Forschungsanstalt Geisenheim



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Transkript:

Forschungsanstalt Geisenheim Abschlussbericht des FDW-Projektes: Bestimmung der Traubenqualität unter Berücksichtigung der hieraus resultierenden Weinqualität mit Hilfe der mittleren Infrarotspektroskopie (FTIR) Projektbearbeitung: Hieber M., Patz C.-D., Dietrich H. Institut für Oenologie und Getränkeforschung Fachgebiet Weinanalytik und Getränkeforschung Forschungsanstalt Geisenheim, Postfach 1154, 65358 Geisenheim Geisenheim, 24.10.2005

I I N H A L T S V E R Z E I C H N I S 1. Einleitung... 1 2. Literaturübersicht... 3 3. Theoretische Grundlagen... 6 3.1. IR-Spektroskopie... 6 3.2. Multivariate Datenanalyse... 9 3.2.1 Filterselektion... 9 3.2.2 Partial Least Square-Regression (PLS)... 10 3.2.3. Kalibrierung... 11 3.2.4 Validierung... 13 4. Material und Methoden... 17 4.1 Untersuchungsmaterial... 17 4.1.1 Most... 17 4.1.1.Standardlösungen... 19 4.2 Methoden... 20 4.2.1.Referenzmethoden... 20 4.2.2 IR-Spektrometrie... 22 5. Ergebnisse... 24 5.1 Beurteilung der Traubenreife... 24 5.2 Beurteilung des Gesundheitszustands... 25 5.3 Erweiterung der Kalibrierung um weitere wichtige Parameter... 31 5.4 Vergleich verschiedener Faktoren... 32 5.4.1 Oechsle... 35 5.4.2 Gesamtsäure... 37 5.5 Kontrolle des Reifeverlaufs... 38 5.6 Gärkontrolle... 40 5.7 Konservierung von Mosten... 42 5.8 Standardadditionen... 43 5.9 Bestimmung von Ammonium und hefeverwertbarem Stickstoff... 48 6. Diskussion... 51 6.1. Bestimmung der Reife- und Gesundheitsparameter... 51 6.2 Erstellung neuer Parameter... 52 6.3 Vergleich verschiedener Faktoren... 53 6.4 Überprüfung des Reifeverlaufs... 54 6.5 Gärkontrolle... 54 6.6 Konservierung von Mosten... 55 6.7 Standardaddition... 55 6.8 Bestimmung von Ammonium und hefeverwertbarem Stickstoff... 56 7. Zusammenfassung... 58 8. Literatur... 61

II A B K Ü RZ U N G S V E R Z E I C H N I S Oe Oechsle AAS Atomabsorptionspektroskopie ber. berechnet bias engl.: systematische Fehler BSA biologischer Säureabbau engl. englisch CVE Fehler der Kreuzvalidierung (Cross Validation Error) FIR Ferninfrarot FT-NIR Fourier-Transform-Nahinfrarotspektrometrie FTIR Fourier-Transform-Infrarotspektrometrie FT-MIR Fourier-Transform-Mittelinfrarotspektrometrie HPLC Hochdruckflüssigkeitschromatographie i i-te Messung intersept engl.: Achsenabschnitt IR Infrarot Max Maximum Min Minimum MIR Mittelinfrarot MLR multiple lineare Regression n Anzahl der Messungen NIR Nahinfrarot N-OPA N-Ortho-Phtaldialdehyd PCR Hauptkomponentenregression (Principal Component Regression) PLS Methode der kleinsten Fehlerquadrate (Partial Least Squares) QbA Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete R² Bestimmtheitsmaß Ref Referenz

III rel. Dichte relative Dichte RMSEP Standardfehler der Vorhersage (Root Mean Square Error of Prediction) SE Standardfehler der Kalibrierung (FOSS) SEC Standardfehler der Kalibrierung SEV Standardfehler der Validierung (FOSS) slope engl.: Steigung Vol% Volumen %

IV T A B E L L E N V E R Z E I C H N I S Tab. 1: Messbereiche der Reifeparamter 2004... 25 Tab. 2: Messbereiche der Gesundheitsparamter 2004... 26 Tab. 3: Neue mögliche Parameter... 31 Tab. 4: Messbereiche der verschiedenen Datensätze... 35 Tab. 5: Kalibrierung Oechsle... 35 Tab. 6: Vergleich der Validierungsergebnisse der Oechsle bei unterschiedlicher Faktorenauswahl sowie unterschiedlich verteilten Datensatzen... 36 Tab. 7: Vergleich der Validierungen Gesamtsäure von versch. Kalibrierungen... 37 Tab. 8: Vergleich der Validierungsergebnisse der Gesamtsäure bei unterschiedlicher Faktorenauswahl sowie unterschiedlich verteilten Datensätzen... 38 Tab. 9: Standardadditionen in Traubensaft... 48

V A B B I L D U N G S V E R Z E I C H N I S Abb. 1: Elektromagnetisches Spektrum... 6 Abb. 2: Schwingungsformen im Wassermolekül... 7 Abb. 3: MIR-Messung in Transmission... 8 Abb. 4: Winescan FT 120... 22 Abb. 5: Fließschema FT 120... 23 Abb. 6: Messergebnisse ph-wert 2004... 25 Abb. 7: Validierung von Glycerin (g/l) in der Kalibrierung GrapeScanG2004... 27 Abb. 8: Validierung von Ethanol (g/l) in der Kalibrierung GrapeScanG2004... 28 Abb. 9: Neue Kalibrierung von Ethanol mit den Werten von 2004... 29 Abb. 10: Validierung von Gluconsäure in der Kalibrierung GrapeScanG2004... 30 Abb. 11: Neue Kalibrierung von Gluconsäure mit den Werten von 2004... 31 Abb. 12: Faktorenauswahl bei einer Kalibrierung am Fakor mit kleinstem CVE... 33 Abb. 13: Faktorenauswahl bei einer Kalibrierung am Fakor mit der größten Differenz zum vorhergehenden Faktor... 34 Abb. 14: Zuckergehalte während der Reife... 39 Abb. 15: Säureabbau während der Reife... 40 Abb. 16: Gärverlauf eines Mostes mit verschiedenen Hefen im Labormaßstab... 41 Abb. 17: Addition von Gluconsäure in wässriger Lösung... 45 Abb. 18: Addition von Gluconsäure in Traubensaft... 46 Abb. 19: Slope/Intersept-Korrektur von GrapeScanG2004 bei Gluconsäure... 47

1 1. Einleitung Um im Weinberg und bei der Anlieferung von Lesegut im Herbst eine Beurteilung des Gesundheits- und Reifezustandes der Trauben vorzunehmen, werden oft nur die Grad Oechsle bestimmt und eine visuelle Bonitierung durchgeführt. Hierbei handelt es sich jedoch nur um einen geringen Teil der gesundheits- und reiferelevanten Inhaltsstoffe. Zusätzlich ist die visuelle Bonitierung eine subjektive Methode und kann nur den Teil des Leseguts abdecken, der gut sichtbar ist. Aufgrund dieser zwei Parameter werden nun die Weiterverarbeitung und die entstehende Weinqualität bestimmt. Zusammen mit der Ertragsmenge stellen die visuelle Bonitur und die Grad Oechsle die Bezahlungsgrundlage. Während der gesamten Reife findet eine Umwandlung und Synthese der Traubeninhaltsstoffe statt. Des Weiteren werden die Inhaltsstoffe durch Hefen, Bakterien, Pilzen und Insekten, welche sich auf der Traubenschale ansiedeln und diese zerstören, ständig umgewandelt. Die visuelle Bonitur zeigt nur einen äußeren Eindruck der Trauben und ihres Gesundheitszustandes. Die Veränderung der Inhaltsstoffe kann hiermit nicht zuverlässig bestimmt werden. So kann eine Traube zwar äußerlich stark mit Mikroorganismen befallen sein, ihre Inhaltstoffe weisen jedoch gar keine oder nur geringe mikrobiologische Veränderungen auf oder umgekehrt. Um zusätzliche Inhaltsstoffe mittels herkömmlichen analytischen Methoden zu bestimmen, ist jedoch ein großer personeller, finanzieller und auch zeitlicher Aufwand nötig. Oftmals ist gerade die Zeit der limitierende Faktor, da in Genossenschaften während der Hauptlesezeit viele Partien in sehr kurzer Zeit angeliefert werden und diese rasch für die Weiterverarbeitung freigegeben werden müssen. Um nun eine umfangreichere Beurteilung vornehmen zu können, muss eine schnelle, objektive und finanziell tragbare Methode angewandt werden, welche ohne große zusätzliche personelle Belastung durchgeführt werden kann. Außerdem sollte die Methode nach kurzer Einweisung durch Fachpersonal von Laien durchgeführt und die Ergebnisse ohne Probleme von den Kellermeistern interpretiert werden können. Ziel des Projektes ist die objektive, umfangreiche und schnelle Analyse und Beurteilung der Traubenmostqualität. Hierfür wird ein Fourier-Transform-Infrarot-Spektrometer

