Recruiting-Zukunft: Wie Unternehmen mit Teamhunting ganze Abteilungen abwerben



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Transkript:

Recruiting-Zukunft: Wie Unternehmen mit Teamhunting ganze Abteilungen abwerben von Verena Gründel 12.05.15 Immer häufiger werben Unternehmen der Konkurrenz ganze Mitarbeiterteams ab, statt jeden einzeln zu rekrutieren. Dieses Teamhunting entwickelt sich unter anderem bei Internetunternehmen, Markenherstellern und IT-Konzernen zu einer beliebten Recruiting-Strategie. Wie man Teamhunting erfolgreich plant, welche Probleme man wie vermeiden kann und wie man das Team erfolgreich an sich bindet. Weiterleiten Fieberhaft suchen die Unternehmen nach wirksamen Strategien, um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen. Work-Life-Balance, flexible Arbeitsmodelle, Weiterbildung und Flexibilität - mit allen Mitteln versuchen Unternehmen Fach- und Führungskräfte anzulocken und zu binden. Denn das Recruiting neuer Arbeitskräfte scheint immer schwieriger zu werden. Gerade in der Internetindustrie, wo viele Unternehmen schnell wachsen wollen - und auch das Potenzial dazu haben, aber durch das Fehlen von Arbeitskräften ausgebremst werden - ist die Mitarbeiterakquise ein kritischer Faktor. Denn oftmals müssen Teams schnell wachsen, damit sie bestimmte Projekte wie die digitale Transformation überhaupt stemmen können. Oder sie müssen zeitnah Knowhow in einem bestimmten Fachgebiet aufbauen, sonst geht der Auftrag verloren oder die Kundenerwartungen können nicht erfüllt werden. Teamhunting lautet eine Lösung von immer mehr Unternehmen für das Fachkräfte-Dilemma. Hierbei geht es darum, statt einzelner Mitarbeiter gleich ganze Teams von drei oder mehr Arbeitskräften aus einem anderen Unternehmen abzuwerben und sie als Einheit in die eigene Firma zu integrieren. "Grundsätzlich ist das Thema Teamhunting nicht neu", erklärt Matthias Schleuthner, Geschäftsführer der Personalberatung HRM CONSULTING. "Es wird nur jetzt wieder in den Vordergrund gespült durch den Fachkräftemangel und die zunehmend flexibler werdenden Arbeitsmodelle in der IT und Digitalwirtschaft." Bild: HRM CONSULTING GmbH Matthias Schleuthner, HRM CONSULTING GmbH

Die Verbreitung in der Gesamtwirtschaft ist noch gering, aber gerade Branchen wie der Finanzsektor, die IT-Branche oder auch die Digitalindustrie haben hier die Nase vorn: Laut einer Bitkom-Studie zu dem Thema kennen 22 Prozent der Unternehmen aus der Hightech-Branche den Begriff Teamhunting. Vor allem in den IT- und Entwicklungsabteilungen, aber auch vermehrt in den Bereichen Sales, Marketing oder PR setzen es die Unternehmen ein. Die meisten derer, die das Thema kennen, insgesamt 17 Prozent der Befragten, diskutieren, planen oder nutzen Teamhunting zur Personalgewinnung. Konkret verwenden derzeit 7 Prozent die Strategie. Und immerhin knapp jedes vierte ITK-Unternehmen sieht eine Relevanz von Teamhunting für das eigene Unternehmen. Die Zahlen dürften also in Zukunft noch deutlich steigen. Die Vorteile: eingespielte Kompetenz - schnell und günstig Jörg Schneider, der mit seiner Personalberatungsagentur Profcon unter anderem das Rekrutieren ganzer Teams anbietet, erkennt eine deutliche Entwicklung: "Vor rund vier Jahren hatten wir den ersten Kunden im Bereich Teamhunting, heute ist bereits jeder dritte oder vierte Kunde daran interessiert."seiner Ansicht nach liegt es daran, dass es der deutschen Wirtschaft gut geht. Viele Unternehmen wollen expandieren und überlegen daher, wie sie wachsen können. "Dafür gibt es drei Möglichkeiten: Erstens, organisches Wachstum; zweitens ein anderes Unternehmen aufkaufen; und neuerdings auch drittens, Teamhunting." Wie ITK-Unternehmen die Relevanz von Teamhunting einschätzen (Grafik: Bitkom, Profcon) Das Abwerben eines ganzen Teams hat gegenüber anderen Recruitingmaßnahmen einige Vorteile: Das Übernehmen eines ganzen Teams ist zwar zeitintensiv, geht aber immer noch schneller, als würde man die Mitarbeiter einzeln suchen. Die Einarbeitungszeit der Mitarbeiter kann beschleunigt werden - beides bestätigen die befragten Unternehmen in der Bitkom-Studie. Das Unternehmen erhält eine funktionierende Einheit an Mitarbeitern. Dass es erfolgreich zusammenarbeiten kann, hat das Team ja schon im vorherigen Unternehmen bewiesen. Oftmals erhält man beim Teamhunting eine hohe Qualität an Mitarbeitern. "Schließlich will der Teamleiter im neuen Unternehmen gut dastehen, deshalb zieht er nur die High-Performer mit", erklärt Jörg Schneider. Die Frage, ob ein neuer Mitarbeiter ins Team passt, muss man sich beim Teamhuntig nicht mehr stellen. Das haben alle Beteiligten bereits bewiesen.

