Hedge Accounting im Energiesektor



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Hedge Accounting im Energiesektor Matthias Beyer Inhalt Allgemeines... 1 Stromgroßhandelsmarkt... 2 Risikomanagement... 6 Bilanzierung nach IFRS... 7 Hedge Accounting... 9 Zusammenfassung...13 Allgemeines Die Finanzkrise und die seit 2009 stark gestiegenen Preise auf den Rohstoffmärkten verdeutlichen, dass neben Banken und Finanzinstituten auch Unternehmen, deren Jahresergebnis von den Schwankungen der Rohstoff- und Energiepreise beeinflusst wird, über eine aktive Risikosteuerung verfügen müssen, um langfristig den Fortbestand des Unternehmens sichern zu können. Derzeit stehen jedoch noch einige, vor allem kleinere, Unternehmen vor der Herausforderung ein den Anforderungen entsprechendes Risikomanagementsystem zu betreiben. Die Unternehmen, die bereits ihre Risiken aktiv steuern, sind hingegen oft mit der Problematik konfrontiert, dass die Regelungen des IAS 39 bei der bilanziellen Abbildung der zur Umsetzung der Risikostrategie durchgeführten Absicherungsgeschäfte in der Gewinn- und Verlustrechnung ein nicht der wirtschaftlichen Realität entsprechendes Bild vermitteln. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass die Vorschriften des IAS 39 keine branchenspezifischen Regelungen beinhalten. Am 9. Dezember 2010 wurde vom IASB der Entwurf Hedge Accounting veröffentlicht. Dieser stellt die dritte Phase des Projekts zur Ersetzung des IAS 39 durch IFRS 9 dar. Eines der zentralen Ziele dieses Entwurfes ist eine adäquate Brücke zwischen dem Risikomanagement und der Rechnungslegung zu spannen. Dadurch soll erreicht werden, dass zukünftig die zur Risikosteuerung eingesetzten Instrumente entsprechend in der Bilanz abgebildet werden können. Ferner sollen die Auswirkungen der vorgenommenen Risikomanagementmaßnahmen aus der Rechnungslegung hervorgehen. Mit dem nachfolgenden Fachbeitrag sollen die Grundzüge des Hedge Accounting nach IAS 39 und die wesentlichen Vorschläge aus dem Entwurf Hedge Accounting vorgestellt werden. Zur Veranschaulichung, insbesondere

der Regelungen im Zusammenhang mit nicht finanziellen Posten, haben wir den Energiesektor, wegen der aus der großen Volatilität des Strompreises resultierenden hohen Preisrisiken, gewählt. Aufgrund einiger Besonderheiten des Strommarktes wird zunächst ein Überblick über die auf dem Stromgroßhandelsmarkt verfügbaren Produkte gegeben und die wesentlichen Risiken dieses Marktes aufzeigt. Ferner sollen exemplarisch für einen Kraftwerkbetreiber anhand von Beispielen die Möglichkeiten zur Risikosteuerung dargestellt werden. Stromgroßhandelsmarkt Die seit der Liberalisierung des Strommarktes in Deutschland und anderen europäischen Staaten gegründeten Strombörsen (z. B. European Energy Exchange EEX) ermöglichen komplementär mit dem außerbörslichen bilateralen Handel, dem sog. Over-The-Counter-Handel (OTC), einen Stromgroßhandelsmarkt. Dieser bietet die Möglichkeit, Strom 1 auf Höchstspannungsebene (220 bis 380 kv), wie andere Waren, über einen Spot- und Terminmarkt zu beschaffen bzw. zu veräußern. Auf dem börsenorganisierten Spotmarkt 2 sind physische Stromlieferungen für jede einzelne Stunde des folgenden Tages (Day-Ahead) handelbar. Dafür werden an der EPEX 3 Spot SE, mit Sitz in Paris, ganzjährig an jedem Tag der Woche sog. Day-Ahead-Auktionen durchgeführt. Neben dem Handel dieser Einzelstundenkontrakte besteht die Möglichkeit, diese zu einem Blockkontrakt zu verbinden. Dieser muss jedoch mindestens zwei Einzelstunden umfassen. In der nachfolgenden Abbildung sind die an der EPEX handelbaren standardisierten Blockgebote dargestellt. Standardisierte Blockgebote Business Abbildung 1: Einzelstunden- und Blockgebote auf dem Spotmarkt Rush Hour Night Morning High Noon Afternoon Evening Off-Peak 1 Peakload Off-Peak 2 Block Baseload Einzelstundengebote 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 Stunden Die Mindestlieferrate beträgt für Einzelstunden und Blöcke jeweils 0,1 Mega Watt (MW). Darüber hinaus können am Spotmarkt im Intraday-Handel der EPEX an sieben Tagen pro Woche und 24 Stunden pro Tag Strommengen bis 1 2 3 Strom gilt nach deutschem Recht als Ware. Dies zeigt sich daran, dass auf Stromlieferverträge die Vorschriften des 433 ff. BGB zu Kaufverträgen entsprechend anzuwenden sind. Ferner wird auch von der BaFin Strom als eine Ware im Sinne des 1 Abs. 11 KWG definiert. Vgl. Merkblatt - Hinweise zur Erlaubnispflicht von Geschäften im Zusammenhang mit Stromhandelsaktivitäten (Stand: Februar 2009). Der börsliche Spothandel für das deutsche Marktgebiet erfolgt über die EPEX Spot mit Sitz in Paris, an der die EEX zu 50 % beteiligt ist. European Power Exchange. 1 PLUS i GmbH Februar 2011 2 von 14

