der Schutzscheiben. Nr. 040 Fachbereich-Informationsblatt an Werkzeugmaschinen der Metallbearbeitung Inhaltsverzeichnis



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Transkript:

Nr. 040 Ausgabe 03/2012 Fachbereich-Informationsblatt Schutzscheiben an Werkzeugmaschinen der Metallbearbeitung Dieses Fachbereich-Informationsblatt richtet sich vorzugsweise an Betreiber als auch an Hersteller von Werkzeugmaschinen. Trennende Schutzeinrichtungen bzw. Schutzumhausungen, um den Arbeitsraum von Werkzeugmaschinen angeordnet, verhindern den Zugriff von außen auf Gefahrstellen. Weiterhin halten sie im Betrieb herausfliegende Späne, Bruchstücke sowie herausspritzende Kühlschmierstoffe zurück. Eine besondere Rolle spielt hierbei die Schutzscheibe, die bei laufender Maschine die Beobachtung des Bearbeitungsprozesses ermöglicht. Um den Anforderungen an eine ausreichende Rückhaltefähigkeit im Gefahrfall zu genügen, besteht der rückhaltende Teil der Schutzscheibe aus dem Kunststoff Polycarbonat, und entspricht damit dem jetzigen Stand der Technik. Er weist bei ausreichender Stärke und sachgerechtem Einbau im Neuzustand ein größeres Rückhaltevermögen auf als die meisten anderen vergleichbaren transparenten Materialien. Im Vergleich zu vereinzelt konkurrierenden Kunststoffen gilt Polycarbonat als anerkanntes Mittel der Wahl. Bild 1: Schutzscheibe in der Schutzumhausung einer Drehmaschine. Im einfachsten Fall besteht die Schutzscheibe aus einem simplen, ungeschützten Stück Polycarbonat. Komplexere Varianten bestehen üblicherweise aus einem Verbund mehrerer Scheiben - auch unterschiedlicher Materialien - die in einen Rahmen eingefasst sind. 1 Auswahlkriterien zur Basisdimensionierung Polycarbonat-Schutzscheiben bilden im Verbund mit feststehender Umhausung des Arbeitsraumes bzw. der Schutztür einen wichtigen Teil der trennenden Schutzeinrichtung einer Werkzeugmaschine. Sie sind daher im Inhaltsverzeichnis 1 Auswahlkriterien zur Basisdimensionierung 2 Probleme an Altmaschinen 3 Versprödung von Schutzscheiben 4 Maschinenbeschaffung 5 Restgefahren für den Bediener 6 Kurzcheck 7 Zusammenfassung und Anwendungsgrenzen Anhang: Bsp. für Auswechselbedarf Sinne der Maschinenrichtline 2006/42/EG [1] als Schutzeinrichtung und Sicherheitsbauteil zu sehen und zu behandeln. Dies bedeutet für die Schutzscheiben neu in Verkehr gebrachter Werkzeugmaschinen, dass sie genügend Rückhaltefähigkeit aufweisen müssen. Dies kann für den jeweiligen Maschinentyp den Anhängen der jeweiligen harmonisierten Produktnorm, entnommen werden. Für Ersatzfenster dieser Maschinen heißt das, dass die Schutzscheibe als Original-Ersatzteil mindestens die gleichen Sicherheitseigenschaften und Rückhaltefähigkeit aufzuweisen hat wie die ursprünglich eingebaute Schutzscheibe. Ist dies nicht der Fall, kann eine wesentliche Änderung der Maschine nicht ausgeschlossen werden. Gesondert in Verkehr gebrachte Ersatz-Schutzscheiben (z.b. nicht durch den Werkzeugmaschinenhersteller) fallen unter den Begriff Sicherheitsbauteil der Maschinenrichtlinie. Auch sie haben mindestens die gleichen oder die besseren Sicherheitseigenschaften und die gleiche Rückhaltefähigkeit aufzuweisen, wie sie für die entsprechende Maschine, in die sie eingebaut werden, notwendig ist. Weitere Notwendigkeiten sind u.a. eigene CE Kennzeichnung und eine eigene Betriebsanleitung mit Hinweisen zu den Besonderheiten dieser Schutzscheibe, z.b. hinsichtlich der: Häufigkeit visueller Inspektionen. Beschreibung der Schädigungen, die die Schutzscheibe unbrauchbar machen. Zeitliche Empfehlungen des Herstellers für den Austausch der Schutzscheiben.