Man kann sich eine Menge Knowhow ins Unternehmen holen, das man vorher nicht hatte, und damit neue Kompetenzfelder besetzen. Im Vergleich zur Übernahme eines ganzen Unternehmens oder einer Unternehmenssparte ist Teamhunting günstiger und risikoärmer - schließlich scheitern Übernahmen oft oder sind wertvernichtend. Die Misserfolgsquote liegt laut Financial Times bei rund 50 Prozent. So funktioniert Teamhunting Bild: Profcon Jörg Schneider, Profcon Wer gleich ein ganzes Team abwerben will, muss sich gute Argumente überlegen, die für einen Wechsel sprechen, etwa Unternehmensgröße, Internationalität, Karriereoptionen, Auftragslage oder soziale Kompetenzen. Geld sei dagegen kein Argument, sagt Jörg Schneider: "Nur mit Gehalt kann man kein Team locken." Und schon gar nicht nachhaltig. Wesentlich kniffeliger ist die Auswahl des Teams. "Unter den Mitarbeitern sollte eine kollektive Unzufriedenheit mit dem alten Arbeitgeber herrschen, zum Beispiel durch schlechte Arbeitsbedingungen oder einen Strategiewandel im Unternehmen, durch den das Team an Bedeutung verliert", empfiehlt Jörg Schneider. "Ein zufriedenes Team zu rekrutieren, ist fast unmöglich, daran beißt man sich die Zähne aus." Daher erfordert Teamhunting "sehr gute Marktkenntnisse und ein ebenso starkes Netzwerk sowie eine exzellente Recherche" fügt Matthias Schleuthner hinzu. Entscheidend sei es, den richtigen Kopf im passenden Umfeld - meist, aber nicht immer, die Führungskraft des Teams - zu identifizieren und für einen Wechsel zu motivieren. Man müsse diese Person als Fürsprecher gewinnen und für seine neue Aufgabe überzeugen; diese lautet, die Teammitglieder mitziehen. Jörg Schneider:"Wenn es sich um ein homogenes und jahrelang erfolgreiches Team handelt, wird der Teamhead sogar darauf bestehen, einige seiner Gruppenmitglieder mitzubringen. Schließlich ist eine Führungskraft nur so erfolgreich wie seine Abteilung." Die Prozessschritte von Teamhunting Schritt Aufgabe Beteiligte Parteien Mandant Teamhunter Teamhead 1 Team-Bedarfsanalyse x x 2 Definition potenzieller Zielteams mit entsprechenden Wechsel-Szenarien x x 3 Analyse der Zielteams und Identifikation des Teamheads x 4 Ansprache des Teamheads x 5 Gespräche über das Teamhead-Wechsel- Szenario x x

