Fakultät für Betriebswirtschaft Munich School of Management Erfahrungsbericht: Finanzierung von Forschungsprojekten durch BMBF Vortrag im Rahmen der VHB-Arbeitstagung zur Forschungsförderung Prof. Dr. Thomas Hess Institut für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien www.wim.bwl.lmu.de Mannheim, 5. März 2015
Überblick Hintergründe Beispiel 1: das Internet Business Cluster Beispiel 2: das Projekt Deutsche Software Champions Schlussfolgerungen 1
Warum überhaupt Drittmittel? Drei einfache Gedanken Offensichtlich: zusätzliche Themen können bearbeitet werden Teilweise auch: Einwerbung von Drittmittel als Indikator für Leistung in der Forschung (aber durchaus umstritten) Und leider auch: Kompensation für den Wegfall von Erst- und Zweitmitteln Nicht zu vernachlässigen: Aufwand für Mittelgewinnung und für die Bewirtschaftung der Mittel, ggf. Einschränkung in der Themensetzung etc. 2
Welche Quellen für Drittmittel existieren überhaupt? DFG Stiftungen EU Ministerien Unternehmen Zentrale Förderorganisation für Forschung in DL Finanzierung von grundlagenorientierten Forschungsvorhaben an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen Selbstverwaltungsorgan der Wissenschaft Ca. 2 Mrd. Fördersumme pro Jahr Volkswagenstiftung Fritz Thyssen Stiftung Robert Bosch Stiftung Förderung grenzüberschreitender Zusammenarbeit Vernetzung und Integration der Forschungsinfrastrukturen der Mitgliedsstaaten Stärkere Zusammenarbeit zwischen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen 7. Forschungsrahmenprogramm (07-13): 53 Mrd. Z.B. Stärkung der Innovationsstärke mittelständischer Betriebe Konzentration auf 17 Zukunftsfelder bzw. Hightech Sektoren Gut 4 Mrd. Förderung 2005-2007 Typischerweise größere Unternehmen Gelegentlich im Verbund Volumen statistisch nicht erfasst Fokus dieses Vortrags 3
... und welche werden (in der BWL) genutzt? Drittmitteleinnahmen der Hochschulen nach Mittelgebern (2006) Drittmittelgeber im Fach BWL in Deutschland (2007-2009) 4
Wie sehen Förderformate von BMBF aus? Typische Formate für die Förderung durch Unternehmen Auftragsforschung Stipendienprogramme Promotionsprogramme Standard-Formate für die Förderung durch BMBF Einzelförderung von Forschungsvorhaben oder Forschungsverbünden Gemeinschaftsprojekte mit Industrie Sonderprojekte für Strukturmaßnahmen Exzellenzcluster zur Förderung von Spitzenforschung im Rahmen der Exzellenzinitiative Zukunftsprojekte zum projektbezogenen Ausbau von exzellenten Universitäten 5
Zwei ausgewählte Beispiele Internet Business Cluster (IBC) Deutsche Software Champions (DESC) Gründung 2011 als Public-Private-Partnership (heute e.v.) aus Zwei Instituten der LMU München und später auch einem Institut der Universität Regensburg Münchener Medien- und Internetunternehmen Zielsetzung: Digitalstandort München stärken http://ibc-muenchen.com/ Wissenschaftskooperation zwischen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Zwei Instituten der LMU München Center for Digital Technology and Management (LMU München/TU München) Zielsetzung: Wissenschaftlich fundierte Empfehlungen für Politik entwickeln http://www.deutsche-software-champions.de/ 6
Überblick Hintergründe Beispiel 1: das Internet Business Cluster Beispiel 2: das Projekt Deutsche Software Champions Schlussfolgerungen 7
Die Idee eines Internet Business Clusters Ausgangslage Neue digitale Technologien haben weite Bereiche der Wirtschaft nachhaltig verändert. Branchen wie die Medienindustrie werden nicht nur peripher, sondern in ihrem Kerngeschäft beeinflusst Idee: Gründung eines Clusters, das sich mit Fragestellung zu digitalen Geschäftsmodellen und dem Consumer Internet befasst Gewählter Ansatz Drei Universitätsinstitute und vier Medien- und Internetkonzerne mit Sitz in der Reegion München Prof. Hess Prof. Spann Prof. Dowling Mittel- bis langfristiger Fokus, bisher: Phase 1: 2011-2013 Phase 2: 2013-2016 Phase`3:? 8
