Finanzierungsstrategien für lebendige Wohnquartiere



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Transkript:

1 Finanzierungsstrategien für lebendige Wohnquartiere Zusammenfassung des workshops vom Dezember 2007 Mit der von der Gesundheitsreform 2007 vollzogenen Umstellung auf Leistungspauschalen war der kostenintensive Betrieb des KBM nicht mehr aufrecht zu erhalten. Schon vorher hatte sich abgezeichnet, dass der Klinikbetrieb auf eine kleinere Fläche konzentriert werden musste und dadurch Teile des 17 ha großen Geländes für ein neues Stadtviertel frei würden. Auch hoffte man, durch den Verkauf der Flächen die wirtschaftliche Situation der Klinik stabilisieren zu können. Der Ortsbeirat Bremen-Mitte machte sich frühzeitig daran, Vorstellungen zur Nachnutzung des frei werdenden Geländes zu entwickeln und öffentlich zu diskutieren. Im Februar 2007 fand ein erster Ideen-workshop mit 27 Fachleuten statt. Es ging damals lediglich um eine Fläche von 1,7 ha in der SO-Ecke des Geländes. Dazu liegt eine Broschüre vor. Was sich die 5 interdisziplinären Teams damals ausgedacht haben, ist heute nicht mehr aktuell. Mit dem workshop gelang es jedoch, im Koalitionsvertrag vom Mai 2007 das Ziel eines lebendigen, sozial gemischten neuen Stadtquartiers unterzubringen. Gleichzeitig entstand der Arbeitskreis NH/4, der das Ortsamt im weiteren Prozess fachlich begleitet hat. Vor diesem Hintergrund wurde im Dezember 2007 ein zweiter workshop zum Thema Finanzierung durchgeführt. Er drehte sich um die Frage, wie Kommunen den Bau von lebendigen und sozial stabilen Stadtquartieren unter Einbeziehung auch kleiner Baugemeinschaften unterstützen können. Dabei stand die Finanzierungsproblematik im Zentrum. Denn den Zielen, die z.b. in der Leipziger Charta vom Mai 2007 für modernen Städtebau formuliert wurden, standen in erster Linie nicht städtebauliche Leitbilder, sondern die eingefahrenen Finanzierungsformen entgegen. Verwaltung und Politik verstanden zunehmend besser, dass für die Realisierung sozial und ökologisch stabiler Wohnquartiere neue Akteure und neue Finanzierungsmodelle unabdinglich waren. Dabei geht es nicht nur um die Finanzierung der Planung und des Baus von Wohnungen. Kleine Baugruppen haben nur dann eine Chance, neben professionellen Projektentwicklern bestehen zu können, wenn das vordringliche Problem der Zwischenfinanzierung von Bauflächen gelöst wird. Dazu wurde auf den workshop festgestellt: In der Regel werden größere zusammenhängende Grundstücke oder Gebäudekomplexe von privaten EigentümerInnen oder Kommunen an professionelle Flächenentwickler verkauft, die dann die Zwischenfinanzierung bis zur Fertigstellung und Vermietung bzw. Verkauf übernehmen. Für die VerkäuferInnen ist diese Zwischenfinanzierung durch Entwickler attraktiv, weil der Erlös sofort erzielbar ist. Derartige Zwischenfinanzierungen mit frühzeitigem Grundstückserlös sind mit potenziellen SelbstnutzerInnen i.d.r. nicht machbar. Das heißt: Eine kleinteilige Aufsiedlungsoder Umnutzungsstrategie mit SelbstnutzerInnen hat bei größeren Flächen nur Chancen, wenn eine Zwischenfinanzierung initiiert wird. In dem workshop referierten Fachleute aus durchweg praktischen Erfahrungen im Bereich der Finanzierung von Baugemeinschaften. Dabei kam natürlich auch die Notwendigkeit einer guten Beratung zur Sprache 1, hauptsächlich ging es jedoch um 1 Profilbildende Wohnprojekte, die das Standardangebot an Wohnprodukten von Projektentwicklern oder Bauträgern ergänzen und häufig einen Beitrag zur Mischung und Milieubildung einer Stadt beitragen, bedürfen intensiver Beratung bei der Vorbereitung und Organisation.

