschränkt beibehalten werden. Auch dürfe es im Falle eines Tätigkeitswechsels nicht zum Bruch in den Versorgungsbiografien der Betroffenen kommen. 2. Arbeitsverträge in der Wissenschaft Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat am 21. Mai 2014 einen Gesetzesentwurf zur Einführung von Mindestlaufzeiten für befristete Beschäftigungsverhältnisse vorgelegt, die auf Basis des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) geschlossen werden (BT-Drs. 18/1463). Danach soll eine Betreuungsvereinbarung das Qualifizierungsziel der Beschäftigung während der Promotion sicherstellen (Qualifizierungsphase). Befristungslaufzeiten von unter zwei Jahren können nach der Promotion nur noch in begründeten Fällen vereinbart werden. Für Befristungen aufgrund überwiegender Drittmittelfinanzierung soll künftig möglichst ein Gleichlauf zwischen der Laufzeit der Arbeitsverträge und dem Bewilligungszeitraum gelten, zumindest aber eine Vertragslaufzeit von 24 Monaten. Letzteres ist auch für das nicht wissenschaftliche oder künstlerische Personal vorgesehen. Grund für den Gesetzesentwurf, so die Grünen, sei der gerade beim wissenschaftlichen Nachwuchs überaus hohe Anteil an befristeten Arbeitsverhältnissen mit sehr kurzen Laufzeiten. Darin lägen eine Abweichung von den Regelungszielen des WissZeitVG und eine sachwidrige Benachteiligung der betroffenen Arbeitnehmer. Zudem könnten eventuell die mit einer Promotion verbundenen Qualifizierungsziele nicht erreicht werden. 3. Stand beim Mindestlohn Am 5. Juni 2014 hat der Bundestag in erster Lesung über den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Tarifautonomie ( Tarifautonomiestärkungsgesetz ; BT-Drs. 18/1558) vom 28. Mai 2014 beraten. Noch vor der Sommerpause soll die Beratung abgeschlossen sein; die Beschlussfassung im Bundesrat ist für September 2014 geplant. Der Mindestlohn von EUR 8,50 brutto pro Stunde soll, wie wir bereits in Ausgabe 1/2014 berichtet haben, ab dem 1. Januar 2015 gelten. Da tarifvertragliche Abweichungen auf Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) bis Ende 2016 möglich bleiben, wird der gesetzliche Mindestlohn ohne Einschränkungen erst ab dem 1. Januar 2017 kommen. Über eine etwaige Anpassung der Untergrenze soll eine Mindestlohnkommission erstmals 2017 mit Wirkung zum 1. Januar 2018 entscheiden, danach in jährlichem Abstand. Die Kommission besteht aus neun Mitgliedern (Vorsitzender, sechs weitere stimmberechtigte und zwei beratende Mitglieder), die (jeweils hälftig) von den Spitzenverbänden der Arbeitgeber und Arbeitnehmer benannt und von der Bundesregierung alle fünf Jahre neu berufen werden. Daneben sieht der Gesetzesentwurf vor, die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen zu erleichtern. Hierzu will die Bundesregierung die bisherige Voraussetzung, wonach 50% der in den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer tarifgebunden beschäftigt sein müssen, abschaffen und durch ein konkretisiertes öffentliches Interesse ersetzen. Teil des Entwurfs ist zudem die Reform des AEntG, das es ermöglicht, Branchenmindestlöhne festzusetzen. Künftig soll es zugunsten deutscher und ausländischer Arbeitnehmer auf alle Branchen erweitert werden können. Schließlich beabsichtigt die Bundesregierung die Abschaffung des Mindestarbeitsbedingungsgesetzes (MiArbG) mangels praktischer Relevanz. Union und SPD streiten nach wie vor über den persönlichen Anwendungsbereich des Entwurfs. Während die Union Ausnahmen, etwa für Rentner, Praktikanten isd. 26 BBiG, studentische Hilfskräfte, Zeitungsausträger und Saisonarbeitskräfte, fordert, lehnt die SPD (zusätzliche) Einschränkungen kategorisch ab. Gesprächsbereitschaft signalisierte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles dagegen hinsichtlich des Vorschlags der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände BDA und des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), wonach die Lohnuntergrenze ab 2017 alle zwei Jahre entsprechend der Tariflohnentwicklung angepasst werden soll. BDA-Präsident Ingo Kramer hält den Gesetzesentwurf der Bundesregierung im Übrigen für dringend und grundsätzlich korrekturbedürftig. U. a. beschädige die absolute Geltung des Mindestlohns ab 2017 die Tarifautonomie. Repräsentative Tarifverträge müssten einem staatlich festgesetzten Mindestlohn auch künftig immer vorgehen. Zudem seien die geplanten Ausnahmen zu restriktiv: Vom Mindestlohn (generell) ausgenommen werden müssten freiwillige Absolventen von Praktika sowie junge, nicht qualifizierte Menschen vor Vollendung ihres 21. Lebensjahres. Andernfalls würden unüberwindbare Barrieren für den Arbeitseinstieg geschaffen. Seite 11

