Personalwirtschaft. Die Strategie im Blick. extra. HR-Managementberatung. Magazin für Human Resources



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Transkript:

Personalwirtschaft Magazin für Human Resources extra 09 2009 Round Table HR Business Partner Workforce Planning Personalentwicklung HR-Managementberatung Die Strategie im Blick

EDITORIAL/INHALT Kein Schubladenwissen Die vergangenen Jahre waren gute Jahre, sowohl für die Personalmanager als auch für die Managementberatungen. Unternehmen investierten mit Unterstützung von externem Sachverstand in den Umbau ihrer Personalabteilungen, um als wertschöpfender Business Partner ernst genommen zu werden. Und sie konnten mit neuen, positiv besetzten Themen wie Employer Branding oder Talent Management punkten. Und heute? Der Kostendruck hat zu Verschiebungen in der Prioritätenliste geführt. In krisengeschüttelten Branchen sind die Personaler mit Abbauthemen beschäftigt. Budgets für strategische HR-Managementberatungen spielen nicht mehr die große Rolle, sollte man meinen. Doch unser Expertengespräch mit Unternehmensberatern zeigt ein anderes Bild (Seite 4). Ja, auch sie mussten Federn lassen und sprechen offen über Umsatzeinbußen von 10 bis 15 Prozent. Aber offensichtlich erkennen viele Personalchefs gerade in der Krise die Notwendigkeit einer strategisch ausgerichteten Personalplanung und -arbeit. Hierbei wird externe Hilfe gerne angenommen. Zudem gibt es noch reichlich Reparaturaufträge bei der Optimierung des Business Partner-Modells. Doch wann ist ein Berater wirklich gut? Unser Beiratsmitglied Prof. Dr. Gunther Olesch, Geschäftsführer bei Phoenix Contact, bringt es auf den Punkt: Ich bin dann zufrieden, wenn der HR-Berater das hält, was er im Akquisitionsgespräch verspricht. Das trifft leider nicht immer zu. Dabei hat neben der Fachkompetenz das Hineindenken in unser Unternehmen, in dessen Kultur und Werte die höchste Bedeutung. Schubladenwissen reicht nicht aus. Erwin Stickling Stellv. Chefredakteur INHALT Round Table Es bleibt spannend Expertengespräch mit Vertretern der führenden HR-Managementberatungen 4 Studie Creating People Advantage die wichtigsten HR-Themen 10 HR Business Partner Die Rollensuche geht weiter Personalmanager berichten 14 Workforce Planning Gut geplant ist halb gewonnen Ergebnisse einer Befragung 17 HR Shared Service Center Zehn Tipps fürs Scheitern von den Fehlern der anderen lernen 20 Personalentwicklung In Führung gehen die BA trainiert ihre Teamleiter 22 Personalberater Der Headhunter als Tausendsassa Neupositionierung in der Krise 24 Impressum 26 Sonderheft 09 2009 www.personalwirtschaft.de 3

HR-MANAGEMENTBERATUNG Round Table Es bleibt spannend Personalmanagement im Jahr 2009 bedeutet, unter schwierigen Rahmenbedingungen Kurskorrekturen vorzunehmen und die neuen Unternehmensziele zu unterstützen auch mit der Hilfe von externen Beratern. Deutschlands führende HR-Managementberatungen berichten im Experten-Gespräch der Personalwirtschaft darüber, wie diese Hilfe aussieht. E in Rückblick ins Jahr 2008: Bis zum Herbst dominierten die Personalthemen Talent Management, Recruiting, Compensation und Diversity. In 2009 können HR- Manager in Unternehmen weniger die Rolle als Treiber wahrnehmen, denn sie sind Getriebene der Wirtschaftskrise. Wie zu erwarten sind HR-Budgets zurückgegangen oder stagnieren. Manche Dax-Unternehmen haben im Oktober vorigen Jahres die Budgets eingefroren, mit etwas mehr Planungssicherheit geht es jetzt auf niedrigem Niveau wieder los. Eine Baustelle entwickelt sich zum Dauerbrenner: Das Drei-Säulen-Modell mit der Rolle des HR Business Partners. Doch welchen Stellenwert nehmen andere wertschöpfende Maßnahmen ein? Talent Management ist gestrichen sagen die einen, andere halten dagegen und berichten von Unternehmen, die antizyklisch handeln. Einigkeit besteht in der Einschätzung, dass sich eine Verlagerung von personalbeschaffenden zu personalentwickelnden Aufgaben abzeichnet. Jürgen Haselgruber, Leiter Human Capital, Watson Wyatt Heissmann: Die Nachfrage nach Talent Management ist ungebremst, insbesondere bekommen strategische Personalplanung, Reten- Prof. Dr. Dirk Sliwka, Hochschullehrer für Personalwirtschaftslehre an der Universität