2 das Problem der Zwischenfinanzierung, d.h. um den Erwerb der Baufläche vor dem eigentlichen Baubeginn. 2 1. Zwischenfinanzierungshilfe von der GIB? Die Bremer Immobilien Gesellschaft (GIB, heute IB) hatte das erste Wort. Frau Engelbertz bestätigte zunächst die Feststellung, dass kleine Baugemeinschaften keine Chance haben, wenn der Verkäufer ein Baufläche auf maximalen Erlös in kürzester Frist aus ist. Auch sähe man Baugemeinschaften in der GIB als durchaus interessant an. ABER: Im NH/4 könne es keine Zwischenfinanzierung durch die Stadt geben, denn das Gelände gehöre der Klinik und die werde auf maximalen Erlös zielen. Die GIB plane jedoch, 3 bis 4 Grundstücke für Baugemeinschaften auszuweisen, die binnen 4 Monaten einen prüffähigen Antrag einzureichen und dann 6 Monate Zeit für die Planung hätten. 3 2. Stiftung TRIAS Ulrich Steinmeyer berichtete über die Stiftung TRIAS in Verden. Sie legt ihr aus Schenkungen und Sammelaktionen stammendes Kapital zu banküblichen Konditionen an und nutzt die Zinsen zur Förderung ökologisch ausgerichteter Wohnungsbauvorhaben. Gleichzeitig vermittelt TRIAS auch eine Beratung durch Fachleute. Die so geförderten Immobilien werden den NutzerInnen mit einem Erbpachtvertrag zinsgünstig zur Verfügung gestellt. Dem niedrigen Zinssatz entspricht eine erbbaurechtliche lange Bindung an das Projekt. TRIAS konnte mit seinem relativ geringen Kapitalstock bisher nur einzelne kleinere Projekte unterstützen. Für eine Zwischenfinanzierungen im NH/4 kommt die Stiftung in größerem Umfang nicht in Frage. Allerdings, so Steinmeyer, könnte sie als Finanzierungsinstrument für einen förderungswürdigen Bereich, in Zusammenhang mit kollektiven Besitzformen oder zur Absicherung von Gemeinschaftseinrichtungen genutzt werden. 3. Genossenschaft Aller Wohnen Die ebenfalls in Verden ansässige Wohnungsbaugenossenschaft Aller Wohnen kann satzungsgemäß ihren Mitgliedern sowohl das Baugelände zwischenfinanzieren, als auch das jeweilige Bauvorhaben finanziell unterstützen. Möglich ist diese Unterstützung allerdings nur in dem Rahmen, in dem die Genossenschaft bereits über den dafür erforderlichen Kapitalstock verfügt. Dazu sagte Herr Steinmeyer: Zur Zwischenfinanzierung und anschließenden Baufinanzierung ist ein Kapitalstock erforderlich, der von einer eigens zur Entwicklung eines Bauvorhabens gegründeten Genossenschaft schwer aufzubringen ist. Insofern müsste eine bestehende Genossenschaft gefunden werden, die das gemeinschaftlich orientierte Vorhaben zu ihrer Aufgabe macht. 4. Stattbau Hamburg GmbH Stattbau in Hamburg, über die deren GF Reiner Schendel berichtete, ist das perfekte Beispiel für eine Beratungsagentur für Baugemeinschaften. Ihr Satzungsziel ist die 2 Auf die von Felix Matthes vorgetragene Finanzierungsoption durch einen von der EU geförderten Stadtentwicklungsfonds wird, weil er nur als Baustein städtischer Baupolitik aufzulegen wäre, im Folgenden nicht weiter eingegangen. 3 Heute wissen wir, dass dieser Versuch, dem Bedarf von Baugemeinschaften mit einem pro-forma- Angebot entgegen zu kommen, in keiner Weise funktioniert hat.