4. Referentenentwurf zur Frauenquote Seit dem 20. Juni 2014 liegt der Referentenentwurf des Bundesfamilienministeriums und des Bundesjustizministeriums zu einem Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vor. Ziel des Gesetzes, das im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD bereits angekündigt wurde, ist es, den Anteil von Frauen an Top-Positionen in der Privatwirtschaft, der Bundesverwaltung, den Unternehmen und Gerichten des Bundes sowie in Gremien im Einflussbereich des Bundes signifikant zu erhöhen und letztlich eine Geschlechterparität herzustellen. Dabei basiert der Gesetzesentwurf auf drei Säulen: Erstens: Aufsichtsräte börsennotierter und (kumulativ) paritätisch mitbestimmter Unternehmen müssen ab dem 1. Januar 2016 eine fixe Geschlechterquote von mindestens 30% bei neu zu besetzenden Aufsichtsratsposten beachten (ca. 120 betroffene Gesellschaften: AG und KGaA). Der Mindestanteil ist auf Seiten der Aktionäre und der Arbeitnehmer gesondert zu erfüllen. Ein Verstoß gegen das Mindestanteilsgebot führt zur Nichtigkeit der Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrats durch die Hauptversammlung bzw. der Entsendung in den Aufsichtsrat. Die für das minderrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze müssen in der Konsequenz unbesetzt bleiben (sog. leerer Stuhl ). In diesem Fall sind nur die gerichtliche Ersatzbestellung oder die Nachwahl eines neuen Aufsichtsratsmitglieds möglich. Börsennotierte Unternehmen in der Rechtsform der Europäischen Gesellschaft (SE), die nach dem SE-Beteiligungsgesetz (SEBG) mitbestimmt sind, sollen die Mindestquote erfüllen. Entsprechendes gilt für aus einer grenzüberschreitenden Verschmelzung hervorgegangene börsennotierte Unternehmen, die der Mitbestimmung nach dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG) unterliegen. Zweitens: Börsennotierte oder (nach dem DrittelbG) mitbestimmte Unternehmen sollen verpflichtet sein, sich ab dem 1. Januar 2015 selbstgesetzte Zielgrößen und Fristen für die Erhöhung des Frauenanteils im Aufsichtsrat, Vorstand und in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands zu geben (ca. 3.500 betroffene Gesellschaften: Neben AG und KGaA auch GmbH, eg und VVaG). Sofern der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30% liegt, dürfen diese den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Bei einem Frauenanteil von 30% oder mehr müssen die Zielgrößen mindestens 30% betragen. Zudem sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die Zielgrößen die Besetzung mit mindestens einem Mann und einer Frau vorschreiben. Die erstmals festzulegende Frist darf nicht länger als zwei Jahre sein; die nachfolgenden Fristen sind auf maximal drei Jahre beschränkt. Bezüglich der (Nicht-)Erreichung der selbstgesetzten Zielgrößen und Fristen bestehen umfassende Berichts-, Begründungs- und Veröffentlichungspflichten der Unternehmen. Diese müssen im Rahmen der Erklärung zur Unternehmensführung erfüllt werden. Um die Ziele der ersten beiden Säulen zu erreichen, sind u. a. im AktG sowie in den jeweiligen Mitbestimmungsgesetzen umfassende Änderungen geplant. Drittens: Die gesetzlichen Regelungen für den öffentlichen Dienst des Bundes sollen novelliert werden. Mit dem neu gefassten Bundesgremienbesetzungsgesetz (BGremBG) wollen die beteiligten Ministerien eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen und Männern in Gremien, an deren Besetzung der Bund mitwirkt, erreichen. Das neue Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) soll ferner eine Geschlechter-Gleichstellung in der Bundesverwaltung sowie den Unternehmen und Gerichten des Bundes bewirken. Hierzu sehen die Entwürfe u. a. Regelungen über Besetzungsverfahren, Auswahlentscheidungen bei Einstellung und beruflichem Aufstieg sowie die Arbeitszeitgestaltung vor. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kritisiert den Gesetzesentwurf. Der Gesetzgeber habe vor, künftig viel stärker in die Selbstorganisation von Unternehmen einzugreifen als derzeit. Problematisch sei vor allem, dass es auch bei der Flexi-Quote (zweite Säule) in jedem Gremium mindestens eine Frau und einen Mann geben müsse. Bei einer durchschnittlichen Vorstandsgröße von nur 2,45 Personen in börsennotierten Unternehmen bedeute das für 2.800 Mittelständler eine Quote von einem Drittel. Dies sei nicht hinnehmbar. 5. RV-Leistungsverbesserungsgesetz verkündet Am 26. Juni 2014 ist das Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungsgesetz) im Bundesgesetzblatt verkündet Seite 12