zu Köln, moderierte die Expertenrunde mit führenden Unternehmensberatern. tion und Jobfamilien-basierte Personalentwicklungsinstrumente eine große Bedeutung. Auch die Optimierung von Kompetenzmanagement-Systemen gewinnt in der Krise an Mehrwert, da Umbruchphasen transparente Kompetenzstrukturen brauchen. Kienbaum erweitert seine Geschäftsaktivitäten um New/Outplacement, und alle Teilnehmer berichten, dass strategische Personalplanung gefragt ist wie selten zuvor. Und als direkte Auswirkung der Krise rangieren auch Governance-Prozesse rund um das Thema Vorstandsvergütung und Risikomanagement in Altersversorgungsprogrammen ganz weit vorne. Dauerbaustelle Drei-Säulen-Modell Das HR Business Partner-Konzept weist seit Mitte der 90er-Jahre Personalbereichen den Weg zur gestaltenden und strategischen Rolle im Unternehmen mit dem Ziel, die Effizienz, Effektivität und strategische Bedeutung von HR innerhalb des Unternehmens zu steigern. Doch grau ist alle Theorie, auch mit neuen Strukturen, Prozessen und Technologien gibt es Unzufriedenheit auf mehreren Seiten. Warum gelingt es Unternehmen nicht, das Konzept umzusetzen? Das theoretische Modell von Dave Ulrich hat keine Organisationsantwort auf die Umsetzung seiner Rollen gegeben, lautet die Antwort von Dr. Walter Jochmann, Vorsitzender der Geschäftsführung von Kienbaum: Der Wechsel aus einer 70 Prozent-Administrationstätigkeit in eine 30 Prozent- Struktur mit neuen Prozessen, Technologien und Rollenprofilen mit anspruchsvollen Schnittstellen ist nicht einfach zu strukturieren. Insbesondere die Business Partner-Rolle ist in ihrem Mix aus Kundenfokus, generalistischer HR-Beratung und unternehmerischem 4 Sonderheft 09 2009 www.personalwirtschaft.de

Anspruch schwierig in der personellen Besetzung und zumindest in der Startphase auch schwierig im Akzeptanzaufbau bei den internen Kunden. Sie stehe in deutlichem Widerspruch zum klassischen Personalleiter-Rollenverständnis mit breiter Führungsspanne, internem Steuerungsfokus und Gesamtverantwortung für alle HR-Kompetenzfunktionen. Till Lohmann, Partner bei Pricewaterhouse Coopers, erklärt die Ursachen unter anderem damit, dass die meisten Unternehmen sich auf das Shared Service Center (SSC) als maßgebliche Säule fokussieren. Diese lässt sich vergleichsweise einfach einrichten, denn es handelt sich um eine neue, separate Einheit mit eigenem Geschäftsmodell. Doch worüber die wenigsten gleich zu Beginn nachdenken, ist die Gestaltung der in den Geschäftseinheiten verbleibenden HR- und Business-Partnerfunktionen. Gerade die HR-Führungskräfte, die lange Zeit herkömmliche administrative und regulative Aufgaben übernommen haben, müssten nun geschäftsorientiert bei Veränderungen im Business mitwirken das sei ein erheblicher, individueller Veränderungsprozess. Der Erfolg eines Drei- Säulen-Modells stelle sich eher mittel- bis langfristig ein. Ein Shared Service Center lässt sich mit eigenem Geschäftsmodell vergleichsweise einfach einrichten. Doch worüber die wenigsten nachdenken, ist die Gestaltung der verbleibenden HR-Funktionen. Till Lohmann, Leiter People & Change Deutschland und EMEA, Pricewaterhouse Coopers Die traditionelle HR-Administration wurde durch low-cost Shared Service ersetzt. Dies hat nicht unbedingt zur Zufriedenheit der internen HR-Kunden geführt. Fred Marchlewski, Executive Partner, Accenture Eine der wesentlichen Herausforderungen ist, dass das Drei-Säulen- Modell nicht nur die HR-Funktion umfasst, sondern insbesondere das Zusammenspiel zwischen Mitarbeitern, Führungskräften und HR grundlegend verändert. Erich von Kimakowitz, Leader Human Capital Management, IBM Deutschland Von der Theorie zur Praxis Das Drei-Säulen-Modell hat eine Säule nicht berücksichtigt, die es laut seinem Begründer Dave Ulrich gar nicht geben dürfte, die aber in der Praxis immer wieder zu Problemen führt, meint dagegen Fred Marchlewski, Partner bei Accenture: Als vierte Säule sehen wir in der Praxis die nicht transformierten lokalen HR-Einheiten. Meist handelt es sich um nicht sauber umgesetzte Business Partner-Konzepte, bei denen der Business Partner weiter administrative HR-Arbeit durchführt. Das ist wie Sand im Getriebe eines Autos. Ähnlich beurteilt Erich von