Die drei Säulen des IBC Forschungsprojekte zu ausgewählten Fragen der Internetwirtschaft mit praktischer Relevanz Förderung und Entwicklung von Studierenden und Absolventen für die Internetwirtschaft Standortförderung durch Dialog zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit Förderung praxisnaher Forschungsprojekte der Medienund Internetwirtschaft Schwerpunkt auf digitalen Geschäftsmodellen Aktuelle und praxisrelevante Fragestellungen im Fokus Einblicke in praktische Fragen über Vorlesungsbesuche und Projektkurse Konsolidierung der Nachfrage Stärkung des Dialogs zwischen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und der weiteren Öffentlichkeit Stärkere Vernetzung des gesamten digitalen Ökosystems 9
Säule 1: Forschungsförderung Beispiele Promotionsprojekte Publikationen (Auswahl) Phase 1 bereits abgeschlossene Projekte Fremium - Ausgestaltung und Einsatzmöglichkeiten des Freemium-Modells Social selection die Aggregation von Inhalten in sozialen Medien Phase 2 laufende Projekte Kundenbindung bei Internet-Anbietern Digitale Services zur Kernangebotserweiterung Innovations- und Entwicklungsprozess digitaler Dienstleistungen zur Kernprodukterweiterung Refinanzierung von Medieninhalten die Konvergenz von Content und Commerces Monetarisierung von Connected TV Erfolgsfaktoren von Werbung auf dem Second Screen Wagner, C.; Benlian, A.; Hess, T. (forthcoming) Converting freemium customers from free to premium The role of the perceived premium fit in the case of music as a service wird erscheinen in: Electronic Markets Horlacher, A.; Hess, T. (2014) Der Chief Digital Officer erschienen in: MedienWirtschaft,Vol. 10, No. 3, pp. 32-35 Wagner, T.; Hess, T. (2013) What Drives Users to Pay for Freemium Services? Examining People s Willingness to Pay for Music Services erschienen in: Proceedings of the 19th Americas Conference of Infor-mation Systems (AMCIS 2013), Chicago, Illinois, USA Wagner, T.; Hess, T.; Benlian, A. (2012) The Role of Product Involvement in Digital and Physical Reading A comparative Study of Customer Reviews of ebooks vs. Printed Books erschienen in: Proceedings of the 20th European Conference on Information Systems (ECIS), Barcelona, Spain, 2012 10
Säule 2: Talentförderung Beispiele Einbindung IBC-Unternehmen in MSc- Projektkurse Gemeinsame Veranstaltungen die IBC 24h DIGITAL CHALLENGE IBC-Unternehmen geben Aufgabenstellung vor Studierende erarbeiten Lösungsvorschlag für praktisches Problem mit Hilfe von wissenschaftlich abgesichertem Wissen Ablauf Auftakt Zwischenpräsentation Abschlusspräsentation Phase I Scope & Kick Off Phase II Feedback Phase III Ergebnisse Aktivitäten Konkretisierung der Aufgabenstellung Definieren des Projektumfanges Definieren der Erfolgsgrößen Q&A Ergebnisse Klar definierter Projektumfang Klar definierte Erfolgsgrößen Aktivitäten Ansatzwahl Zwischenpräsentatio n der Studenten Feedback seitens des Unternehmens Evtl. Nachdefinieren des Projektumfanges/ Schwerpunktsetzung Ergebnisse ca. 1,0 Std. Präsentation Klar definierte Erfolgsgrößen für die Endpräsentation Aktivitäten Anwendung des Ansatzes Abschlusspräsentation der Studenten Evaluation durch das Unternehmen Ergebnisse ca. 1,0 Std. Präsentation Wissenschaftlich fundierte Entscheidungsgrundlage Handlungsempfehlung Was: Warum: Wer: Bearbeitung einer Fallstudie zu einem Thema der Internetwirtschaft Präsentation der Ergebnisse vor Top-Managern der IBC-Unternehmen Gewinne ein Mentoring-Programm bei einem Top-Manager Master-Studierende/ Doktoranden Anfang Semester ca. 1/2 Semester Ende Semester 11