2 (FTIR) eingesetzt, welches im mittleren Infrarotbereich misst. Bei dem Gerät handelt es sich um ein für die Weinuntersuchung entwickeltes Spektrometer (Winescan FT-120; Fa. FOSS). Da sich die Probenmatrix von Wein und Most jedoch sehr unterscheiden, wurde das Gerät mit einer speziell für die Mostuntersuchung angefertigten Software (Grapescan) ausgestattet. Da diese Kalibrierung aus Mosten angefertigt wurde, die aus anderen Weinbauregionen der Welt stammten, gibt es hier große Abweichungen bei den einzelnen Analysenparametern zwischen den Werten der FTIR-Bestimmung und der Bestimmung mittels den herkömmlichen weinchemischen Analysenmethoden. Um die vorhandene Kalibrierung an die Besonderheiten der deutschen Weinbaugebiete anzupassen, muss die vorhandene Kalibrierung durch eine neue Kalibrierung ersetzt werden, welche aus Mosten verschiedener deutscher Anbaugebiete erstellt wurde. Diese sollte neben der Verbesserung der bereits vorhandenen Parameter, wie Dichte, Gesamtsäure, Wein- und Äpfelsäure, Glycerin, reduzierende Zucker sowie Glucose und Fructose, um weitere gesundheits- und reiferelevante Parameter erweitert werden. Mit diesem neuen System sollte nun eine differenzierte Bewertung der Traubenqualität entwickelt werden, um eine objektive und qualitätsorientierte Differenzierung bei der Traubenannahme durchführen zu können. Auf diesem Weg könnte die Weinqualität in Deutschland gesteigert werden. Zusätzlich könnte auf Grund der vielen verschiedenen bestimmten Inhaltsstoffe ein differenzierteres und qualitätsorientiertes Auszahlungssystem erstellt werden, welches den Winzern einen finanziellen Anreiz geben könnte, verstärkt die geforderte Qualität anstatt Quantität zu produzieren. Zusätzlich liefert das System zum einen dem Winzer ein objektives System, den optimalen Lesezeitpunkt zu finden, an welchem das Lesegut die ideale Reife erreicht hat und ebenfalls gesund ist. Zum anderen erhält der Kellermeister Informationen über den Reife- und Gesundheitszustand, um eventuell benötigte oenologische Maßnahmen sofort in die Wege leiten zu können.

3 2. Literaturübersicht In der Chemie und Pharmazie wird die IR-Spektroskopie schon seit Jahrzehnten zur qualitativen Analyse von chemischen Strukturen verwendet (Gottwald und Wachter 1997). In vielen Bereichen der Lebensmittelindustrie findet man heute IR-Geräte, die im Nahinfrarotbereich arbeiten. So beschreibt Sinclair er al. (1995) die Bestimmung von Stickstoff, Kohlenhydraten, Phosphor und Kalium in Getreide und Reispflanzen zur Bestimmung des Düngerbedarfs. Birk (2003) vergleicht in einem Ringversuch die Feuchte- und Proteingehaltbestimmung mit Geräten verschiedener Hersteller. In der Bier und Weinbranche findet man heute vielfach NIR-Geräte, welche quantitativ Alkohol und Extrakt bestimmen. Baumgarten (1987) beschreibt eine Möglichkeit zur Bestimmung von Alkohol in Wein, Cozzolino et al. (2003) eine Unterscheidung von australischen Riesling- und Chardonnayweinen mit Hilfe von Alkohol, Dichte, ph-wert und Extrakt. Gishen et al. (1998) beschreibt die Untersuchung von Traubeninhaltsstoffen, Weinsortenuntersuchungen und den Methanolgehalt in Spirituosen. Garcia-Jares und Medina (1987) bestimmten in edelsüßen Weinen Ethanol, Fructose und Restzucker. Schropp et al. (2002) beschreibt ein Verfahren zur Bestimmung von Alkohol sowie Stammwürze und Extrakt in Bier. Davanel et al. (1991) beschreiben die gute Vorhersage von Gesamtzucker und Alkohol während der Gärung von Weinen. Des Weiteren wird in der Brauindustrie die NIR-Analytik zur Überprüfung der Rohstoffqualität von Getreide und Malz eingesetzt (Rath, 2003). Bei der Verarbeitung von Früchten wird die NIR-Technologie weit verbreitet eingesetzt. So beschreiben Kawano er al. (1992) eine NIR-Methode zur Zuckerbestimmung in Pfirsichen, Tsuta et al. (2002) in Melonenfruchtfleisch, Zude und Wegner (2003) in Kirschen und Äpfeln. Herrera et al. (2003) beschreiben eine Methode, bei welcher die Reife von ganzen Trauben mittels Brix-Werten zerstörungsfrei mittels diffuser Reflektion oder in Transmission bestimmt wird. Quilitzsch und Hoberg (2003) bestimmen mit einer Reflektionsfasersonde mehrere Parameter bei Äpfeln. Gut bestimmbar sind hier die Trockenmasse, Saccharose und Gesamtsäure. Etwas schlechter war hier die Bestimmung von Glucose, Fructose, Druck- und Schalenfestigkeit. Im homogenen Brei aus pürierten Zuckerrüben bestimmten Roggo et al. (2004) mittels FT-