3 Förderung einer neuen Qualität in Planung, Bauen und Wohnen. Stattbau wird von der Stadt Hamburg tatkräftig politisch und finanziell gefördert. Die umfassende Unterstützung von Baugemeinschaften gehört seit Jahren zu ihrem Tagesgeschäft. Sie hilft bei der Klärung von Fragen der Organisation, der Finanzierung, des Baurechts und der tatsächlichen Bauausführung. Dazu führte Herr Schendel folgendes näher aus: Als Dienstleisterin für gemeinschaftliche Wohnprojekte hat die STATTBAU einen Vertrag mit der Hansestadt Hamburg. Die Hansestadt fördert die Baugemeinschaften und -gruppen u.a. durch eine sogenannte Anhandgabe, das heißt, dass der Gruppe beim beabsichtigten Erwerb eines städtischen Grundstücks eine Grundstückssicherung bis zu anderthalb Jahren zugesichert wird. Damit wird der Druck auf die Gruppe, schnellstmöglich den Grundstückskaufvertrag mit allen einhergehenden Realisierungsrisiken abzuschließen, gemildert. Zudem hat sich die Hansestadt verpflichtet, beim Verkauf städtischer Flächen immer einen kleineren Teil für Baugemeinschaften zu reservieren. Neben der Grundstücksentwicklung setzt sich die STATTBAU dafür ein, in die Kerngruppe des Bauvorhabens weitere Interessenten einzubinden und die Verbindlichkeit innerhalb der Gruppe zu stärken. Die STATTBAU unterstützt die Gruppe (oder einen Träger wie z.b. Genossenschaft, Verein, GmbH oder Stiftung) auch in allen Finanzierungsbelangen, sowohl bezogen auf die Gesamtfinanzierung des Wohnprojektes als auch auf die individuelle, personenbezogene Finanzierung. Weil es in Hamburg Fördermöglichkeiten nicht nur für Eigentums- sondern auch für genossenschaftliche Wohnprojekte gibt, erreicht die STATTBAU in Hamburg auch Haushalte, deren Einkommen in dem nach dem Wohnraumförderungsgesetz festgelegten Förderbereich liegen. Herr Schendel hob die Vorteile von Baugemeinschaften hervor. Alles was ein üblicher Bauträger kann, sagte er, lässt sich auch in der Baugemeinschaft organisieren, allerdings mit dem Vorteil, dass der Bauträger entfällt und individuell angepasste Lösungen angestrebt werden können. Die üblichen Risiko- und Gewinnzuschläge können eingespart werden, was sich für die Gruppenmitglieder zu einem besseren Preis- Leistungs-Verhältnis führt. Gleichzeitig ließ er jedoch keinen Zweifel daran, dass eine Teilnahme an solchen Wohnprojekten ohne Eigenkapital praktisch nicht möglich ist: Bei individuellem Eigentum gibt es keine Ausnahme von dieser Regel. Im genossenschaftlichen Bereich kommt es jedoch gelegentlich vor, dass über intern oder extern organisierte Solidarmodelle auch einzelne Haushalte, die über kein oder zu wenig Eigenkapital verfügen, in die Projekte einbezogen werden können Allerdings kann auch die STATTBAU nicht helfen, wenn außer Wünschen keine finanzielle Substanz vorhanden ist. Eine Alternative könnte in solchen Fällen eine Traditionsgenossenschaft mit guter Bonität und Interesse an dem Projekt sein. Abschließend verwies Schendel auf die tragende Rolle der städtischen Baupolitik: Für die Entwicklung von gemeinschaftlichen Wohnprojekten wäre eine städtische Grundstückspolitik, bei der Grundstücke an die Projektgruppen nach Konzept oder zu festgelegtem Verkehrswert vergeben werden, eine wesentliche Unterstützung. Die mit dem Grundstückserwerb immer einhergehenden Fragen und Risiken wie Baurecht, Nachbarschaftsfragen, Grundstücksbeschaffenheit oder Grundstückszuschnitt sollten möglichst frühzeitig geklärt werden. Für das Gelingen von gemeinschaftlichen Wohnprojekten ist die Gruppenentwicklung, die Beratung und Vorbereitung der Mitwirkenden von zentraler Bedeutung. Sie erfordert kompetente Moderation und gute Organisation. Dazu gehört auch die Herstellung von Rechtssicherheit für alle beteiligten Parteien. Die Arbeit der STATTBAU ist auf Hamburg ausgerichtet. Ob ihre Dientsleistungen auch für ein Bremer Bauvorhaben in Anspruch genommen werden können, ist fraglich. 5. Ökologische Siedlung Lilienthal Anneliese Sahr und Peter Faulde berichteten über die Geschichte der ökologischen Siedlung Lilienthal. Es ist die Geschichte eines sehr langen Atems. Der bereits 1990