Säule 3: Standortförderung Beispiele DLD Campus Public Lectures Bayern Digital Mitarbeit im Bayerischen Digitalisierungsbeirat 1x-2x pro Jahr im Rahmen der DLD Konferenz Vergangene DLD Campus Public Lectures 2014: Public Lecture mit Jan Koum, CEO und Co-Founder von WhatsApp 2013: Public Lecture mit Peter Thiel, Facebook-Investor und Paypal- Mitgründer Seit Juli 2014 Mitarbeit im Digitalisierungs-beirat aus Vertretern der bayerischen Industrie und Wissenschaft zur Bewertung und Weiter-entwicklung des Gesamt-konzepts von Bayern Digital 12
Governance-Mechanismus des IBC Managementebene IBC Steuerungskreis (ca. 3x pro Jahr) IBC-Vorstand Geschäftsführer/ Vorstände der IBC-Unternehmen Institutsleiter Prof. Thomas Hess Institutsleiter Dr. Jörg Lübcke Geschäftsführer Operative Ebene Unternehmensentwickler-Kreis Human Resource- Kreis Public Relations- Kreis Inhaltliche Arbeit am IBC in drei Bereichen: Unternehmensentwicklung (Diskussion inhaltlicher Themen, Organisation von Workshops), HR (u.a. Vermittlung von Praktika, übergreifende Veranstaltungen) und PR (u.a. Internetauftritt IBC, Berichterstattung über das IBC) Institute arbeiten in den Kreisen mit 13
Der IBC e.v. als Plattform ab Phase 2 WISSENSCHAFT WIRTSCHAFT Prof. Hess Finanzielle Förderung Finanzielle Mittel Prof. Spann Prof. Dowling Zeit von Prof. und wiss. Mitarbeitern e.v. Zeit auf Managementund Fachebene 14
Was ist das IBC (nicht)? Das IBC ist keine Projektauftragsforschung ist gleichwohl aber an den Interessen beider Seiten (Unternehmen und Institute) ausgerichtet ist kein singuläres Projekt sondern eher eine Plattform funktioniert nur mit Wissenschaftlern mit Praxisverständnis sowie Praktikern mit Wissenschaftsaffinität hat eine gewisse Anlaufphase benötigt 15
Überblick Hintergründe Beispiel 1: das Internet Business Cluster Beispiel 2: das Projekt Deutsche Software Champions Schlussfolgerungen 16
Entstehung des Projekts DESC Ausgangslage Informations- und Kommunikationstechnologien als Innovationsmotor der deutschen Wirtschaft Die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands wird entscheidend von softwarebasierten Unternehmen geprägt, sowohl auf der Anbieter-Seite als auch auf der Anwender-Seite Deutsche softwarebasierte Unternehmen spielen nur selten eine führende Rolle Diese Entwicklung ist besorgniserregend und führt zur Frage nach maßgeblichen Gründen Beteiligte Institute Forschungsstelle für Information, Organisation und Management (LMU München) Institut für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien (LMU München) Center for Digital Technology and Management (LMU München / TU München) Projektteam Prof. Dr. Dres. h.c. Picot, Prof. Dr. Hess, Dr. Benlian, Dr. Neuburger, Dr. Hörndlein, Dr. Werbik, N. Kaltenecker, M. Schreiner, C. Jablonka 17
Struktur des Projekts DESC Ziel Wissenschaftlich fundiertes Problemverständnis über Wachstums- und Internationalisierungschancen, -Hindernisse und -Strategien Ausarbeitung von Ergebnissen und Ableitung von Handlungsempfehlungen Phase 1: 2011 Phase 2: 2012 & 2013 Analyse der Rahmenbedingungen und Erfolgsfaktoren in Deutschland 75 Experteninterviews Darauf aufbauende empirische Erhebung Deutsche SW-Unternehmen, Response Rate: 11%, N=1.050 Erarbeitung von Handlungsempfehlungen Durchführung von 40 Fallstudien (national & international) - davon 25 vertieft Vertiefende Untersuchungen und Analyse von Erfolgsmodellen Definition Softwareunternehmen Klassische SW-Unternehmen, Internet-Plattformbetreiber und Anbieter von Embedded Systems. Quelle: Deutsche Software Champions: Bestandsaufnahme, Stellschrauben, Perspektiven Auf der Suche nach einem deutschen Ansatz (Picot, Hess 2013) 18