4 NIR Saccharose, Brix und die Trockenmasse mit guten Übereinstimmungen zur Referenzanalytik. Weniger zufrieden stellend war die Bestimmung von Amino- Stickstoff und den berechneten Parametern Saftreinheit (Gewicht Saccharose/Gewicht Trockenmasse) und saccharosefreier Melassegehalt. Minorkomponenten, wie Glucose, Kalium und Natrium, konnten nicht bestimmt werden. Inhaltsstoffe in Weißweintrauben bestimmten Manley et al. (2001) in einer 0,5cm Quarzküvette mittels FT-NIR in Transmission. Der Zuckergehalt konnte mittels Brix erfolgreich bestimmt werden, nicht zufrieden stellend war die Bestimmung von Äpfel- und Milchsäure. Nicht bestimmbar waren die Minorkomponenten Ethylcarbamat und -Amino-Stickstoff. Parameter, die in geringen Konzentrationen vorkommen, können mittels FT-NIR nicht oder nur mit unzureichender Genauigkeit bestimmt werden, da für niedrige Konzentrationen die Methode nicht sensibel genug ist (Krauß, 2002; Piry, 2000). Eine gute Alternative hierzu bietet die Mittelinfrarotspekroskopie. Hierbei werden die wesentlich intensiveren Grundschwingungen der Moleküle gemessen. Durch den Einsatz von Messzellen mit geringer Schichtdicke (20-36µm) besteht die Möglichkeit, wässrige Lösungen trotz der hohen Eigenabsorption in Transmission zu messen. Durch eine Standardisierung der einzelnen Geräte eines Herstellers (mittels definierter Kalibrierlösungen des Herstellers) und durch konstante und definierte Messbedingungen, wie konstante Temperaturen und Schichtdicken, ist es möglich die Spektren und Geräte untereinander zu vergleichen (Andresen et al., 2002). Erfolgreich wird dieses System bereits seit Jahren in der Milchindustrie zur Bestimmung des Fettund Proteingehaltes in Milch eingesetzt (Sorensen et al., 2003). Ion et al (2004) berichten über die Bestimmung von Fett, Protein, Kohlenhydraten, Kalorien und Calcium mittels FTIR-ATR in Milch. Die Bestimmung von Vitaminen ist mit dieser Methode nicht möglich. Im Weinbereich gibt es inzwischen eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten. Erstmals berichteten Davenel et al (1991) und Schindler at al. (1998) über die Bestimmung von Weininhaltsstoffen im Mittelinfrarotbereich. Die Untersuchungen wurden jedoch nur mit wenigen Weinen durchgeführt. Über die Bestimmung von Kohlenhydraten, Alkoholen und organischen Säuren in Wein mittels FT-MIR in einer 25µm Durchflusszelle berichteten Vonach et al. (1998). Patz et al. (1999, 2000) zeigten

5 die Möglichkeiten der direkten Weinbestimmung in einer 36µm Transmissionszelle auf. 2004 bestätigten Patz et al. die Zuverlässigkeit der Methode mit einem Ringversuch, der eine Vielzahl an Parametern enthielt. Der Ringversuch zeigt ebenfalls die gute Übertragbarkeit eines Kalibriermodells auf baugleiche Geräte. Die Bestimmung der glykosidischen Vorstufen der Aromastoffe in Trauben wurde von Schneider et al. (2004) vorgestellt. Eine schnelle Methode zu Erfassung dieser Glycokonjugate ist die Quantifizierung des Gesamtgehaltes aus Extrakten. Moreira et al. (2005) geben einen Überblick über die verschiedenen organischen Säuren und ihre Bestimmung in Wein. Während für die Gesamtsäure gute Ergebnisse erzielt wurden, waren die Ergebnisse für die einzelnen organischen Säuren schlechter. Dubernet et al. (2002, 2004) berichten über die Untersuchung mittels FT-MIR bei Weinen, Jungweinen, gärenden Weinen, Likörweinen und Most. Eine Vielzahl an Parametern wurde routinemäßig untersucht und ein Vergleich der FTIR-Werte mit den klassischen Referenzwerten zeigt eine sehr gute Wiederholbarkeit und Reproduzierbarkeit. Es wird darauf hingewiesen, dass für die unterschiedlichen Probenmatrices verschiedene Kalibrierungen nötig sind, um gute Ergebnisse zu erzielen. Die Nachweisgrenze wird mit 0,1 0,5g/L beschrieben. Eine Bestimmung der Traubenqualität, besonders der Parameter, die auf mikrobiologische Veränderungen schließen lassen, wurde ebenfalls von Dubernet (2000, 2201) beschrieben. Mittels dieser Parameter wurde über neuronale Netzwerke Indices erstellt, welche die Traubenqualität beschreiben sollten. In der Praxis erwiesen sich diese Indices jedoch als völlig ungeeignet. Fischer und Berger (2005) geben einen Überblick über die Möglichkeiten in der Mostanalytik als Grundlage für ein Auszahlungsmodell und die Möglichkeit der Traubenannahme in einer Genossenschaft anhand des Deutschen Weintors eg in Ilbesheim. Patz et al. (2005) zeigen die Möglichkeiten zur Bestimmung der gesundheits- und qualitätsrelevanten Parameter bei der Beurteilung der Trauben, Mosten und Weinen.

6 3. Theoretischen Grundlagen 3.1. IR-Spektroskopie Im infraroten Wellenlängenbereich (800-500.000 nm) wird aus spektroskopischer Sicht zwischen dem nahen Infrarot (NIR 800-2.500 nm), dem mittleren Infrarot (MIR 2.500-50.000 nm) und dem fernen Infrarot (FIR 50.000-500.000 nm) unterschieden, weil unterschiedliche Phänomene die Absorption dieser Strahlung verursachen. Im fernen Infrarot absorbieren Molekülrotationen. Im MIR werden die Schwingungen der Molekülbindungen und im NIR sind nur noch Obertöne beziehungsweise Kombinationsschwingungen des MIR detektiert (Hesse, Maier, Zeeh, 1995). Bei der Fourier-Transform-Mittelinfrarot-Spektrometrie (FT-MIR) handelt es sich um die Messung der Absorption einer Probe im mittleren Infrarotbereich Abb. 1: Elektromagnetisches Spektrum Durch Infrarotstrahlung werden die funktionellen Gruppen von z.b. Zucker- und Säuremolekülen in der Probe zur Schwingung angeregt. Die funktionellen Gruppen der Moleküle zeigen charakteristische Schwingungen, denen Absorptionsbanden in definierten Bereichen des IR-Spektrums liegen. Diese Molekülschwingungen sind weitgehend auf die funktionellen Gruppen begrenzt und erfassen den Rest des Moleküls nicht. Dadurch können solche funktionelle Gruppen durch ihre Absorptionsbanden charakterisiert werden.

7 Wird IR-Strahlung von der Materie absorbiert, so verändern sich Lage, Bindungswinkel und die Bindungslänge zwischen Atomen oder Atomgruppen in einem Molekül. Es existieren verschiedene Arten von Bindungsschwingungen: Deformationsschwingungen (Abb. 2, oben) sowie symmetrische (Abb. 2, Nr. 2) und asymmetrische (Abb. 2, Nr.3) Valenzschwingungen. Deformationsschwingungen sind Beugeschwingungen, bei denen der Bindungswinkel des Moleküls verändert wird. Valenzschwingungen sind Streckschwingungen, bei denen nur die Bindungslänge nicht aber der Bindungswinkel variiert. Verändern sich die Bindungslängen symmetrisch, handelt es sich um eine symmetrische Valenzschwingung, im asymmetrischen Fall um die asymmetrische Valenzschwingung. Abb. 2: Schwingungsformen im Wassermolekül IR-aktiv sind Schwingungen, bei denen sich der Massenschwerpunkt des Moleküls verlagert und dadurch eine Änderung des Dipolmomentes induziert wird. Die absorbierte Strahlung wird über den genannten Wellenlängenbereich mittels Durchflussküvette in Transmission aufgenommen. Der schematische Verlauf der Mittelinfrarotstrahlung ist für die Transmissionsmessung in Abb. 3 dargestellt (Gottwald und Wachter, 1997).