6 Ansprache auf Mitnahme eines möglichen Teams x 7 Beschreibung des möglichen Teams x (8) Absprache zwischen Teamhead und Teammitgliedern (x) x 9 Gespräche zwischen dem potenziellen neuen Arbeitgeber und dem Teamhead x x x 10 Vertragsabschluss mit Teamhead x x 11 Definition der Ansprache-Reihenfolge und des individuellen Wechsel-Szenarios je x x Teammitglied 12 Ansprache der Teammitglieder x 13 Gespräche und Vertragsabschlüsse mit Teammitgliedern x x x Quelle: Profcon Die schwierigste Aufgabe: die Integration ins Unternehmen Mindestens genauso wichtig wie bei der Übernahme ist Fingerspitzengefühl bei der Integration des Teams in das Unternehmen. Denn es besteht die Gefahr, dass das Team isoliert bleibt und dann zu einer Art Unternehmen im Unternehmen wird. Dadurch kann es passieren, dass sich das Team schnell wieder abwerben lässt. Denn für ein Team, das einmal gewechselt hat, ist die Hürde, dies erneut zu tun, sehr niedrig. Was Teamhunting den Unternehmen gebracht hat und wie Erwartungen erfüllt wurden (Grafik: Bitkom, Profcon) Die Alt-Belegschaft und das Management sollten daher gut auf die Integration und deren Ziele vorbereitet sein. "Wenn das Team an Bord ist, muss ein kontinuierlicher Kommunikationsprozess aufrecht erhalten werden, um die Integration zu begleiten", erläutert Matthias Schleuthner. Idealerweise schafft man es schnell, die alten und neuen Teams miteinander zu mixen und so von vornherein die Zusammenarbeit zu stärken. Zum Beispiel kann man einige alte Mitarbeiter an das Team anschließen. Jörg Schneider empfiehlt eine 80:20-Verteilung neuer zu alter Kollegen. Idealerweise wird der neuen Abteilung nicht die alte Unternehmenskultur übergestülpt, sondern man lässt beide Kulturen in eine neue einfließen, in der sich alle wohlfühlen.

Die Praxis zeigt jedoch, dass dies nicht immer gelingt. Durch die unterschiedlichen Unternehmenskulturen kann es dazu kommen, dass sich das Team isoliert oder von der Alt-Belegschaft nicht angenommen wird. "Diese Teams werden häufig noch lange Zeit als Fremdkörper wahrgenommen." Nachteile: Zugeständnisse und rechtliche Fallen Das Risiko der Integration und des Nomadentums eines Teams ist nicht der einzige Nachteil. Zum einen, sagt Schleuthner, sei es ja schon sehr schwierig, zum Beispiel in der IT einzelne gute und passende Mitarbeiter zu finden. Die Herausforderung bei einer ganzen Abteilung ist also noch wesentlich größer. Ein weiterer Nachteil ist, dass man eventuell mehr Zugeständnisse beim Einstellen der einzelnen Teammitglieder machen muss. Es besteht die Gefahr, auch Teammitglieder einzustellen, die nicht den Vorstellungen entsprechen, nur um das Gesamtteam zu erhalten. Ein weiterer Nachteil ist, dass sich das abwerbende Unternehmen und sogar der wechselnde Teamhead, wenn sie unüberlegt vorgehen, strafbar machen können. Zum Beispiel kann einem Unternehmen, das seinem Konkurrenten das Vertriebsteam wegnimmt, unlauterer Wettbewerb vorgeworfen werden. Auch der Teamhead, der seine Kollegen vom Wechseln überzeugen will, sollte diskret und mit Fingerspitzengefühl vorgehen. Grundsätzlich gilt, sagt Jörg Schneider: "Wer sich an die Regeln des Headhunting hält, ist auch bei Teamhunting auf der sicheren Seite". Jedoch empfiehlt er, auch ein wenig eigennützig, einen unabhängigen Vermittler dazwischenzuschalten. Bisher keine schlechten Erfahrungen - aber moralische Vorbehalte Wie ITK-Unternehmen ihre bisherigen Erfahrungen mit Teamhunting beurteilen (Grafik: Bitkom, Profcon) Bisher jedoch scheint die Hightech-Branche nur gute Erfahrungen mit Teamrecruiting gemacht zu haben: Von den Unternehmen, die es bereits eingesetzt haben, geben laut der Bitkom-Studie 33 Prozent an, dass die Erfahrungen durchweg positiv waren, 60 Prozent berichten von eher positiven Erfahrungen. Kein Unternehmen hat negative Erfahrungen gemacht. Umstritten ist das Thema dennoch, zumindest bei einigen: Denn 18 Prozent der Unternehmen, die sich bereits mit Teamhunting beschäftigt haben, haben ethische oder moralische Vorbehalte. Zum Beispiel zweifeln sie, dass das Vorgehen fair ist gegenüber den Unternehmen, bei denen komplette Mitarbeiter-Teams abgeworben werden. Matthias Schleuthner bestätigt, dass das Abwandern eines ganzen Teams kritisch werden kann: "Das Herauslösen eines Teams