Kimakowitz, Partner bei IBM Deutschland, die Schwierigkeiten in der Umsetzung: Eine der wesentlichen Herausforderungen ist, dass dieses Modell nicht nur die HR-Funktion umfasst, sondern insbesondere das Zusammenspiel zwischen Mitarbeitern, Führungskräften und HR grundlegend verändert. Dieser Wandel erfordert ein besonderes Augenmerk und muss detailliert geplant und umgesetzt werden. Als Fazit lässt sich festhalten: Das HR Business Partner-Modell ist das Wertschöpfungsthema der Zukunft. Dies unterstreicht Martin Claßen, Vice President, Capgemini Consulting: Natürlich setzt das Modell ein erstklassiges Konzept voraus, doch dies ist nicht die größte Herausforderung. Es braucht in erster Linie exzellente HR-Manager, die diese Rolle im Sinne der Wertschöpfung aus der People- Dimension und für das Unternehmen leben. Damit werden die Auswahl, Entwicklung und Unterstützung der Akteure erfolgskritisch. Natürlich müsse auch die Aufgabenteilung mit der Personaladministration und den Kompetenzcentern passen. Professionelles Change Management sei gefragt, denn die Umsetzung ist wie bei vielen HR-Themen längst zum Knackpunkt geworden, so Martin Claßen. Idealbesetzung der HR-Partnerrolle Exzellente HR-Manager als Business Partner entwickeln sich nicht per Akklamation. Für die Berater ist es offensichtlich, dass ein Weg zum HR Business Partner über andere Funktionsbereiche in Unter- Sonderheft 09 2009 www.personalwirtschaft.de 5

HR-MANAGEMENTBERATUNG Round Table nehmen führt. Dr. Udo Bohdal, Partner bei Deloitte: Einige HR Business Partner in den Dax-Konzernen haben Business-Hintergrund, da sie zuvor mit Führungsverantwortung für Standorte oder Abteilungen zuständig waren. Reine HR-Kaminkarrieren sind auf dem Rückzug. Die Position erfordert einen gesunden Mix, ist ausgezeichnet durch eine Nähe zum Unternehmensgeschäft und durch strategisches Know-how. Das Personalwesen lässt sich als Trainee oder Executive erlernen. Bei diesem Aspekt zeigt sich eine breite Übereinstimmung der Experten: Je mehr Nähe zum Geschäft und je generalistischer ausgerichtet der Funktionsinhaber, um so größer ist die Chance, dass der HR Business Partner die Ansprüche der Rolle umsetzen kann. Eine Untersuchung von Kienbaum in Großunternehmen hat gezeigt, dass sich mit dem Business-Modell die Personalarbeit um 10 bis 20 Prozent verbilligt, aber eben auf Kosten der Kundenzufriedenheit, und es wurden damit administrative Tätigkeiten auf Führungskräfte verlagert. Vom Design her ist das Business- Modell gewollt, aber die Personalbereiche Personalbereiche müssen dringend die Qualität der Business Partner- Strukturen, der Jobprofile, der Konzeption und der realisierten menschlichen Qualität steigern. Dr. Walter Jochmann, Vorsitzender der Geschäftsführung, Kienbaum Damit auch die Effektivität der HR-Programme im Blick bleibt, sollten sich HR-Manager zwei Fragen stellen: Machen wir als HR die richtigen Dinge und machen wir das, was wir machen, richtig? Martin Emmerich, Principal, Towers Perrin bringen die Qualität nicht hervor. In spätestens vier bis fünf Jahren wird aber die Erwartung, die auf die Business Partner- Rolle gerichtet ist der Mix aus Corporate-, HR- und businessnahen Funktionen eingefordert, sagt Walter Jochmann und ermahnt: Personalbereiche müssen dringend die Qualität der Business Partner-Strukturen, der Jobprofile, der Konzeption und der realisierten menschlichen Qualität steigern, hier sehe ich enormes Nachholpotenzial. Allerdings sei es ein Trugschluss anzunehmen, dass ein idealtypisches HR Business Partner-Modell zur Umsetzung kommen muss, wendet Martin Emmerich, Principal bei Towers Perrin, ein. Die HR Business Partner-Rolle lasse sich immer nur mit Blick auf die konkreten unternehmensspezifischen Gegebenheiten einführen und leben. Es versteht sich von selbst, dass dabei insbesondere die Kundenperspektive nicht außen vor gelassen werden darf. Häufig zeigt sich jedoch, dass gerade diese Perspektive nicht ausreichend berücksichtigt wird. Doch bei aller Störanfälligkeit des Umsetzungsprozesses registriert Dr. Dagmar Wilbs, Head Human Capital Central Europe bei Mercer, einen positiven Trend: Auch wenn die Umsetzung des HR Business-Modells noch lange nicht perfekt ist, so hat allein die