8 Probe Detektor MIR-Quelle Abb. 3: MIR-Messung in Transmission Im mittleren Infrarotbereich werden hauptsächlich die Grundschwingungen der Moleküle gemessen. Die Spektren enthalten intensivere und schärfere Banden als die Spektren der Obertöne und Kombinationsschwingungen, die bei der Nah-Infrarot- Spektroskopie (NIR, Wellenzahlbereich 4000 12500 cm -1 ) erfasst werden. Die Banden der Nahinfrarot-Spektroskopie besitzen in der Regel niedrigere Extinktionskoeffizienten, sind schwächer und breiter. Dies bedeutet, dass im mittleren Infrarotbereich zum einen strukturelle Interpretationen (z.b. zur Identifikation) eher möglich sind und zum anderen die Anzahl der quantifizierbaren Inhaltsstoffe wesentlich erweitert werden. Die Nahinfrarot-Spektroskopie besitzt dagegen den Vorteil, dass durch die niedrigeren Absorptionen Messzellen bzw. Messgefäße mit größerer Schichtdicke genutzt werden können (besser befüllbar, große Proben sind zerstörungsfrei in Transmission messbar). Die Zellbreite bei der mittleren Infrarotspektroskopie ist dagegen durch die hohen Absorptionen des Wassers und Zuckers bei flüssigen Proben stark limitiert (maximal etwa 50 µm). Des Weiteren sind bei der Mittelinfrarotspektroskopie Durchflusszellmaterialien zu nutzen, die im Mittelinfrarotbereich gut strahlungsdurchlässig und wasserunlöslich sind (z.b. Calciumfluorid). In der Nah-Infrarotspektroskopie kann dagegen Quarzglas eingesetzt werden, welches günstig in der Herstellung und zusätzlich sehr inert ist. Eine quantitative Bestimmung aus den Infrarot-Spektren ist möglich, da nach dem Lambert-Beerschen Gesetz (Formel 1) ein Absorptions-Konzentrationszusammenhang besteht:

9 Formel 1: Lambert-Beersches Gesetz log I IO 1 = log = A ( ) = ( ) * c * d T I o : einfallende Lichtintensität I: aus Zelle ausfallende Lichtintensität T: Transmission (Durchlässigkeit) A ( ) : Absorption (wellenlängenabhängig) ( ) : Extinktionskoeffizient (wellenlängenabhängig) c: Konzentration des jeweiligen Stoffes d: Schichtdicke der Messzelle Die einfallende Lichtintensität I o nimmt in einem logarithmischen Zusammenhang zur Schichtdicke und Konzentration des Stoffes ab. Den Logarithmus von I o /I beschreibt man als Absorption. Diese ist proportional zur Konzentration des jeweiligen Stoffes, zum wellenlängenabhängigen Extinktionskoeffizienten und zur Schichtdicke der Messzelle. 3.2. Multivariate Datenanalyse 3.2.1 Filterselektion Spektrale Daten enthalten eine Fülle von Informationen. Um die relevanten Informationen aus den Daten herauszufiltern, wird eine Filterselektion durchgeführt. Hierbei werden die Spektralbereiche gewählt, die die höchsten Korrelationen zu den Referenzwerten aufweisen. 3.2.2.1 Filterselektion nach Foss: Die Filterselektion nach Foss wird mit dem in der Gerätesoftware enthaltenen Algorithmus durchgeführt. Dabei werden die zwischen den Referenzdaten

10 (Konzentrationen) und den Absorptionsdaten wellenlängenabhängig (d.h. für jede Wellenzahl) ermittelten Steigungen und Korrelationskoeffizienten mittels linearer Regression berechnet und quadriert. Die Steigung stellt den Zusammenhang von Konzentration zu Absorption dar. Je größer die Steigung desto empfindlicher reagiert die Absorption gegenüber einer Konzentrationsänderung. Der Korrelationskoeffizient beschreibt die Stärke des Zusammenhanges. Je näher er bei der Zahl 1 liegt desto geringer ist die Streuung um die Regressionsgerade. Die Quadrierung dient dazu Zusammenhänge in negativer und positiver Richtung gleichwertig zu berücksichtigen. Die zugehörigen Wellenlängen werden absteigend nach den quadrierten Steigungen und Korrelationswerten geordnet und die höchsten Werte zur Selektion genutzt. Es werden je Parameter maximal 20 Spektrenpunkte ermittelt und zur Berechnung herangezogen. 3.2.2 Partial Least Square-Regression (PLS) Die PLS- Regression wird im Deutschen als Methode der kleinsten Fehlerquadrate bezeichnet. Da diese Methode für die Berechnung von Zusammenhängen zwischen Spektren und Konzentrationen gut geeignet ist, wird sie zur Kalibrierung herangezogen. Hierbei werden die Regressionskoeffizienten berechnet, die einen Zusammenhang zwischen den Messwerten der klassischen Analysenmethoden und den spektralen Informationen aufweisen. Hierbei werden sowohl die Matrix der Spektraldaten als auch die Matrix der Referenzdaten gleichermaßen verwendet, um die Beziehung zwischen den beiden optimal zu beschreiben. Es entsteht eine Gleichung, welche im Prinzip einer Kalibriergeraden der einfachen linearen Regression entspricht. Im Vergleich dazu handelt es sich hierbei jedoch um eine Funktion mit mehreren Variablen. Mit den für jeden Parameter in der Software festgelegten Regressionskoeffizienten werden die Analysenergebnisse nach Formel 1 aus den unbekannten Spektren berechnet (Workman und Springsteen, 1998). Formel 2:PLS-Regressionsgleichung Konzentration = k 1 *A( 1 ) + k 2 *A( 2 ) + * k n *A( n ) + B K: Regressionskoeffizent der entsprechenden Wellenlänge

11 A( n ): Absorption der Wellenlänge B: Konstante Hierbei enthalten die ersten Hauptkomponenten die relevantesten Unterschiede zwischen den Referenzdaten und den Spektren. Hierdurch wird die Beurteilung des Kalibriermodels vereinfacht und das Signal-Rausch-Verhältnis der Informationen verbessert. Neben der PLS gibt es noch weitere verschiedene Methoden zur multivariaten Regression. Hierbei handelt es sich zum Beispiel um die PCR (principal component regression) oder die MLR (multiple lineare Regression). Die PCR ist eine Kombination aus PCA (engl.: principal comppnent analysis; Hauptkomponentenanalyse) und MLR. Zur multivariaten Regressionsanalyse wurde die PLS den beiden anderen Methoden vorgezogen. Die PLS hat gegenüber der MLR den Vorteil, dass sie gegen redundante Daten unempfindlich ist. Gegenüber Der PCR besitzt sie den Vorteil, dass die schon direkt bei der Zerlegung des Variablensatzes eine Korrelation zu den Referenzvariablen sucht. Variablen, welche hoch mit den Referenzvariablen korrelieren, werden in der PLS besonders hoch gewichtet, weil sie bessere Vorhersagen bringen. In der PCR werden die Hauptkomponenten so gewählt, dass sie in der Vorhersage soviel Varianz wie möglich aufweisen, unabhängig von der Höhe der Korrelationen von Vorhersage und Referenzwerten zueinander (Garrido, Frenich er al, 1999; Miller und Miller, 2000). 3.2.3. Kalibrierung Bei der Kalibrierung wird die größtmöglichste Anpassung an die Regressionsgerade ermittelt. Hierbei werden neben dem Messbereich des Datensatzes die Anzahl der Filter (Spektrenpunkte) und die Hauptkomponenten angegeben, mit welchen die Berechnung durchgeführt wird. Die Komplexität des mathematischen Kalibriermodells kann über die Hauptkomponenten eingeschätzt werden. Ihre Anzahl ist immer niedriger oder gleich der Anzahl an Filtern, die in das Modell einfließen, da es ansonsten überbestimmt wäre. Mit jeder Hauptkomponente bildet sich über ein Gleichungssystem eine Anpassung der