zu 75 Minuten vor Beginn der Stromlieferung gehandelt werden. Auch hierbei besteht die Möglichkeit standardisierte Blöcke zu kontrahieren. Eine Besonderheit des Strommarktes besteht darin, dass Bilanzkreisabweichungen 4 von den jeweiligen Bilanzkreisverantwortlichen nach 5 Abs. 3 der Stromnetzzugangsverordnung bis 16:00 Uhr des Folgetages auf dem Day- After-Markt z. B. über IntradayS Market 5 rückwirkend gehandelt werden können. Bei den auf dem Terminmarkt abgeschlossenen standardisierten Verträgen (Futures und Optionen) handelt es sich, im Gegensatz zu den Spotmarktgeschäften, um Stromlieferungen mit hinausgeschobenem Erfüllungszeitpunkt. Die an der EEX gehandelten Laufzeitbänder für Futures umfassen dabei Lieferungen für die aktuelle Woche, die nächsten vier Wochen, den aktuellen Monat, die nächsten neun Monate, elf Quartale und sechs Jahre. 6 Die Lieferrate beträgt dabei je Kontrakt mindestens 1 MW. Auf dem Terminmarkt können Baseload-, Peakload- und Off-Peak-Produkte gehandelt werden. Mit den Baseload-Kontrakten wird die Grundlast, d. h. kontinuierliche Stromlieferungen für die Stunden eins bis 24 eines Tages 7, geliefert. Die Peakload-Kontrakte umfassen dagegen nur Stromlieferungen für den Zeitraum der sog. Spitzenlast werktags von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr. Diese Produktgestaltung ist dem Umstand geschuldet, dass der Stromverbrauch nicht über alle Stunden gleichverteilt ist und es dadurch in einzelnen Stunden des Tages zu Leistungsspitzen kommen kann. Das Underlying für diese Terminprodukte stellt für das deutsche Marktgebiet der Phelix-Day-Base- oder der Phelix-Day- Peak-Monatsindex, mit anderen Worten der zukünftige Durchschnittspreis am Spotmarkt, dar. Der Wert des Monatsindex ergibt sich im Fall des Phelix-Day- Base-Monatsindex aus dem arithmetischen Mittel aller Preise der Stundenauktionen (Stunde eins bis 24) (bzw. im Fall des Phelix-Day-Peak-Monatsindex der Stunden acht bis 20) eines jeden Tages des jeweiligen Liefermonats. 8 Hinsichtlich der Handelbarkeit unterscheiden sich die Monats- und Wochenfutures, die auch während der Lieferperiode handelbar sind, von den Quartalsund Jahresfutures, die drei Börsentage vor Lieferbeginn in entsprechende Quartals- und Monatsfutures kaskadiert werden. 9 In Bezug auf die Erfüllungsart dieser Stromgeschäfte ist zu beachten, dass Spotmarktgeschäfte ausschließlich durch physische Lieferung erfüllt werden können, während am Terminmarkt optional eine finanzielle Ausgleichszahlung oder die physische Erfüllung vereinbart werden kann. Darüber hinaus ist zu 4 5 6 7 8 9 Ein Bilanzkreis dient der Erfassung sämtlicher eingespeister und entnommener Strommengen. Dabei ist es notwendig, dass der Bilanzkreis stets ausgeglichen ist. Aufgrund der natürlichen Abweichungen zwischen der Prognose und den tatsächlich benötigten Strommengen, ergeben sich regelmäßig Abweichungen im Bilanzkreis. Siehe www.power-pool.com, abgerufen 1. Februar 2011. Vgl. EEX Unternehmen und Produkte, Stand: Juni 2010. An den Sonntagen, an denen die Umstellung von Sommer auf Winterzeit und umgekehrt erfolgt, beträgt der Lieferzeitraum jeweils 23 bzw. 25 Stunden. Vgl. EEX Unternehmen und Produkte, Stand: Juni 2010. Vgl. EEX Unternehmen und Produkte, Stand: Juni 2010. 1 PLUS i GmbH Februar 2011 3 von 14

berücksichtigen, dass bei Stromhandelsgeschäften im Gegensatz zu anderen Warengeschäften die Erfüllung nicht durch eine einmalige Lieferung erfolgt, sondern stets als eine Lieferung über einen festgelegten Zeitraum. Der Monatsfuture wird beispielsweise während des Liefermonats täglich finanziell abgerechnet, bis er am Ende des Monats gegen den jeweiligen Monatsindex schlussabgerechnet wird. Die physische Erfüllung eines Termingeschäfts erfolgt durch preisunelastische Spotmarktgeschäfte an jedem Tag des Liefermonats und einer die Preisschwankungen kompensierenden Ausgleichszahlung am Ende des Lieferzeitraums. 10 Neben diesen standardisierten Verträgen können Spotmarkt- und Termingeschäfte auch als bilaterale Verträge 11 wie z. B. Forwards, deren Laufzeit, Menge und sonstige Bestandteile frei bestimmt werden können, ausgestaltet sein. Für diese OTC-Geschäfte bilden in Kontinentaleuropa regelmäßig der Phelix-Index oder Phelix-Future den Referenzpreis für Strom. 