Diskussion in den letzten Jahren zur weiteren Professionalisierung der HR-Einheiten beigetragen: Es gibt ein stärker gelebtes Business Partner-Verhalten als früher, das Verständnis von HR für die unternehmerischen Anforderungen der Geschäftsbereiche ist gestiegen. Gleichzeitig werden Potenziale, HR-Lösungen und Kosten schneller und einfacher dargestellt. Das erhöht die Akzeptanz von HR auf Seiten des Business. SSC in der zweiten Generation Unstrittig ist die Beurteilung der Entwicklung der Shared Service Center (SSC). Sie gehen aufgrund vieler Lernprozesse in den Unternehmen in die zweite Generation. Die traditionelle HR-Administration wurde durch low-cost Shared Service ersetzt. Dies hat nicht unbedingt zur Zufriedenheit der internen HR-Kunden geführt. Heute realisieren immer mehr Unternehmen, dass man aus dem SSC heraus anspruchsvolle Dienstleistungen mit gut ausgebildeten Mitarbeitern anbieten muss, insbesondere im Bereich der value add- Prozesse wie Talent und Performance Management, berichtet Fred Marchlewski, Accenture. Nur so lasse sich das gegebene Versprechen HR als interner Dienstleister erfüllen. Immer mehr Unternehmen beginnen an dieser Stelle umzudenken. Die Qualität des Service ist deutlich in den Vordergrund gerückt, meint auch Erich von Kimakowitz, IBM Deutschland. Dabei werde die Qualität vom Prozess, Service Management, der Organisation und Technologie gesteuert. Zum Beispiel beeinflusse die Struktur, Detailtiefe und Zugangsmöglichkeit zum Wissensmanagementsystem in einem HR- Center die Antwortqualität des HR-Bearbeiters. Häufig werden auch unterschiedlichste Prozessabläufe für den gleichen Sachverhalt in Service Centern abgebildet. Das beein- 6 Sonderheft 09 2009 www.personalwirtschaft.de

flusst die Fehleranfälligkeit negativ. Grundvoraussetzung sei aber zunächst, Transparenz über die erbrachten Leistungen zu erhalten. Dies bedeute, Steuerungsgrößen für alle Abläufe zu vereinbaren, zu messen und zu analysieren. Die Werkzeuge hierfür stehen längst zur Verfügung, werden aber noch wenig eingesetzt, so Kimakowitz. Dass nicht ausschließlich Effizienzsteigerungen im Vordergrund stehen, sondern dass auch die Wechselwirkungen zwischen Administration und Ausgestaltung der HR-Programme berücksichtigt werden müssen, scheint sich langsam durchzusetzen. Martin Emmerich, Towers Perrin: Damit auch die Effektivität der HR-Programme im Blick bleibt, sollten sich HR-Manager zwei Fragen stellen: Machen wir als HR die richtigen Dinge und machen wir das, was wir machen, richtig? Köpfe zählen reicht nicht Die Personalplanung, eigentlich Kernaufgabe der Personalabteilung, wurde wie sich jetzt in der Krise zeigt, stark vernachlässigt. Die HR Consultants berichten über rege Nachfrage. Die meisten Unternehmen haben keine strategische Personalbedarfsplanung betrieben. In der Vergangenheit wurde die reine Kapazität erhoben oder nach Köpfen gezählt. Aber da die demografische Bedrohung näher rückt, schauen die Verantwortlichen nun auf die Kompetenzen. Dabei fällt auf, dass die bisherigen quantitativen Personalplanungsinstrumente keinen Zugriff auf Kompetenzen erlaubt haben, zum Beispiel weil die Jobfamily-Strukturen veraltet sind, erläutert Udo Bohdal, Deloitte. Die neue Relevanz des Themas entsteht unmittelbar durch die Wirtschaftskrise. Gerade jetzt aber im Abschwung sei es wichtig, die qualitative Komponente der Workforce mit ins Kalkül zu ziehen, ergänzt Fred Machlewski, Accenture: Welche Workforces sind kritisch für den Erfolg des Unternehmens und wie entwickeln sich diese über einen mittel- bis langfristigen Zeitraum? Diese Fragen könnten häufig nicht beantwortet werden, weil bislang die strategische Personalplanung eher aufgrund der internen Compliance abgewickelt wurde, nach dem Motto: Wie viel Personal steht zur Verfügung, wie viel wird abgebaut. Die Qualifikationen wurden dabei häufig außer Acht gelassen. Antizipation und Benchmarking Dass auf die zentralen Herausforderungen der Vergangenheit Personaler nicht immer die Antworten hatten, führt Kai Anderson, Partner bei Promerit, an: Um frühzeitig beispielsweise Hybrid-Ingenieure an Bord zu haben, muss eine Nähe Entscheidend ist, wie eine Unternehmensstrategie in die Quantität und Qualität