Die Auswirkungen des Euro auf den Außenhandel der EU und Österreichs



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Transkript:

Die Auswirkungen des Euro auf den Außenhandel der EU und Österreichs Harald Badinger 4. FIW Vorlesung, 16 April 2012, BMWFJ

Übersicht I. Exporte der Eurozone, 1996-2007 II. Back-of-Envelope Berechnung der Effekte des Euro III. Theoretischer Hintergrund IV. Extensiver vs. intensiver Rand V. Handelseffekte des Euro a) gesamt b) nach Sektoren c) nach Transmissionskanälen d) nach Ländern VI. Schätzung eines Gravitationsmodells für Österreich VII. Schlussfolgerungen

I. Exporte der Eurozone, 1995-2007 (Mrd. USD) 4000 3500 3000 2500 2000 1500 World EU11 EU27 1000 500 0 1995 2000 2005 2010 Quelle: FIW (IMF, DoT)

I. Exporte der Eurozone, 1996-2007 (Steigerung) Exporte, EU11 Gesamt (Welt): 116% EU11: 102% Differenz: 14% Wirtschaftswachstum, real (nominell) Welt: 42% (84%) EU11: 28% (66%) Differenz: 14% (18%)

II. Handelseffekte des Euros: Back-of-Envelope Berechnung Gravitationsmodell: Determinanten des Handelswachstum Wachstum des Welthandels, 1958-1988 (Baier und Bergstrand, JIE, 2001) 66% durch BIP-Wachstum 25% durch Integration 8% durch Transportkosten Wachstum des EU-Handels, 1950-2000 (Badinger und Breuss, RWE, 2004) 70% durch BIP-Wachstum 19-26% durch EU-Integration

II. Handelseffekte des Euros: Back-of-Envelope Berechnung Gravitationsmodell: Prognose EXPORTE ij [%] = + (BIP i + BIP j )[%] + (BIP EU11 + BIP WELT ): 40% (nom.: 81%) (BIP EU11 + BIP EU11 ): 28% (nom.: 66%) 2-2.5 EXPORTE EU11,Welt : 80% (162%) EXPORTE EU11,EUR11 : 56% (132%) Differenz: 24% (30%)

II. Handelseffekte des Euros: Back-of-Envelope Berechnung Gravitationsmodell: Prognose Diskrepanz hätte um 10-16% stärker ausfallen müssen (als 14%) Handelseffekte des Euros? Alternative Erklärungen?

III. Theoretischer Hintergrund Melitz (2003) Reduktion von fixen Handelskosten erhöht extensiven Rand des Außenhandels Reduktion von variablen Handelskosten erhöht extensiven und intensiven Rand des Außenhandels Chaney (2006) Handelseffekt hängt negativ von der Substitutionselastizität der Nachfrage ab Effekte für differenzierte Güter stärker

IV. Extensiver und intensiver Rand der Exporte Extensiver Rand (EM) EM ij L L ij, t t P P Wj Wj X X Wj Wj, wobei L ij die Menge der beobachtbaren Kategorien bezeichnet, in denen Land i positive Exporte nach Land j aufweist.

IV. Extensiver und intensiver Rand der Exporte Intensiver Rand (IM) IM ij L L t ij, t P P ij Wj X X ij Wj Exportanteil von Land i an Gesamtexporten der Welt in Land j in Güterkategorien, in denen Land i positive Exporte nach Land j aufweist.

IV. Extensiver und intensiver Rand der Exporte Marktanteil der Exporte (OM) OM ij EM ij IM ij Anteil der Exporte von Land i nach Land j an den Gesamtimporten von Land j.

