Burnout: Psychische Gesundheit und Stress Freiraum schaffen in der Belastung Dr. med. Jörg Püschel Chefarzt Klinik für Psychiatrie & Psychotherapie Öffentlicher Vortrag 11. März 2014 Spitäler Schaffhausen PowerPoint Präsentation, 06.01.2010, Folie Nr. 1, Jörg Püschzel Übersicht 1. Burnout und Stress in den Schlagzeilen 2. Situativer und chronischer Stress 3. Wie entsteht ein Burnout und wie erkennt man es? 4. Was kann ich machen, um mich wohl zu fühlen und gesund zu bleiben (oder wieder zu werden)? 1
Burnout in den Medien Burnout in den Medien 20 Minuten 18.9.2012 2
Schweizer Erwerbstätige: Zunahme des Stressempfindens www.seco.admin.ch Das sind die Belastungsfaktoren % www.seco.admin.ch 3
Chronischer Stress ist ein Vorläufer von Burnout Wer sich gestresst fühlt, fühlt sich oft auch emotional erschöpft Haben Sie an der Arbeit das Gefühl, emotional verbraucht zu sein? 4% 21% 75% Trifft nicht zu Trifft eher zu Trifft völlig zu Ein Viertel hat ein Burnout oder ist Burnout-gefährdet www.seco.admin.ch Von der Lebenserhaltungsreaktion zur unnötigen Daueralarmierung Wir leben in einer Dienstleistungsgesellschaft: Kampf und Flucht passen nicht. Stress ist eine ursprüngliche Lebenserhaltungsreaktion, um grosse Energie bereit zu stellen und um für den Kampf oder die Flucht vorbereitet zu sein. Die körperliche Stressreaktion läuft unter Belastung trotzdem ab und führt zu einer unnötigen Daueralarmierung. 4
Stressreaktion des Menschen Verhalten Symptome Wachheit Leistung Rückzug Gefahr! Verlust! Zu viel! Gedanken Reaktionen im Körper Adrenalin Blutdruck Cortisol Angst Wut Ohnmacht Emotionen Eine Definition von Stress Stress ist ein Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen an eine Person und ihren Bewältigungsmöglichkeiten 5
Wie wird Stress ausgelöst? Stress hängt ab von: - von äusseren Stressoren - der Bewertung der Situation durch das Individuum - von persönlichen Risikofaktoren Gefährlich oder Vorgänge im Körper nicht gefährlich? Bewertung im Gehirn Stressreaktion ausgelöst durch Nervensystem und Stresshormone schnell verzögert 6
Die schnelle Reaktion im Körper Die Sympathikus-Nebennierenmark- Achse (SNA, SAM) Doppelte Übertragung durch - Vegetatives Nervensystem (Sympathikus) - Nebennierenmark-Hormone Adrenalin und Noradrenalin Wirkung an Zielorganen: Energieträger werden mobilisiert, Skelettmuskulatur und Herz- Kreislauf-System im Hinblick auf körperliche Leistung stimuliert und lebenswichtige Funktionen gesichert (Kampf- und Fluchtreaktion). Kurzfristige Stress-Symptome Kurzfristige Körperliche Stress-Symptome sind harmlos. Sie können lästig sein, wenn sie bei geringem Anlass auftreten. 7
Die verzögerte Reaktion im Körper und wenn sie chronisch wird Die Hypothalamus- Hypophysen- Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) Cortisol wird leicht verzögert ausgeschüttet und verstärkt zuerst die Stressreaktion. Es hemmt aber die Ausschüttung von Stresshormonen und beendet so die Stressreaktion. Bei chronischem Stress (Gefühl der Hilflosigkeit) funktioniert die Hemmung nicht mehr und Cortisol bleibt hoch. 8
Vom situativen zum chronischen Stress Schwellenwert der eigenen Bewältigungsmöglichkeiten 9
Beschwerden wenn der Stress chronisch wird Organ Kurzfristig Chronisch Herz-Kreislauf Blutdruck, Puls erhöht Hypertonie, Rythmusstörung Magendarmtrakt Verlangsamt, Durchfall Verstopfung, Blähung, Reizdarm Zuckerstoffwechsel Blutzucker steigt Erhöhter Blutzucker Urogenitaltrakt Harnstopp Sexuelle und Zyklusstörungen Gehirn Fokussierung der Aufmerksamkeit Konzentrations- und Gedächtnisstörungen Bewegungsapparat Muskeln aktiviert Muskelverspannungen Schmerzempfinden Vermindert Chronische Schmerzen Blutgerinnung Aktiviert Thrombose- und Infarktanfälligkeit 10
Was ist ein Burnout? Was ist ein Burnout? Burnout ist ein psychologisches Syndrom bei Menschen, die mit Menschen arbeiten: Emotionale Erschöpfung Entfremdung, Zynismus sich selbst fern, entfremdet sein nicht mehr lebendig, emotional abgestumpft sein Distanzierung zu Klienten und Aufgaben, Zynismus Verminderte persönliche Effektivität bei der Arbeit Verlust des Vertrauens in eigene Fähigkeiten Versagensgefühle 11
