Das Geld- und Kreditschöpfungspotential von Bankensystemen



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Transkript:

Das Geld- und Kreditschöpfungspotential von Bankensystemen Der Einfachheit halber betrachten wir zunächst ein Geschäftsbankensystem bei ausschließlich bargeldlosem Zahlungsverkehr. Die Nichtbanken zahlen ausschließlich bargeldlos. Sie halten ihre Sichteinlagen ausschließlich bei Geschäftsbanken (d.h. keine Guthaben bei der Zentralbank) Die Geschäftsbanken halten Reserven in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Sichteinlagen der Nichtbanken. Da wir an dieser Stelle der Einfachheit halber unterstellen, daßder gesamte Zahlungsverkehr bargeldlos erfolgt, bestehen diese Reserven ausschließlich aus Guthaben bei der Zentralbank.

Wenn ein ein Geldsystem mit obligatorischer Mindestreservehaltung vorliegt, unterstellen wir, daßder tatsächliche Reservesatz mit dem Mindestreservesatz übereinstimmt, d.h. die Geschäftsbanken keine Überschußreserven halten. Handelt es sich um ein Geldsystem ohne obligatorische Mindestreserven, so unterstellen wir, daßdie Geschäftsbanken aus Gründen der Vorsicht freiwillig Reserven in einem festen Verhältnis zu den Sichteinlagen der Nichtbanken halten. Wir abstrahieren zunächst von der Möglichkeit, daßsich der Geschäftsbankensektor Reserven durch Verschuldung bei der Zentralbank bescha en kann, d.h. wir vernachlässigen von der Zentralbank geborgte Reserven (borrowed reserves) und betrachten lediglich ungeborgte Reserven (unborrowed reserves). Warum gibt es in dieser vereinfachten Modellwelt eine Begrenzung der Kreditgewährungsmöglichkeiten? Die Antwort besteht aus den folgenden Komponenten:

Der Geschäftsbankensektor verfügt nur über einen bestimmten Bestand an Zentralbankgeld. Er kann nur dann zusätzliche Kredite vergeben, wenn er über Überschußreserven verfügt, d.h. die tatsächlichen Reserven die Höhe der obligatorischen Mindestreserven übersteigt. Im Rahmen des Kreditschöpfungsprozesses kommt es zur Geldschöpfung in Form einer Erhöhung der Sichteinlagen der Nichtbanken bei den Geschäftsbanken. Der Erhöhung des Volumens an Sichteinlagen entspricht bei einem unveränderten Mindestreservesatz eine Erhöhung der obligatorischen Mindestreserven. Mit anderen Worten bedeutet dies, daßüberschußreserven in Mindestreserven umgewandelt werden und nicht mehr für die Kreditvergabe zur Verfügung stehen. Wenn keine Überschußreserven mehr vorhanden sind, d.h. alle Reserven zu obligatorischen Mindestreserven geworden sind, kann das Bankensystem in seiner Gesamtheit das Kreditvolumen nicht mehr ausweiten.

Illustration Ausgangspunkt aller Darstellungen des Kredit- und Geldschöpfungsprozesses ist, daß der Bankensektor in den Besitz von zusätzlichen Reserven gelangt. Unterstellen wir z.b., daßdie Zentralbank im Rahmen einer expansiven O enmarktoperation (open market operation) Staatsanleihen (government bonds) im Wert von 100 Mio. GE ankauft und mit Zentralbankgeld bezahlt. Um die folgende Darstellung so einfach wie möglich zu halten, unterstellen wir weiters, daßsich die von der Zentralbank angekauften Staatsanleihen bisher im Portefeuille der Bank A befunden haben.

Aktiva und der Zentralbank und der Geschäftsbank A verändern sich folgendermaßen: Aktiva (Assets) Bilanz der Zentralbank (Liabilities) Staatsanleihen Reserven der (government bonds) +100 Mio Geschäftsbanken +100 Mio Aktiva Bilanz der Geschäftsbank A Reserven (in Form von Guthaben bei der Zentralbank) Staatsanleihen +100 Mio 100 Mio

Im nächsten Schritt unterstellen wir, daßdie Bank A die durch den Verkauf von Staatsanleihen an die Zentralbank erworbenen Überschußreserven ausschließlich zur Kreditvergabe verwenden möchte. Der maximale Kreditbetrag, den die Bank A im ungünstigsten Fall (d.h. bei Überweisung des gesamten von ihr gewährten Kreditbetrages auf Zentralbankkonten anderer Geschäftsbanken) zusätzlich vergeben kann, ist durch die Überschußreserve in Höhe von 100 Millionen bestimmt. Wir unterstellen nun, daß die Geschäftsbank A Kredite im Ausmaßvon 100 Mio GE an Nichtbanken vergibt, die Nichtbanken den gesamten Kreditbetrag für den Kauf von Gütern verwenden, und alle Verkäufer der Güter ihr Konto nicht bei der Bank A, sondern bei der Bank B haben.