Phase 1: Beispiel für ein Ergebnis Factors with significant impact 1 Product development 2011 focused on the international market Perception of the domestic market as being attractive enough Use of the brand Made in Germany 0.391*** -0.216**** 0.139*** Company s degree of internationalization² Factors without significant impact 1 x Shortage of capital x Shortage of skilled labor x Company s location in a software-cluster region x Focus on technically perfect software products -0.099 ns -0.056 ns -0.056 ns -0.005 ns * p < 0.05 ** p < 0.01 *** p < 0.001 (n.s.) not significant 1 linear regression listwise deletion n = 249 R² = 0.333 F = 18.762*** ² proportional foreign sales Quelle: On the Success of Software Companies Internationalization: The Case of Germany (Hess, Schreiner 2013) 19
Phase 2: Beispiel für ein Ergebnis Strategie 2012 Fachkräfte Cluster Finanzierung Kunden Kultur Typisches Zielsegment Quelle: Deutsche Softwareindustrie: Wachstum durch Internationalisierung (Picot, Hess 2012) 20
Wichtige Aktivitäten (1/2) Organisation von Veranstaltungen Endergebnispräsentation am Parlamentarischen Abend in Berlin (05.06.2013) Vortrag im Rahmen des Alumni-Dialogs an der LMU München (26.11.2012) Expertenworkshop des Bundesverbandes IT-Mittelstand e.v. (BITMi) (18.09.2012) Munich Networks Lunchbriefing (21.03.2012) Paneldiskussion im Rahmen der MKWI 2012 (01.03.2012) Mitarbeit bei den IT-Gipfeln der Bundesregierung Jahr 2012: Siebter Gipfel Essen Vorstellung der ersten Ergebnisse aus Phase II im Vorfeld des IT-Gipfels 2012 (12.11.2012) Jahr 2011: Sechster Gipfel München Paneldiskussion im Vorfeld des IT-Gipfels 2011 (05.12.2011) 21
Wichtige Aktivitäten (2/2) Ausgewählte wissenschaftliche Artikel Hörndlein, C. (2013) When is it Better to Have No Role Models? Evidence from the Internationalization of Companies in the German Software Industry erschienen in: Proceedings of the 2013 International Conference on Information Systems (ICIS 2013), Mailand, Italien Hörndlein, C.; Schreiner, M.; Benlian, A.; Hess, T.; Picot, A. (2012) Is Perceived Domestic Market Attractiveness a Growth Impediment? Evidence from the German Software Industry erschienen in: Proceedings of the third International Conference on Software Business, ICSOB 2012, Cambridge, MA, USA (Lecture Notes in Business Information Processing) Ausgewählte Transfer-Publikationen Picot, A., Hess, T., Hörndlein, C., Jablonka, C., Neuburger, R., Werbik, A. (2013): Software goes international? Chancen und Barrieren der deutschen Softwareindustrie. IM - Fachzeitschrift für Information, Management und Consulting. 01/2013. S. 24 31 Picot, A., Hess, T., Hörndlein, C., Kaltenecker, N., Jablonka, C., Schreiner, M., Werbik, A., Benlian, A., Neuburger, R., Gold, B.(2015): The Internationalization of German Software-based Companies. Springer 22
Was ist DESC (nicht)? Das vom BMBF geförderte Projekt Deutsche Software Champions ist keine Auftragsforschung ist gleichwohl aber klar an einer wirtschaftspolitischen Zielsetzung ausgerichtet erfordert Engagement über das originäre wissenschaftliche Projekt hinaus 23
Überblick Hintergründe Beispiel 1: das Internet Business Cluster Beispiel 2: das Projekt Deutsche Software Champions Schlussfolgerungen 24
Einordnung der beiden Projekte IBC DESC DFG-Einzelprojekt/ Forschungsgruppe Zielsetzung Potential der Zusammenarbeit von Unternehmen und Wissenschaft heben Lösungen für ein konkretes Problem erarbeiten und verbreiten Wissenschaft fördern Entscheidung über Mittel IBC e.v. BMBF, ggf. unterstützt durch Experten als Auftraggeber Andere Wissenschaftler Unabhängigkeit der Forschung gegeben gegeben gegeben Förderperiode Pro Unternehmen und Phase 2-3 Jahre 2,5 Jahre Typischerweise 3 Jahre Aufwand für Management und Admin. Nicht zu vernachlässigen Analog DFG-Projekte Eher gering 25
Erfahrungen aus diesen beiden und aus anderen Projekten Bei Förderformaten jenseits der DFG muss man sich den Zielen Dritter anpassen, hat aber weiterhin alle Freiheiten in der Durchführung Erwartet werden Aktivitäten über das eigentliche wissenschaftliche Projekt hinaus Zu kleine Projekte sind unsichtbar, sowohl in Ministerien als auch in Unternehmen 26
VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT 27