4 gegründete Förderverein hatte zunächst 30 Mitglieder. Als sich die Suche nach einem geeigneten Baugelände immer weiter hinzog, schieden 24 wieder aus. Die verbliebenen 6 Mitglieder bildeten eine Bauherrengemeinschaft. Nach umfangreicher Öffentlichkeitsarbeit sicherte die Gemeinde Lilienthal der Gemeinschaft ein geeignetes Baugelände im Rahmen einer Anhandgabe zu. Ohne diese Unterstützung wäre das Projekt nicht durchführbar gewesen. Ab 1998 ist die Kerngruppe wieder kontinuierlich gewachsen, es wurden weitere angrenzende Grundstücke gekauft und bebaut. Im Jahr 2007 umfasste die Siedlung 43 Gebäude, 50 Wohneinheiten und etwa 100 Personen. Der Prozess ist in erster Linie wegen der intensiven Gruppendynamik und der guten Unterstützung durch die Gemeinde Lilienthal interessant, während die Finanzierung ganz normal über persönlich Kredite erfolgte (die Zwischenfinanzierung übernahm ein Kreditinstitut). 6. Baugemeinschaft unter dem Dach einer Bestanndsgenossenschaft Hamburg hat seit längerer Zeit Baugenossenschaften und die von ihnen geförderten Wohnformen als Mehrwert für die Stadtentwicklung erkannt. Im Rahmen der hamburgischen Wohnungspolitik wird deshalb auch die Baugenossenschaft Hamburger Wohnen eg. Gefördert, und zwar dadurch, dass ein festgelegter Teil aller zum Verkauf anstehenden städtischen Flächen für Baugemeinschaften vorgehalten wird. Das Vorstandsmitglied Wolfgang Karsties berichtete über die Arbeit der Baugenossenschaft, deren Entstehung bis in das Jahr 1921 zurückreicht. 2007 hatte sie 6.700 Mitglieder, einen Bestand von 4.600 Wohnungen und eine Bilanzsumme von 130 Mio. In der Satzung ist das Ziel verankert, die Mitglieder mit preisgünstigem Wohnraum zu versorgen durch Neubau, Instandhaltung und Modernisierung. Ein Beispiel ist das 2004 realisierte Gemeinschafts-Wohnprojekt mit 45 Wohnungen in dem bis dahin größten Passivhaus Deutschlands. Das übliche Prozedere der Baugenossenschaft ist zunächst der Kauf des Grundstücks, wobei sie nach außen als normaler Bauherr auftritt. Beim Erwerb des in öffentlichem Eigentum befindlichen Grundstücks wird immer auf eine Anhandgabe von mindestens einem Jahr bestanden; sie ist Voraussetzung für die erfolgreiche Arbeit der Baugemeinschaft. Nach innen, für ihre Mitglieder, kommen die besonderen Gemeinschaftsmerkmale der Genossenschaft zum Tragen. Die Baugenossenschaft bedient mit ihren Wohnprojekten vor allem Familien oder Alleinstehende mit Kindern sowie ältere Paare und Alleinstehende, die sich kein Eigentum leisten oder frei finanzierte Mieten nicht aufbringen können, jedoch Interesse an gemeinschaftlichen Wohnformen mit einer aktiven und sozial engagierten Nachbarschaft haben. Wenn Städte wie Bremen heute neue lebendige Wohnquartiere entwickeln wollen, so müssen sie, wie Wolfgang Karsties sein Referat zusammenfasste, etwas dafür tun: Die planungsrechtlichen Voraussetzungen für das Wohnen in Gemeinschaften sind das Eine, die Umsetzung das Andere. Erforderlich ist eine aktive Grundstückspolitik, die Geld kostet, bzw. einen Verzicht auf mögliche Einnahmen bedeutet. Die Hamburger Praxis, bei der Vergabe städtischer Grundstücke eine bestimmte Quote für Baugemeinschaften zu reservieren und bei der Preisgestaltung nicht nur die kurzfristige Einnahmeseite, sondern auch den gesamtstädtischen Nutzen zu sehen, scheint hier wegweisend zu sein.

