Das Mindestlohngesetz in Deutschland DAS MINDESTLOHNGESETZ IN DEUTSCHLAND Am 1. Januar 2015 ist in Deutschland das Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz - MiLoG) in Kraft getreten. Mit dem MiLoG wurde für das gesamte Bundesgebiet ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von EUR 8,50/Std. in allen Branchen eingeführt. Für eine Übergangszeit von maximal zwei Jahren sind abweichende Regelungen durch Tarifverträge auf Branchenebene möglich. Ab dem 1. Januar 2017 gilt das bundesweite gesetzliche Mindestlohnniveau dann ohne Einschränkungen. Der durch das MiLoG eingeführte Mindestlohn ist unabdingbar ( 3 MiLoG), d.h. er kann vertraglich nicht unterschritten werden. Vertraglich abweichende Regelungen sind nichtig. Auch ein Verzicht auf den Mindestlohn ist unwirksam. Auch wenn einem Arbeitnehmer in der Summe Mindestlohnniveau gezahlt wird, ist eine detaillierte Prüfung erforderlich, da Vergütungsbestandteile, die nicht an die Arbeitszeit anknüpfen, wie z.b. Zulagen, Zuschläge und andere Sonderzahlungen, nicht als Bestandteil des Mindestlohnes berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere auch für die Zahlung von Zuschlägen für Nacht-, Sonnund Feiertagsarbeit, weil diese als Ausgleich für eine besondere Erschwernis gezahlt werden und nicht als Vergütung für geleistete Arbeit. Nach 2, Abs. (1) MiLoG ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer den Mindestlohn zum Zeitpunkt der vereinbarten Fälligkeit, spätestens jedoch am letzten Bankarbeitstag des Monats zu zahlen, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Der Anspruch auf Mindestlohn verjährt nach 3 Jahren. Das MiLoG gilt nur für Arbeitnehmer, d.h. wer als selbständiger Unternehmer tätig ist, hat keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. GELTUNG FÜR AUSLÄNDISCHE UNTERNEHMEN Der durch das MiLoG eingeführte Mindestlohn gilt auch für ausländische Unternehmen, die in Deutschland mit Arbeitnehmern tätig sind. Laut 20 MiLoG sind Arbeitgeber mit Sitz im In- oder Ausland verpflichtet, ihren im Inland beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nach 1 Absatz 2 zu zahlen. Demnach gilt der Mindestlohn selbst dann für ausländische Arbeitnehmer, wenn diese von einem ausländischen Arbeitgeber auch nur vorübergehend in Deutschland eingesetzt werden.
Betroffen sind dabei insbesondere auch ausländische Transportunternehmen, die nach Deutschland fahren oder in Deutschland beladen. Der Anwendungsbereich ist allein dadurch eingeschränkt, dass die Beschäftigung im Inland, also im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt. Bei diesen Transporten ist der Mindestlohn für den innerdeutschen Streckenanteil zu zahlen. Lediglich für Transittransporte wurden von der Bundesregierung aktuell die Bestimmungen ausgesetzt, bis europarechtliche Fragen geklärt sind (siehe unten). In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob das MiLoG nicht gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit verstößt. Grundsätzliche gilt im internationalen Arbeitsrecht, dass das Recht des Staates Anwendung findet, in dem sich der Arbeitsort befindet oder bei wechselnden Arbeitsorten das Recht des Staates, in dem sich die Niederlassung befindet, mit der der Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Bei dem MiLoG handelt es sich jedoch um eine Eingriffsnorm im Sinne des Art. 9 der Rom I Verordnung, eine zwingende Vorschrift, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie ungeachtet des nach Maßgabe dieser Verordnung auf den Vertrag anzuwendenden Rechts auf alle Sachverhalte anzuwenden ist, die in ihren Anwendungsbereich fallen. Dies bedeutet, dass sich die Regelungen des MiLoG auch gegen ausländische Arbeitsrechtordnungen durchsetzen. Auch aufgrund einer aktuellen EuGH-Entscheidung ist von der Europarechtskonformität des MiLoG auszugehen. Nach dieser Entscheidung können nationale Maßnahmen, die auf ausländische Unternehmer ausstrahlen, auch Eingriffe in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen, wenn dies dem Ziel dient, dass Arbeitnehmer einen angemessenen Lohn erhalten. Grundsätzlich ist das MiLoG damit als im Einklang mit EU-Recht anzusehen. Lediglich einzelne auf dem MiLoG beruhende Maßnahmen könnten einen Verstoß gegen die Dienstleistungsfreiheit darstellen, wenn, wie die aktuelle EuGH-Entscheidung betont, ausländische Arbeitgeber über Gebühr belastet werden, indem ihnen wirtschaftliche Lasten auferlegt werden, die über das hinausgehen, was zum Ziel des Arbeitnehmerschutzes erforderlich ist. Dies könnte, so der Grund für die o.g. Aussetzung, bei Transittransporten der Fall sein. MELDE AUFZEICHNUNGS UND AUFBEWAHRUNGSPFLICHTEN a) Meldepflicht nach 16 MiLoG Nach den Bestimmungen des MiLoG sind ausländische Arbeitgeber in bestimmten Wirtschaftsbereichen, u.a. Speditions- und Transportgewerbe ( 17 MiLoG verweist auf 2a SchwarzArbG: Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen, Baugewerbe, Fleischwirtschaft, Forstwirtschaft, Gaststätten - und Beherbergungsgewerbe, Gebäudereinigungsgewerbe, Personenbeförderungsgewerbe, Schaustellergewerbe, Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe) verpflichtet, vor Beginn jeder Werk- oder Dienstleistung die Aufnahme der Tätigkeit im Inland per Post oder Fax bei der zentralen Zollbehörde in Köln schriftlich in deutscher Sprache anzumelden (www.zoll.de Formular 033035).