12 spektralen Daten an die Varianzen der Referenzdaten. Die erste Hauptkomponente erklärt die höchste Varianz der Referenzwerte an die Spektralbereiche, die weiteren Hauptkomponenten die abnehmenden Varianzen. Sie sind untereinander unabhängig und werden bei der Berechnung der vorhergesagten Referenzwerte addiert. Mit jeder Hauptkomponente erhält man eine noch bessere Anpassung des Rechenmodells an die Referenzdaten. Mit einer bestimmten Anzahl an Hauptkomponenten wird die Berechnung aber überbestimmt, da spektrales Rauschen mit einkalibriert wird. Die eigentliche analytische Information steckt in den ersten Hauptkomponenten. Hier wird bei der Kalibrierung abgeschätzt, wo die Grenze der analytischen Informationen zur Überbestimmung des Modells liegt. Dies ist von Parameter zu Parameter verschieden. Um eine stabile Kalibrierung zu erreichen, ist es nötig eine Vielzahl an Mostproben aus verschiedenen Jahrgängen, Anbaugebieten, Rebsorten und Qualitätsstufen zu verwenden. Durch die verschiedenen Einflussfaktoren kann ein möglichst großer Messbereich abgedeckt werden. Um eine quantitative Aussage über die verschiedenen Parameter machen zu können, sollten die Gehalte über 1 g/l liegen. Zwischen 0,1 g/l und 1 g/l kann man nur halbquantitative Aussagen treffen und eine grobe Einschätzung des Gehaltes vornehmen. Unter 0,1 g/l ist die Konzentration zu gering, um eine Aussage über den Gehalt machen zu können. Bei der Kalibrierung werden neben der Probenanzahl, dem Messbereich und Median folgende Kennzahlen angegeben: Cross Validation Error (CVE): Er gibt Auskunft darüber, wie gut die Kalibrierung mit den vorhandenen Proben funktioniert. Hierbei handelt es sich um den Standardfehler der Vorhersage, auch RMSEP (eng. Root Mean Sqare Error of Prediction) genannt. Hierbei gilt, je kleiner der Fehler der Vorhersage, desto größer ist die Übereinstimmung zwischen dem Analysenwert des FTIR und dem Analysenwert der Referenzmethode. Er wird nach folgender Formel berechnet: Formel 3: Berechnung des CVE

13 CVE n i 1 Y Re fi Y n 1 IRi 2 IR i : Vorhersage IR Ref i : Referenzgehalt n: Anzahl der Messungen i: i-te Messung Filter: Die Filter geben Aufschluss über die Spektrenpunkte, bei denen ein Zusammenhang zwischen den Analysenwerten und den entsprechenden Spektralbereichen besteht. Faktoren: Sie geben an, wie viele Hauptkomponenten für die Kalibrierung verwendet werden. 3.2.4 Validierung Bei der Validierung wird die Güte und Vorhersagbarkeit der Kalibrierung eingeschätzt. Hierbei wird die vorhandene Kalibrierung mit einem unabhängigen Datensatz überprüft. Die Proben, die zur Validierung verwendet werden, sollten in den Bereichen liegen, die mit der Kalibrierung abgedeckt werden. Zusätzlich sollten die Methoden, mit denen die Referenzanalytik für die Kalibrierung durchgeführt wird, identisch sein mit den Methoden für die Validierung. Neben dem Messbereich und der Probenanzahl werden weitere statistische Kennzahlen zur Beurteilung herangezogen. Um systematische Fehler einer Kalibrierung, die bei der Validierung hervortreten, zu entfernen, kann eine Slope/Intersept-Korrektur durchgeführt werden. Hierunter versteht man eine Verrechnung mit einer einfachen linearen Funktion y = ax + b. Hierbei handelt

14 es sich um eine Geradengleichung, wobei a die Steigung und b der Achsenabschnitt der Geraden bedeutet. Eine Interseptkorrektur kann den Achsenabschnitt der Gerade nach links oder rechts verschieben, ohne dass die Steigung (Slope) verändert wird. Hierdurch können systematisch zu hohe oder zu niedrige Werte korrigiert und dem vorhandenen System angepasst werden. Bestimmtheitsmaß R 2 : Das Bestimmtheitsmaß gibt an, inwieweit die Referenzwerte mit den FTIR- Werten übereinstimmen. Hierfür werden die ermittelten FTIR-Werte den Referenzwerten in einem xy-diagramm gegenübergestellt. Legt man eine Regressionsgerade durch dieses Diagramm, sollte diese im Idealfall die Steigung 1 haben und die Achsen im Nullpunkt schneiden (y = 1x +0). In diesem Idealfall würden die vorhergesagten Referenzwerte y exakt den Messwerten x der Referenz entsprechen, das Bestimmtheitsmaß R² wäre 1. Je mehr sich nun das Bestimmtheitsmaß dem Wert 1 nähert, desto geringer ist die Varianz der Messwerte und die Idealgerade. Das heißt, die berechneten Werte stimmen also umso besser mit den Referenzwerten überein. Formel 4:Bestimmtheitsmaß R² R 2 1 n 2 YRe f Y i IRi i 1 n i 1 Y Re fi 2 _ Y IR i : Vorhersage IR Ref i : Referenzgehalt n: Anzahl der Messungen i: i-te Messung _ Y : Mittelwert

15 Standardfehler der Slope/Intersept-korrigierten Kalibrierung (SEC) nach Foss: Er bestimmt die Genauigkeit, mit der die berechneten FTIR-Werte, mit den Referenzwerten übereinstimmen, nachdem eine Slope/Intersept-Korrektur durchgeführt wurde. Der Fehler wird nach der gleichen Formel berechnet wie der Cross Validation Error der Kalibrierung (Formel 5). Je kleiner er ist, desto größer ist die Übereinstimmung der mittels FTIR bestimmten Werte mit den Referenzwerten. Formel 5: Standardfehler der Slope/Intersept-korrigierten Kalibrierung SEC n i 1 Y Re fi Y IRi n ( A 1) 2 IR i : Vorhersage IR Ref i : Referenzgehalt n: Anzahl der Messungen i: i-te Messung A: Anzahl der Faktoren Standardfehler der vorhandenen Kalibrierung (SE) nach Foss: Er bestimmt die Genauigkeit, mit der die berechneten FTIR-Werte, mit den Referenzwerten übereinstimmen, ohne dass eine Slope/Intersept-Korrektur durchgeführt wurde. Der Fehler wird nach einer ähnlichen Formel berechnet wie der CVE und der SEC der Kalibrierung ( Formel 6). Je kleiner er ist, desto größer ist die Übereinstimmung der mittels FTIR bestimmten Werte mit den Referenzwerten. Formel 6: Standardfehler der vorhandenen Kalibrierung SE n i 1 Y Re fi n Y IRi 2

16 IR i : Vorhersage IR Ref i : Referenzgehalt n: Anzahl der Messungen i: i-te Messung Mean Bias: Der Bias (Formel 7) beschreibt die gemittelte Differenz von vorhergesagtem und gemessenem Referenzwert Y. Im Idealfall liegt er bei 0 Treten jedoch größere Abweichungen von 0 auf, so handelt es sich um eine systematische Verschiebung des Datensatzes. Formel 7: Bias Bias n Y i Re fi n Y IRi IR i : Vorhersage IR Ref i : Referenzgehalt n: Anzahl der Messungen i: i-te Messung

17 4. Material und Methoden 4.1 Untersuchungsmaterial 4.1.1 Most Es wurden in den Jahren 1999 bis 2004 rund 3000 Proben mittels FT-MIR (Winescan FT 120, Fa. FOSS, Transmission 36µm) und Referenzanalytik untersucht. Dabei wurden nicht von allen Proben alle Parameter bestimmt. Die Proben stammten aus verschiedenen Fachgebieten der Forschungsanstalt Geisenheim, sowie von einigen Genossenschaften, privaten Weingütern und Staatsweingütern, sowohl aus dem Rheingau als auch aus anderen Anbaugebieten. Bei den Proben handelt es sich um verschiedene Rebsorten, wobei der Großteil der Proben auf Weißen Riesling und Blauen Spätburgunder entfallen. Die Moste verteilen sich auf die verschiedenen Jahre wie folgt: - 1999: 108 Proben - 2000: 315 Proben - 2001: 362 Proben - 2002: 678 Proben - 2003: 819 Proben - 2004: 738 Proben Auf die verschiedenen Anbaugebiete verteilen sich die Moste folgend: - Ahr: 34 Proben - Baden: 35 Proben - Hessische Bergstraße: 25 Proben - Luxemburg: 41 Proben - Mosel: 82 Proben - Nahe: 25 Proben - Pfalz: 55 Proben - Rheingau: 2267 Proben - Rheinhessen: 140 Proben