des Personalkörpers übersetzt wird. Martin Claßen, Vice President, Capgemini Deutschland In der Vergangenheit wurde die reine Kapazität erhoben oder nach Köpfen gezählt. Aber da die demografische Bedrohung näher rückt, schauen die Verantwortlichen nun auf die Kompetenzen. Dr. Udo Bohdal, Partner, Deloitte Consulting In angloamerikanischen Unternehmen ist es bereits üblich, Diversity in der Balanced Scorecard zu verankern und in den Zielvereinbarungsprozess zu integrieren. Dr. Dagmar Wilbs, Head Human Capital Central Europe, Mercer zu F & E, Konstruktion und Produktion also zum Business vorhanden sein. Hier ist teilweise die Antizipation der strategischen Anforderungen durch HR nicht ausgeprägt genug. Oft liegt es aber auch an der Schwäche von Unternehmensstrategien, die häufig noch zu wenig Bezug zur Personalstrategie herstellen. Berater können helfen, die Brücke zwischen HR und Kerngeschäft zu bauen. Um zu beantworten, wie sich Märkte entwickeln, welche Kompetenzen benötigt werden und wo sie angesiedelt sein müssen, um Kosten und Mitarbeiterverfügbarkeit zu optimieren, müssen im Vorlauf Recherche, Marktbeobachtung und Erhebungen zum Einsatz kommen. Erich von Kimakowitz, IBM Sonderheft 09 2009 www.personalwirtschaft.de 7

HR-MANAGEMENTBERATUNG Round Table Deutschland. Der Planungsaufwand ist nicht unerheblich und es gibt keine kleine Lösung. Es ist eine unternehmerische Gesamtaufgabe, die alle Unternehmensteile umfasst. Auf einen weiteren wertschöpfenden Aspekt macht Martin Emmerich, Towers Perrin aufmerksam: Das Benchmarking. Der konkrete Mehrwert liegt darin, dass die Struktur des Personalkörpers hinsichtlich ihrer Quantität und Qualität dem Markt gegenübergestellt werden kann. Dies ermöglicht, dass Rückschlüsse auf die eigene Situation im Vergleich zu anderen Unternehmen und insbesondere zu Wettbewerbern gezogen werden können. Wie ist es zum Beispiel um den Anteil an hochspezialisierten Experten in einem wichtigen Fachbereich im Vergleich zu anderen Unternehmen bestellt? Gerade vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung mit ihren absehbaren Konsequenzen sei dieser Beitrag von hoher Bedeutung. Workforce Planning, also das Aufsetzen der strategischen Personalplanung, ist ein Prozess, bei dem HR-Beratung unterstützen kann. Sie steuert die Strukturen, die Modelle und die Szenarien bei und sichert die Integration der miteinander vernetzten Themen wie Talent Management, Performance Management, Demografie oder Diversity, betont Martin Claßen, Capgemini. Entscheidend sei aber, wie eine Unternehmensstrategie in die Quantität und Qualität des Personalkörpers übersetzt werde. Bei den Lösungsansätzen darf man nicht nur an das Füllen der Lücken, sondern auch an ein vernünftiges Vorgehen beim erwartbaren Überhang an anderer Stelle denken. Doch bei aller Planung darf der Beitrag von HR-Beratung nicht bei strategischer Personalplanung stehen bleiben, sondern muss weitergehen, mahnt Dagmar Wilbs, Mercer. Auch wenn strategische Personalplanung definiere, in welcher Anzahl und mit welchen Qualifikationsprofilen Mitarbeiter an welchem Platz im Unternehmen und welchem Ort dieser Welt benötigt werden, damit sei das Ziel definiert, aber noch nicht der Weg, auf dem man es erreicht. Dr. Dagmar Wilbs: Entscheidend ist die Frage, wie ein integriertes, zukunftsorientiertes Personalmanagement die erfolgreiche Umsetzung der Personalplanung ermöglicht. Da landet man schnell bei weiteren Themen, wie die Segmentierung von Mitarbeitergruppen, zum Beispiel in Leistungsträger und Low-Perfomer, oder wie erfolgskritische Mitarbeitergruppen wirkungsvoll an das Unternehmen gebunden und gezielt entwickelt werden können. Das erfordert, in Szenarien zu denken und diese kontinuierlich den tatsächlichen Geschäfts- und Unternehmensentwicklungen anzupassen. Diversity ist ohne Lobby Deutschland als Land der Inklusivität: Ist Diversity nur ein Lippenbekenntnis für Unternehmen? In den letzten fünf Jahren hat sich wenig geändert, räumt Kienbaum-Chef Walter Jochmann ein. Es fehle an Leitbildern oder Personalbesetzungen, die ein Exempel statuieren. Was bleibt, ist ein Blick in die Zukunft und damit eine Aufforderung an Personaler, sich dem Thema zuzuwenden. Auch wenn Diversity