Eine eingeschränkte Anmeldung in Form der Übermittlung einer Einsatzplanung (www.zoll.de Formular 033037: https://www.formulare-bfinv.de/printout/033037b.pdf) reichen ausländische Arbeitgeber für Arbeitnehmer ein, die eine ausschließlich mobile Tätigkeit ausüben. Dies ist eine Tätigkeit, die nicht an einen einzelnen Beschäftigungsort gebunden ist und deren Durchführung nicht einer bestimmten Adresse zugeordnet werden kann; insbesondere gehören dazu auch Gütertransport und Personenbeförderung. Nach Informationen der Zollbehörden ist die Übermittlung einer allgemeinen Einsatzplanung für einen Zeitraum von bis zu einem halben Jahr (z.b. wiederholte Beschäftigung im Zeitraum vom 20.1. bis 30.6. ) ausreichend, die im Nachhinein spezifiziert werden kann. b) Aufzeichnung nach 17 MiLoG Arbeitgeber, die Arbeitnehmer in diesen Wirtschaftsbereichen einsetzen, müssen gem. 17 MiLoG Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer spätestens innerhalb von 7 Tagen aufzeichnen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst folgende Angaben: Familien und Vorname und Geburtsdatum der Arbeitnehmer, Beginn und voraussichtliche Dauer der Beschäftigung, Ort der Beschäftigung, Ort in Deutschland, an dem die Unterlagen zur Erfüllung der Aufbewahrungspflicht, (siehe unten Punkt 3. c)) bereitgehalten werden, Familien und Vorname, Geburtsdatum und deutsche Anschrift des verantwortlich Handelnden und Familien und Vorname und deutsche Anschrift eines Zustellungsbevollmächtigten. Auch bzgl. der Aufzeichnungspflicht bestehen Erleichterungen bei der Beschäftigung ausschließlich mobil tätiger Arbeitnehmer (siehe oben), es reicht hier die Aufzeichnung der Dauer der täglichen Arbeitszeit. c) Aufbewahrungspflicht nach 17 MiLoG Die oben unter Punkt 3. b) genannten Aufzeichnungen müssen gem. 17, Abs. 2 MiLoG zu Zwecken der Kontrolle in deutscher Sprache in Deutschland bereitgehalten und mindestens zwei Jahre aufbewahrt werden. Bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern mit ausschließlich mobiler Tätigkeit (siehe oben) besteht nach Informationen der Zollbehörden die Möglichkeit, die Aufzeichnungen im Ausland aufzubewahren. BEREITHALTUNG VON UNTERLAGEN Arbeitgeber mit Sitz im Ausland müssen die für die Prüfung der Einhaltung der Arbeitsbedingungen nach dem MiLoG, dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AentG) und dem, zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG) erforderlichen Unterlagen in Deutschland und in deutscher Sprache gemäß 17 Abs. 2 MiLoG, 19 Abs. 2 AEntG bzw. 17c Abs. 2 AÜG bereithalten (siehe auch Auskunft der deutschen Zollbehörden: http://www.zoll.de/de/fachthemen/arbeit/mindestarbeitsbedingungen/sonstige-pflichten/ sonstige-pflichten_node.html#doc 99742bodyText2).