Burnout: Verhaltensauffälligkeiten Substanzkonsum (Alkohol, Beruhigungsmittel, Tabak, Kaffee) Erhöhte Aggressivität Häufiges Fehlen am Arbeitsplatz Längere Pausen Verminderte Leistungsfähigkeit 12
Persönliche Risikofaktoren für Burnout Jüngeres Alter Alleinstehend Wenig Flexibilität Äussere Kontrollüberzeugung Introversion Ängstlichkeit (Neurotizismus) Niedriges Selbstwertgefühl Vermeidendes Verhalten Quelle: B. Hochstrasser 13
Berufliche Risikofaktoren für Burnout Hohe Arbeitsbelastung Unerfüllte Erwartungen Rolle unklar, Rollenkonflikte Belastende Ereignisse Mangelnde soziale Unterstützung Mangelnde Unterstützung durch Vorgesetzten Mangelnde Autonomie Vom Burnout zur Depression Leichtes Burnout Burnout wird zur Depression Depression Ähnliches Erscheinungsbild, steigender Schweregrad Burnout ist Arbeitsplatzbezogen, Depression betrifft alle Bereiche Je schwerer das Burnout, desto eher entsteht eine Depression Einer schweren Depression geht in der Regel kein Burnout voraus 14
Therapie von Burnout und Depression Behandlung der Symptome Pharmakotherapie (Antidepressiva, Schlafmittel) Psychotherapie Stressmanagement Besserer Umgang mit Stressoren (Probleme lösen, Arbeitsstrukturierung, Verbesserung der Kommunikation) Stressverstärker angehen (Perfektionismus, Anerkennungssucht, Verallgemeinerungen, übertriebener Selbstbezug) Regeneration (Entspannungstechniken, Körperarbeit, Bewegung) Lebensbalance, Sinnfindung Haltungen, Werte, Ziele Beziehungen Burnout-Behandlung I Sorgfältige psychiatrische und internistische Abklärung (evt. Abklärung Schlafmedizin) und Diagnostik Behandlung eines leichten Burnouts Arbeitspsychologische Interventionen Entspannungsverfahren Sportliche Aktivität Stressbewältigungsstrategien 15
Burnout-Behandlung II Behandlung eines schweren Burnouts mit Depression Psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung der Depression (falls erforderlich mit Einsatz von Antidepressiva) Bei erfolgreicher Therapie sorgfältige Planung der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess (inkl. Einbezug des Arbeitgebers, arbeitspsychologische Massnahmen, Stressbewältigungsstrategien, evt. individuelles Coaching) Stationäre Behandlung kann sinnvoll sein Behandlung im Psychiatriezentrum Breitenau Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie hat spezialisierte diagnostisch-therapeutische Schwerpunktstationen Schwerpunktstation Affektive Störungen Ambulante Abklärung von Depressionen, Burnout und Angststörungen Psychotherapie und Psychopharmakotherapie Depressionsspezifische Therapieangebote Arbeitsrehabilitation in der Tagesklinik Leitung: Oberarzt Heinz Schutzbach 16
Wie beugt man vor? - Ich für mich selbst - Als Betrieb, als Vorgesetzter Persönliches Vorbeugen des Burnouts Distanz schaffen Bremsen, Verlängertes Wochenende, Timeout Standortbestimmung: Wie fühle ich mich (und wie gut habe ich meine Ziele erreicht) bei Gesundheit Beziehungen Arbeit Sinn Prioriäten setzen: Wichtiges zuerst Ressourcen gewinnen (Zeitmanagement, Delegieren) 17
Persönliches Vorbeugen des Burnouts Entspannung lernen, ins Leben einbauen Gesunder Lebensstil (Ernährung, Schlaf, Genussmittel) Bewegung, Sport Genuss pflegen Beziehungen mehr Raum geben, aktiv gestalten Soziale Fertigkeiten entwickeln (Nein Sagen, Anliegen vertreten, Umgang mit Konflikten) Entscheide fällen bezüglich Job Erkennen: Das unermüdliche Vorwärts treibt in die Erschöpfung 18
Freiraum schaffen Die stimmige Distanz 19
Päckchen packen Ich oder ein Teil von mir Ich bin erschöpft Etwas in mir ist erschöpft 20
Der Innere Kritiker (auch nur ein Teil von mir ) Gefühle wahrnehmen Ein Gefühl ist wie ein Kind, das in uns lebt und weint und lacht 21
Innehalten Achtsamkeit heisst die Aufmerksamkeit absichtsvoll in einer bestimmten Weise ausrichten im gegenwärtigen Augenblick nicht wertend 22
Freiraum in der Bewegung und im Sport Übertriebener Ehrgeiz ist nicht gut für den Freiraum Leiden ist eine Option Auf die richtige Balance kommt es an 23
Literaturtipp Susanne Kersig Entspannt und klar Freiraum finden bei Stress und Belastung Goldmann Arkana CHF 26.90 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Unter Verwendung von Materialien von: Barbara Hochstrasser Toni Brühlmann Dieter Kissling Kausalpsychotherapie.de Regula Häne Susanne Kersig 24