Fachbereich-Informationsblatt Nr. 040 Ausgabe 03/2012 Seite 2 / 5 Empfohlene Reinigungsmethoden und - Mittel. Montagehinweise des Maschinenherstellers zum Einund Ausbau. Wie beschrieben in DIN EN ISO 23125, Pkt. 6.2.1 e). [2]. Daher wird dringend empfohlen, Schutzscheiben direkt über den fachkundigen Maschinen- oder Schutzscheibenhersteller zu beziehen. Die mindestens erforderliche Polycarbonat-Scheibendicke kann aus den Anhängen der jeweiligen harmonisierten Produktnormen des entsprechenden Maschinentyps entnommen werden: DIN EN ISO 23125 Drehmaschinen. In dieser Norm wird auf geschützte Polycarbonatscheiben verwiesen, wenn gegen herausfliegende Teile geschützt werden soll und gleichzeitig die Schutzscheibe versprödenden Einflüssen ausgesetzt ist. Für die nachfolgend genannten Maschinengattungen sind bei versprödenden Einflüssen rundum geschützte Polycarbonatscheiben zumindest überlegenswert. DIN EN 12417 Bearbeitungszentren [3]. DIN EN 13128 Fräs- und Bohr-Fräsmaschinen [4]. DIN EN 13218 ortsfeste Schleifmaschinen [5]. DIN EN 14070 Transfer- und Einzweck- oder Sondermaschinen [6]. Nach Versuchserfahrungen wird eine Befestigung durch Klemmung empfohlen (keine Schraubung durch die Schutzscheibe). Weiterhin muss genügend Überstand der Polycarbonatscheibe (oder des Rahmens) in der Öffnung der trennenden Schutzeinrichtung vorhanden sein. Hinweise auf erforderliche Mindestüberstände bei Scheibenabmessungen von 500 mm x 500 mm gibt BG-Sonderdruck [7]. Aus Versuchen mit mittigem Beschuss wurden folgende Mindestüberstände ermittelt: Mindestens 38 mm Überstand bei 8 mm Scheibendicke bzw. 25 mm Überstand bei 12 mm Dicke und einer Geschossmasse von 2,5 kg (das Sicherheitskonzept für Drehmaschinen nach DIN EN ISO 23125 Punkt 5.13 (kleine) NC-Maschinen). Zusätzliche Angaben macht die DIN EN 13218 mit Nennung von Scheibenüberständen für ortsfeste Schleifmaschinen. Weitere Maße sind der angegebenen Literatur zu entnehmen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass die den Werkzeugmaschinentypen zugrundeliegenden verschiedenen Sicherheitskonzepte zu unterschiedlichen Mindestüberständen führen können. Für ausreichende Sicherheit gegen Durchdrücken der Schutzscheibe als Ganzes durch die Öffnung der Schutzeinrichtung sind eher große Überstände anzustreben. Scheiben, die erheblich größer als die angegebenen 500 x 500 mm sind, benötigen ebenfalls größere Überstände. Im Zweifelsfall sind eigene Nachweise angebracht. Dies kann beispielsweise durch externe Prüfstellen geschehen. Problematisch können Einbauten von besonderen Sichtsystemen in die Schutzscheibe sein, wenn sie mit durch die Schutzscheibe hindurchgehenden Schrauben befestigt sind. Dies schwächt einerseits die Schutzscheibe, zum anderen kann über die Schraublöcher versprödend wirkender Kühlschmierstoff direkt an das Polycarbonat gelangen. 2 Probleme an Altmaschinen Altmaschinen vor Baujahr 1995 müssen den Anhang 1 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV [8]) erfül- len. Das bedeutet, Schutzeinrichtungen gegen herausfliegende Teile müssen vorhanden sein. Damals waren Glasscheiben (Silikat- oder Mineralglas), Plexi- oder Acrylglasscheiben üblich. Sie müssten nach gesicherten Erkenntnissen ein stärkeres Rückhaltevermögen aufweisen, um eine vergleichbare Sicherheit zu bieten wie moderne Polycarbonat-Schutzscheiben an heutigen Neumaschinen. Ungeeignete Scheiben wurden - zumindest teilweise - auch noch nach 1995 verbaut, da es zu der damalig geltenden Maschinenrichtlinie (98/37/EG) noch keine entsprechend harmonisierten Produktnormen mit Hinweisen auf das erforderliche Rückhaltevermögen gab. In Konsequenz zu