18 - Württemberg: 2 Proben Es sind 986 rote Moste und 2295 weiße Moste, die sich auf folgende Hauptrebsorten sowie viele verschiedene kleine Probenmengen an verschiedenen Rebsorten, die nicht alle einzeln aufgeführt werden, verteilen: - Weißer Riesling: 1252 Proben - Blauer Spätburgunder: 638 Proben - Blauer Frühburgunder: 113 Proben - Versch. Geisenheimer Klone: 87 Proben - Müller-Thurgau: 59 Proben - Weißer Burgunder: 51 Proben - Silvaner: 38 Proben - Blauer Portugieser: 35 Proben - Grauer Burgunder: 30 Proben - Rondo: 24 Proben - Rotberger: 24 Proben - Traminer: 22 Proben - Chardonnay: 18 Proben - Regent: 18 Proben - St. Laurent: 14 Proben - Dornfelder 13 Proben - Merlot: 12 Proben - Saphira: 11 Proben - Cabernet franc: 10 Proben

19 4.1.1.Standardlösungen Zur Erstellung von Modelllösungen wurden Glycerin, Gluconsäure, Essigsäure, Ethanol und Milchsäure von Mosten und Weinen als Standardsubstanzen in Most, Traubensaft (als mostähnliche Ausgangssubstanz) und destilliertes Wasser eingewogen. Mit Hilfe dieser Lösungen sollen die Nachweisgrenzen mittels FT-MIR ermittelt werden. Most: Hier wurden Modelllösungen erstellt, welche verschiedene Konzentrationen an Essigsäure im Bereich von 0,1g/L bis 10g/l enthalten. Wasser: Hier wurden Modelllösungen erstellt, die Essigsäure, Ethanol, Milchsäure, Glycerin und Gluconsäure einzeln enthielten. Die Konzentrationen erstreckten sich hierbei über einen Bereich 0,1g/L bis 10g/L. Traubensaft: Hier wurden Modelllösungen erstellt, die Essigsäure, Ethanol, Milchsäure, Glycerin und Gluconsäure sowohl einzeln als auch gemeinsam enthielten. Bei den Einzeladditionen lagen die Einwagen zwischen 0,01g/l und 10g/L; die der Gesamtaddition zwischen 0,01 g/l und 2 g/l.

20 4.2 Methoden 4.2.1.Referenzmethoden Folgende Analysenparameter wurden untersucht: Rel. Dichte (20/20): Biegeschwinger (DMA 48, Paar) Extrakt: über die rel. Dichte ermittelter Wert, Formel nach Tabarié (Extrakt-Tafel, (Reichard, 1972)) Brix: Refraktometer bei 20 C Leitfähigkeit: konduktometrisch bei 20 C Glycerin: enzymatisch per Analysenautomat Gluconsäure: enzymatisch per Analysenautomat Gesamtphenole: photometrisch nach Folin-Ciocalteu (ber. als wasserfreies Catechin, Standard: D(+)-Catechin-Hydrat (Fluka 22110) FAG-SOP, gemäß Ritter 1994)) Gesamtphenole: nach Folin-Ciocalteu mittels Easylab (Fa. Erbslöh) D-Fructose: enzymatisch per Analysenautomat D-Glucose: enzymatisch per Analysenautomat Zucker vor Inversion: reduzierende Zucker nach Luff-Schoorl Gesamtsäure (ph7,0, WS): potentiometrische Titration (Titrator, Schott) (bis ph 7,0 ber. als Weinsäure) ph-wert: potentiometrisch bei 20 C (Glas-Kalomel-Elektrode) Flüchtige Säure: alkalimetrisch nach Wasserdampfdestillation (Vapodest, Gerhardt), ber. als Essigsäure Weinsäure HPLC (UV-Detektion bei 230 nm, Merck, Säule: Kombination von RP-18 (Luna 5µ C18, 250*4,6nm)und Anionenaustauscher (Rezex Fast Fruit, 8%H, 100*7,8mm); Fließmittel: 2%ige (W7V) Lösung 85%iger Phosphorsäure in bidest. Wasser, Säulentemperatur 20 (Grosheny et al, 1995)) D-/L- Äpfelsäure HPLC (siehe Weinsäure) L- Äpfelsäure (enzymatisch): enzymatisch mittels Analysenautomat L- Milchsäure (enzymatisch):enzymatisch mittels Analysenautomat

21 Essigsäure (enzymatisch): enzymatisch mittels Analysenautomat Ethanol (enzymatisch): enzymatisch mittels Analysenautomat Kalium: AAS Calium: AAS Magnesium: AAS Hefeverwertbarer Stickstoff: photometrisch nach N-OPA mittels Analysenautomat (SOP-FAG gemäß Dukes und Butzke, 1998) Hefeverwertbarer Stickstoff: mittels Easylab (Fa. Erbslöh) Ammonium: enzymatisch von Hand (Boehringer) Ammonium: mittels Easylab (Fa. Erbslöh) Farbe: photometrisch, Extinktion bei 420nm, 520nm und 620nm Phenole: photometrisch, Extinktion bei 280nm, 320nm und 420nm FAG-SOP: Standardarbeitsanweisung der Forschungsanstalt Geisenheim, Weinanalytik und Getränkeforschung Die enzymatischen und kolorimetrischen Bestimmungen wurden zunächst von Hand mit einem Photometer der Firma Shimazu vermessen. Später wurden diese Bestimmungen mittels Konelab 20i von Thermo und Vitalab Selectra E von VWR automatisiert.

22 4.2.2 IR-Spektrometrie Die Messungen wurden mit dem IR-Spektrometer Winecsan FT-120 der Firma Foss durchgeführt, welches speziell für die Analyse von Flüssigkeiten ausgelegt ist (Abb. 4) Abb. 4: Winescan FT 120 Das Gerät besteht aus einer geschlossenen Messeinheit; die Messung erfolgt ohne aufwendige Probenvorbereitung und Temperierung - sie muss lediglich filtriert werden. Der Nassteil des Gerätes (Abb. 5) besteht aus einem Durchflusssystem mit integrierten peristaltischen Pumpen, einer Temperiereinheit und einer Messküvette aus CaF 2 mit 36µm Schichtdicke. Die Probe wird vor der Messung in der Temperiereinheit auf 40 C gebracht und in die vorgewärmte Messzelle geleitet. Um zu verhindern, dass die Durchflussküvette durch kleine Partikel verunreinigt wird, ist hier noch ein Inlinefilter angebracht. Ebenfalls im Nassteil enthalten sich Vorratsbehälter für eine Reinigungslösung und eine Lösung zur Nullpunkteinstellung. Nach jeder Messung erfolgt eine kurze Reinigung der Messzelle und alle 30 Minuten wird ein Nullpunktabgleich durchgeführt.