kann für Unternehmen unmittelbar geschäftskritisch sein. Der Verlust von Knowhow, Manpower und die hohen Kosten für den Aufbau eines neuen Teams können ein Unternehmen schnell überfordern." Jedoch dürfe man nicht vergessen, sagt Jörg Schneider, dass Teamhunting ohnehin nur funktioniere, wenn die Mitarbeiter unzufrieden sind. Und dann geschehe es vor allem zum Wohle der Mitarbeiter - die mindestens genauso profitieren wie das rekrutierende Unternehmen. Im Gegensatz dazu dient eine Geschäftsübernahme vor allem der Chefetage und dem Unternehmen selbst - hier blieben die Mitarbeiter auf der Strecke, gibt er zu bedenken. Oft suchen sogar Teams neue Arbeitgeber Heute bieten sich sogar immer häufiger Teams als Ganzes auf dem Recruiting-Markt an und suchen so gemeinschaftlich nach einem neuen Arbeitgeber. "Bei Profcon ist das inzwischen etwa die Hälfte aller Fälle", sagt Schneider. Auch Axel Pols, Geschäftsführer der Bitkom Research, betrachtet eher die Vorteile: "In Fällen, wo Unternehmen vor Umstrukturierungen oder gar einer Insolvenz stehen, kann die Übernahme bestehender Teams aber auch für alle Seiten von Vorteil sein." Im Umkehrschluss gilt: Unternehmen, in denen alles gut läuft und die Mitarbeiter zufrieden sind, brauchen sich kaum Sorgen zu machen, dass ihnen ganze Abteilungen abgeworben werden. Daraus folgt wiederum, dass man sich als Unternehmen nur vor Teamhunting schützen kann, indem man seine Mitarbeiter zufriedenstellt, ihnen eine angenehme, respektvolle und mitarbeiterorientierte Arbeitsatmosphäre und Führungskultur bereitstellt und Perspektive bietet. IT und Software-Entwicklungsteams erfordern eine besondere Aufmerksamkeit bezüglich fachlicher Entwicklung, Prozessen, Flexibilität und Einbindung. Aber das ändert sich auch nicht durch Teamhunting, denn hier ist die Gefahr ohnehin schon seit Langem besonders groß, dass sie abgeworben werden. Der Kampf um die heiß begehrten Fachkräfte geht in die nächste Runde. Vor allem kleine Unternehmen könnte das hart treffen. Wenn die Fachkräfte rarer und gleichzeitig begehrter werden, verschärft sich der Kampf um sie. Auch heute, wo es der deutschen Wirtschaft gut geht und Unternehmen wachsen, sieht man, dass Unternehmen und Headhunter ambitionierter um Mitarbeiter und Führungskräfte werben. Teamhunting ist eine Folge davon. Die Abwerber locken mit besseren Arbeitsbedingungen, wirtschaftlicher Stabilität, tollen Entwicklungsperspektiven und auch mit mehr Geld. Die Folge dürfte ein Wettrüsten in Sachen Mitarbeiterbindung werden. Unternehmen müssen noch stärker darauf achten, ihren Angestellten die besten Bedingungen zu bieten. Wer das nicht tut oder kann, wird mittelfristig verlieren. Das klingt doch nach einer tollen Entwicklung. Schade nur, dass in Sachen Sonderleistungen und Mitarbeiterbedingungen meistens Großunternehmen die Nase vorn haben. Ihnen fällt es wesentlich leichter, mit Benefits wie hauseigener Kita, mehr Gehalt, Sonderzahlungen, Weiterbildung und Stabilität zu punkten. Denn oftmals steckt ein finanziell viel stärkeres Rückgrat als bei kleinen oder jungen Unternehmen dahinter. Diese haben es im Tauziehen um die begehrtesten Fachkräfte deshalb grundsätzlich schwerer. Ihre einzige Chance ist es, mit anderen Vorteilen aufzutrumpfen, solche die man nicht unbedingt mit Geld bezahlen kann. Dazu gehören zum Beispiel Flexibilität bei den Arbeitszeiten- und -orten, eine familiäre Atmosphäre, hohe Mitarbeiterwertschätzung, flache Hierarchien und Mitbestimmungsrechte für alle. Eben das, was die Arbeit in einem kleinen Unternehmen ausmachen sollte, gilt es, deutlicher hervorzuheben.