den genannten Altmaschinen sind für den Betrieb dieser Maschinen ebenfalls die Mindestanforderungen gemäß Anhang 1 der BetrSichV mit geeigneten Schutzeinrichtungen zu erfüllen. Die früher weit verbreiteten - aber letztlich kaum geeigneten - Glas-, Plexi- oder Acrylglasscheiben entsprachen dem damaligen Stand der Technik. Daher muss dieser Aspekt in die Beurteilung der Arbeitsmittel einbezogen werden, wie sie nach ArbSchG [9] und BetrSichV gefordert ist, um letztlich sichere Benutzung zu gewährleisten. Zur Risikominderung besteht bekannterweise die Möglichkeit, die Maschine drehzahlreduziert zu betreiben. Es empfiehlt sich hierbei Drehzahlen über technische Mittel zu begrenzen. Eine Alternative ist die Maschine mit Polycarbonat-Schutzscheiben neuester Bauart auszustatten, genügend steife Schutzumhausung und Schutztür vorausgesetzt, die in die Beurteilung einzubeziehen sind. Ein Austausch nur mit Original Glas, Plexi- oder Acrylglas als Ersatz-Schutzscheiben gaukelt trügerische Sicherheit vor und sollte vermieden werden. 3 Versprödung von Schutzscheiben Polycarbonat als rückhaltende Komponente moderner Schutzscheiben ist empfindlich gegen Kühlschmierstoffe und kann unter deren Einfluss verspröden sowie unter dem Einfluss ungeeigneter Reinigungsmittel (Bremsenreiniger, toluolhaltig) und Chemikalien z.b. Aceton angegriffen werden. Diese Versprödung - üblicherweise nicht sichtbar - kann eine drastisch verringerte Rückhaltefähigkeit bedeuten, wie Unfälle auch beweisen. Häufig garantiert der Schutzscheibenhersteller für seine unbeschädigte Scheibe die Rückhaltefähigkeit über einen gewissen Zeitraum. Zusammen mit einem auf der Scheibe angegebenen Herstelldatum (vgl. Bild 2) ergibt dies ein Haltbarkeitsdatum der Schutzscheibe. Ein Betrieb über dieses Haltbarkeitsdatum hinaus kann trügerische Sicherheit vortäuschen. Fehlen diese Informationen, sind sie aus der Betriebsanleitung oder direkt über den Maschinen bzw. Schutzscheibenhersteller zu beschaffen. Sind auch hierüber keine Informationen beschaffbar, so kann als Anhaltswert unter Bezug auf DIN EN 13218 eine Austauschfrist von spätestens 2 Jahren für die ungeschützte Scheibe angegeben werden. Geschädigte Schutzscheiben z.b. durch Risse, Kratzer, sichtbar eingedrungene Kühlschmierstoffe oder durch ungeeignete Reinigungsmittel, sollten unverzüglich ausgetauscht werden, da hierbei schnell eintretende oder schon vorhandene Versprödung wahrscheinlich ist. Beispielhaft sind im Anhang beschädigte und zum Austausch bestimmte Schutzscheiben dargestellt. Angemerkt sei, dass bei unsachgemäßem Betrieb der Schutzscheiben, z.b. über das Haltbarkeitsdatum hinaus

Fachbereich-Informationsblatt Nr. 040 Ausgabe 03/2012 Seite 3 / 5 oder bei Weiterbetrieb mit geschädigter Scheibe, eine mögliche Haftung vom Hersteller auf den Betreiber übergehen kann (bei nicht rechtzeitigem Austausch). Schutzumhausung oder Schutzscheibe durchschlagen wird. Dies gehört zu den Restgefahren, über die der Bediener unterwiesen und sich selbst ständig im Klaren sein muss, vgl. auch DIN EN ISO 23125 Pkt. 5.13.1 h). 6 Kurzcheck Kritisches Nachfragen beim Maschinenkauf: Sicherheitskonzept durch Händler / Hersteller darlegen lassen geeignetes Material - z.b. Schutzscheibe aus Polycarbonat. Nenndicke passend zum Sicherheitskonzept der Maschine (z.b nach Produktnorm). Überstände ausreichend groß? Gibt es (freiwillige) Nachweise zur Rückhaltefähigkeit? Ist Schutzscheibe neuwertig oder ist beginnende Alterung der Schutzscheibe rückwirkend durch vorausgegangenen Betrieb zu erwarten. Bild 2: Beispiel für Baujahrangabe (Einsatzdauer hier t = 8 Jahre) 4 Maschinenbeschaffung Je