12 An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass der Stromgroßhandelsmarkt neben den Risiken, die für gewöhnlich mit dem Handel auf einem Großhandelsmarkt verbunden sind, insbesondere ein Preisrisiko aufweist, dass in dieser Ausprägung auf anderen Märkten nicht besteht. Dieses deutlich höhere Preisrisiko ist nicht nur auf die Marktpreisschwankungen der für die Stromerzeugung eingesetzten Inputfaktoren wie beispielsweise Brennstoffe oder Emissionszertifikate zurückzuführen, sondern im Wesentlichen auf die fehlende Möglichkeit Strom in größeren Mengen zu speichern. Diese fehlende physikalische Eigenschaft führt dazu, dass Volumenabweichungen, die sich üblicherweise zwischen den geplanten und tatsächlich erzeugten bzw. benötigten Mengen ergeben, von den Handelsteilnehmern kurzfristig über den Großhandelsmarkt als Spotmarktgeschäft gekauft bzw. verkauft werden. Diese Geschäfte können in Abhängigkeit davon, ob zu dem jeweiligen Zeitpunkt ein Überschussangebot oder eine Überschussnachfrage besteht, zu einer besonders hohen Preisvolatilität führen. 13 Des Weiteren bestehen signifikante Preisunterschiede in Abhängigkeit von der Jahreszeit, des Wochentages und vor allem von der Tagesstunde, die aus dem Verbrauchsverhalten der Konsumenten resultieren. Die nachfolgende Abbildung zeigt zur Verdeutlichung des Ausmaßes dieser Volatilität, exemplarisch für den Zeitraum vom 7. bis 13. Januar 2011, die Preise der Einzelstundenkontrakte (00:00 Uhr bis 24:00 Uhr) auf dem deutschen Spotmarkt. 10 11 12 13 Es werden jedoch auch sog. German Power Futures (Base- und Peakload) gehandelt, deren Erfüllung physisch im Netzgebiet der Amprion GmbH (Höchstspannungsnetz-Gesellschaft der RWE AG) erfolgt. Zur Vereinfachung wird jedoch einmalig ein Rahmenvertrag i. d. R. nach dem Muster der EFET abgeschlossen, und ggf. durch Zusatzvereinbarungen wie z. B. einem Master-Netting-Aggreement ergänzt. Im Rahmenvertrag werden beispielsweise auch Vereinbarungen hinsichtlich der Bestellung von Sicherheiten wie z. B. ein Nachsicherungsrecht festgelegt. Der Abschluss einzelner OTC-Geschäfte bedarf dadurch lediglich einer einfachen Bestätigung. Vgl. Schwintowski, Handbuch Energiehandel, 2006. Vgl. EEX Unternehmen und Produkte, Stand: Juni 2010. Ein Extrembeispiel für diese Schwankungen stellen die Spotmarktpreise am 7. November 2006 dar, diese lagen in der Spitze für die Stunde 18-19 bei 2.436,63 /MWh. 1 PLUS i GmbH Februar 2011 4 von 14

21-22 22-23 23-24 00-01 80 70 60 50 /MWh 01-02 02-03 03-04 20-21 40 04-05 30 19-20 20 05-06 10 18-19 0 06-07 17-18 07-08 Fr, 07.01. Sa, 08.01. 16-17 08-09 So, 09.01. 15-16 09-10 Mo, 10.01. Di, 11.01. Mi, 12.01. 14-15 13-14 12-13 11-12 10-11 Do, 13.01. Abbildung 2: Preisvolatilität auf dem Spotmarkt Ein weiteres Risiko besteht in Form des Kontrahentenrisikos für Stromgeschäfte, die OTC 14 (beispielsweise im Telefonhandel) abgeschlossen werden. Für diese Geschäfte existiert kein zentraler Kontrahent (CCP), der wie beispielsweise die Clearingstelle der EEX den Ausgleich der Leistungen aus der Transaktion sicherstellt. Insbesondere sind die Kontrahenten, sofern keine Nachsicherungsverpflichtung im Rahmenvertrag vereinbart ist, im Gegensatz zum börsenorganisierten Handel nicht verpflichtet Sicherheitsleistungen (wie z. B. Initial, Additional und Variation Margin) zu erbringen. Dies stellt vor allem auf dem stark volatilen Strommarkt ein wesentliches Risiko des OTC-Handels und somit einen Nachteil gegenüber dem Handel an der Börse dar. Allerdings kann sich aus der Verpflichtung die Sicherheitsleistung (Variation Margin) entsprechend den Veränderungen des Marktpreises anzupassen, auf dem sehr volatilen Strommarkt, ein erheblicher Liquiditätsbedarf ergeben. Daher ist gegebenenfalls das Kontrahentenrisiko gegen das Risiko eines möglichen Liquiditätsengpasses abzuwägen. Das Risiko, dass auf dem Stromgroßhandelsmarkt nicht zu jedem Zeitpunkt ein ausreichend hohes Volumen verfügbar ist, hat sich für den börslichen Marktplatz aufgrund der standardisierten Produkte und der in den letzten Jahren deutlich gewachsenen Anzahl von Teilnehmern 15 signifikant reduziert. Zu dieser 14 15 Dies gilt nicht für OTC Geschäfte, die über die European Commodity Clearing AG (ECC), dem Clearinghaus der EEX, abgewickelt werden. Die Zahl der an der EPEX Spot zugelassenen Marktteilnehmer erhöhte sich 2010 von 183 auf 192. Internetquelle: www.epexspot.com Pressemeldungen Das am 1 PLUS i GmbH Februar 2011 5 von 14