5 7. Finanzierung durch Bausparkassen Alfred-Michael Schmahl von der LBS Bremen, gab einen Überblick über die Eigentumskonstrukte mit den damit jeweils einhergehenden haftungsrechtlichen Folgen und Risiken für die Kreditnehmer: Die LBS hat eine Broschüre zu gemeinschaftlichen Wohnprojekten unter folgendem Link herausgegeben: http://www.lbs.de/bremen/service/infomaterial/broschueren/broschueren?roid=2 Thomas Kuby Bremen, Februar 2013

6 Nachtrag zur Grundstückspreisermittlung Es ist bekannt, dass das für NH/4 vorgesehene 15 ha Grundstück mit rund 54 Mio. in der Bilanz GNO steht. Der Grundstückspreis bildet sich in einer einfachen Division der Bilanzsumme durch 15.000 qm (das wären 3.600/qm) jedoch nicht realistisch ab. Die Immobilienwirtschaft legt der Grundstückspreisermittlung nicht fiktive Bilanzsummen, sondern eine Annahme über den in einer bestimmten Lage für einen qm Wohnraum erzielbaren Preis zugrunde. Der Preis, den ein Immobilienentwickler für ein gegebenes Grundstück zu zahlen bereit ist, wird dann wie folgt kalkuliert: Erste Frage: Wie groß ist das Grundstück und was darf darauf gebaut werden? Annahme: Die Hälfte eines 1.000 qm großen Grundstücks darf zweigeschossig überbaut werden, also 1.000 qm Bruttogeschoßfläche, was etwa 800 qm Nettogeschoßfläche ergibt. Das ist die verkaufbare Wohnfläche. Zweite Frage: Welchen Preis erlaubt der Markt pro qm Wohnfläche in der jeweiligen Lage? Annahme: 3.000,00 4 (entspricht einer Umsatzerwartung von 800 qm x 3.000 = 2,4 Mio.) Dieser pauschalen Erlöserwartung liegen folgende Einzelerwartungen zugrunde: - Bodenwertanteil 20% = 600,00 - Technische Fertigungskosten = 1.500,00 - Nebenkosten = 300,00 5 - Risiko bzw. Gewinn = 600,00 6 Der Bauträger kann aufgrund dieser Gewinnerwartung 480.000,00 für das 1.000 qm große Grundstück bezahlen, also 480,00/qm 7. Baugemeinschaften können womöglich über geringere Baustandards die Fertigungskosten senken und mittels Standardisierungen die Nebenkosten drücken. Außerdem brauchen sie keinen Gewinn zu kalkulieren (tragen das Risiko allerdings auch selbst!). 4 Eine für die Hulsberg-Lage ziemlich realistische Annahme 5 Die Nebenkosten für Baufinanzierung, Planung, Bauleitung, Controlling, Vermarktung werden mit 20% der Fertigungskosten kalkuliert = 300.- in dieser Beispielrechnung. 6 Wenn alles gut geht, realisiert der Unternehmer einen Gewinn von 600,00/qm, wenn Komplikationen auftreten, für die er haften muss, entsprechend weniger. 7 Bodenwertanteil von 600,00 multipliziert mit Netto-Wohnfläche 800 qm