nach Konstruktion und Aufbau der Schutzscheibe variiert deren Lebensdauer, für die der Hersteller garantiert. Bei häufigem, notwendigem Wechsel durch den Betreiber - insbesondere bei ungeschützten Polycarbonatscheiben - stellt dies einen nicht unerheblichen Betriebskostenfaktor der Maschine dar. Daher wird empfohlen, dies in die Kaufkriterien einer Neumaschine mit aufzunehmen, um sich vor späteren kostspieligen Überraschungen zu schützen, die zum Aufrechterhalten der Maschinensicherheit notwendig sind. Beim Kauf von Maschinen ist ein wichtiger Aspekt, ob die Schutzscheiben vorher Kühlschmierstoffen ausgesetzt waren. Bei neuwertigen Maschinen beim Händler kann das ein vorausgegangener Probebetrieb sein; bei Gebrauchtmaschinen der übliche Einsatz in der Fertigung. Hierbei ist zu beachten, dass bis zum Ablauf des Haltbarkeitsdatums der Schutzscheiben nur noch eine verkürzte Zeitspanne bis zum notwendigen Scheibenwechsel zur Verfügung steht. 5 Restgefahren für den Bediener Insbesondere beim Einstellen von CNC-Maschinen oder beim Anfahren von Werkstücken in der Produktion wird häufig mit dem Gesicht sehr dicht an die Schutzscheibe herangetreten, um guten Einblick auf den Spanprozess zu haben. Kommt es in diesem Augenblick zum Auswurf von größeren Bruchstücken, beult die intakte Schutzscheibe aus (spröde Schutzscheiben brechen) und schlägt bei zu kleinem Abstand ins Gesicht. Daher sollte der Bediener außerhalb der wahrscheinlichen Flugzone von Bruchstücken stehen und mit seinem Gesicht genügend Abstand zur Scheibenoberfläche wahren. Noch schlimmer ist der Fall, wenn es zum Auswurf vom Werkstück kommt. Die Umhausung der Maschine - einschließlich der Schutzscheibe - bietet nur einen relativen Schutz. Das heißt, ihre Rückhaltefähigkeit ist auf bestimmte Auftreffenergien begrenzt und sie garantiert keinen Komplettschutz für alle Fälle. Unter Umständen können ausgeworfene Bruch- und Werkstücke so viel Energie besitzen oder aufnehmen, dass selbst eine korrekt dimensionierte und sich in einwandfreiem Zustand befindliche Im späteren Betrieb: Unterweisung der Bediener hinsichtlich sicheren Beobachtungsstandorts. Verwendung zulässiger Reinigungsmittel und Reinigungsutensilien. Regelmäßige Prüfung der Schutzscheibe nach Gefährdungsbeurteilung gemäß ArbSchG und BetrSichV auf Schäden und verbleibende Zeit bis zur Austauschfrist. 7 Zusammenfassung und Anwendungsgrenzen Das vorliegende Informationsblatt soll zur Orientierung dienen hinsichtlich den Besonderheiten und speziellen Gefahrenpotentialen, die sich bei Schutzscheiben an Werkzeugmaschinen in der Praxis ergeben können. Die im Anhang angegebenen Beispiele weisen darauf hin, bei welchen sichtbaren Schäden Schutzscheiben für Werkzeugmaschinen auszutauschen sind. Neben Bezügen zur Maschinenrichtlinie 2006/42/EG [1], sind auch Bezüge zur Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) [2], die auf der EU-Richtlinie 89/655/EWG [3] basiert sowie zum Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) [4], basierend auf der EU-Richtline 89/391/EWG [5] aufgeführt. Relevante Anforderungen aus EG-Richtlinien, nationalem Recht und sonstigen Regeln der Technik bleiben unberührt. Neue Erkenntnisse werden durch dieses Informationsblatt nicht behindert. Um vollständige Informationen zu erhalten, ist es erforderlich, die in Frage kommenden Vorschriftentexte einzusehen. Der Fachbereich Holz und Metall setzt sich u. a. zusammen aus Vertretern der Unfallversicherungsträger, Staatlichen Stellen, Sozialpartner, Herstellern von Maschinen sowie Betreibern. Dieses Informationsblatt beruht auf dem durch den Fachbereich zusammengeführten Erfahrungswissen auf dem Gebiet der trennenden Schutzeinrichtungen und insbesondere den Schutzscheiben an Werkzeugmaschinen. Dieses Fachbereich-Informationsblatt wurde vom Fachbereich Holz und Metall, Sachgebiet Maschinen, Anlagen, Fertigungsautomation und -gestaltung erstellt. Dieses Fachbereich-Informationsblatt ersetzt die gleichnamige Fassung des Fachausschuss-Informationsblatt Ausgabe