Entwicklung hat auch die vermehrte Beteiligung von Industrieunternehmen und Finanzdienstleistern (wie beispielsweise Händler, Portfoliomanager oder auch Stromerzeuger, die aufgrund ihrer Marktkenntnisse neben dem Eigenhandel auch Dienstleistungen, wie beispielsweise Portfoliooptimierung, Portfoliomanagement, oder die Beratung von Unternehmen, die selbst auf dem Stromgroßhandelsmarkt agieren, anbieten) beigetragen. Risikomanagement Die Möglichkeit Strom nicht mehr über unflexible Vollversorgungsverträge beschaffen zu müssen, sondern beispielsweise selbst ein strukturiertes Beschaffungsportfolio erstellen zu können, eröffnet zwar für Industrie- und kleine bis mittelgroße Energieversorungsunternehmen (EVU) die Chance die Strombeschaffung hinsichtlich der Mengen und dem Preis zu optimieren, um die Kosten zu reduzieren bzw. zusätzliche Erträge zu realisieren. Allerdings steigen mit den zunehmenden eigenen Handelsaktivitäten auch die Komplexität des Portfoliomanagements und dadurch die Anforderungen an das jeweilige Risikomanagement des Unternehmens. Die Vorgabe von Risikomanagementzielen und der -strategie obliegt dabei der Geschäftsführung. Für Unternehmen, die nach 1 Abs. 1a KWG als Finanzdienstleistungsinstitute 16 gelten, ist das Risikomanagementsystem unter Beachtung der MaRisk zu implementieren. Dabei ist die doppelte Proportionalität, als wesentliche Prämisse zu beachten. Unter diesem Terminus ist zu verstehen, dass einerseits der im Unternehmen implementierte Risikosteuerungsprozess im Verhältnis zur Größe des Unternehmens, der Art und dem Umfang der Geschäftstätigkeit sowie der Komplexität der getätigten Geschäfte stehen muss. Anderseits soll auch die Aufsichtsbehörde ihre Prüfungen, insbesondere hinsichtlich der Häufigkeit und des Ausmaßes, proportional zum im Unternehmen eingerichteten Risikosteuerungsprozess vornehmen. Im Zusammenhang mit den Änderungen aus der MaRisk-Novelle 2010 ergeben sich insbesondere für die Bereiche Risikotragfähigkeit und Strategie erhöhte Anforderungen. Für weitere Ausführungen zu diesen Änderungen sei auf unseren Fachartikel Veröffentlichung der 3. MaRisk-Novelle verwiesen. Die Berücksichtigung dieser Richtlinien kann darüber hinaus auch für Unternehmen, die nicht dem Anwendungsbereich des KWG unterliegen sachgerecht sein, um ein adäquates Risikomanagement zu betreiben. Im Rahmen des Risikomanagements ist unter anderem vorzugeben, durch welche Maßnahmen und in welchem Umfang das Unternehmen seine Risiken begrenzt. Für Stromproduzenten ergeben sich dafür beispielsweise folgende Möglichkeiten: Einerseits können über langfristige Power Purchase Agreement (PPA), die in der Regel mit entsprechenden Preisanpassungsklauseln versehen sind, die 16 Spotmarkt gehandelte Volumen erhöhte sich in 2010 um rund 37 % auf 279 TWh (Vj. 203 TWh). Insbesondere Portfolioverwalter und Eigenhändler. 1 PLUS i GmbH Februar 2011 6 von 14

gesamten Investitions- und Produktionskosten nebst adäquater Verzinsung abgedeckt werden und somit die Risiken aus der Investition ohne Einsatz von zusätzlichen Termingeschäften abgesichert werden (Natural Hedge). Diese Sicherungsstrategie reduziert, bei isolierter Betrachtung, auch die Chance auf zusätzliche Erträge. Sieht demgegenüber die Unternehmensstrategie einen marktpreisorientierten Vertrieb vor, ist der Energieerzeuger bestrebt, den Einsatz seiner Kraftwerkanlage durch sog. Make-or-Buy-Entscheidung zu optimieren. Diese Optimierung erfolgt beispielsweise bei einem Kohle- bzw. Gaskraftwerk anhand des Dark bzw. des Spark Spread. Dieser Spread entspricht jeweils der Differenz zwischen den Kosten für den eingesetzten Brennstoff und dem Strompreis zum Lieferzeitpunkt. Dabei ist, in Abhängigkeit davon ob die Kosten aus den Emissionsrechten mit in dem Spread eingepreist sind, zudem zwischen dem Dirty und Clean Spread zu differenzieren. Die Absicherung dieser Spreads kann beispielsweise durch den Einsatz von Termingeschäften auf den Brennstoff (Longposition) und den Phelix-Future 17 (Shortposition) erreicht werden. Bei dieser Sicherungsbeziehung kann der Kraftwerksbetreiber, wie bei einer Put-Option, vor der Lieferung entscheiden, ob er den Strom produziert oder über den Spotmarkt beschafft und die Inputfaktoren verkauft. Insofern kann ein Kraftwerk nach der Realoptionstheorie als Option auf den Strompreis betrachtet werden. Eine weitere Maßnahme zur Begrenzung der Ertragsrisiken aus kurzfristigen Preisschwankungen wird von der RWE AG im Geschäftsbericht 2009 wie folgt beschrieben: Im Erzeugungsgeschäft begrenzen wir die Risiken auch dadurch, dass wir unseren Strom größtenteils frühzeitig über Terminkontrakte absetzen und die für die Erzeugung benötigten Brennstoffe und Emissionszertifikate entsprechend den Stromverkäufen preislich absichern. Unsere Stromerzeugung für 2010 haben wir in Deutschland bereits nahezu vollständig und die für 2011 schon zu über 70 % am Markt platziert (Stand: 31. Januar 2010). Das im Folgenden beschriebene Hedge Accounting ist hingegen nicht als Teil des Risikomanagements zu betrachten. Es stellt lediglich die Abbildung der ökonomischen Sicherungsbeziehungen in der externen Rechnungslegung dar. Allerdings empfiehlt es sich bereits bei der Erstellung des Risikomanagementprozesses, auch die Anforderungen an die Rechnungslegung mit einzubeziehen. Bilanzierung nach IFRS Für die Bilanzierung von Finanzinstrumenten sieht IAS 39 in Abhängigkeit von der jeweiligen Klasse z. B. at fair value through profit or loss (afv) für zu handelszwecken erworbene Derivate unterschiedliche Bilanzierungskonzepte vor. 17 Beim Dark Spread ist ein Baseload- und beim Spark Spread ein Peakload-Produkt einzusetzen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Kohlekraftwerke zur Erzeugung der Grundlast und Gaskraftwerke für die Produktion der Spitzenlast eingesetzt werden. 1 PLUS i GmbH Februar 2011 7 von 14