im Moment hierzulande kein Topthema ist, wird sich mittelfristig eine stärkere Gewichtung einstellen insbesondere unter Berücksichtigung der Age- Diversitiy, betont Dagmar Wilbs, Mercer: In angloamerikanischen Unternehmen ist es bereits üblich, Diversity in der Balanced Scorecard zu verankern und in den Zielvereinbarungsprozess zu integrieren sowie als Teil der strategischen Personalplanung zu behandeln. Talent Management immer noch im Fokus Auf der HR-Topthemen-Liste der Auftraggeber ist Talent Management zwar nicht verschwunden, aber doch ein Stück nach hinten verschoben worden. Wir erleben in den Unternehmen, dass der Bereich Talent Management häufig sehr autark agiert in den Unternehmen und oft zu spät den integrativen Gedanken trägt, 8 Sonderheft 09 2009 www.personalwirtschaft.de

beispielsweise Vergütungsmanagement und Talent Management sinnvoll und vor allem zeitnah zu verknüpfen, so Jürgen Haselgruber, Watson Wyatt Heissmann. Integriertes Vergütungs- und Talentmanagement lasse sich wesentlich effizienter mit der Unternehmensstrategie darstellen und liefere dann den gewünschten Return on Investment. Und auch beim Thema Talent Management ermöglicht nur die Nähe zum Business, die erfolgskritische Schlüsselpositionen zu selektieren und fokussieren. Kai Anderson, Promerit: Nicht gleichmachende Konzepte, sondern die zielgenaue Ausrichtung auf Zielgruppen und deren Präferenzen und vor allem die Integration von Personalplanung, -gewinnung und -entwicklung sind die Schlüssel für erfolgreiches Talent Management. Talent Management beginnt im Idealfall mit Beziehungsmanagement vor dem Einstieg in das Unternehmen und sollte beim Ausstieg auch nicht enden. Mit dieser Betrachtungsweise steht die Arbeitswelt noch am Anfang. Keine Frage, beim Thema Talent Management zeigen sich länderspezifische Kulturunterschiede. Wir erleben in Deutschland teilweise kulturelle Barrieren, sowohl in Bezug auf die Differenzierung der Talente auf der einen Seite, als auch auf der anderen der Trennungskultur. Beides sind schwierige Themen im Gegensatz zur angloamerikanischen Unternehmenskultur. Fachkompetenz steht bei Karrieren im Vordergrund. Führungsqualitäten spielen häufig eine untergeordnete Rolle, so Udo Bohdal, Deloitte. Dabei gibt es hierzulande vollständig ausgearbeitete und feingewobene Kompetenzmodelle, nur an der Umsetzung mangelt es. In der Praxis haben sie kaum eine Bedeutung auf Beförderungsentscheidungen. Derartige Instrumente sind keine alleinstehenden Selbstgänger. Es geht um Hilfsmittel für Führungskräfte zur effektiveren Mitarbeiterführung. Die Nutzenargumentation sowie insbesondere deren Anwendungsweise ist mittels gutem Change Management Führungskräften und Mitarbeitern näher zu bringen. Die Anwendung spielt sich mit der Zeit ein und wird dann wirklich effektiv, meint Till Lohmann, Pricewaterhouse Coopers. Die Lücke zwischen Konzept und Praxis zieht sich bei HR-Themen wie ein roter Faden durch alle Bereiche. Wie beim Thema HR Business Partner liegt das Hauptproblem eines erfolgreichen Talent Management weniger in der Strategie oder der IT-Konzeption. Wir sehen die vorhandenen Personalentwicklungs-/Vergütungssysteme in den Unternehmen auch zunehmend integriert, aber es fehlt an Umsetzungskompetenz, so Walter Jochmann. Hier liege großer Qualifizierungsbedarf, um die Führungskräfte in ihrer diagnostischen Kompetenz zu qualifizieren. Auch die Feedbackkompetenz der Verantwortlichen müsse geschult werden, denn neben positiven Botschaften für die Laufbahnentwicklung müssen häufig auch Enttäuschungen gemanagt und Entwicklungsmaßnahmen verkauft werden. Hier komme dem Businesspartner eine besondere Bedeutung zu, der die Personalentwicklungskompetenz der Führungskräfte einschätzen und fördern Nicht gleichmachende Konzepte, sondern die Ausrichtung auf Zielgruppen und vor allem die Integration von Personalplanung, -gewinnung und -entwicklung ist der Schlüssel für erfolgreiches Talent Management. Kai Anderson, Partner, Promerit Wir erleben in den Unternehmen, dass der Bereich Talent Management häufig sehr autark agiert und oft zu spät den integrativen Gedanken trägt. Jürgen Haselgruber, Leiter Human Capital, Watson Wyatt sollte, notfalls gemeinsam mit der