Wenn die Bank A Kredite vergibt und den Kreditnehmern den entsprechenden Betrag auf deren Girokonten gutschreibt, hat dies die folgenden Auswirkungen auf ihre Bilanz: Aktiva Bilanz der Geschäftsbank A Kredite Sichteinlagen (loans) +100 Mio (demand deposits) +100 Mio Wenn nun die Kreditnehmer den gesamten Kredit für den Kauf von Gütern verwenden, die Produzenten ihre Konten bei der Bank B haben und der Mindestrerservesatz der Einfachheit halber 10% beträgt, so hat dies die folgenden Auswirkungen auf die Bilanzen der Banken A und B:

Aktiva Bilanz der Geschäftsbank A Reserven 100 Mio Sichteinlagen 100 Mio (demand deposits) Aktiva Bilanz der Geschäftsbank B Mindestreserven Sichteinlagen +100 Mio (required reserves) +10 Mio Überschußreserven (excess reserves) +90 Mio

Beachten Sie, daßzentralbankgeld in Höhe von 100 Mio GE den Besitzer wechselt. Die Bank A überweist den Betrag von 100 Mio GE von ihrem Konto bei der Zentralbank auf das Zentralbankkonto der Bank B. Die Bank B schreibt den Betrag von 100 Mio GE den Güterverkäufern auf deren Girokonten gut. Da die Sichteinlagen bei der Bank B um 100 Mio. GE gestiegen sind, und der Mindestreservesatz annahmegemäß10% beträgt, mußdie Bank B zusätzliche Mindestreserven in Höhe von 10 Mio GE halten. Ihre Überschußreserven nehmen daher nur um 90 Mio GE zu. Diesen Betrag kann sie nun ihrerseits für die Kreditvergabe verwenden.

Wir unterstellen nun, daß die Geschäftsbank B Kredite im Ausmaßvon 90 Mio GE an Nichtbanken vergibt, die Nichtbanken den gesamten Kreditbetrag für den Kauf von Gütern verwenden, und alle Verkäufer der Güter ihr Konto weder bei der Bank A, noch bei der Bank B, sondern bei der Bank C haben. Die Kreditvergabe durch die Bank B hat zunächst die folgenden Auswirkungen auf ihre Bilanz: Aktiva Bilanz der Geschäftsbank B Kredite +90 Mio Sichteinlagen +90 Mio

Die Überweisung des gesamten Kreditbetrags auf die bei der Bank C be ndlichen Girokonten der Güterverkäufer hat die folgenden Auswirkungen auf die Bilanzen der Geschäftsbanken B und C: Aktiva Bilanz der Geschäftsbank B Reserven 90 Mio Sichteinlagen 90 Mio Aktiva Bilanz der Geschäftsbank C Mindestreserven +9 Mio Sichteinlagen +90 Mio Überschußreserven +81 Mio

Wenn nun die Geschäftsbank C Kredite im Ausmaßvon 81 Mio GE an Nichtbanken vergibt, die Nichtbanken den gesamten Kreditbetrag für den Kauf von Gütern verwenden, und alle Verkäufer der Güter ihr Konto bei der Bank D haben, so hat dies die folgenden Auswirkungen auf die Bilanzen der Banken C und D: Aktiva Bilanz der Geschäftsbank C Kredite +81 Mio Sichteinlagen +81 Mio Reserven 81 Mio Sichteinlagen 81 Mio

Aktiva Bilanz der Geschäftsbank D Mindestreserven +8; 1 Mio Sichteinlagen +81 Mio Überschußreserven +72; 9 Mio Will man wissen, wieviel Geld in Form von zusätzlichen Sichteinlagen durch die Kreditvergabe maximal gescha en werden kann, so kann man z.b. die Summe der folgenden geometrischen Reihe berechnen: 100 + (1 0; 1) 100 + (1 0; 1) 2 100 + (1 0; 1) 3 100 + = 1000

Ein alternativer Ansatz besteht darin, nicht die Bilanzen der einzelnen Geschäftsbanken, sondern die Bilanz des Geschäftsbankensektors zu betrachten. Die O enmarktoperation der Zentralbank hat im ersten Schritt die folgenden Auswirkungen: Bilanz des Geschäftsbankensektors Aktiva Überschußreserven Staatsanleihen +100 Mio 100 Mio Der Geschäftsbankensektor kann jetzt solange Kredite vergeben, bis die durch die O enmarktoperation erworbenen Überschußreserven durch die mit der Kreditvergabe verbundene Erhöhung des Bestands an Sichteinlagen zur Gänze in Mindestreserven umgewandelt wurden.