Bei Verträgen über nicht finanzielle Posten wie z. B. Strom ist zu prüfen, ob diese in den Anwendungsbereich des IAS 39 fallen. Dabei ist auf das Merkmal Net Settlement abzustellen. Hierbei sind vier Ausprägungen zu unterscheiden: Der erworbene / veräußerte nicht finanzielle Vermögensgegenstand kann jederzeit in Zahlungsmittel umgewandelt werden (IAS 39.6 d); dies ist aufgrund des liquiden Stromgroßhandelsmarkt stets der Fall; Ein Ausgleich in Bar, durch ein Finanzinstrument oder durch Tausch von Finanzinstrumenten ist nach den Vertragsbedingungen gestattet (IAS 39.6a); Ein Ausgleich in Bar, durch ein Finanzinstrument oder durch Tausch von Finanzinstrumenten ist nach den Vertragsbedingungen nicht explizit gestattet, entspricht aber der gewöhnlichen Abwicklungsmodalität ähnlicher Verträge (IAS 39.6b) (z. B. bei Glattstellung eines Stromtermingeschäfts); Eine Weiterveräußerung des nicht finanziellen Postens entspricht bei ähnlichen Verträgen der Unternehmenspraxis (IAS 39.6c) z. B. Eigenhandel. Auf einen Vertrag über den Kauf oder Verkauf eines nicht finanziellen Postens, der zwecks Empfang oder Lieferung gemäß des erwarteten Einkaufs-, Verkaufs- oder Nutzungsbedarfs des Unternehmens abgeschlossen wurde, ist, auch wenn die ersten beiden Ausprägungen von Net Settlement (IAS 39.6 lit. a und d) vorliegen, verpflichtend die sog. Own Use Exemption anzuwenden. Die entsprechenden Verträge fallen hierbei nicht in den Anwendungsbereich des IAS 39 sondern sind als schwebendes Geschäft i. S. d. IAS 37.1 und 3 grundsätzlich bis zur Erfüllung nicht zu bilanzieren. Allerdings ist, falls das schwebende Geschäft einen negativen Fair Value aufweist, eine entsprechende Rückstellung zu bilden. Aus der Bildung der Rückstellung können sich jedoch erhebliche Schwankungen in der Gewinn- und Verlustrechnung ergeben. In den beiden letzten dargestellten Ausprägungen des Net Settlement (IAS 39.6 lit. b und c) fallen die Verträge stets in den Anwendungsbereich des IAS 39. Für Unternehmen der Energiebranche gelten die beiden nachfolgenden Formen des Net Settlements nicht als tatsächlicher Barausgleich, weshalb auch in diesen Fällen bei Erfüllung aller anderen Voraussetzungen die Own Use Exemption anzuwenden ist. Kaskadierung von Termingeschäften mit Jahres- oder Quartalsmengen z.b. eines German-Baseload-Year-Futures (EEX). (Dies gilt trotz eines erfolgswirksamen Barausgleichs des positiven oder negativen Zeitwertes ( Variation Margins) vgl. HFA 25 Tz. 30 ff.) Profilierung 18, diese ergibt sich aufgrund der fehlenden Handelbarkeit von Futures höherer Granularität, die weiter in der Zukunft liegen (z. B. Monatsfutures Nov. 2014 über 12 MWh). 18 Dabei wird zunächst ein Termingeschäfte mit längerer Lieferzeit z. B. Jahresfutures 2014 (12 Teillieferungen je 1 MWh) erworben. Dieses wird sobald am Markt ein Termingeschäft mit kürzerer Lieferzeit (z. B. Quartalsfuture Q4 2014) handelbar ist, durch dieses ersetzt. Dies wiederholt sich, bis der gewünschte Lieferzeitraum handelbar ist. (vgl. HFA 25 Tz. 33 ff.) 1 PLUS i GmbH Februar 2011 8 von 14

Hedge Accounting Für Unternehmen aus der Energiebranche ergibt sich häufig die Situation, dass die Own Use Exemption nicht auf das Sicherungsinstrument anwendbar ist, weil dieses gewöhnlich durch einen finanziellen Ausgleich erfüllt wird. Dies hat zur Folge, dass das Sicherungsinstrument in den Anwendungsbereich des IAS 39 fällt und die Änderungen des Fair Value erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen sind. Wenn es sich in dieser Konstellation bei dem abgesicherten Grundgeschäft um eine geplante Stromlieferung (Forecast Transaction) handelt, die noch nicht zu bilanzieren ist, würde sich nur aufgrund von unterschiedlichen Bilanzierungsvorschriften eine Volatilität in der Gewinnund Verlustrechnung des Monats-, Quartals- bzw. Jahresabschlusses darstellen, die bei einer rein wirtschaftlichen Betrachtung über den gesamten Zeitraum, aufgrund der Kompensation der gegenläufigen Wertveränderungen, nicht existiert. Da die Abbildung einer Asymmetrie in der Gewinn- und Verlustrechnung dem Grundsatz des True and Fair View widerspricht, sieht IAS 39 für Sicherungsgeschäfte abweichende Bilanzierungsvorschriften (IAS 39.89 bis 102) vor. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um ein Recht, sondern um ein Privileg. Allerdings besteht zukünftig nicht mehr die Möglichkeit, die Bilanzierung nach den Vorschriften des Hedge Accounting freiwillig zu beenden, solange die Sicherungsbeziehung als Risikomanagementmaßnahme aufrechterhalten wird. Zulässige Sicherungsgeschäfte Ein Sicherungsgeschäft ist nach IAS 39.71 als die designierte Sicherungsbeziehung zwischen einem gesicherten Grundgeschäft und einem Sicherungsinstrument definiert. Gesicherte Grundgeschäfte können nach IAS 39.78 ff., die im Folgenden genannten bilanziellen und außerbilanziellen Positionen sein: 19 Vermögenswerte Verbindlichkeiten Bilanzunwirksame feste Verpflichtungen oder Eine künftige Transaktion, die mit hoher Wahrscheinlichkeit durchgeführt wird z. B. geplante Stromliefer- bzw. Strombeschaffungsgeschäfte. Ein Derivat qualifiziert sich hingegen nach dem derzeitig gültigen Standard mit Ausnahme einer erworbenen Option, die durch eine geschriebene Option abgesichert wird, nicht als gesichertes Grundgeschäft. Die gesicherten Grundgeschäfte können sowohl einzeln als auch als Gruppe 20 berücksichtigt werden. Für Grundgeschäfte, bei denen ein Sicherungsinstru- 19 20 Der Kontrahent des Grundgeschäfts muss eine nicht zum Unternehmen gehörende dritte Partei sein, andernfalls kann das Sicherungsgeschäft nicht im Konzernabschluss bilanziert werden (IAS 39.80). Eine Ausnahme stellt die Absicherung von Währungsrisiken dar. Vorausgesetzt wird, dass die einzelnen finanziellen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Portfolios dem gleichen als abgesichert bestimmten Risikofaktor unterliegen. Des Weiteren muss (in Bezug auf dieses Risiko) zwischen der Sensitivität jeder einzelnen Position des Portfolios und der Sensitivität des gesamten Portfolios ein in etwa proportionales Verhältnis bestehen (IAS 39.83). Der Nachweis der Homoge- 1 PLUS i GmbH Februar 2011 9 von 14

ment nicht einem bestimmten, sondern lediglich einer Nettoposition (Makrohedge) von Grundgeschäften gegenübergestellt wird (IAS 39.84), ist ein Sicherungsgeschäft nicht zulässig. Ebenso darf sich das Sicherungsinstrument nicht nur auf allgemeine operationale Risiken, wie beispielsweise den Ausfall eines Kraftwerkes beziehen. Der Entwurf Hedge Accounting sieht derzeit noch keine Änderungen der bestehenden Regelung zur Bilanzierung einer Makrosicherung vor. Allerdings enthält der Entwurf eine Ausweitung der Möglichkeiten Nettopositionen wie z. B. Fremdwährungsnettopositionen in der Bilanz darzustellen. Die Absicherung einzelner Risikokomponenten eines Grundgeschäfts ist nach den derzeit gültigen Vorschriften zum Hedge Accounting zulässig, sofern es sich um finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten handelt (IAS 39.81). Dies gilt jedoch unter der Bedingung, dass die Effektivität der Absicherung bestimmt werden kann und das einzelne Risiko identifizierbar und bewertbar ist. Im Gegensatz dazu kann ein Grundgeschäft, bei dem es sich um einen nicht finanziellen Vermögenswert oder eine nicht finanzielle Verbindlichkeit handelt, mit Ausnahme des Fremdwährungsrisikos nur gegen sämtliche Risiken abgesichert werden (IAS 39.82). Mit dem Entwurf Hedge Accounting wird vorgeschlagen, diese Beschränkung aufzuheben, so dass zukünftig nur noch im Vordergrund steht, ob das einzelne Risiko identifizier- und bewertbar ist. Im Gegensatz zum gesicherten Grundgeschäft sind als Sicherungsinstrument derzeit nur Derivate 21 zulässig. Bei einem Derivat im Sinne des IAS 39.9 handelt es sich um ein Finanzinstrument 22 nach IAS 32 oder einen anderen Vertrag, das bzw. der die folgenden drei Merkmale kumulativ erfüllt: die Wertveränderung des Finanzinstruments oder Vertrages ist abhängig von der zugrunde liegenden Variablen (z. B. Phelix-Day-Peak-Monatsindex); es sind keine oder im Verhältnis zu anderen Verträgen, die in ähnlicher Weise auf Marktbedingungen reagieren, geringere Anfangszahlungen erforderlich und der Erfüllungszeitpunkt liegt in der Zukunft. Der Definition eines Derivates entsprechen beispielsweise Forwards, Future, Swaps, Optionen, Caps und Floors. Nach IAS 39.75 ist es möglich, dass von diesen Sicherungsinstrumenten nur ein bestimmter Anteil am Nominalwert zur Absicherung verwendet wird. Nicht möglich ist hingegen, dass eine Sicherungsbeziehung nur für einen verbleibenden Teil der (Rest-)Laufzeit des Sicherungsinstruments besteht (IAS 39.75). nität ist in Form einer Korrelationsanalyse zu erbringen. Als Datenbasis sind die historischen Preise (Einzelverträge und Portfolio) zugrunde zu legen. Die Korrelation muss dabei mindestens 90 % betragen. 21 Geschriebene Optionen können nicht als Sicherungsinstrument verwendet werden, sofern diese nicht zur Glattstellung einer erworbenen Option verwendet werden. 22 Finanzinstrumente, die von einem zum berichtenden Unternehmen gehörenden Unternehmen begeben werden, können nicht als Sicherungsinstrumente berücksichtigt werden. 1 PLUS i GmbH Februar 2011 10 von 14