worden. Es tritt zum 1. Juli 2014 in Kraft. Über die Inhalte des Gesetzes haben wir bereits im Mai 2014 in unserer Newsletter- Sonderausgabe Rente mit 63 informiert. Ergänzend sei an dieser Stelle nochmals auf die Zusatzregelung in 41 SGB VI hingewiesen: Danach können die Arbeitsvertragsparteien den Beendigungszeitpunkt ggf. auch mehrfach durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses hinausschieben, wenn eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vorsieht. Im bestehenden Arbeitsverhältnis sind Befristungen folglich über die Regelaltersgrenze hinaus mehrfach und sachgrundlos (!) möglich. 41 Satz 3 SGB VI n.f. ist eine Spezialregelung gegenüber 14 TzBfG. Für neu begründete Arbeitsverhältnisse gilt sie dagegen nicht; insofern bleibt es uneingeschränkt bei der Anwendung des TzBfG. 2. EU-Arbeitskostenranking 2013 Im Jahr 2013 bezahlten Arbeitgeber in der deutschen Privatwirtschaft laut einer Mitteilung des Statistischen Bundesamts (Destatis) durchschnittlich EUR 31,70 für eine geleistete Arbeitsstunde (Arbeitskosten = Bruttoverdienst + Lohnnebenkosten). Damit teilten sich Deutschland und Finnland bezüglich des Arbeitskostenniveaus innerhalb der EU Rang sieben. Gegenüber dem EU-Durchschnittswert zahlten deutsche Arbeitgeber pro geleisteter Arbeitsstunde 34% mehr, im Vergleich zu Frankreich allerdings 9% weniger. Mit EUR 43,00 war die Arbeitsstunde in Schweden am teuersten, in Bulgarien mit EUR 3,70 am billigsten. 3. Gute Erfahrungen mit chinesischen Investoren III. Aktuelles 1. Sachgrundlose Befristung weiterhin möglich Aus der Antwort der Bundesregierung vom 3. April 2014 (BT-Drs. 18/1029) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE (BT-Drs. 18/696) geht hervor, dass die meisten befristet Beschäftigten im Jahr 2013 in der Branche Erziehung und Unterricht arbeiteten (Befristungsanteil: 17,2%). Bezogen auf die Gesamtwirtschaft lag der Anteil bei 7,5%. Die Bundesregierung betont dabei, dass atypische Beschäftigungsverhältnisse nicht automatisch prekär seien. Dies zeige die Übernahmequote aus befristeter Beschäftigung, die 2013 bei 37% lag. Zudem solle die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung beibehalten werden, da ihr eine Brückenfunktion in die unbefristete Beschäftigung zukomme. Am 19. März 2014 hatte der Ausschuss für Arbeit und Soziales bereits einen Gesetzesentwurf der Fraktion DIE LINKE (BT-Drs. 18/7) zur Abschaffung sachgrundloser Befristungen mit den Stimmen von CDU, CSU und SPD abgelehnt. Im Rahmen von Firmenübernahmen kommen immer häufiger chinesische Investoren zum Zuge. Laut einer aktuellen Analyse der Hans-Böckler-Stiftung sind bislang keine negativen Folgen für Beschäftigung, Entlohnung und Mitbestimmung zu beobachten. Es sei in mehreren Fällen gelungen, Vereinbarungen über Tarifbindung, Investitionen und Beschäftigungssicherung mit den chinesischen Käufern zu vereinbaren. Obwohl die Skepsis der Arbeitnehmer(-vertreter) zunächst überwogen habe, hätten sich die Investoren aus dem Reich der Mitte, deren Käufe sich bevorzugt auf bestimmte Sparten wie Maschinen- und Fahrzeugbau oder Chemie konzentrieren, bislang kooperativer gezeigt als viele Finanzinvestoren. 4. Neue Richter am BAG Wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mitteilte, hat der Richterwahlausschuss am 22. Mai 2014 drei neue Richter für das BAG bestimmt. Gewählt wurden Frau Dr. Ulrike Brune (Richterin am SozG Gotha), Herr Dr. Jan-Malte Niemann (Richter am ArbG Herford) sowie Frau Dr. Maren Rennpferdt (ehemalige Gleiss-Lutz-Anwältin und zuletzt Vors. Richterin am Hessischen LAG). Seite 13

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