Es handelt sich um folgende Unterlagen: Arbeitsvertrag, beziehungsweise die Dokumente, aus denen sich die wesentlichen Inhalte des Beschäftigungsverhältnisses ergeben, Arbeitszeitnachweise, die nach Beschäftigungsorten differenzieren müssen, wenn regional unterschiedliche Mindestlöhne in Betracht kommen, Lohnabrechnungen und Nachweise über erfolgte Lohnzahlungen. Arbeitgeber mit Sitz im Ausland können nach 2 Abs. 1 Nr. 3 Mindestlohnmeldeverordnung (MiLoMeldV) die Unterlagen im Heimatland aufbewahren, wenn sie schriftlich versichern, dass sie diese Unterlagen, den Behörden der Zollverwaltung auf Aufforderung in Deutschland in deutscher Sprache zur Verfügung stellen. Mit der Einreichung des Formulars 033037 wird die oben angeführte schriftliche Erklärung geleistet, und somit müssen die nach Deutschland fahrenden LKW-Fahrer keine Unterlagen zum Nachweis der Erfüllung der Mindestlohnvorschriften auf Aufforderung der Zollverwaltung in Deutschland in deutscher Sprache bei sich haben und zur Verfügung stellen. BUßGELDER Wird der Mindestlohn nicht gezahlt, kann neben der zivilrechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers den Mindestlohn nachzuzahlen - dem Arbeitgeber ein Bußgeld in Höhe von bis zu 500.000,- EUR auferlegt werden. Aber auch schon die Verletzung der oben unter Punkt 3 genannten Pflichten wird als Ordnungswidrigkeit geahndet. Bei Verletzung der Anzeige- oder Aufzeichnungspflicht oder der Pflicht zum Bereithalten der Unterlagen kann ein Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000,- EUR auferlegt werden. Wird einem Arbeitgeber ein Bußgelder von über 2.500,- EUR auferlegt, kann dieser darüber hinaus für eine bestimmte Zeit von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. AUFTRAGGEBERHAFTUNG Neben den Arbeitgebern nimmt das MiLoG auch deren Auftraggeber in die Haftung. Gem. 13 Mi- LoG findet die Bestimmung des 14 AentG Anwendung, die eine Durchgriffshaftung des Auftraggebers vorsieht. Da der Auftraggeber nach dieser Bestimmung wie ein Bürge haftet, der auf die Einrede der Vorausklage verzichtet hat, bedeutet dies in der Praxis, dass der Arbeitnehmer, dem der Mindestlohn nicht gezahlt wird, sich mit seiner Forderung auch direkt an den Auftraggeber seines Arbeitgebers (und an dessen Auftraggeber) wenden kann. Die Haftung des Auftraggebers kann nicht ausgeschlossen werden. Da es sich um eine Bürgenhaftung handelt, kann der Auftraggeber jedoch, wenn er in Anspruch genommen wird, Regress gegen seinen Nachunternehmer nehmen.
Neben dieser zivilrechtlichen Haftung sieht 21 Abs. 2 MiLoG auch die Möglichkeit vor, dem Auftraggeber ein Bußgeld aufzuerlegen, sofern er weiß oder fahrlässig nicht weiß, dass sein Nachunternehmer den Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt oder dass dieser wiederum einen Nachunternehmer einsetzt, der den Mindestlohn nicht oder nicht rechtzeitig zahlt. Dies wird immer dann der Fall sein, wenn sich aus der Höhe der Vergütung ergibt, dass die Leistung bei Zahlung des Mindestlohns zu diesem Preis nicht wirtschaftlich sinnvoll erbracht werden kann. Um das Risiko der Auferlegung eines Bußgeldes möglichst zu vermeiden, wird der Auftraggeber daher Angebote jeweils einer Plausibilitätsprüfung unterziehen müssen. Das Bußgeld kann auch in diesem Falle bis zu 500.000,- EUR betragen. ZUSAMMENFASSUNG Das am 1. Januar 2015 in Deutschland in Kraft getretene Mindestlohngesetz birgt für slowakische Arbeitgeber, die Arbeitnehmer in Deutschland beschäftigen, erhebliche Risiken, insbesondere dadurch, dass der Anwendungsbereich sehr weit gefasst ist und auch auf Arbeitnehmer Anwendung findet, die nur vorübergehend in Deutschland eingesetzt werden. Dies betrifft insbesondere Arbeitgeber im Speditions- und Transportgewerbe, wo selbst kürzeste innerdeutsche Streckenabschnitte erfasst werden müssen. Lediglich die Anwendung auf reine Transittransporte ist vorerst ausgesetzt. In Folge der Durchgriffshaftung der Auftraggeber werden auch diese sich mehr dafür interessieren müssen, ob Nachunternehmer ihren Arbeitnehmern den Mindestlohn zahlen. Auch wenn noch nicht klar ist, inwieweit die Kontrollbefugnisse der deutschen Zollbehörden in der Praxis umgesetzt werden, ist dringend zu empfehlen, die Melde-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten einzuhalten. Die Melde-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten, die in deutscher Sprache geführt werden müssen, bedeuten zwar für slowakische Unternehmen einen erheblichen Mehraufwand, deren Nichteinhaltung ist jedoch mit drastischen Folgen verbunden. Dieses Merkblatt wird herausgegeben mit Unterstützung von Rechtsanwalt Achim Jähnke, Dvořák Hager & Partners, advokátní kancelář, s.r.o., Pobřežní 394/12, 186 00 Prag 8. www.dhplegal.com Das vorliegende Merkblatt wurde mit größter Sorgfalt erarbeitet. Dennoch übernehmen Herausgeber und Autoren für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie für mögliche Druckfehler keine Gewähr. Das Merkblatt ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung sowie für das Einspeichern und die Verarbeitung in elektronischen Systemen. Soweit Bezeichnungen nur in geschlechtsspezifischer Form angeführt sind, beziehen sie sich gleichermaßen auf Frauen und Männer.