Voraussetzungen für die Bilanzierung Die Bilanzierung eines Sicherungsgeschäfts ist nur möglich, wenn die Sicherungsbeziehung bereits zu Beginn die im Folgenden aufgezeigten Voraussetzungen des IAS 39.88 erfüllt: Hohe Wahrscheinlichkeit der Wirksamkeit der Absicherung (IAS 39.88 b), Hohe Eintrittswahrscheinlichkeit der abzusichernden zukünftigen Transaktion (IAS 39.88 c), Verlässliche Bestimmbarkeit der Wirksamkeit (IAS 39.88 d), Fortlaufende Beurteilung des Sicherungsgeschäftes (IAS 39.88 e), Formal festzulegen sind Risikomanagementzielsetzung und -strategie, Sicherungsbeziehung, Dokumentationspflichten (IAS 39.88 a) Bezeichnung des abgesicherten Grundgeschäfts, Art des abzusichernden Risikos, Bezeichnung des Sicherungsinstruments, Beschreibung der Methode zur Effektivitätsbestimmung. Sofern die derivativen Finanzinstrumente diese Voraussetzungen erfüllen, bestehen hinsichtlich der Umstände unter denen sie als Sicherungsinstrument designiert werden keine Beschränkungen (IAS 39.72). Nach IAS 39 ist zur Bestimmung der Zulässigkeit der Anwendung des Hedge Accounting sowohl ein prospektiver 23 als auch retrospektiver Nachweis über die Wirksamkeit der Sicherungsbeziehung zu erbringen. Für die Ermittlung der Wirksamkeit wird keine Methode vorgegeben, jedoch muss diese angemessen sein. Dies ist beispielsweise bei der häufig verwendeten Dollar-offset-Methode der Fall. Die Effektivität der Sicherungsbeziehung (dem Grunde nach) gilt dann als gegeben, wenn die Hedge-Quote innerhalb einer Bandbreite von 80 % bis 125 % liegt. Darüber hinaus ist, wenn die grundsätzliche Wirksamkeit der Effektivität festgestellt wurde, anhand der kumulierten Dollar-Offset-Methode der Betrag einer gegebenenfalls bestehenden Ineffektivität zu bestimmen. Damit zukünftig auch Sicherungsbeziehungen, die zwar ökonomisch wirksam sind, aber bisher aufgrund der vorzunehmenden Effektivitätstests nicht in der Rechnungslegung berücksichtigt werden konnten, bilanziell abgebildet werden können, wird nach den Vorschlägen des Entwurfs Hedge Accounting zukünftig auf den retrospektiven Effektivitätstest verzichtet. Ferner wird die quantitative Anforderung an den prospektiven Effektivitätstest, dass die Hedge-Quote innerhalb einer starren Bandbreite zwischen 80 % und 125 % liegen muss, aufgrund des dem Entwurf zugrunde liegenden prinzipienorientierten Ansatzes, durch eine qualitative 24 Betrachtung der Effektivität ersetzt. 23 24 Die Messung der zukünftigen Effektivität ist sowohl bei Begründung der Sicherungsbeziehung als auch während der Laufzeit vorzunehmen. Vgl. B32 Entwurf Hedge Accounting. Es ist nachzuweisen, dass sich aus der Sicherungsbeziehung ein systematischer Ausgleich der Wertänderungen ergibt und eine angemessene Hedge-Quote erreicht wird. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn beispielsweise die wesentlichen Merkmale (Nominalbetrag, Laufzeit und Underlying) des gesicherten Grundgeschäfts 1 PLUS i GmbH Februar 2011 11 von 14

Bilanzierung von Sicherungsgeschäften Nach IAS 39.86 sind drei Arten von Sicherungsgeschäften in Abhängigkeit des aus dem Grundgeschäft resultierenden Risikos zu unterscheiden: Fair Value Hedge (IAS 39.86 lit. a), Cashflow Hedge (IAS 39.86 lit. b), Net Investment Hedge 25 (IAS 39.86 lit. c). Der Fair Value Hedge ist die Absicherung gegen das Risiko einer Veränderung des beizulegenden Zeitwertes eines bilanzierten Vermögensgegenstandes, einer bilanzierten Verbindlichkeit oder eines noch bilanzunwirksamen schwebenden Geschäftes, die sich in der Gewinn- und Verlustrechnung auswirkt (IAS 39.86a). Beispielsweise liegt ein Fair Value Hedge vor, wenn das Preisrisiko aus einem verpflichtenden, aber noch schwebenden Energieliefergeschäft durch ein Terminverkaufsgeschäft abgesichert wird. 26 Bei dieser Form des Hedge Accounting ist sowohl der aus der Folgebewertung des Sicherungsinstruments resultierende Gewinn bzw. Verlust, als auch die Änderung 27 des Fair Value des gesicherten Grundgeschäfts in der Gewinn- und Verlustrechnung zu berücksichtigen. Dadurch kann, soweit eine perfekte Effektivität des Sicherungsgeschäfts gegeben ist, die Risikokompensation auch in der Gewinn- und Verlustrechnung