Fachbereich-Informationsblatt Nr. 040 Ausgabe 03/2012 Seite 4 / 5 07/2010. Weitere Informationsblätter vom Fachbereich Holz und Metall stehen im Internet zum Herunterladen bereit [10]. Zu den Zielen der Fachbereich-Informationsblätter siehe Fachbereich-Informationsblatt Nr. 001. Literatur: [1] Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Maschinen und zur Änderung der Richtlinie 95/16/EG, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 09.06.2006 Nr. L157/25. [2] DIN EN ISO 23125 Sicherheit von Werkzeugmaschinen - Drehmaschinen, Ausgabe Oktober 2010, Beuth Verlag. [3] DIN EN 12417 Sicherheit von Werkzeugmaschinen Bearbeitungszentren, Ausgabe Juli 2007, Beuth Verlag. [4] DIN EN 13128 Sicherheit von Werkzeugmaschinen Fräs- und Bohr- Fräsmaschinen, Ausgabe September 2009, Beuth Verlag. [5] DIN EN 13218 Werkzeugmaschinen - Sicherheit - ortsfeste Schleifmaschinen, Ausgabe Oktober 2008, Beuth Verlag. [6] DIN EN 14070: Sicherheit von Werkzeugmaschinen - Transfer- und Einzweck- oder Sondermaschinen, Ausgabe 2004-01, Beuth Verlag. [7] Mewes, Trapp, Wahrlich: Trennende Schutzeinrichtungen an spanenden Werkzeugmaschinen. Sonderdruck für die VMBG, Vereinigung der Metallberufsgenossenschaften, 2005, ecomed Sicherheit, Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH. [8] Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die Organisation des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheitsverordnung - BetrSichV) vom 27. September 2002 (BGBl. I S. 3777) zuletzt geändert durch Artikel 8 der Verordnung vom 18. Dezember 2008 (BGBl. I, Nr. 62, S. 2768) in Kraft getreten am 29. Dezember 2009. [9] Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG)*). Vom 07. August 1996 (BGBl. I S. 1246) zuletzt geändert durch Artikel 15 Abs. 89 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I, Nr. 7, S. 160) in Kraft getreten am 12. Februar 2009 [10] Internet: www.bghm.de [11] VDW Merkblatt (überarbeitete Version), Alterungsaspekte von Polycarbonat-Sichtscheiben an Werkzeugmaschinen, Ausgabe 15.6.2005. Bildnachweis: Die im Fachbereich-Informationsblatt gezeigten Bilder wurden freundlicherweise zur Verfügung gestellt von: Bild 1, 2, A1, A2, A3, A4, A5, A6: Fachausschuss Maschinenbau, Fertigungssysteme, Stahlbau Herausgeber: Fachbereich Holz und Metall der DGUV Sachgebiet Maschinen, Anlagen, Fertigungsautomation und -gestaltung Postfach 37 80 55027 Mainz

Fachausschuss-Informationsblatt Nr. 040 Ausgabe 03/2012 Seite 5 / 5 Schutzscheiben an Werkzeugmaschinen der Metallverarbeitung Anhang: Beispiele für sichtbare Schäden an Schutzscheiben - Auswechselbedarf Bild A1 Bild A2 Bild A3 Bild A1 - A4: Bild A4 Kühlschmierstoff gelangt wegen Undichtigkeit (Loch) zwischen Einzelscheiben auf rückhaltewirksame Polycarbonatscheibe Bild A5: Durch Kühlschmierstoff gequollene Scheibenabdichtung. Die seitliche Dichtigkeit zu den Polycarbonat-Scheibenkanten ist nicht mehr gegeben (gilt auch für rissige Scheibenabdichtungen). Bild A6: Vom Scheibenrand ausgehende Risse in versprödeter Polycarbonatscheibe Weitere Kriterien für Auswechselbedarf [11]: Plastische Verformung der Schutzscheibe (Beulung) durch vorausgegangenen Aufprall. Zerstörte oder beschädigte Schutzscheibe (Folie) auf der Arbeitsraum- oder Bedienerseite.