Führungskraft den Einschätzungs- und Feedbackprozess mit wichtigen Potenzial- und Leistungsträgern vornimmt. Ob 2010 die Folgen der Krise ausgestanden sind, und dann wieder andere HR- Themen auf der Tagesordnung der Personalabteilungen stehen, wie Work Life Balance, Health Management, Lebensarbeitszeitmodelle, Diversity oder Employer Branding, die derzeit bei vielen Personalern nicht im Fokus stehen, wird spannend zu beobachten sein. Spannung verspricht auch die zum Schluss von Martin Claßen an die Runde gerichtete Frage, inwieweit die zunehmende Spreizung der Gehälter zwischen Topmanagement und Mitarbeiter nicht zu Korrekturen in den Vergütungssystemen führen müsste. Diese Diskussion sollte in einer weiteren Runde geführt werden. Christiane Siemann, freie Wirtschaftsjournalistin, Düsseldorf Sonderheft 09 2009 www.personalwirtschaft.de 9

HR-MANAGEMENTBERATUNG HR Shared Service Center Zehn Tipps fürs Scheitern Bei der Einführung großer Projekte wird oft viel Lehrgeld gezahlt, so auch bei der Etablierung von HR Shared Service Centern. Da liegt es nahe, vor den größten Fehlern zu warnen, oder positiv ausgedrückt: von den Fehlern der anderen zu lernen. D Können die Jungs mit den dicken Fingern überhaupt mit Self Services umgehen?, auf diese saloppe Art wird man öfters bei der Einführung eines SSC auf vermeintlich unüberwindas HR Shared Service Center (SSC) ist eine etablierte Größe in der HR-Organisationslandschaft und bereits so selbstverständlich in seiner Funktion und Gestalt, dass es bei den HR-Zukunftsthemen den Status einer Hausaufgabe erhält: etwas, das man erledigen muss, ohne dass man viele Worte darüber verliert. Die Mehrzahl der Dax-Unternehmen verfügt bereits über eine solche Einrichtung. Aus den dabei gewonnenen Erfahrungen habe ich zehn Tipps für die nachfolgende Welle der HR- SSC gesammelt. Sie nennen sich allerdings Tipps, um ein HR SSC scheitern zu lassen. Denn am besten lernt man immer noch aus den Fehlern der anderen. 1. Tipp: Akzeptieren Sie nur Standards! Der große Mehrwert von Shared Services soll aus der Standardisierung von Prozessen stammen. Bloß dass diese Standardisierung niemand so recht gelingen will: Jeder Kunde ist individuell und will auch als Individuum behandelt werden aber zu Standardpreisen natürlich. Wechselt man von der nationalen auf die internationale Ebene, dann wird der Standardisierungsgedanke noch abenteuerlicher und wir sprechen dabei nicht einmal von der durch nationale Steuer- und Sozialpolitik reglementierten Entgeltabrechnung. Schon der scheinbar einfache Rekrutierungsprozess führt die Standardisierungsvorga- be an ihre Grenzen. Die Rollen von Arbeitnehmervertretung und Vorgesetzen, Fristen usw. unterscheiden sich erheblich ein Aufwand, der sich nur für hochqualifizierte Bewerber lohnt zu zentralisieren. 2. Tipp: Glauben Sie an Ihren Business Case! Wie hoch war die Vorgabe zur Kostensenkung beim Start des SSC-Projekts: 20 Prozent, 30 Prozent oder sogar noch höhere Einsparungen verhießen die Beraterfolien. Aber dann stellen Sie in der Umsetzung fest, dass die dezentralen Einheiten ihre HR-Ressourcen verschwinden lassen, dass die Abbaupotenziale nicht realisiert werden können, weil es sich um Splitterköpfe handelt, dass die IT-Kosten des Projekts zu niedrig und die Sachkosten zu hoch geschätzt wurden. Stück für Stück löst sich die wirtschaftliche Rechtfertigung in Rauch auf und das Projekt wird zu dem, was es schon immer war: Strategisch! 3. Tipp: Gehen Sie davon aus, dass die gewerblichen Mitarbeiter die schwierigste Zielgruppe bei der Einführung eines HR-SSC sein werden! 20 Sonderheft 09 2009 www.personalwirtschaft.de