dargestellt werden (IAS 39.89). Beim Cashflow Hedge handelt es sich um die Absicherung von bilanzierten Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten bzw. von geplanten Transaktionen gegen das Risiko volatiler Zahlungsströme, die sich auf das Jahresergebnis auswirken könnten (IAS 39.86b). Der Gewinn oder Verlust aus dem Sicherungsinstrument ist dabei, soweit es sich um eine wirksame Absicherung handelt, erfolgsneutral im sonstigen Ergebnis (OCI) zu erfassen, während der auf den ineffektiven Teil der Absicherung entfallende Gewinn oder Verlust aus dem Sicherungsinstrument erfolgswirksam in der GuV abzubilden ist (IAS 39.95). Der im sonstigen Ergebnis ausgewiesene Gewinn oder Verlust ist in derselben Periode (oder in denselben Perioden), in der (oder in denen) aus dem Grundgeschäft Gewinne oder Verluste erfolgswirksam in der GuV erfasst werden, vom Eigenkapital in die GuV umzugliedern (IAS 39.97ff.). Dadurch wird erreicht, dass das Sicherungsgeschäft symmetrisch und periodengerecht abgebildet wird. Nach dem Vorschlag des Entwurfs sollen zukünftig sämtliche Wertveränderungen aus Sicherungsgeschäften in einem gesonderten Posten erfolgsneutral unter dem Eigenkapital ausgewiesen werden. Die Gleichbehandlung von Cashflow und Fair Value Hedge fördert das gesetzte Ziel nach mehr Transparenz hinsichtlich der Darstellung der Auswirkungen der vorgenommenen Risikomanagementmaßnahmen in der Rechnungslegung. 25 26 27 und des Sicherungsinstruments übereinstimmen oder gleichgerichtet sind. (Vgl. B33f. Entwurf Hedge Accounting ) Absicherung einer Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb. Vgl. Haufe IFRS Kommentar, 7. Auflage, Tz. 241. Die Änderung des Fair Value ist jedoch nur in Höhe des Gewinns oder Verlust zu erfassen, der der Absicherung des Risikos aus dem Grundgeschäft zuzurechnen ist. 1 PLUS i GmbH Februar 2011 12 von 14

Die Bilanzierung nach IAS 39.95 bis 39.100 ist jedoch einzustellen, falls das Sicherungsgeschäft (IAS 39.101): ausläuft, veräußert, beendet oder ausgeübt wird (dies gilt nicht, falls ein Sicherungsinstrument durch ein anderes ersetzt oder fortgesetzt wird und dies Teil der dokumentierten Sicherungsstrategie ist), nicht mehr die Kriterien des IAS 39.88 erfüllt oder falls das Unternehmen die Designation zurückzieht bzw. dass mit dem Eintritt der erwarteten Transaktion nicht mehr gerechnet wird. In diesen Fällen wird der bisher gesonderte Ausweis des kumulierten Gewinns oder Verlusts im Eigenkapital beibehalten und entsprechend IAS 39.97, 39.98 und IAS 39.100 behandelt. Dies gilt nicht, falls die geplante Transaktion nicht mehr durchgeführt werden soll. Hierbei ist der Gewinn oder Verlust aus dem Eigenkapital in die GuV umzugliedern. (IAS 39.101) Die Bilanzierung der Absicherung einer Nettoinvestition in einen ausländischen Geschäftsbetrieb ist analog zum Cashflow Hedge vorzunehmen (IAS 39.102). Zusammenfassung Aus dem Entwurf Hedge Accounting sind folgende Erleichterungen für die bilanzielle Abbildung von ökonomischen Sicherungsbeziehungen hervorzuheben: Die im Entwurf vorgeschlagenen Regelungen ermöglichen zukünftig auch die Absicherung einzelner Preiskomponenten eines Vertrages über einen nicht finanziellen Posten, soweit das einzelne Risiko identifizier- und bewertbar ist. Es wird zukünftig auf einen rückblickenden Effektivitätstest verzichtet. Die vorausschauende Beurteilung der Effektivität der Sicherungsbeziehung erfolgt nicht mehr anhand einer starren Hedge-Quote (80% bis 125 %) sondern mittels eines qualitativen Effektivitätstests. Diese Vorschläge ermöglichen es, dass die zur Steuerung der Preisrisiken erworbenen Sicherungsinstrumente in einem größeren Umfang, entsprechend der tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten, bilanziell abgebildet werden. Ferner werden zukünftig auch die Auswirkungen des Risikomanagements besser aus der Rechnungslegung ersichtlich sein, da bei einem Fair Value Hedge analog zum Cashflow Hedge die Wertänderungen in einem gesonderten Posten unter dem Eigenkapital auszuweisen sind. Leider ist auch festzuhalten, dass dieser Entwurf noch keine Vorschläge hinsichtlich der Bilanzierung eines Makrohedge beinhaltet. Insofern wurde das gesetzte Ziel, eine adäquate Brücke zwischen Risikomanagement und Rechnungslegung zu spannen, noch nicht vollständig erreicht. Allerdings sind bezüglich des Entwurfes Hedge Accounting Kommentierungen zum 9. März 2011 erbeten, um die der Entwurf gegebenenfalls modifiziert werden wird. 1 PLUS i GmbH Februar 2011 13 von 14

Die erstmalige Anwendung der neuen Vorschriften ist für die Geschäftsjahre vorgesehen, die am bzw. nach dem 1. Januar 2013 beginnen. 1 PLUS i GmbH Februar 2011 14 von 14