IV. Extensiver und intensiver Rand der Exporte Exportränder, EU11, 2007 (Ländermittel) Intra-Euro Extra-Euro Intra-EU Extra-EU Welt EM 0.6855 0.2394 0.6401 0.2046 0.2621 IM 0.0662 0.0318 0.0574 0.0299 0.0335 Quelle: Badinger und Türkcan (2012)

V. Handelseffekte des Euros: a) gesamt Quelle: Badinger (2012)

V. Handelseffekte des Euros: b) nach Sektoren Effekte des Euro besonders ausgeprägt in Sektoren mit steigenden Skalenerträgen, unvollkommenem Wettbewerb stark verarbeiteten (differenzierten) Gütern zb Pharmazeutische Industrie, Maschinenbau, Konsumgüterindustrie. Schwächste Effekte Homogene Güter zb Land- und Forstwirtschaft, Bergbau Deckt sich mit theoretischen Argumenten von Chaney (2008).

V. Handelseffekte des Euros: c) nach Transmissionskanälen Ergebnisse stark variierend Badinger und Türkcan (2012): Gesamteffekt (IM+EM) ca. 4%-13% fast ausschließlich über intensiven Rand teilweise negative Effekte auf extensiven Rand

V. Handelseffekte des Euros: d) nach Ländern Handelseffekte des Euro nach Ländern Land Gesamt HK MA Austria 18.2 13.7 4.45 Belgium-Luxemburg 17.2 16.9 0.3 Finland 8.5 5.5 2.96 France 14.9 14.9-0.01 Germany 26.9 15.6 11.28 Greece -10.3-2.4-7.94 Ireland 0.3 9.6-9.29 Italy 10.1 13.5-3.36 Netherlands 16.3 19.3-3.04 Portugal 0.6 3-2.44 Spain 16.9 21.7-4.76 EMU 12.6 Effekte durch Handelskostenreduktion (HK) lt. Micco et al. (2003) Effekte durch Misalignment (MA) lt. Hogrefe et al. (2012)

VI. Gravitationsmodells für Österreich: Spezifikation lny ij, t 0 Dij, t 1 ln GDPi, t 2 ln i j t it, j GDP j, t x ij, t Y bilaterale Exporte bzw. extensiver / intensiver Rand der Exporte Land von i nach j D. Euro Dummy GDP reales BIP von Land i bzw. j x Vektor mit Kontrollvariablen (bilaterale Distanz, Dummy für gemeinsame Grenze, gemeinsame Sprache, koloniale Beziehungen), zeitinvariante, importer- und exporterspezifische Effekte zeitspezifische, länderinvariante Effekte Kontrollgruppe: DNK, SWE

VI. Gravitationsmodells für Österreich: Ergebnisse lnexp lnem lnim lnom D 0.310 *** 0.077 *** 0.132 *** 0.209 *** (0.054) (0.025) (0.047) (0.054) lngdp j 0.822 *** 0.723 *** -0.477 *** 0.246 (0.162) (0.144) (0.152) (0.197) lngdp i 5.638 *** 1.840 *** 0.895 2.735 *** (0.625) (0.450) (0.548) (0.665) lndist -1.519 *** -0.497 *** -1.013 *** -1.510 *** (0.062) (0.033) (0.048) (0.063) CB -0.010-0.264 *** 0.320 *** 0.056 (0.084) (0.041) (0.068) (0.084) CL 0.560 *** 0.152 *** 0.387 *** 0.539 *** (0.114) (0.033) (0.091) (0.111) Col 0.540 *** 0.101 ** 0.447 *** 0.547 *** (0.092) (0.039) (0.072) (0.098) Col45 4.813 *** 2.574 *** 2.781 *** 5.355 *** (0.559) (0.366) (0.313) (0.510) R 2 0.915 0.825 0.598 0.744 rmse 0.921 0.565 0.667 0.806 N 6149 4251 4251 4251 Estimates based on data in Badinger and Türkcan (2012).

VII. Schlussfolgerungen Handelseffekte des Euros: ~15% Großteil der Effekte über intensiven Rand Stärkste Effekte in Sektoren mit stark differenzierten Gütern Größte Effekte: DE, aber auch AT überdurchschnittlich hohe Effekte Große Effekte in kleinen, jungen EU Mitgliedsstaaten