liche Widerstände hingewiesen. Und ob die mit Self Services umgehen können! Wer privat bei Ebay steigert, bei Amazon CDs bestellt und bei Autoscout seinen PKW verhökert, wer mit seiner Freundin zumeist SMS-t und für den das Handy zum Leben gehört wie für den Banker der Börsenteil des Handelsblatts ja für den wird die Nutzung eines HR-SSC wohl kaum ein Problem sein. Die schwierige Zielgruppe sitzt ganz woanders: nämlich in der Personalfunktion selbst, aber dazu später. 4. Tipp: Glauben Sie, dass das Top-Management selbst tut, was es anderen vorschreibt! Wir müssen alle die neuen Technologien nutzen und einsetzen wehe aber Sie vergessen in ihre Manager Self Services eine Sekretariatsfunktion einzubauen. Egal wie umständlich und wie teuer das Organisations-Management verbogen wird sehen Sie für Reisekostenprüfungen und Urlaubsanträge eine Delegationsfunktion vor sonst wandern Passwort und User-ID vom Eckzimmer ins Vorzimmer. Eine Ausnahme bildet vielleicht die Web-Funktion zur Dienstwagenbestellung, aber da gibt es ja auch einen Vergnügungsfaktor. 5. Tipp: Vertrauen Sie Ihrem Feind! Wer ist der schärfste Feind des HR-Service-Centers? Der Business Partner! Gerade erst im Dave Ulrich-Modell zum scheinbar großen Gewinner der neuen HR-Organisation mit strategischen Aufgaben und Zugang zum Topmanagement geadelt und dann plötzlich nach der Umsetzung der Chef-Sachbearbeiter für die Reklamationen bezüglich der SSC-Produkte. Da stellt sich doch die Frage, ob die Business Partner vielleicht mit der zugedachten Rolle überfordert sind? 6. Tipp: Seien Sie selbst im HR-SSC vollkommen transparent, weil Sie erwarten, dass die anderen HR-Funktionen es auch sein werden! Was kann man nicht alles im HR-SSC messen: Durchlaufzeiten, Annahmequoten, Nachbearbeitungszeiten und Kapazitätsauslastungen und, und, und. Die fast schon Orwellsche Dimension der Überwachung und Zahlenorientierung animiert aber die anderen HR-Funktionen kaum zu Nachahmung. Da gibt es keine Nullpunktmessung, wenn es um die Zufriedenheit der Führungskräfte mit dem Business Partner geht das ist noch eine der harmlosen Ausreden. 7. Tipp: Glauben Sie an die Kräfte des internen Marktes! Der Preis wird es richten als ökonomisch geschulte Personaler glauben wir an die naturgesetzliche Steuerung von Angebot und Nachfrage durch den Preis. Aber siehe da: kaum ist ein Standard-Produkt definiert, will jeder Ausnahmen und ist sogar bereit, dafür zu zahlen (sind ja ohnehin nur Verrechungs-Dollars ). Oder der umgekehrte Fall: Haben Sie die tatsächlichen Kosten mit allen darin enthaltenen Konzern-Umlagen, den unternehmensüblichen hohen Entgeltstrukturen und allen IT-Kosten offen gelegt, dann werden Sie als Halsabschneider beschimpft. Vielleicht lohnt sich der ganze Aufwand für interne Verrechnungssysteme gar nicht zumindest sollten sie aus Gründen des Selbstschutzes für Shared Services untersagt werden. 8. Tipp: Lassen Sie die unangenehmen Botschaften der Umorganisation durch Externe transportieren! Man weiß ja nie, was aus solch einer Konstruktion wird am Schluss ist man bei den Verlierern, das mag sich mancher Personaler denken und lässt die schlechten Nachrichten lieber von Externen, vorzugsweise Beratern, verkünden. Wie soll die Mannschaft aber folgen, wenn sie spürt, dass die Führungskräfte selbst unsicher sind und sich vor der klaren Ansage drücken. 9. Tipp: Gehen Sie davon aus, dass SAP EIC und SAP HR kompatibel sind! Da haben Sie mit großem Aufwand ein für den HR-Bereich zugeschnittenes CRM-Produkt bei SAP beschafft und stellen dann nach der Implementierung fest, wie viel noch nachträglich anzupassen und zu implementieren ist. An SAP führt in Deutschland bei HR-Services kein Weg vorbei, aber eine gesunde Skepsis scheint hilfreich. Und zuletzt folgt der Tipp, mit dem Sie Ihr HR-SSC ganz sicher scheitern lassen. 10. Tipp: Erwähnen Sie gegenüber Ihren Mitarbeitern, dass Sie ein Call Center errichten wollen! Welcher Personaler, der seinen Beruf ergriffen hat, weil er es einmal mit Menschen zu tun haben wollte, möchte seine Berufskarriere in einer seelenlosen und schlecht beleumdeten Anrufzentrale fortführen? Das absolute No-Go! Zu guter Letzt: am HR-SSC führt kein Weg vorbei. Die Zeit ist reif dafür, die Technologien und das Wissen sind vorhanden. Vor allem: Auch unsere Kunden verändern sich. Die Generation Y wird ohne Probleme mit noch stärker technisierten Centern zusammenarbeiten, vielleicht sogar zusammenarbeiten wollen! Wer heute noch kein HR-SSC besitzt, sollte aufpassen, dass er morgen nicht den Zug verpasst hat. Autor Prof. Dr. Wolfgang Appel lehrt Personalmanagement an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken. Zuvor war er für das HR Shared Service Center bei der BASF AG verantwortlich. wolfgang.appel@htw-saarland.de Sonderheft 09 2009 www.personalwirtschaft.de 21