23 Abb. 5: Fließschema FT 120 Die Elektronik, die Strahlungsquelle und das Interferometer befinden sich in einem vom Nassraum völlig abgetrennten Bereich des Gerätes. Der Winescan FT 120 wurde ursprünglich für die Weinanalytik herangezogen. Um nun ebenfalls Moste untersuchen zu können, musste das Gerät mit einer speziellen Kalibrierung für Moste ausgestattet werden, da eine Kalibrierung immer nur für eine bestimmte Probenmatrix verwendet werden kann. Die ursprüngliche Kalibrierung GrapeScan, welche für die Mostanalytik erstellt wurde, enthält jedoch nur Mostproben aus Frankreich und Spanien. Da die weinbaulichen Verhältnisse in Deutschland jedoch sehr unterschiedlich von den Verhältnissen in diesen beiden Ländern sind, waren die erhaltenen Ergebnisse noch mit einem relativ großen Fehler behaftet. Um nun die vorhandene Kalibrierung zu verbessern bzw. zu ersetzen und den deutschen weinbaulichen Verhältnissen anzupassen, müssen die Proben sowohl mittels FTIR als auch mit den klassischen analytischen Methoden analysiert und miteinander verrechnet werden. Eine quantitative Aussage über die im Most vorhandenen Substanzen kann man ab einer Konzentration von etwa 1g/L machen, zwischen 0,1g/L und 1g/L bekommt man eine grobe Einschätzung des jeweiligen Gehaltes.

24 5. Ergebnisse 5.1 Beurteilung der Traubenreife Im Allgemeinen werden zur Beurteilung der Traubenreife nur sehr wenige Parameter verwendet. Häufig werden neben einer visuellen und sensorischen Beurteilung nur noch die Oechsle mittels Handrefraktometer im Weinberg bestimmt. Bei der Anlieferung in den Genossenschaften wurden bisher hauptsächlich auch nur die visuelle Beurteilung durchgeführt sowie die Oechsle und das Gewicht bestimmt. Als einzigen zusätzlichen Parameter wurde eventuell noch die Gesamtsäure bestimmt. Da der Reifezustand jedoch von mehr Faktoren abhängig ist als von der Gesamtsäure und Oechsle, ist es wichtig, eine umfassendere Analytik des Mostes innerhalb von kurzer Zeit mit geringem Aufwand und Kosten zur Verfügung zu stellen. So geben auch die Dichte, der ph-wert, Fructose und Glucose sowie die Wein- und Äpfelsäure einen Hinweis auf die Reife des Leseguts. Das gleiche gilt für ihre Verhältnisse zueinander (Glucose/Fructose, Weinsäure/Äpfelsäure). Mittels FTIR können all diese Parameter bestimmt bzw. aus den Ergebnissen berechnet und zur Beurteilung der Reife herangezogen werden. Zusätzlich können aus den verschiedenen Parametern noch weitere Verhältniszahlen berechnet werden, die Auskunft über den Reifezustand liefern. Die nachfolgende Tabelle 1 gibt einen Überblick darüber, wie gut mit der vorhandenen Kalibrierung die Reifeparameter der Moste des Jahres 2004 bestimmt werden konnten und in welchen Messbereichen die Proben lagen. Probenanzahl Abweichung abweichung Max Standard- Messbereich Median R² Dichte 417 1,0522-1,1159 1,0887 0,0093 0,0019 0,9686 ph-wert 396 2,59-4,17 3,1 0,29 0,12 0,8135 Brix (%) 393 12,37-26,93 20,76 1,43 0,29 0,9867 Glucose (g/l) 325 54,2 138,4 101,8 14,95 3,92 0,9275 Fructose (g/l) 299 52,5-141 108,8 14,94 6,22 0,8664 Gesamtsäure (g/l) 416 3,72-18,58 8,22 1,29 0,32 0,9795 Äpfelsäure (g/l) 275 1,22-10,03 4,37 1,97 0,72 0,7224

25 Weinsäure (g/l) 29 2,87-12,35 9,71 1,64 0,59 0,9610 Tab. 1: Messbereiche der Reifeparamter 2004 Hier zeigt sich, dass sich die meisten der Reifeparameter gut vorhersagen lassen. Größere Abweichungen finden sich bei den Zuckern und den Säuren. Die Weinsäure/Äpfelsäure-Verhältnisse jedoch weisen gute Übereinstimmungen mit den Verhältnissen, die aus den Referenzwerten berechnet werden, auf, so dass diese ohne Bedenken zur Beurteilung herangezogen werden können. Wenn man sich die Ergebnisse des ph-wertes ansieht, zeigt sich, dass hier die Korrelation zwischen den FTIR-Werten und den Referenzwerten mit einem R² = 0,8135 nicht sehr hoch ist. Die Abweichungen liegen jedoch über dem ganzen Messbereich im gleichen Korridor (Abb. 6). 4,5 4,0 3,5 3,0 y = 0,8543x + 0,4474 R 2 = 0,8135 2,5 FTIR 2,0 2 2,5 3 3,5 4 4,5 Potentiometrisch Abb. 6: Messergebnisse ph-wert 2004 5.2 Beurteilung des Gesundheitszustandes Wie die Traubenreife ist der gesundheitliche (mikrobiologische) Zustand der Trauben wichtig für die Verarbeitung des Lesematerials. Zur Beurteilung der Qualität wird in den häufigsten Fällen nur eine visuelle Bonitierung durchgeführt. Es zeigt sich aber,

26 dass der visuelle Eindruck nicht unbedingt mit den Veränderungen der Inhaltsstoffe in der Traube gleich zusetzen ist. Die Trauben können optisch durchaus sehr auffällig sein, die Inhaltsstoffe hingegen sind jedoch kaum verändert. Auf der anderen Seite können bei optisch gesundem Lesegut starke Veränderungen in der Traube festgestellt werden. Um den Gesundheitszustand bzw. die Qualität der Trauben zu bestimmen, müssen die relevanten Parameter untersucht werden. Mit Hilfe des FTIR können neben den Reifeparametern ebenfalls Inhaltsstoffe, wie Glycerin, Gluconsäure, Essigsäure und Ethanol, bestimmt werden. All diese Parameter weisen auf mikrobiologische Veränderungen in den Trauben hin. Da diese Inhaltstoffe in gesundem Lesegut nicht oder nur in sehr geringen Mengen vorkommen, wurden im Herbst 2004 Essigsäure, Glycerin, Gluconsäure und Ethanol zu gesunden Proben in unterschiedlichen Mengen zuaddiert. Auf die Addition von Milchsäure als Verderbnisparameter wurde verzichtet, da selbst in stark mikrobiologisch belasteten Proben keine Milchsäure zu finden war. Neben diesen Parameter gilt es auch, das Glucose/Fructose-Verhältnis im Auge zu behalten, da die meisten Mikroorganismen glucophil sind und es somit zu einem Verhältnis kleiner eins kommt. Einen Überblick über den Messbereich und die Genauigkeit ist in der folgenden Tabelle aufgeführt. Proben anzahl Messbereich Median Max Abweichung Standardabweichung Essigsäure (g/l) 167 0,00-3,29 0,73 1,29 0,27 0,8129 Glu/Fru 270 0,73-1,09 0,95 0,09 0,04 0,5806 Glycerin (g/l) 341 0,00 18,72 0,70 2,84 0,92 0,8795 Gluconsäure (g/l) 360 0,00-3,14 0,29 3,81 1,02 - Ethanol (g/l) 131 0,00 18,77 1,77 5,80 2,50 - Tab. 2: Messbereiche der Gesundheitsparamter 2004 R² Diese Proben wurden sowohl mittels FTIR als auch mit den klassischen Referenzverfahren untersucht. So erhielt man neben den gesunden Mostproben auch kranke Mostproben, die in einer regulären Mostmatrix Stoffe enthalten, welche durch mikrobiologische Einflüsse gebildet werden. Mit diesen Proben kann nur sowohl die bereits vorhandene Kalibrierung validiert werden, um zu sehen, wie gut erhöhte Werte vorhersagbar sind. Außerdem können diese Werte in eine neue, verbesserte Mostkalibrierung einfließen, um bei dieser den Messbereich dieser Substanzen zu vergrößern und die Vorhersage zu verbessern.