Der maximalen Kreditvergabe entsprechen die folgenden Auswirkungen in der Bilanz: Aktiva Bilanz des Geschäftsbankensektors Überschußreserven 100 Mio Sichteinlagen +1000 Mio Mindestreserven Kredite +100 Mio +1000 Mio Beide Darstellungen zeigen, daßder durch die expansive O enmarktoperation erzeugten Erhöhung der Zentralbankgeldmenge um 100 Mio GE bei einem Mindestreservesatz von 10% eine maximale Ausweitung der Geldmenge um den 10 fachen Betrag, d.h. um 1000 Mio GE entspricht. In diesem Zusammenhang spricht man davon, daßder Geldschöpfungsmultiplikator (money multiplier) 10 beträgt.

Vergleicht man die Bilanz des Geschäftsbankensektors nach Abschlußder (maximalen) Kreditvergabe mit der Bilanz vor der O enmarktoperation der Zentralbank, so sieht man, daßsich netto die folgenden Änderungen ergeben haben: Aktiva Bilanz des Geschäftsbankensektors Staatsanleihen 100 Mio Sichteinlagen +1000 Mio Mindestreserven Kredite +100 Mio +1000 Mio

Aus den obigen Überlegungen sollte klar sein, daßder Geldschöpfungsmultiplikator umso größer sein wird, je kleiner der Mindestreservesatz ist. Unten werden wir einen mathematischen Beweis für diese Behauptung führen. Dieser Beweis wird den oben disktutierten Spezialfall ausschließlich bargeldloser Zahlungsverkehr als auch den allgemeineren Fall teilweise bargeldloser Zahlungsverkehr abdecken. Oben wurde unterstellt, daßdas zusätzliche Zentralbankgeld durch eine expansive O enmarktoperation in den Bankensektor kommt. Eine Alternative besteht darin, daßsich die Geschäftsbanken das Zentralbankgeld auf Eigeninitiative bei der Zentralbank bescha en. In diesem Fall handelt es sich beim Zentralbankgeld um geborgte Reserven.

In den Bilanzen der Zentralbank und der Geschäftsbank hat dies die folgenden Konsequenzen: Aktiva (Assets) Bilanz der Zentralbank (Liabilities) Kredite an Reserven der Geschäftsbanken +100 Mio Geschäftsbanken +100 Mio Aktiva Bilanz der Geschäftsbank A Reserven (in Form von Gut- Verbindlichkeiten gegenhaben bei der Zentralbank) +100 Mio über der Zentralbank +100 Mio

Mathematische Ableitung des Geldschöpfungsmultiplikators Notation: H = high-powered money = central bank money = monetary base (Zentralbankgeldmenge; monetäre Basis) CU = currency (Bargeld in Händen des Nichtbankensektors) R = reserves (Reserven der Geschäftsbanken; = Bargeldbestände der Geschäftsbanken + Guthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank) R r = required reserves (Mindestreserven) R e = excess reserves (Überschußreserven) M1 = monetary aggregate M1 (Geldmenge M1) D = demand deposits = checkable deposits (Sichteinlagen; = täglich fällige Einlagen)

c = CU=M 1 currency-to-m 1 ratio (Bargeldquote) = R=D reserves ratio (Reservesatz) r = R r =D required reserves ratio (Mindestreservesatz) e = R e =D excess reserves ratio (Überschußreservesatz) Verwendung der monetären Basis (Zentralbankgeldmenge) H H = CU + R De nition der Geldmenge M 1: M1 = CU + D De nition des Geldschöpfungsmultiplikator (money multiplier) m1: m1 = M1 H

In der Folge geht es darum, den Geldschöpfungsmultiplikator m1 als Funktion des Reservesatzes und der Bargeldquote c darzustellen. Bei dieser Ableitung werden wir den folgenden Zusammenhang berücksichtigen: M1 = CU + D =) D M1 = 1 CU M1 = 1 c

Für den Geldschöpfungsmultiplikator gilt dann: m1 = M1 H = = = = = M1 CU + R CU 1 M1 + R M1 1 CU M1 + R D D M1 1 c + (1 c) 1 1 (1 ) (1 c)

Aus dieser Ableitung folgt: M1 = m1 H = 1 1 (1 ) (1 c) H Der Geldschöpfungsmultiplikator m1 ist umso größer, je kleiner der Reservesatz, je kleiner die Bargeldquote c. Anmerkung: Für mathematisch geübte LeserInnen folgt die Gültigkeit dieser Behauptungen unmittelbar aus @m1 @ = 1 c [1 (1 ) (1 c)] 2 < 0; @m1 @c = 1 [1 (1 ) (1 c)] 2 < 0:

Der Geldangebotsmultiplikator m1 nimmt daher seinen maximalen Wert an, wenn die Geschäftsbanken keine Überschußreserven, sondern lediglich die Mindestreserven halten und daher gilt = r und darüber hinaus die Bargeldquote den geringstmöglichen Wert c = 0 annimmt, d.h. ausschließlich bargeldloser Zahlungsverkehr vorliegt. Setzt man in der obigen Formel für den Geldangebotsmultiplikator = r und c = 0 ein, so erhält man den maximalen Wert von m1: m1 max = 1 1 (1 r ) (1 0) = 1 r