27 Um nun zu überprüfen, wie gut die Vorhersagekraft der momentan gültigen Kalibrierung bei erhöhten Werten der einzelnen Parameter ist, werden im Folgenden von den addierten Proben die Werte der FTIR-Messung den Werten aus den Referenzbestimmungen gegenübergestellt. In der Abb. 7 erkennt man, dass die Bestimmung von Glycerin mit größeren Fehlern behaftet ist. Die maximale Abweichung beträgt hier 3 g/l, die Standardabweichung 1,3 g/l. 22,00 20,00 18,00 16,00 14,00 12,00 10,00 8,00 y = 0,9876x + 0,4243 R 2 = 0,8552 6,00 4,00 FTIR 2,00 0,00 0,00 2,00 4,00 6,00 8,00 10,00 12,00 14,00 16,00 18,00 20,00 22,00 Referenz Abb. 7: Validierung von Glycerin (g/l) in der Kalibrierung GrapeScanG2004 Man kann jedoch aufgrund der Ergebnisse Partien mit erhöhten Glyceringehalten aussortieren und gesondert behandeln. Bei Glyceringehalten bis ca. 3 g/l kann man aufgrund der FTIR-Analyse gegebenenfalls eine zusätzliche enzymatische Untersuchung durchführen, um den Gehalt zu überprüfen. Ähnliches wie für Glycerin gilt für die flüchtige Säure. Hier lassen sich Vorhersagen in einem Bereich von 0 g/l bis 3,5 g/l mit einer maximalen Abweichung von 1,5 g/l und einer Standardabweichung von 0,3 g/l treffen. Man erkennt somit sofort, ob eine Partie bereits faules Lesegut mit erhöhten Essigsäuregehalten enthält oder nicht. Für die Ethanolkalibrierung wurde den Mosten Ethanol bis zu ca. 22 g/l addiert. Bei der Validierung der momentan gültigen Kalibrierung GrapeScanG 2004 (Abb. 8) kann

28 man jedoch erst oberhalb 8 g/l eine gültige Aussage treffen. Darunter ist die Schwankung so groß, dass es unmöglich ist, den Gehalt zuverlässig zu bestimmen. 12,00 10,00 8,00 6,00 4,00 2,00 FTIR 0,00 0,00 2,00 4,00 6,00 8,00 10,00 12,00 Referenz Abb. 8: Validierung von Ethanol (g/l) in der Kalibrierung GrapeScanG2004 Daher wurde mit den vorhandenen Werten eine neue Kalibrierung erstellt. Hier zeigt sich (Abb. 9), dass diese, zumindest für diesen Datensatz, wesentlich besser funktioniert als die vorhandene und eine Aussage über das enthaltene Ethanol möglich ist. Abbildung 9 zeigt die Abweichung der Referenzwerte zu den jeweils berechneten Werten des FTIR. In Abb. 9 sind einige der Werte negativ, da es sich bei diesen um aus den Spektren berechnete Werte handelt.

29 Abb. 9: Neue Kalibrierung von Ethanol mit den Werten von 2004 (x-achse: aus dem Spektrum berechneten Werte y-achse: Abweichung der Referenzwerte von den berechneten Werten) Bei der Bestimmung der Gluconsäure treten mit der Kalibrierung GrapeScanG 2004 (Abb. 10) hingegen große Schwierigkeiten auf. Hier lässt sich keinerlei Übereinstimmung zwischen den FTIR-Ergebnissen und den Werten der enzymatischen Bestimmung bei einer Validierung finden.

30 4,00 3,00 2,00 1,00 0,00-1,00 0,00 0,50 1,00 1,50 2,00 2,50 3,00 3,50-2,00 FTIR -3,00 Enzymatik Abb. 10: Validierung von Gluconsäure in der Kalibrierung GrapeScanG2004 Aber auch hier zeigt sich bei einer neuen Kalibrierung mit den entsprechenden Werten in Abb. 11, ähnlich wie bei Ethanol, dass nun auch bei erhöhten Gluconsäuregehalten eine Aussage möglich ist. Auch hier ergeben sich aufgrund der Berechnung aus den Spektren analog zum Ethanol negative Gehalte an Gluconsäure bei den FTIR-Werten.

31 Abb. 11: Neue Kalibrierung von Gluconsäure mit den Werten von 2004 (x-achse: aus dem Spektrum berechneten Werte y-achse: Abweichung der Referenzwerte von den berechneten Werten) 5.3 Erweiterung der Kalibrierung um weitere wichtige Parameter Neben den Reife- und Qualitätsparametern gibt es jedoch noch eine große Anzahl an Parametern, die bei der Verarbeitung und Vergärung des Lesguts wichtig sind (Tab. 3). Anzahl Messbereich Median Standardabweichung max. Abweichung Kalium 148 923-2085 1275 225,5 490 0,6986 Calcium 242 7-140 89 66,44 342 - Magnesium 201 50-193 78 24,99 67 - Extrakt 236 206,6-351,6 244,3 2,56 6,85 0,9900 Ammonium 105 36-491 141 57,1 114 0,5439 Leitfähigkeit 250 1422-3140 2010 123,3 352 0,8743 N-OPA 180 54-299 121 39,49 76 0,4388 Tab. 3: Neue mögliche Parameter R² Wichtig für den Kellermeister ist es, zu wissen, wie gut die Trauben mit hefeverwertbarem Stickstoff und Ammonium versorgt sind, um eine eventuell

32 auftretende Gärstörung von Anfang an durch Zugabe von Gärsalzen zu verringern. Hier hat sich im Vergleich der verschiedenen Referenzmethoden zur Bestimmung des Stickstoffgehaltes die Bestimmung des N-OPA-Wertes als am stabilsten herausgestellt (Kapitel 5.9 Bestimmung von Ammonium und hefeverwertbarem Stickstoff). Des Weiteren wurden die Leitfähigkeit und die Mineralstoffe Kalium, Calcium und Magnesium mit den Referenzmethoden untersucht, um diese, wenn möglich in die Kalibrierung aufzunehmen. Wie sich bei der Kalibrierung der Parameter zeigt, ist es für einige Parameter unmöglich, weder eine quantitative noch eine halbquantitative Aussage zu machen. Bei Calcium und Magnesium sind die Gehalte zu gering. Bei Kalium, Ammonium und dem hefeverwertbaren Stickstoff (N-OPA) lässt sich nur eine halbquantitative Aussage machen. Hier ist es nicht möglich, den genauen Gehalt der einzelnen Substanzen zu bestimmen, es lässt sich jedoch ein ungefährer Bereich eingrenzen, in dem die Gehalte liegen. Diese grobe Einschätzung hilft jedoch schon dabei, um eine mögliche Unterversorgung des Mostes mit Stickstoff zu erkennen und um notwendige Schritte im Keller durchzuführen. Zusätzlich ist es mit guter Vorhersage möglich, den Extrakt und die Leitfähigkeit mittels FTIR zu bestimmen. Die Leitfähigkeit gibt einen Überblick über die im Most vorhandene Menge an Mineralstoffen und Säuren. Eine weitere Option wäre es, aus der Leitfähigkeit, zusammen mit der Dichte und den Brixwert, die Asche des Mostes analog zur Weinasche zu bestimmen (Müller & Würdig, 1987). Dieser Aschewert kann jedoch nur einen ungefähren Anhaltspunkt über den tatsächlichen Gehalt liefern. 5.4 Vergleich verschiedener Faktoren Da die ursprüngliche Mostkalibrierung nicht auf Daten von deutschen Mosten, sondern auf Daten aus Frankreich und Spanien basiert und die weinbaulichen Bedingungen nicht ohne weiteres von einem Anbaugebiet auf ein anderes übertragen werden können, musste diese Kalibrierung mit Daten aus den deutschen Anbaugebieten neu kalibriert werden. Zusätzlich zu der Verbesserung der bereits bestimmbaren Parameter wurden weitere Parameter mit den klassischen Analysenverfahren analysiert und diese dann in eine neue Kalibrierung aufgenommen.